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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 01.09.2008
Aktenzeichen: 7 UF 835/08
Rechtsgebiete: HKiEntÜ


Vorschriften:

HKiEntÜ Art. 3
HKiEntÜ Art. 15
HKiEntÜ Art. 13 Abs. 1. S. 1 lit. a)
1. Zum Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag auf Widerrechtlichkeitsbescheinigung, wenn ein Verfahren nach dem HKiEntÜ bei dem dafür zuständigen ausländischen Gericht noch nicht anhängig ist und im Vorfeld das Vorliegen eines Einverständnisses des in Deutschland zurückgebliebenen Elternteils mit dem Verbringen des Kindes ins Ausland geklärt werden soll.

2. Das Verbringen des Kindes ins Ausland ist nicht widerrechtlich i. S. von Art. 3 und Art. 15 HKiEntÜ, wenn insoweit eine Zustimmung oder spätere Genehmigung des zurückgelassenen Elternteils vorliegt. Für das Vorliegen und den Inhalt solcher auch konkludent möglicher Erklärungen kommt es auf den Empfängerhorizont an.


7 UF 835/08

Nürnberg, den 1.9.2008

In der Familiensache

erläßt das Oberlandesgericht Nürnberg, 7. Zivilsenat und Senat für Familiensachen, durch die unterzeichneten Richter folgenden

Beschluss:

Tenor:

I. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Nürnberg vom 6.6.2008 wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen und die der Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten zu erstatten.

III. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000,-- € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller und die Antragsgegnerin sind seit 2003 verheiratet. Aus der Ehe ist die am 23.8.2004 geborene Tochter ... hervorgegangen.

I

Die Familie lebte bis zur Trennung der Parteien im Herbst 2006 zusammen in Frankfurt. Nach der Trennung zog die Antragsgegnerin mit dem Kind ... zunächst nach Nürnberg.

Unter dem 31.3.2007 unterzeichneten die Parteien folgende "Elternvereinbarung und Vollmacht für die gemeinsame Tochter ....

"Wir, die Eltern von ... sind uns darüber einig, dass ... bei der Mutter leben soll. Der Lebensmittelpunkt für ... soll auch zukünftig bei der Mutter liegen. Die Kindesmutter soll alle Entscheidungen für ... treffen. Sie informiert den Kindesvater über die Entwicklung der Tochter.

Der Kindsvater wird regelmäßigen Umgang mit ... ausüben.

Zur Klarstellung:

Sollte die Kindesmutter aus welchen Gründen auch immer ihren Wohnort wechseln, so ist sie dazu berechtigt, gemeinsam mit ihrer Tochter umzuziehen.

...'s Lebensmittelpunkt wird auch dann weiter bei der Kindesmuter verbleiben.

Ich, ... erkläre insofern ausdrücklich,

dass ich einem etwaigen, zukünftigen Ortswechsel zustimme. Ich weiß auch, dass die Kindesmutter eine solche Entscheidung nicht treffen wird, wenn es dem Wohl unserer Tochter entgegensteht.

Ich erkläre weiter, dass die Kindesmutter ... die Entscheidungen über die Wahl eines Kindergartens oder Schule ohne meine Zustimmung vornehmen kann. Ich übertrage insofern die Entscheidung für diese Entscheidung der Kindesmutter. Die Kindesmutter wird hiermit bevollmächtigt, etwaige Anmeldung auch in meinem Namen zu unterzeichnen bzw. entsprechende Erklärungen abzugeben.

Diese Vollmacht gilt auch gegenüber Behörden z. B. Passstelle, Einwohnermeldeamt und etwaigen behandelnden Ärzten."

In einer E-Mail vom 15.5.2007 teilte die Antragsgegner in dem Antragsteller ihre Absicht mit, in die Schweiz umzuziehen. In dieser E-Mail hieß es u. a.:

"Mir liegen in der der Schweiz höchst interessante und als Alleinerziehende flexible Jobangebote zum Wiedereinstieg ins Berufsleben mit mündlichen Zusagen vor ... Dieses Angebot löst viele Probleme. Meine Eltern ziehen am 13.6.2007 aus Nürnberg weg und zwar an die Schweizer Grenze nach .... Mein Betreuungssystem für das ich eigentlich nach Nürnberg gekommen bin, ist damit hinfällig. ... In Zürich kann ich einen Kindergarten sofort haben und zwar bei einem zweisprachigen Kindergarten, ... für ... und Dich wird der Umzug wohl keine Nachteile haben, im Gegenteil, es könnte sogar einfacher werden. Da auch Du planst umzuziehen, werden wir uns also entgegenkommen. ..."

Nach der Darstellung der Antragsgegnerin zog diese in der Folgezeit - spätestens bis August 2007 - mit ... in die Schweiz, und zwar in die Nähe von Zürich um.

Der Antragsteller legte im Beschwerdeverfahren eine per E-Mail vom 6.12.2007 erteilte Auskunft der Gemeindeverwaltung ... in der Schweiz vor. in der mitgeteilt wurde, dass dort ein Zuzug ... bereits am 21.3.2007 und ein Wegzug am 30.9.2007 vermerkt ist. Im Anschluss daran hat der Antragsteller behauptet, dass die Antragsgegnerin bereits vor der Vereinbarung vom 31.3.2007 mit ... in die Schweiz gezogen ist.

In einem Schreiben seines damaligen Bevollmächtigten, Rechtsanwalt ..., an die Bevollmächtigte der Antragsgegnerin vom 22.8.2007 ließ der Antragsteller Vorschläge zur Gestaltung eines Umgangs machen, bei denen von einem Wohnort ... in Zürich ausgegangen wurde.

In einer E-Mail vom 25.9.2007 teilte der Antragsteller der Antragsgegnerin mit, dass für ... in Deutschland kein Kindergeld mehr bezahlt werde, dieses aber vielleicht in der Schweiz der Fall sei.

Für die Zeit bis zum 25.9.2007 liegt keine schriftliche Äußerung des Antragstellers selbst dahingehend vor, dass er mit einem Aufenthalt ... bei der Mutter in der Schweiz nicht einverstanden ist.

Unter dem 25.9.2007 richtete Rechtsanwalt ... für den Antragsteller ein Schreiben an die Bevollmächtigte der Antragsgegnerin, in dem er diese einleitend zu einer Auskunft über den Bestand ihres Endvermögens zum 9.7.2007 aufforderte. Weiter heißt es in dem Schreiben:

"Nachdem Ihre Mandantin nunmehr ihren Wohnsitz von Nürnberg nach Zürich verlegt hat, dürfen wir Ihre Mandantin auffordern, innerhalb der nächsten 14 Tage mitzuteilen, ob sie in Zürich einer Erwerbstätigkeit nachgeht. Sollte dies, der Fall sein, wird Ihre Mandantin innerhalb gleicher Frist aufgefordert, Auskunft zu erteilen bezüglich ihres dort bezogenen Einkommens und sie wird gleichermaßen aufgefordert, den Einkommensbezug zu belegen durch Vorlage der bisher erhaltenen Gehaltsabrechnungen und des Arbeitsvertrages.

Ferner dürfen wir Ihre Mandantin, ebenfalls innerhalb gleicher Frist, auffordern, eine Meldebestätigung hinsichtlich des aktuellen Wohnsitzes vorzulegen. Es ist nicht akzeptabel, dass unser Mandant nicht darüber informiert wird, wo das ehegemeinsame Kind gegenwärtig seinen ständigen Aufenthalt hat. Unser Mandant bittet auch noch um Auskunft, welchen Kindergarten (Adresse, Name der Kindergartenleitung) die ehegemeinsame Tochter ... besucht.

Die Vollmacht, die unser Mandant Ihrer Mandantin am 31.3.2007 erteilt hat, wird hiermit widerrufen. Unser Mandant legt insbesondere Wert darauf, dass er lediglich einem Umzug des Kindes nach Zürich zugestimmt hat. Einem weiteren Wegzug außer zurück nach Deutschland wird bereits zum jetzigen Zeitpunkt nicht zugestimmt. Es gibt für unseren Mandanten entsprechende Anzeichen, dass Ihre Mandantin beabsichtigt, kurzfristig den Aufenthalt des Kindes wiederum von Zürich wegzuverlegen. Wir dürfen Ihre Mandantin hier auffordern, innerhalb der nächsten 14 Tage zu bestätigen, dass dies nicht beabsichtigt ist."

Unter dem 28.9.2007 unterzeichnete die Antragsgegnerin einen Untermietvertrag betreffend eines Zimmers in einer Wohnung in der ... Straße 35 in ... zum 1.10.2007. Dieser Ort liegt knapp 15 km von Zürich entfernt am Zürichsee in der Schweiz.

Am 18.10.2007 ging beim Amtsgericht Nürnberg in dem dort unter dem Az. 105 F 2149/07 geführten Scheidungsverfahren ein Schriftsatz des damaligen Bevollmächtigten des Antragstellers vom 17.10.2007 ein, in dem dieser beantragte, die elterliche Sorge für das Kind ... auf ihn zu übertragen.

Zur Begründung dieses Antrages heißt es u. a.:

"Wir beziehen uns zunächst vollumfänglich auf die Ausführungen in dem Scheidungsverfahren. Die Parteien leben nachgewiesenermaßen seit November 2006 voneinander getrennt. Der Antragsgegner war seinerseits zunächst damit einverstanden, dass ... ihren ständigen Aufenthalt bei der Antragstellerin hat. Er stimmte seinerzeit auch noch einem überstürzten Umzug der Antragstellerin nach Nürnberg zu. Zwischenzeitlich hatte diese nochmals ihren Wohnsitz nun nach Zürich verlegt, nachdem sie dort mit ihrem neuen Lebensgefährten zusammenleben will. Auch dies hatte der Antragsgegner noch akzeptiert, nachdem er seinerseits seinen Wohnsitz zwischenzeitlich " nach München verlegt hat.

Der Antragsgegner hat aber nun in Erfahrung gebracht, dass die Antragstellerin in Kürze sowohl Zürich als auch Europa insgesamt verlassen möchte und ihren Wohnsitz mit ... nach Hongkong verlegen wird. Die Antragstellerin lebt seit geraumer Zeit in nichtehelicher Lebensgemeinschaft (sinnigerweise) mit einem Bekannten des Antragsgegners zusammen. Einem ehemaligen Bankvorstandskollegen. Die Antragstellerin wurde mit diesseitigem Schreiben vom 25.9.2007 aufgefordert, zum einen generell Auskunft zu ereilen über den aktuellen Aufenthaltsort des Kindes in Zürich. Dies schlicht und ergreifend vor dem Hintergrund, dass der Antragsgegner von der Antragstellerin nicht informiert wurde, unter welcher Anschrift das Kind gegenwärtig lebt. Darüber hinaus wurde um Betätigung gebeten, dass die Antragstellerin nicht beabsichtigt, Zürich endgültig in Richtung Hongkong zu verlassen.

BEWEIS: Schreiben vom 25.9.2007 in Kopie anbei

Innerhalb der großzügig bemessenen Frist erfolgte weder eine Stellungnahme zum aktuellen Aufenthaltsort des Kindes noch eine Bestätigung, ob das Kind nach Hongkong verbracht werden soll. Aus diesem Grund wird das hiesige Verfahren eingeleitet.

Es widerspricht dem Kindeswohl von ... innerhalb kürzester Zeit derart viele Aufenthaltswechsel vornehmen zu müssen, wobei zu beachten ist, dass der nun angedachte Aufenthaltswechsel nach Hongkong sicherlich nicht dem Kindeswohl entsprechen kann."

Im Protokoll einer Sitzung vom 12.11.2007 in diesem Scheidungsverfahren ist unter der Überschrift "Folgesache elterliche Sorge" folgendes vermerkt:

"Der Antragsgegner erklärt:

Ich habe von meiner Frau im Mai 2007 erfahren, dass sie nach Zürich umziehen möchte. Ich habe dem Umzug nicht ausdrücklich zugestimmt. Meine

Frau hat mir gesagt, "dass wir schon eine Lösung finden werden". Derzeit wird der Umgang so praktiziert, dass ich unsere Tochter grundsätzlich alle zwei Wochen am Wochenende von freitags bis sonntags sehe. Ich fliege dazu nach Zürich und fliege mit unserer Tochter zurück nach München.

Ich habe Informationen, dass meine Frau eine leitende Stellung bei einer Bank in Hongkong antreten wird. Ich befürchte, dass sie nach Hongkong umziehen wird. Ein Umgang wäre dann nicht mehr praktikabel.

Die Antragstellerin erklärt:

Ich habe keinerlei Absichten, nach Hongkong umzuziehen. Unsere Tochter soll in Zürich den Kindergarten besuchen. Der Umzug erfolgte mit Zustimmung des Antragsgegners.

Es stimmt nicht, dass ich berufliche Gespräche in Hongkong geführt habe. Ich war zwar im Sommer 2007 in Hongkong. Dies war jedoch nur zum Urlaub. Im September 2007 war ich nicht dort.

Der Antragsgegnervertreter erklärt:

Ich nehme den Antrag auf einstweilige Anordnung in der Folgesache elterliche Sorge zurück.

Vorgelesen und genehmigt.

Der Antragsgegenvertreter erklärt:

Mein Mandant stimmt einem Umzug des Kindes lediglich zurück nach Deutschland zu.

Folgesache elterliche Sorge:

Der Antragsgegnervertreter erklärt:

"Der Antrag auf Übertragung der elterlichen Sorge wird zurückgenommen."

Vorgelesen und genehmigt."

Am 12.11.2007 fand vor dem Amtsgericht Nürnberg auch eine Sitzung im Verfahren 105 F 2611/07 betreffend die Regelung des Umgangs ... mit dem Vater statt.

In dieser Sitzung erklärte der Antragsteller, dass er zur Zeit alle zwei Wochen mit seiner Tochter am Wochenende Umgang habe und ... freitags in Zürich abhole und sie sonntags wieder zurückbringe.

In der Sitzung schlossen die Parteien eine Vereinbarung zum Umgang des Antragstellers mit ..., in der u. a. festgehalten wurde, dass die Übergabe des Kindes zu Beginn und Ende des Umgangs jeweils am Flughafen in Zürich stattfindet.

Unter dem 7.12.2007 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass sie sich entschlossen habe, in die ... nach ... zu ziehen und dort zusammen mit ... ab dem 8.12.2007 erreichbar sei. ... ist eine Gemeinde in der Nähe von Zürich am Zürichsee.

Nachdem der Antragsteller zwischenzeitlich durch eine E-Mail der Gemeindeverwaltung ... vom 6.12.2007 erfahren hatte, das ... bereits vom 21.3.2007 bis 30.9.2007 in ... gemeldet war, richtete er unter dem 12.12.2007 von seinem inzwischen nach München verlegten Wohnsitz aus folgendes Schreiben an die Antragsgegnerin:

"Hallo ...,

Du hast mir mitgeteilt, dass Du unsere Tochter ummelden willst nach ... . Ich möchte Dich darauf hinweisen, dass Du nicht in der Lage bist bei gemeinsamen Sorgerecht, ... dort anzumelden, wo Du es gerade für richtig hältst. Ich war noch zu keinem Zeitpunkt damit einverstanden, dass unsere Tochter in die Schweiz umgemeldet wird, und ich bestehe nach wie vor darauf, dass unsere Tochter nicht in der Schweiz gemeldet ist, sondern wieder in Deutschland angemeldet wird. Mit dem Umzug in die Schweiz war ich zu keinem Zeitpunkt einverstanden und ich möchte mir auf keinen Fall irgendwelche Handlungsmöglichkeit verbauen und stimme deshalb keinesfalls zu, dass Du unsere Tochter ummeldest."

Unter dem 10.3.2008 richtete der Antragsteller einen Antrag auf Rückgabe des Kindes ... nach dem Haager Übereinkommen, über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (im Folgenden HKÜ) an die in Deutschland dafür zuständige Zentrale Behörde beim Bundesamt für Justiz. Diese bestätigte mit Schreiben vom 8.4.2008 den Eingang des Antrages und 'wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es im Hinblick auf die Elternvereinbarung vom 31.3.2007 zweifelhaft sein könnte, ob das Verbringen ... in die Schweiz widerrechtlich i. S. des Art. 3 des HKÜ war.

Die umstrittene Frage, ob in der Elternvereinbarung eine Einwilligung des Antragstellers zu einem dauernden Aufenthalt ... bei der Kindsmutter in der Schweiz gesehen werden könne, bedürfe einer für alle Parteien rechtsverbindlichen Auslegung. Vor diesem Hintergrund und um die Erfolgsaussichten des Rückführungsverfahrens nicht von vorneherein zu gefährden, werde geraten, bei Gericht eine Widerrechtlichkeitsbescheinigung nach Art. 15 Satz 1 des HKÜ zu beantragen.

Mit einem am 21.5.2008 eingegangenen Schriftsatz vom 20.5,2008 hat der Antragsteller daraufhin durch seine jetzige Bevollmächtigte beim Amtsgericht Nürnberg unter Berufung auf Art. 15 HKÜ eine Bescheinigung beantragt, dass das Verbringen des Kindes ... in die Schweiz widerrechtlich war.

Zur Begründung des Antrages hat er geltend gemacht, dass bezüglich des Kindes ein gemeinsames Sorgerecht bestehe und das Verbringen des Kindes ohne Zustimmung des Kindesvaters in die Schweiz widerrechtlich i. s. von Art. 3 HKÜ sei.

Er habe erst in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht Nürnberg zur Scheidung vom 12.11.2007 den tatsächlichen Wohnort der Tochter ... in ... erfahren. Vor diesem Zeitpunkt sei er von der Antragsgegnerin dahingehend getäuscht worden, dass diese in Deutschland kein gesichertes Betreuungssystem mehr für ... habe, weil ihre Eltern an die Schweizer Grenze gezogen wären, die Patentante in die Schweiz gehen würde und sie selbst in naher Zukunft eine Zusage betreffend eines interessanten beruflichen Angebots in Zürich annehmen müsse. Unter dieser Drucksituation habe er sich zunächst nicht dagegen gewandt, dass die Antragsgegnerin mit der Tochter nach Zürich ziehe, wenn sie dort einen Job bekomme.

In der Folgezeit habe er erfahren, dass die Antragsgegnerin wohl nie in Zürich einen Wohnsitz begründet habe. Daraufhin habe er mit Schreiben seines damaligen Bevollmächtigten vom 25.9.2007 die ursprünglich erteilte Elternvollmacht vom 31.3.2007 widerrufen und vortragen lassen, dass er nur einem Umzug des Kindes nach Zürich und keinesfalls einem weiteren Wegzug zugestimmt habe.

Es bestehe der Verdacht, dass der Umzug zu keinem Zeitpunkt aus beruflichen Gründen erfolgt sei, sondern nur den Zweck gehabt habe, dass die Antragsgegnerin in der Schweiz mit ihrem neuen Lebenspartner zusammenziehen könne.

Wegen des weiteren Vorbringens des Antragstellers in erster Instanz wird auf den Schriftsatz vom 20.5.2008 und die dazu vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.

Die Antragsgegnerin hat in erster Instanz geltend gemacht, dass der Antragsteller mit

- der Elternvereinbarung vom 31.3.2007,

- dem Schriftsatz seines damaligen Bevollmächtigten vom 17.10.2007, und

- mit seinen Erklärungen in den mündlichen Verhandlungen vom 12.12.2007

einem Umzug des Kindes in die Schweiz zugestimmt bzw. sich nicht gegen einen solchen Umzug gewandt habe.

Mit Beschluss vom 6.6.2008 hat das Amtsgericht - Familiengericht - Nürnberg

- den Antrag des Antragstellers auf Erteilung einer Widerrechtlichkeitsbescheinigung gemäß Art. 15 HKÜ abgelehnt,

- den Geschäftswert für die Hauptsache auf 3.000,- € festgesetzt und

- dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens auferlegt.

Zur Begründung der Entscheidung in der Hauptsache ist im Wesentlichen ausgeführt, dass die gebotene summarische Prüfung des Sachverhalts ergeben habe, dass sich der Antragsteller zumindest durch konkludentes Handeln zunächst mit dem Umzug des Kindes, ggf. auch nachträglich, in die Schweiz einverstanden erklärt habe und deshalb eine Widerrechtlichkeitsbescheinigung nicht erteilt werden könne.

Gegen den seiner Bevollmächtigten am 11.6.2008 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller durch einen am 25.6.2008 beim Oberlandesgericht Nürnberg eingegangenen Schriftsatz vom selben Tag Beschwerde eingelegt und diese in der Folgezeit mit Schriftsätzen vom 25.7.2008 (vgl. Bl. 86 bis 90 d. A.) und 22.8.2008 (vgl. Bl. 152 bis 157 d. A.) begründet.

Er wiederholt im Wesentlichen seine Argumentation in erster Instanz und trägt ergänzend vor allem vor:

Bei der Elternvereinbarung vom 31.3.2007 sei von einem Wohnsitzwechsel in die Schweiz noch nicht die Rede gewesen. Tatsächlich sei es offensichtlich von vorneherein die - ihm gegenüber verschwiegene - Absicht der Antragsgegnerin gewesen, zu ihrem in der ... in ... lebenden neuen Lebensgefährten Dr. ... zu ziehen. Aus der Auskunft der Gemeinde ... vom 6.12.2007 ergebe sich, dass ... bereits am 21.3.2007 in der Gemeinde ... unter der Adresse ... angemeldet worden sei. Zu diesem Zeitpunkt habe es noch keine Elternvollmacht gegeben, so dass die Antragsgegnerin ... widerrechtlich in die Schweiz gebracht habe.

Nachdem der Antragsteller die Elternvereinbarung vom 31.3.2007 mit Schreiben vom 25.9.2007 habe widerrufen lassen, könne dieser Fehler auch im Nachhinein nicht geheilt werden.

Wegen des weiteren Vorbringens des Antragstellers wird auf die genannten Schriftsätze Bezug genommen.

Der Antragsteller beantragt,

- den Beschluss des Amtsgerichts Nürnberg vom 6.6.2008 aufzuheben und

- ihm eine Widerrechtlichkeitsbescheinigung nach Art. 15 HKÜ dahingehend zu erteilen, dass das Verbringen des Kindes ... in die Schweiz widerrechtlich war.

Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde des Antragstellers zurückzuweisen.

Die Parteien hätten sich in einem Gespräch Ende März 2007 darauf geeinigt, dass die Antragsgegnerin - nach dem Umzug nach Nürnberg - mit einen weiteren Wohnsitzwechsel vornehmen und den Aufenthalt des Kindes bestimmen könne. Diese Einigung sei in der Elternvereinbarung vom 31.3.2007 festgehalten worden.

In der Folgezeit habe sie entschieden, mit ... in die Schweiz zu ziehen und dies dem Antragsteller auch mit der E-Mail vom 15.5.2007 mitgeteilt. Der Umzug in die Schweiz sei mit Einverständnis des Antragstellers erfolgt.

Zum Zeitpunkt des Umzugs lässt die Antragsgegnerin in einer "chronologischen Schnellübersicht" mitteilen, dass dieser im April/Mai 2007 geplant worden sei und im Juli/August u. a. die Wohnungssuche und die Eingewöhnungsphase ... im Kindergarten erfolgt seien.

Ab Juli/August 2007 sei auch immer wieder über den Umgang des Antragstellers mit ... von deren Wohnsitz in der Schweiz aus verhandelt worden.

Bei ihren Gesprächen mit dem Antragsteller sei immer von Zürich als Wohnort gesprochen worden, ohne dass es auf die Differenzierung ... oder ... angekommen sei. Zürich habe sie als Oberbegriff für den "Lebensraum Zürichsee" verstanden.

Der Vorwurf des widerrechtlichen Verbringens sei vollkommen unbegründet, da der Antragsteller dem Umzug in die Schweiz zugestimmt habe.

Wegen des weiteren Vorbringens der Antragsgegnerin wird auf deren Schriftsätze vom 12.8. und 13.8.2008 Bezug genommen.

Die Sachbearbeiterin der Zentralen Behörde beim Bundesamt für Justiz hat auf Anfrage am 26.8.2008 telefonisch erklärt, dass der Antrag des Antragstellers auf Rückführung noch nicht in die Schweiz weitergeleitet worden ist.

II.

Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig. Der Senat geht im Anschluss an eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 8.7.2001 (FamRZ 2001, 1706) davon aus, dass es sich bei einer Entscheidung über die Erteilung einer Widerrechtlichkeitsbescheinigung nach Art. 15 HKÜ nicht um eine Endentscheidung i. S. von § 621 Abs. 1 ZPO, sondern um eine Zwischenentscheidung im Rahmen eines Verfahrens nach dem HKÜ handelt und Rechtsmittel dagegen entsprechend den Regelungen für Rechtsmittel im HKÜ-Verfahren statthaft und zulässig sind (so auch OLG Karlsruhe, FamRZ 2005, 1004). Nach § 40 Abs. 2 des seit 1.3.2005 gültigen Internationalen Familienrechtsverfahrensgesetzes - im Folgenden IntFamRVG - findet gegen eine im ersten Rechtszug ergangene Entscheidung nur das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde zum Oberlandesgericht nach § 22 des Gesetzes über die Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG) statt. Die Beschwerde des Antragstellers ist im vorliegenden Fall innerhalb der in § 22 FGG normierten zweiwöchigen Beschwerdefrist beim OLG Nürnberg als Beschwerdegericht (vgl. § 21 FGG) eingegangen und damit zulässig.

In der Sache hat das Rechtsmittel des Antragstellers jedoch keinen Erfolg.

1. Es ist zunächst bereits zweifelhaft, ob für den Antrag des Antragstellers auf eine Entscheidung nach Art. 15 HKÜ derzeit überhaupt ein Rechtsschutzbedürfnis besteht.

Nach Art. 15 HKÜ können Gerichte und Behörden des Vertragsstaates, die für die Anordnung der Rückgabe des Kindes zuständig sind, vom Antragsteller eine Widerrechtlichkeitsbescheinigung verlangen.

Das OLG Zweibrücken hat in einer Entscheidung vom 15.12.1998 (FamRZ 1999, 950) bereits Zweifel daran geäußert, ob ein Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag auf eine Bescheinigung nach Art. 15 HKÜ besteht, wenn eine solche nicht von dem für den HKÜ-Verfahren zuständigen Gericht, sondern von der Zentralen Behörden des Staates angefordert worden ist, in dem sich das Kind befindet.

Im vorliegenden Fall liegt nicht nur keine Anforderung einer Bescheinigung nach Art. 15 HKÜ seitens des für das HKÜ-Verfahren in der Schweiz zuständigen Gerichtes vor, ein HKÜ-Verfahren ist darüber hinaus in der Schweiz bisher nicht einmal anhängig gemacht. Damit kann derzeit nicht beurteilt worden, ob das zuständige Schweizer Gericht im vorliegenden Fall überhaupt Wert auf eine solche Widerrechtlichkeitsbescheinigung legt und sich an einer solchen orientieren würde.

Im vorliegenden Fall tritt noch die Besonderheit hinzu, dass mit dem Verfahren nach Art. 15 HKÜ offensichtlich die für ein eventuell späteres HKÜ-Verfahren in der Schweiz zentrale Frage geklärt werden soll, ob der Antragsteller im Zusammenhang mit der Elternvereinbarung vom 31.3.2007 und seinem sich daran anschließendem Verhalten dem Verbringen des Kindes ... in die Schweiz wirksam zugestimmt bzw. das Verbringen wirksam genehmigt hat.

Die Bedeutung des Vorliegens einer entsprechende Zustimmung oder Genehmigung ist im HKÜ ausdrücklich nicht in dem - in Art. 15 HKÜ in Bezug genommenen - Art. 3, sondern in Art. 13 Abs. 1 lit. a, 2. und 3. Alternative, in der Weise geregelt, dass es sich um - vom Antragsgegner nachzuweisende - Rückführungshindernisse handelt.

Unabhängig davon, ob das Vorliegen einer Zustimmung oder Genehmigung zum Verbringen des Kindes einer "Verletzung" des Sorgerechtes des Antragstellers und damit auch einer Widerrechtlichkeit i. S. von Art. 3 entgegensteht (vgl. dazu unten), würde eine Widerrechtlichkeitsbescheinigung nach Auffassung des Senates das für die Entscheidung eines - eventuellen späteren - HKÜ-Verfahrens zuständige Gericht nicht von der Verpflichtung entbinden, das Vorliegen eines Rückführungshindernisses nach Art. 13 Abs. 1 lit. a selbständig zu prüfen und zu beurteilen.

Es erscheint auch unter diesem Aspekt fraglich, ob ein ein Rechtsschutzbedürfnis begründendes rechtliches Interesse des Antragstellers besteht, das Vorliegen bzw. die Wirksamkeit einer Zustimmung oder Genehmigung zum Verbringen des Kindes in die Schweiz in Deutschland im Rahmen eines Verfahrens nach Art. 15 HKÜ klären zu lassen. Ein berechtigtes Interesse kann insoweit nach Auffassung des Senates jedenfalls nicht aus dem denkbaren Interesse des Antragstellers hergeleitet werden, die Erfolgsaussichten eines späteren HKÜ-Verfahrens in der Schweiz im Verfahren nach Art. 15 HKÜ vorweg abzuklären.

2. Auch wenn man die Notwendigkeit eines gesonderten Rechtsschutzbedürfnisses für einen Antrag nach Art. 15 HKÜ verneinen oder das Vorliegen eines solchen Rechtsschutzbedürfnisses bejahen würde, ist die Zurückweisung des Antrages des Antragstellers durch das Amtsgericht gerechtfertigt, weil die Voraussetzungen für die vom Antragsteller begehrte Feststellung der Widerrechtlichkeit des Verbringens ... in die Schweiz nicht gegeben sind.

Das Verbringen ... wäre dann als widerrechtlich anzusehen, wenn dadurch das dem Antragsteller nach dem insoweit maßgeblichen deutschen Recht zustehende (Mit-) Sorgerecht nach § 1626 BGB "verletzt" worden wäre (vgl. Art. 3 Satz 1 lit. a HKÜ).

Mit dem Amtsgericht ist davon auszugehen, dass eine solche "Verletzung" des Sorgerechtes des Antragstellers nicht bejaht werden kann, wenn eine Zustimmung oder auch eine nachträgliche Genehmigung des Antragstellers zum Verbringen ... in die Schweiz vorliegt (vgl. dazu etwa auch Palandt/Heldrich, BGB, 67, Aufl., Kommentar zum HKÜ im Anhang zu Art. 24 EGBGB, RdNr. 72 zu Art. 13 HKÜ; Staudinger/Pirrung, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 13. Aufl., Vorbemerkung zu Art. 19 EGBGB, RdNr. 682 zu Art. 13 HKÜ).

Zwar spricht das HKÜ, wie bereits ausgeführt, das Vorliegen einer Zustimmung bzw. Genehmigung erst in Art. 13 Abs. 1 lit. a an. Die Nichtberücksichtigung des Vorliegens eines Einverständnisses des Antragstellers mit dem Verbringen des Kindes in einen anderen Staat, bei der Prüfung der Widerrechtlichkeit wäre aber wohl mit dem Wortlaut des Art. 3 HKÜ, der eine "Verletzung" (im englischen: "Breach") des Sorgerechts verlangt und dem allgemeinen Grundsatz "volenti non fit injuria" nicht vereinbar.

Im vorliegenden Fall ist auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens der Parteien und der in zweiter Instanz vorgelegten Unterlagen davon auszugehen, dass ein eine Verletzung seines Sorgerechts ausschließendes Einverständnis des Antragstellers in Form einer Zustimmung oder einer nachträglichen Genehmigung zum Umzug ... in die Schweiz vorgelegen hat.

Insoweit folgt der Senat zunächst der Rechtsauffassung des OLG Karlsruhe (vgl. FamRZ, 2006, 1700), dass ein entsprechendes Einverständnis nicht nur ausdrücklich, sondern auch konkludent erklärt werden kann und es für die Auslegung entsprechender Erklärungen oder Verhaltensweisen auf den objektiven Empfängerhorizont ankommt.

Die von den Parteien am 31.3.2007 unterzeichnete "Elternvereinbarung und Vollmacht" enthält u. a. eine Übertragung der Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts über ... allein auf die Antragsgegnerin, die auch ein ausdrückliches Einverständnis des Antragstellers damit beinhaltet, dass die Antragsgegnerin den Wohnort und den Lebensmittelpunkt des Kindes bestimmt. Dieses Einverständnis ist in der schriftlichen Vereinbarung weder zeitlich noch örtlich etwa in der Weise beschränkt, dass die Antragsgegnerin einen Wohnort für sich und ... nur in Deutschland wählen kann. Der Antragsteller hat auch nicht behauptet, dass im Zusammenhang mit der Vereinbarung vom 31.3.2007 etwa mündlich eine örtliche Beschränkung ausgemacht worden ist.

Nach dem maßgeblichen Empfängerhorizont war damit allein von der Elternvereinbarung vom 31.3.2007 auch ein Umzug der Antragsgegnerin mit ... in die Schweiz gedeckt.

Nach dem Vorbringen der Antragsgegnerin hatte sie mit dem Antragsteller im Vorfeld des Umzuges in die Schweiz besprochen, dass sie mit ... nach Zürich gehen werde". Für die Richtigkeit dieser Darstellung sprechen die Äußerungen in den Schriftsätzen des früheren Bevollmächtigten des Antragstellers

- vom 25.9.2007, dass der Antragsteller "lediglich einen Umzug' des Kindes nach Zürich" nicht aber einen weiteren Wegzug außer zurück nach Deutschland zugestimmt hat,

- sowie im Schriftsatz vom 17.10.2007, in dem davon die Rede ist, dass der Antragseiler die Verlegung des Wohnsitzes der Antragsgegnerin nach Zürich, um dort mit ihrem neuen Lebensgefährten zusammen zu leben, akzeptiert habe.

Auch wenn der Antragsteller sein Einverständnis mit dem Umzug der Antragsgegnerin und ... in die Schweiz nicht ausdrücklich erklärt haben sollte, muss vom maßgeblichen Empfängerhorizont her u. a.

- das Ausbleiben von Einwendungen des Antragstellers gegen die ihm mit E-Mail vom 15.5.2007 mitgeteilte Absicht der Antragsgegnerin, mit ... in die Schweiz zu ziehen,

- der Schriftsatz des Bevollmächtigten des Antragstellers vom 22. S. 2007, in dem ein Umgang des Antragstellers mit ... auf der Basis eines Aufenthalts des Kindes in der Schweiz diskutiert wurde,

- die E-Mail des Antragstellers vom 25.9.2007 betreffend die Geltendmachung des Kindergeldes für ... in der Schweiz und

- nicht zuletzt der offensichtlich jedenfalls bis 12.12.2007 (und wohl auch noch darüber hinaus) praktizierte Umgang des Antragstellers mit ... mit Abholen und Zurückbringen am Flugplatz in Zürich

dahingehend verstanden und ausgelegt werden, dass der Antragsteller jedenfalls zunächst mit dem Aufenthalt ... in der Schweiz einverstanden war.

Soweit im Schriftsatz des früheren Bevollmächtigten des Antragstellers vom 25.9.2007 davon die Rede ist, dass die am 31.3.2007 erteilte "Vollmacht" widerrufen werde, spricht der Zusammenhang, in dem diese Aussage erfolgt ist, dafür, dass damit nur die in der Vereinbarung vom 31.3.2007 erklärte Vollmacht zu Erklärungen gegenüber Behörden, nicht aber das Einverständnis des Antragstellers mit dem Aufenthalt ... bei der Mutter in der Schweiz aufgekündigt werden sollte. Denn auch noch im Schriftsatz vom 25.9.2008 ist davon die Rede, dass der Antragsteller einem Umzug des Kindes nach Zürich zugestimmt habe und (lediglich) einem weiteren Wegzug außer zurück nach Deutschland widerspreche.

Noch die Begründung des Sorgerechtsantrages vom 17.10.2007 und die Erklärungen und das Verhalten des Antragstellers in der Sitzung im Scheidungsverfahren am 12.11.2007 zum Antrag auf elterliche Sorge für ... legen es für einen objektiven Betrachter nahe, dass es dem Antragsteller zu den genannten Zeitpunkten nur um die Vermeidung eines Umzuges der Antragsgegnerin mit ... nach Hongkong ging, der Aufenthalt des Kindes in der Schweiz aber weiter grundsätzlich akzeptiert war.

Es kann für diese Entscheidung dahinstehen, ob das Einverständnis des Antragstellers mit dem Aufenthalt ... in der Schweiz, was naheliegt, erst mit dessen Schreiben vom 12.12.2007 an die Antragsgegnerin bzw. dem Rückführungsantrag an die Zentrale Behörde vom 10.3.2008 oder doch schon (frühestens) mit dem Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 25.9.2007 in Frage gestellt bzw. aufgekündigt worden ist.

Nach dem - insoweit von Seiten der Antragsgegnerin wenig präzisen - Sachvortrag der Parteien ist diese nämlich spätestens im Juli/August 2007, also jedenfalls noch vor dem 25.9.2007, mit ... in die Schweiz gezogen. Zu diesem Zeitpunkt lag ein die Widerrechtlichkeit des Verbringens ausschließendes Einverständnis des Antragstellers aber noch vor.

Die vom Antragsteller vorgelegte E-Mail der Gemeindeverwaltung ..., nach der ... dort bereits am 21.3.2007 angemeldet worden ist, spricht allerdings für die Darstellung des Antragstellers im Schriftsatz vom 22.8.2008, dass der Umzug in die Schweiz bereits vor der Elternvereinbarung vom 31.3.2007 stattgefunden hat.

Auch dann kann aber eine Widerrechtlichkeit des Verbringens i. S. von Art. 3 HKÜ nicht bescheinigt werden, weil von der - zeitnahen - Genehmigung des Umzuges in die Schweiz durch die Elternvereinbarung und das sich daran anschließende Verhalten des Antragstellers auszugehen ist.

Die spätere Aufkündigung des Einverständnisses durch den Antragsteller kann nur für die Zukunft wirken und damit den - möglicherweise vor dem 31.3.2007 erfolgten - Umzug des Kindes in die Schweiz nicht rückwirkend widerrechtlich machen.

Soweit der Antragsteller geltend macht, die Antragsgegnerin habe die Elternvereinbarung vom 31.3.2007 und seine - teilweise eingeräumte - Zustimmung zu einem Wechsel in die Schweiz dadurch erschlichen, dass sie berufliche Gründe für den Umzug vorgetäuscht habe, während es ihr in Wahrheit darum gegangen sei, zu ihrem neuen Lebensgefährten nach ... zu ziehen, ist Folgendes anzumerken:

Wie bereits ausgeführt, hat der Antragsteller noch in seinem Sorgerechtsantrag vom 18.10.2007 an das Amtsgericht Nürnberg durch seinen damaligen Bevollmächtigten vortragen lassen, dass er den Umzug der Antragsgegnerin, um mit ihrem neuen Lebensgefährten zusammen zu ziehen, akzeptiert habe. Dieser Vortrag legt es nahe, dass der Antragsteller insoweit gar nicht getäuscht worden ist oder dem von ihm vermuteten wahren Grund für den Umzug keine für sein Einverständnis mit dem Umzug entscheidende Bedeutung beigemessen hat.

Im Übrigen hat die nicht nach außen getretene Motivation des Antragstellers dafür, dass er den Aufenthalt der Antragsgegnerin und ... in der Schweiz akzeptiert hat, keinen Einfluss auf das nach dem Empfängerhorizont zu beurteilende Vorliegen eines entsprechenden Einverständnisses.

3. Der Antragsteller verlangt nach seinem Antrag' eine Bescheinigung nach Art. 15 HKÜ nur dahingehend, dass das Verbringen des Kindes ... in die Schweiz widerrechtlich war. Der Senat sieht deshalb keinen Anlass zu prüfen, ob eventuell ein widerrechtliches Zurückhalten des Kindes in der Schweiz vorliegt.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Satz 2 IntFamRVG und § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG, die Festsetzung des Geschäftswertes auf § 50 IntFamRVG i. V. mit § 131 Abs. 2, 30 Abs. 3, Abs. 2 FGG.

Eine Aussage zur Zulassung einer weiteren oder einer Rechtsbeschwerde bedarf es nicht, weil nach dem insoweit maßgeblichen §§ 40 Abs. 2 Satz 3 IntFamRVG eine weitere Beschwerde gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts nicht stattfindet.

Ende der Entscheidung

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