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Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 24.10.2005
Aktenzeichen: 7 WF 942/05
Rechtsgebiete: GKG, ZPO
Vorschriften:
GKG § 48 Abs. 3 S. 1 n.F. (= § 12 Abs. 2 S. 2 a.F.) | |
ZPO § 114 | |
ZPO § 115 |
7 WF 942/05
Nürnberg, den 24.10.2005
In der Familiensache
wegen Ehescheidung u.a.; hier: Streitwertfestsetzung,
erlässt das Oberlandesgericht Nürnberg, 7. Zivilsenat und Senat für Familiensachen, durch die unterzeichneten Richter folgenden
Beschluss:
Tenor:
Auf die Beschwerde des Rechtsanwaltes Dr. ... vom 7.7.2005 wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Nürnberg vom 4.7.2005 (Az. 101 F 2029/04) dahingehend abgeändert, dass der Einzelstreitwert für die Ehescheidung auf 4.596,00 EUR festgesetzt wird.
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Zwischen den Parteien war unter dem Aktenzeichen 101 F 2029/04 vor dem Amtsgericht - Familiengericht - Nürnberg ein Scheidungsverfahren anhängig. Mit Endurteil vom 4.7.2005 wurde die Ehe der Parteien geschieden. Mit Beschluss vom gleichen Tage hat das Amtsgericht - Familiengericht - Nürnberg den Streitwert für die Ehescheidung auf 2.000,00 EUR und für den Versorgungsausgleich auf 500,00 EUR festgesetzt.
Mit Schriftsatz vom 7.7.2005 hat der Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners, Herr Rechtsanwalt Dr. ... gegen diesen Beschluss im eigenen Namen Beschwerde eingelegt, mit dem Antrag, den Streitwert für die Ehescheidung auf 5.347,00 EUR festzusetzen. Zur Begründung beruft er sich im wesentlichen darauf, dass als Streitwert einer Ehesache nach § 12 Abs. 3 Satz 1 GKG grundsätzlich das dreifache Nettoeinkommen der Eheleute zum Zeitpunkt der Anhängigkeit des Scheidungsverfahrens anzusetzen sei. Auch die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ohne Raten für beide Parteien rechtfertige für sich allein nicht die Festsetzung des Mindeststreitwertes von 2.000,00 EUR. Bei einem Nettoeinkommen des Antragsgegners von 1.211,60 EUR und einem Nettoeinkommen der Antragstellerin von mindestens 571,00 EUR rechtfertige sich ein Streitwert von 5.347,80 EUR.
Mit Beschluss vom 21.7.2005. hat das Amtsgericht - Familiengericht - Nürnberg der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Familiensenat des Oberlandesgerichts Nürnberg zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung ist im wesentlichen ausgeführt, dass nach herrschender Meinung bei Bewilligung von Prozesskostenhilfe ohne Raten für beide Parteien der Mindeststreitwert von 2.000,00 EUR anzusetzen sei (Schneider/Herget, Streitwertkommentar für den Zivilprozess, 11. Aufl., Rn 1169). Der erkennende Senat habe dies in der Vergangenheit mehrfach bestätigt.
II.
Die Beschwerde des Rechtsanwaltes Dr. ... ist zulässig und auch im wesentlichen begründet.
Zwar trifft es zu, dass in der Literatur die Auffassung vertreten wird, dass bei Bewilligung von Prozesskostenhilfe ohne Raten für beide Parteien grundsätzlich vom Mindeststreitwert von 2.000,00 EUR nach § 12 Abs. 3 Satz 2 GKG auszugehen sei. Während diese Auffassung in der Vergangenheit auch mehrheitlich von der Rechtsprechung geteilt worden ist, haben sich in den letzten Jahren mehrere Oberlandesgerichte - teilweise unter Aufgabe der eigenen bisherigen Rechtsprechung - mit guten Gründen gegen diese Auffassung ausgesprochen (OLG München, FamRZ 2002, 683 f; Kammergericht KG-Report Berlin 2003, 384 f; OLG Koblenz OLG-Report Koblenz 2000, 127; OLG Zweibrücken, OLG-Report Zweibrücken 2004, 195 ff; OLG Hamburg, OLG-Report Hamburg 2003, 252; OLG Celle, OLG Report Celle 2002, 153 f; OLG Karlsruhe, FamRZ 2002, 1135 f.). Der Senat hat in den letzten Jahren in mehreren Einzelfällen amtsgerichtliche Entscheidungen bestätigt, mit denen in derartigen Fällen unter Berufung auf Zöller/Herget lediglich der Mindeststreitwert von 2.000,00 EUR (bzw. 4.000,00 DM) festgesetzt worden war.
Das Bundesverfassungsgericht hat nunmehr entschieden, dass eine derartige Auslegung der einschlägigen Bestimmungen angesichts des Fehlens einer gesetzlichen Grundlage mit Art. 12 GG nicht vereinbar und daher verfassungswidrig ist (BVerfG NJW 2005, 2980 f). Unter diesen Umständen kann an der bisherigen Rechtsprechung nicht mehr festgehalten werden.
Aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers und den vorliegenden Unterlagen ergibt sich, dass die Antragstellerin ein monatliches Nettoeinkommen von ca. 571,00 EUR und der Antragsgegner ein solches in Höhe von ca. 1.211,00 EUR erzielt. Dies ergibt zusammen ein 1.782,00 EUR. Soweit minderjährige Kinder vorhanden sind ist von diesem Gesamteinkommen in der Regel ein Betrag von 250,00 EUR pro Kind in Abzug zu bringen. Zwar sind aus der Ehe der Parteien keine Kinder hervorgegangen. Aus den vorliegenden Unterlagen ergibt sich jedoch, dass die Antragstellerin Mutter eines 10 Jahre alten Kindes ist, das auch in ihrem Haushalt lebt. Unter diesen Umständen war der Streitwert für die Ehescheidung auf (3 x (1.782,00 EUR ./. 250,00 EUR) =) 4.596,00 EUR festzusetzen. Die weitergehende Beschwerde war zurückzuweisen.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlagst, da das Verfahren gebührenfrei ist und Kosten nicht erstattet werden (§ 68 Abs. 3 GKG).
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor (§ 574 ZPO).
Ende der Entscheidung
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