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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 07.11.2006
Aktenzeichen: 5 W 1943/06
Rechtsgebiete: RVG, VV-RVG


Vorschriften:

RVG § 44
VV-RVG Nr. 7002
Die Telekommunikationspauschale (Nr. 7002 VV-RVG) des Beratungshilfeanwalts bemisst sich nicht nach der für die Beratungshilfe anfallenden Gebühr, sondern nach der (fiktiven) Gebühr, die ihm als Wahlanwalt zustehen würde.
5 W 1943/06

Nürnberg, den 7.11.2006

erlässt das Oberlandesgericht Nürnberg, 5. Zivilsenat, durch die unterzeichneten Richter folgenden

Beschluss:

Tenor:

Die weitere Beschwerde des Vertreters der Staatskasse gegen den Beschluss des Landgerichts Regensburg vom 19.07.2006 in Verbindung mit dem Beschluss des Amtsgerichts Regensburg vom 15.05.2006 wird zurückgewiesen.

Gründe:

Der Bezirksrevisor bei dem Landgericht Regensburg wendet sich mit seiner - zugelassenen - weiteren Beschwerde gegen die Höhe einer Beratungshilfegebühr.

Die antragstellenden Rechtsanwälte beantragen Festsetzung ihrer Gebühren wegen Beratungshilfe in Höhe von 70,00 Euro und einer Telekommunikationspauschale in Höhe von 20,00 Euro jeweils zzgl. Umsatzsteuer.

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Amtsgerichts Regensburg hat die Telekommunikationspauschale auf lediglich 14,00 Euro festgesetzt, weil diese nach Nr. 7000 VV-RVG nur 20 % der Geschäftsgebühr nach Nr. 2603 VV-RVG (70,00 Euro) betrage und hat insgesamt Gebühren in Höhe von 97,44 Euro festgesetzt.

Auf Erinnerung der Anwälte hat das Amtsgericht auf Grundlage einer Telekommunikationspauschale von 20,00 Euro zusätzliche Gebühren in Höhe von 6,96 Euro (6,00 Euro zzgl. Umsatzsteuer) festgesetzt.

Diese Entscheidung hat das Landgericht auf - zugelassene - Beschwerde des Vertreters der Staatskasse bestätigt.

Der Vertreter der Staatskasse strebt unter Berufung auf Gerold/Schmidt, 17. Auflage, Anm. 34 zu W 7001 eine Widerherstellung der Entscheidung des Urkundsbeamten an.

Die zulässige weitere Beschwerde ist unbegründet. Nach Nr. 7002 VV-RVG steht dem Beratungshilfeanwalt eine Telekommunikationspauschale in Höhe von "20 % der Gebühr, höchstens 20,00 Euro" zu. Ob unter der "Gebühr" im Sinne der Nr. 7002 VV-RVG die konkrete Beratungshilfegebühr in Höhe von 70,00 Euro oder die (fiktive) Normalgebühr zu verstehen ist, lässt sich dem Wortlaut des RVG nicht eindeutig entnehmen. Zwar spricht der Wortlaut eher für eine Bemessung der Pauschale nach der konkreten Gebühr, doch lässt die Formulierung auch eine andere Interpretation zu.

Dementsprechend geht ein Teil der Literatur davon aus, dass die Normalgebühr zugrunde zu legen ist. Begründet wird dies damit, dass eine dem § 133 Satz 2 BRAGO vergleichbare Regelung im RVG fehlt. Es sei daher davon auszugehen, dass der Gesetzgeber die Telekommunikationspauschale nicht auf die Beratungshilfegebühr habe beschränken wollen (Baumgärtel/Föller/Hergenröder, Kommentar zum RVG, 9. Auflage, Anm. 7 zu VV-RVG Nr. 7002; Hartmann, Kostengesetze, 36. Auflage, Rdnr. 8 zu VV-RVG 7001, 7002; Mock AGS 06, 26). Müller-Rabe in Gerold/Schmidt (a. a. O.) geht ohne nähere Begründung davon aus, dass die Telekommunikationspauschale aus der Gebühr VV-RVG 2601 f. zu berechnen ist.

Der Senat schließt sich der erstgenannten Ansicht an.

Der Entwurf eines Gesetzes, zur Modernisierung des Kostenrechts vom 11.11.2003 (BT Drucksache 15/1971) ist in Bezug auf die Gebühren des Beratungshilfeanwalts (§ 44 RVG, VV-RVG Nrn. 7002 und 2603) unverändert ins Gesetz übernommen worden. In der Entwurfsbegründung ist mehrfach davon die Rede, dass neue RVG-Vorschriften den damals noch geltenden BRAGO-Vorschriften entsprächen, so insbesondere § 44 RVG dem § 131 BRAGO (BT Drucksache 15/1971, S. 199), die VV-RVG Nrn. 7001 und 7002 dem § 26 BRAGO (S. 232) und die VV-RVG Nr. 2603 dem § 132 Abs. 2 BRAGO (S. 208). Mehrfach ist auch darauf hingewiesen, dass die §§ 133 Satz 1 und 133 Satz 3 BRAGO inhaltlich ins RVG übernommen werden (S. 200, 202, 203).

Im Gegensatz hierzu wird § 133 Satz 2 BRAGO nicht erwähnt. Dies rechtfertigt den Schluss, dass der Gesetzgeber bewusst auf die Übernahme dieser Vorschrift verzichtet hat und damit allein die Rechtsanwaltsgebühren in Beratungshilfesachen unverändert lassen, die Berechnung der Telekommunikationspauschale aber an der Normalgebühr orientieren wollte.

Es erscheint auch nicht angemessen, bei Auslagen des Rechtsanwalts, auch wenn diese pauschaliert sind, danach zu unterscheiden, ob er in einem "normalen" Verfahren tätig wurde oder im Beratungshilfeverfahren.

Nach alledem ist die Beschwerde zurückzuweisen.

Zu einer Kostenentscheidung besteht kein Anlass. Erinnerung und Beschwerde sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Satz 2 RVG).

Ende der Entscheidung

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