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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 17.11.2004
Aktenzeichen: 7 WF 3739/04
Rechtsgebiete: KostO


Vorschriften:

KostO § 94 Abs. 1 Nr. 4
KostO § 94 Abs. 3 S. 2
Genehmigt das Familiengericht eine Umgangsvereinbarung der Eltern, die auch eine Regelung der Kostenfrage in Form einer "Kostenaufhebung" enthält, liegt eine gerichtliche Anordnung im Sinn von § 94 Abs. 3 S. 2 KostO vor, die der Inanspruchnahme eines Elternteils auf mehr als die Hälfte der Auslagen für ein vom Gericht erholtes Sachverständigengutachten entgegensteht.
7 WF 3739/04

Nürnberg, den 17.11.2004

In der Familiensache

erläßt das Oberlandesgericht Nürnberg, 7. Zivilsenat und Senat für Familiensachen, durch die unterzeichneten Richter folgenden

Beschluß:

Tenor:

I. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Fürth vom 08.10.2004 abgeändert.

II. Auf die Erinnerung des Antragstellers wird der Kostenansatz vom 13.08.2004 aufgehoben.

Gründe:

I.

Antragsteller und Antragsgegnerin sind die Eltern des am 17.06.2000 geborenen Kindes L B.

Am 15.01.2003 hat der Antragsteller beim AG Fürth beantragt,

sein Umgangsrecht mit dem Kind in einer von ihm näher bezeichneten Weise zu regeln.

Die Antragsgegnerin hat zunächst ein demgegenüber geringeres Umgangsrecht vorgeschlagen.

Ihr ist mit Beschluß des Amtsgerichts Fürth vom 24.02.2003 Prozeßkostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt worden.

Im späteren Verlauf des Verfahrens hat die Antragsgegnerin beantragt, das Umgangsrecht des Antragstellers mit dem Kind auszuschließen.

Das Gericht hat schließlich die Erholung eines familienpsychologischen Gutachtens durch die Sachverständige H R zu der Frage angeordnet, welche Umgangsregelung dem Kindeswohl am besten entspricht und ob insbesondere auch der Ausschluß des Umgangs zur Wahrung der Kinderinteressen erforderlich ist.

Für das unter dem 25.10.2004 erstellte Gutachten hat die Sachverständige einen Betrag von 2.059,58 Euro in Rechnung gestellt.

Nach Eingang des Gutachtens haben die Parteien in der Sitzung des Amtsgerichts vom 29.06.2004 folgende Vereinbarung geschlossen:

1. Der Kindesvater erhält mit dem gemeinsamen Kind L N, geb. am ... 2000 folgendes Umgangsrecht:

alle zwei Wochen von Freitag 18 Uhr bis Sonntag 18 Uhr, und zwar an den geraden Wochen, erstmals am 09.07.2004;

desweiteren erhält der Kindesvater ein Umgangsrecht in der Zeit von Donnerstag 22.07.2004 9 Uhr bis Freitag 30.07.2004 18 Uhr.

2. Die Parteien verpflichten sich, weiterhin an den Beratungsgesprächen teilzunehmen und in Zusammenarbeit mit der Diakonie auch eine zukünftige Ferienregelung zu erarbeiten.

3. Der Antragsteller verpflichtet sich, L pünktlich von zu Hause abzuholen und auch wieder pünktlich zurückzubringen; die Antragsgegnerin verpflichtet sich, L zu den abgesprochenen Zeiten pünktlich bereit zu halten.

4. Die Kosten werden gegeneinander aufgehoben.

Noch in der Sitzung vom 29.06.2004 hat das Amtsgericht folgenden Beschluß verkündet:

Die Vereinbarung wird familiengerichtlich genehmigt.

Im Anschluß daran hat das Gericht einen Streitwertbeschluß verkündet, in dem der Streitwert für die Hauptsache auf 3.000 Euro und für ein ebenfalls anhängig gewesenes Verfahren auf einstweilige Anordnung auf 1.000 Euro festgesetzt worden ist.

Unter dem Rechnungsdatum des 13.08.2004 hat das Amtsgericht in einem Kostenansatz vom Antragsteller im Ergebnis 998,29 Euro verlangt.

Dieser Betrag beruhte auf folgender Berechnung:

Eine Gebühr nach § 93 KostO Umgangsregelung aus Streitwert von 3.000 Euro 26,00 Euro Zeugen- und Sachverständigenentschädigung nach § 137 Ziff. 6 KostO 2.059,58 Euro Summe Gebühren und Auslagen 2.085,58 Euro Quotenteilung bezüglich der Gebühr: 1/2 Schuld des Antragstellers somit 13,00 Euro Kostenschuld des Antragstellers insgesamt 2.072,58 Euro abzüglich Zahlungen/Sollstellungen 1.024,29 Euro zu zahlender Betrag 998,29 Euro.

In dem Kostenansatz wurde darauf hingewiesen, daß der Antragsteller für einen Betrag in Höhe von 1.029,79 Euro (Hälfte der Sachverständigenkosten) als "Interessenschuldner" (Zweitschuldner) hafte, da diese Kosten von der Gegenpartei, der Prozeßkostenhilfe ohne Zahlungsbestimmung bewilligt worden sei, nicht eingezogen werden könnten.

Am 31.08.2004 ging beim Amtsgericht Fürth ein an die Landesjustizkasse Bamberg gerichtetes Schreiben des Antragstellers vom 25.08.2004 ein, in dem er Einwendungen gegen seine Inanspruchnahme als Interessenschuldner für die zweite Hälfte der Sachverständigenkosten erhob. Der Antragsteller hat dabei insbesondere geltend gemacht, daß er als alleinerziehender und nicht erwerbstätiger Vater von drei minderjährigen Kindern selbst berechtigt gewesen wäre, Prozeßkostenhilfe zu beantragen.

Zu diesen als Erinnerung gegen den Kostenansatz behandelten Einwendungen hat der Bezirksrevisor beim Landgericht Nürnberg-Fürth unter dem 08.09.2004 Stellung genommen.

Nachdem daraufhin die Rechtspflegerin am Amtsgericht der Erinnerung nicht abgeholfen hatte, hat auch die Richterin am Amtsgericht Fürth mit Beschluß vom 08.10.2004 die Erinnerung des Antragstellers gegen den Kostenansatz vom 13.08.2004 zurückgewiesen.

Dieser Beschluß wurde dem Antragsteller am 15.10.2004 zugestellt.

Mit einem am 29.10.2004 eingegangenen Schriftsatz vom selben Tag hat der Antragsteller gegen den Beschluß vom 08.10.2004 Beschwerde eingelegt. Die Richterin beim Amtsgericht hat dieser Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

Der Senat geht davon aus, daß der Antragsteller mit seinem Rechtsmittel, wie bereits mit seinen Einwendungen vom 25.08.2004 gegen den Kostenansatz vom 13.08.2004, das Ziel verfolgt, nicht auch für die zweite Hälfte der Sachverständigenkosten herangezogen zu werden.

Die mit diesem Ziel eingelegte Beschwerde ist gem. § 14 Abs. 3 Satz 1 KostO zulässig. Zur Entscheidung über das Rechtsmittel ist das Oberlandesgericht Nürnberg zuständig, § 14 Abs. 4 Satz 2 KostO. Dieses hat gemäß § 14 Abs. 7 Satz 1, 2. Halbsatz, KostO in der gem. § 163 KostO anwendbaren Fassung seit 01.07.2004 grundsätzlich durch den Einzelrichter zu entscheiden.

Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg, weil der Antragsteller nicht auch mit der zweiten Hälfte der Sachverständigenauslagen belastet werden kann.

1. Nach Auffassung des Senates erfaßt die uneingeschränkte Genehmigung der Vereinbarung der Parteien vom 29.06.2004 durch das Familiengericht auch die unter 4. der Vereinbarung enthaltene Kostenaufhebung. Da davon auszugehen ist, daß das Gericht sich diese Kostenregelung - ebenso wie die in der Hauptsache getroffene Umgangsregelung - mit der Genehmigung zu eigen gemacht hat, ist die Genehmigung einer gerichtlichen Entscheidung über die Kosten im Sinne des § 3 Nr. 1 KostO nach § 94 Abs. 3 Satz 2 KostO gleichzustellen. Da eine "Kostenaufhebung" im FGG oder in der Kostenordnung - anders als in § 92 Abs.4 ZPO - nicht vorgesehen ist, ist die getroffene Regelung bei, wie im vorliegenden Fall, zwei Beteiligten dahin auszulegen, daß jeder die Hälfte der Gerichtskosten und seine außergerichtlichen Auslagen zu tragen hat (vgl. etwa Hartmann, Kostengesetze, 34. Aufl., § 94 Rdnr. 25; Keidel/Zimmermann, FGG, 15. Aufl., § 13 a Rdnr. 50 Fußnote 180).

2. In der die Vereinbarung der Eltern in der Hauptsache bestätigten Entscheidung des Amtsgerichts vom 29.06.2004 ist eine Entscheidung zum Umgang im Sinne des § 94 Abs. 1 Nr. 4 KostO zu sehen. Davon geht auch der angefochtene Kostenansatz aus, der gestützt auf § 94 KostO eine Gerichtsgebühr enthält.

Im Fall des § 94 Abs. 1 Nr. 4 KostO ist nach § 94 Abs. 3 Satz 2 KostO nur der Beteiligte zahlungspflichtig, den das Gericht nach billigem Ermessen bestimmt. In § 94 Abs. 3 Satz 2, 2. Halbsatz, ist darüberhinaus vorgesehen, daß das Gericht auch anordnen kann, daß von der Erhebung der Kosten abzusehen ist.

Nach der vom Senat geteilten herrschenden Meinung berifft § 94 Abs. 3 Satz 2 KostO in der seit 01.01.2002 gültigen Fassung auch in seinem 1. Halbsatz die Kosten im Sinn von § 1 KostO, also neben den Gerichtskosten auch die Auslagen und damit auch die hier streitigen Sachverständigenkosten (so etwa auch Hartmann, Kostengesetze, 34. Aufl., § 94 Rdnr. 27 m.w.N.; OLG Koblenz, FamRZ 2004, 391; OLG Nürnberg, FamRZ 2004, 391).

Ob daraus entnommen werden kann, daß ein Elternteil hinsichtlich der Auslagen für einen Sachverständigen nur insoweit herangezogen werden kann, als sie ihm durch gerichtlichen Beschluß nach § 94 Abs. 3 Satz 2, 1. Halbsatz, KostO auferlegt worden sind (in diese Richtung geht der Leitsatz zu OLG Nürnberg, FamRZ 2004, 391) kann dahinstehen.

Der Senat ist nämlich mit dem OLG Koblenz (FamRZ 2004, 391 = NJW 2003, 2032) der Auffassung, daß jedenfalls dann, wenn in den Fällen des § 94 Abs. 1 Nr. 3 bis 6 KostO eine gerichtliche Entscheidung vorliegt, in der in der Sache eine hälftige Teilung der Kosten, also auch der Auslagen, angeordnet ist, eine Inanspruchnahme eines Beteiligten wegen der die Hälfte übersteigenden Sachverständigenkosten nicht in Betracht kommt. Denn in der Anordnung einer Kostenteilung ist zugleich die Anordnung im Sinn des § 94 Abs. 3 Satz 2, 2. Halbsatz, KostO zu sehen, von einer Erhebung von Auslagen abzusehen, soweit eine Zahlungspflicht nicht angeordnet ist.

Diese - im vorliegenden Fall in der Entscheidung des Gerichts vom 29.06.2004 zu sehende - Anordnung schließt aber eine Inanspruchnahme des Antragstellers hinsichtlich der über die Hälfte hinausgehenden Sachverständigenkosten als "Interessenschuldner" nach §§ 2, 5 KostO aus.

Da damit im Hinblick auf die in dem beanstandeten Kostenansatz berücksichtigten Zahlungen/Sollstellung des Antragstellers (von 1.074,29 Euro) keine vom Antragsteller zu tragenden Kosten mehr offen sind, war die angefochtene Entscheidung des Amtsgerichts abzuändern und auf die Erinnerung des Antragstellers der beanstandete Kostenansatz aufzuheben.

Vorsorglich wird darauf hingewiesen, daß diese Entscheidung einem eventuellen korrigierten Kostenansatz unter Beachtung der vom Antragsteller nach dieser Entscheidung zu tragenden Kosten nicht entgegensteht.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlaßt, weil das Beschwerdeverfahren nach § 14 KostO gebührenfrei ist und Kosten nicht erstattet werden.

Eine weitere Beschwerde gegen die Entscheidung des Senates ist nach § 14 Abs. 5 KostO nicht statthaft.

Ende der Entscheidung

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