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Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 12.06.2006
Aktenzeichen: 5 W 998/06
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 91 Abs. 2 Satz 1 |
5 W 998/06
Nürnberg, den 12.6.2006
In Sachen
erläßt das Oberlandesgericht Nürnberg, 5. Zivilsenat, durch die unterzeichneten Richter folgenden
Beschluss:
Tenor:
I. Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Regensburg vom 2. November 2005 abgeändert.
II. Die von dem Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten werden festgesetzt auf 10.113,02 Euro.
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
III. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
IV. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 1.328,56 Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Parteien streiten um die Erstattungsfähigkeit von Reisekosten, die den Berliner Prozessbevollmächtigten der Klägerin, einer Grundstücksverwaltungsgesellschaft bürgerlichen Rechts mit Sitz in Berlin, im Zusammenhang mit der Wahrnehmung dreier Termine vor dem Landgericht Regensburg entstanden sind. Die Klägerin verfügt unstreitig ebenso wenig- wie ihre Geschäftsführerin, die K GmbH über eine Rechtsabteilung.
Ihre Prozessbevollmächtigten sind als überörtliche Sozietät nicht nur in Berlin, sondern u. a. auch in Nürnberg ansässig.
Die Klägerin weist zur Begründung Ihres Ersattungsanspruchs darauf hin, dass sie von den im Rechtsstreit mandatierten Berliner Anwälten auch sonst umfassend rechtlich beraten und vertreten werde, weshalb deren Beauftragung in besonderem Maße sachgerecht gewesen sei. Der Beklagte hält die Reisekosten für nicht erstattungsfähig, weil es der Klägerin als Großanlagegesellschaft möglich und zumutbar sei, einen am Gerichtsort Regensburg ansässigen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung ihrer Interessen zu beauftragen.
Das Landgericht hat die geltend gemachten Reisekosten mit Beschluss vom 2. November 2005, auf den wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird, in voller Höhe festgesetzt.
II.
Die sofortige Beschwerde des Beklagten ist zulässig (§ 11 Abs. 1 RPflG, § 104 Abs. 3 Satz 1, § 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO) und hat auch in der Sache überwiegend Erfolg.
1. Das Beschwerdeverfahren wurde durch den Tod des Beklagten am 6. Oktober 2005 nicht unterbrochen, da dieser anwaltlich vertreten und ein Aussetzungsantrag nicht gestellt ist (§ 246 Abs. 1 ZPO).
2. Das Landgericht geht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend von dem Grundsatz aus, dass die Zuziehung eines am Wohn- oder Geschäftsort der auswärtigen Partei ansässigen Rechtsanwalts regelmäßig als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig im Sinne von § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO anzusehen ist. Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (MDR 2003, 596), der auch der Senat folgt. Die Beauftragung der in Berlin ansässigen Prozessbevollmächtigten ist daher in erstattungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Damit sind grundsätzlich auch deren Reisekosten erstattungsfähig.
Gleichwohl sind im vorliegenden Fall die geltend gemachten Reisekosten nicht gegen den Beklagten festzusetzen. Auch die Terminsreisekosten des auswärtigen Anwalts sind nur nach Maßgabe des § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 erstattungsfähig; sie müssen also zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sein. Dabei ist der in allen Verfahrensordnungen geltende Grundsatz zu berücksichtigen, dass eine Partei ihre Prozesskosten möglichst gering halten muss.
a) Dieser Grundsatz gebietet es, dass die am Sitz der Partei ansässigen einer überörtlichen Sozietät angehörenden Rechtsanwälte nicht selbst zu den Terminen am Gerichtsort anreisen, sondern die am Gerichtsort ansässigen Sozietätsmitglieder mit der Terminswahrnehmung beauftragen. Denn deren Kosten wären wesentlich geringer gewesen als die durch die wiederholte Anreise aus Berlin angefallenen.
Insoweit ist von Bedeutung, dass für alle Tätigkeiten der Mitglieder einer überörtlichen Sozietät die Gebühren nur einmal anfallen, auch wenn Rechtsanwälte aus und an verschiedenen Orten tätig werden. Dies gilt nicht nur für die Tätigkeit als Verkehrsanwalt, sondern auch für die als Beweis- und Verhandlungsanwalt (Unterbevollmächtigter). Da alle Rechtsanwälte der Sozietät alle Termine wahrnehmen können, ist kein Grund dafür ersichtlich, dass zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung gerade die Anreise des nicht am Prozessort ansässigen Rechtsanwalts notwendig sein soll. Auf die Kenntnisse eines bestimmten einzelnen Anwalts kann bei einer Sozietät, die ihre Leistungsfähigkeit gerade auch aus ihrer Größe herleitet, nicht abgestellt werden (OLG München NJW 2002, 1435; OLG Hamburg OLGR 2003, 152; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 27. Auflage Rdnr. 42 a; Zöller/Herget, ZPO, 25. Auflage Rdnr. 13 je zu § 91).
Es ist hier ähnlich wie bei einer Partei, die über eine eigene Rechtsabteilung verfügt. Diese hat keinen Anspruch auf Erstattung der Reisekosten eines an ihrem Geschäftssitz ansässigen Anwalts, weil sie einen am Gerichtsort ansässigen Rechtsanwalt schriftlich mit den nötigen Informationen versorgen kann(BGH NJW 2003, 2027). In gleicher Weise kann hier das sachbearbeitende Berliner Mitglied der überörtlichen Sozietät das am Gerichtsort ansässige Sozietätsmitglied umfassend zur Terminswahrnehmung instruieren.
b) Diese Überlegungen gelten entsprechend, wenn Mitglieder der überörtlichen Sozietät zwar nicht am Gerichtsort selbst, aber doch in dessen Nähe ansässig sind (OLG Bamberg JB 2004, 599).
Das Nürnberger Büro der Prozessbevollmächtigten der Klägerin liegt nur etwa 107 km vom Gerichtsort Regensburg entfernt. Die bei der Anreise aus Berlin besonders ins Gewicht fallenden Flug- und Mietwagenkosten fallen bei einer Anreise von Nürnberg aus nicht an.
Somit wären für die Wahrnehmung eines Termins Fahrtkosten nur in Höhe von 214 km mal 0,27 Euro = 57,78 Euro entstanden, für die Wahrnehmung aller drei Termine somit 173,34 Euro. Demgegenüber haben die zum Teil mit dem Flugzeug erfolgten Anreisen aus Berlin Kosten in Höhe von 1.145,31 Euro verursacht.
Diese Mehrkosten braucht der Beklagte nicht zu erstatten.
3) Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2, § 97 Abs. 1 ZPO.
Es besteht kein Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen. Denn die Entscheidung befindet sich, wie gezeigt, im Einklang mit der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte wie des Bundesgerichtshofs.
Ende der Entscheidung
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