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Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 08.07.2004
Aktenzeichen: 7 UF 1224/04
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 | |
ZPO § 538 Abs. 2 S. 3 | |
ZPO § 623 | |
ZPO § 629 |
Oberlandesgericht Nürnberg IM NAMEN DES VOLKES ENDURTEIL
Verkündet am 08. Juli 2004
In der Familiensache
hat der 7. Zivilsenat und Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Nürnberg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Bischoff, den Richter am Oberlandesgericht Riegner und die Richterin am Amtsgericht Bieber aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 01.07.2004
für Recht erkannt:
Tenor:
I. Das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Neustadt/Aisch vom 03.03.2004 wird aufgehoben.
II. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über den Scheidungsantrag und die Verbundsachen an das Amtsgericht - Familiengericht - Neustadt/Aisch zurückverwiesen.
III. Im übrigen wird die Berufung des Antragsgegners zurückgewiesen.
IV. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens wird der Endentscheidung vorbehalten.
Gründe:
I.
Die Parteien haben am 03.08.1995 geheiratet. Aus der Ehe sind keine Kinder hervorgegangen.
Seit August 2002 leben die Parteien getrennt.
Mit Schriftsatz vom 02.07.2003, beim Amtsgericht Neustadt/Aisch eingegangen am 03.07.2003, hat die Antragstellerin beantragt, die Ehe zu scheiden. Dieser Antrag wurde dem Antragsgegner nach Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für die Antragstellerin am 11.09.2003 zugestellt.
Mit Schriftsatz vom 17.11.2003 hat der Antragsgegner, vertreten durch seinen Prozeßbevollmächtigten, beantragt, ihm für den Fall der rechtskräftigen Scheidung der Ehe eine Reihe im einzelnen aufgezählter Gegenstände, die er dem ehelichen Hausrat zurechnet, zuzuweisen. Der Schriftsatz, der auch einen Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für die Folgesache Hausrat enthält, ist noch am 17.11.2003 beim Amtsgericht Neustadt/Aisch eingegangen und der Bevollmächtigten der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung vom 19.11.2003 übergeben worden.
In der mündlichen Verhandlung vom 03.03.2004 erschien der Antragsgegner ohne Rechtsanwalt. Die Antragstellerin stellte in diesem Termin den Antrag auf Scheidung. Hinsichtlich des Verfahrens Hausrat teilte das Gericht den Parteien mit, daß der Antragsgegner, da er nicht von einem Rechtsanwalt vertreten sei, hierzu keinen Antrag stellen könne.
Noch in der Sitzung vom 03.03.2004 hat das Amtsgericht folgendes Endurteil verkündet:
1. Die am 03.08.1995 vor dem Standesbeamten des Standesamts E (Heiratsregister Nr. .../1 geschlossene Ehe der Parteien wird geschieden.
2. Ein Versorgungsausgleich findet nicht statt.
3. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Mit Beschluß vom 11.03.2004 hat das Amtsgericht dem Antragsgegner Prozeßkostenhilfe für den Scheidungsantrag und die Folgesache Versorgungsausgleich bewilligt, den Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für die Folgesache Hausrat aber abgewiesen.
Das Urteil vom 03.03.2004 wurde dem Antragsgegner am 10.03.2004 zugestellt. Mit einem am 13.04.2004, dem Dienstag nach, Ostern, eingegangenen Schriftsatz vom selben Tag hat der Antragsgegner Berufung gegen das Urteil vom 03.03.2004 eingelegt und diese im selben Schriftsatz begründet.
Er hat insoweit vorgetragen, daß er dem Scheidungsantrag beim Amtsgericht zugestimmt habe, weil er davon ausgegangen sei, daß die Parteien die noch offenen Streitpunkte der Hausratsteilung und familienrechtlicher Ausgleichsansprüche noch regeln würden. Dies sei jedoch nicht geschehen, deshalb widerrufe er seine Zustimmung zur Scheidung.
Am 18.06.2004 ist beim Oberlandesgericht Nürnberg ein Schriftsatz des Antragsgegners vom 17.06.2004 eingegangen, in dem dieser seinen bereits erstinstanzlich gestellten Antrag auf Zuweisung von Hausratsgegenständen für den Fall der rechtskräftigen Scheidung der Ehe wiederholt hat.
In der mündlichen Verhandlung vom 01.07.2004 hat der Antragsgegner den in der Berufungsschrift vom 13.04.2004 enthaltenen Antrag,
das Endurteil des Amtsgerichts Neustadt/Aisch vom 03.03.2004 aufzuheben und den Scheidungsantrag zurückzuweisen,
gestellt.
Die Antragstellerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat beantragt,
die Berufung des Antragsgegners zurückzuweisen.
Der Senat hat in der Sitzung vom 01.07.2004 beide Parteien angehört.
II.
Die Berufung des Antragsgegners ist (gem. §§ 511, 513, 517, 519, 520 ZPO) zulässig.
1. Sie hat mit ihrem Sachantrag, der auf Zurückweisung des Scheidungsantrags der Antragstellerin gerichtet ist, keinen Erfolg, weil die Parteien unstreitig seit August 2002 getrennt leben, nach den Erklärungen der Parteien sowohl in erster Instanz als auch bei ihrer Anhörung vor dem Senat feststeht, daß die Ehe gescheitert ist, und deshalb die Voraussetzungen des § 1565 Abs. 1 BGB für eine Scheidung vorliegen.
2. Die angefochtene Entscheidung des Amtsgerichts war aber gleichwohl aufzuheben, weil das Amtsgericht die Ehe nicht ohne Entscheidung über die vom Antragsgegner mit Schriftsatz vom 17.11.2003 vor der letzten mündlichen Verhandlung und damit rechtzeitig anhängig gemachte und damit in den Verbund gelangte Folgesache Hausrat (vgl. §§ 621 Abs. 1 Nr. 1, 623 Abs. 1, Abs. 4 Satz 1 ZPO) hätte scheiden dürfen (§ 629 Abs. 1 ZPO).
Der Umstand, daß dem Antragsgegner die beantragte Prozeßkostenhilfe für den Antrag auf Zuweisung von Hausrat nicht bewilligt wurde, steht der Anhängigkeit der Folgesache schon deshalb nicht entgegen, weil der Antrag unbedingt gestellt, d.h. nicht von der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe abhängig gemacht worden ist. Es kann deshalb dahinstehen, ob bereits die Einreichung eines Prozeßkostenhilfegesuches geeignet ist, die damit verfolgte Folgesache in den Verbund zu bringen (so etwa OLG Karlsruhe, FamRZ 1994, 971).
Die erfolgte Scheidung ohne Entscheidung über den Antrag auf Hausratsteilung war auch nicht etwa deshalb zulässig, weil der Antragsgegner in der letzten mündlichen Verhandlung ohne Prozeßbevollmächtigten erschienen ist und deshalb zur Folgesache Hausrat keinen Antrag gestellt hat bzw. (wegen § 78 Abs. 2 ZPO) stellen konnte. Es kann dabei dahinstehen, ob das Fehlen einer wirksamen Antragstellung im Termin einer Sachentscheidung über die Folgesache entgegenstand oder ob nicht, nachdem die grundsätzlich den Regeln der Freiwilligen Gerichtsbarkeit unterliegende Folgesache anhängig gemacht war, eine Entscheidung auch ohne förmliche Antragstellung möglich gewesen wäre (sowohl Zöller/Philippi, ZPO, 24. Auflage, § 623 Rdnr. 36). Jedenfalls war die Folgesache Hausrat im Zeitpunkt der Entscheidung weiter anhängig, weil im Unterbleiben einer Antragstellung im Termin keine Rücknahme gesehen werden kann.
Es ergeben sich auch keine Anhaltspunkte dafür, daß die Folgesache Hausrat vom Amtsgericht etwa in Anwendung des § 628 Satz 1 Nr. 4 ZPO vor der Scheidung abgetrennt wurde.
3. Daher enthält das Vorgehen des Familiengerichts (Scheidung ohne Nichtbeachtung des § 629 Abs. 1 ZPO und der dort zum Ausdruck kommenden Grundsätze des Verbundes) einen wesentlichen, von Amts wegen zu beachtenden Verfahrensfehler, der nach Auffassung des Senates im vorliegenden Fall in entsprechender Anwendung der Folgen eines unzulässigen Teilurteils (vgl. § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Satz 3 ZPO) auch ohne einen entsprechenden Antrag der Parteien zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht führt.
Aus der - im vorliegenden Fall nicht direkt einschlägigen - Norm des § 629 b ZPO, die für den Fall der Aufhebung eines einen Scheidungsantrag abweisenden Urteils durch das Berufungsgericht bei in erster Instanz geltend gemachten Folgesachen zwingend eine Zurückverweisung anordnet, ist der Grundsatz zu entnehmen, daß über Folgesachen, die mangels einer Entscheidung des Familiengerichts nicht in die nächsthöhere Instanz gelangt sind, nicht (erstmalig) in der Berufungsinstanz entschieden werden kann (vgl. auch Zöller/Philippi, a.a.O., § 629 b Rdnr. 1). Diesem Grundsatz kann Rechnung getragen werden, indem der Scheidungsausspruch ohne die nach § 629 ZPO gebotene gleichzeitige Entscheidung über die Folgesache Hausrat dem Erlaß eines unzulässigen Teilurteils gleichgestellt und die Sache in entsprechender Anwendung des § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Satz 3 ZPO an das Amtsgericht zurückverwiesen wird, damit dort entsprechend dem Grundsatz des § 629 ZPO einheitlich über den Scheidungsantrag und die Verbundsachen entschieden wird. Eine Vorabentscheidung nach Abtrennung der Folgesache Hausrat käme nur unter den Voraussetzungen des § 628 Satz 1 Nr. 4 ZPO in Betracht, von deren Vorliegen nach dem gegenwärtigen Sachstand aber nicht ausgegangen werden kann.
Da die Verbundentscheidung einheitlich in erster Instanz zu ergehen hat, war auch eine Entscheidung des Senates über den in der Berufungsinstanz erneut gestellten Antrag auf Hausratsteilung nicht geboten.
4. Eine Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens war nicht veranlaßt, da diese, wie allgemein bei einer Zurückverweisung, mit der endgültigen Sachentscheidung zu treffen ist (vgl. dazu Zöller/Gummer/Heßler, a.a.O., § 538 Rdnr. 58).
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.
Ende der Entscheidung
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