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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 11.10.2004
Aktenzeichen: 8 U 1092/04
Rechtsgebiete: VVG, AHB


Vorschriften:

VVG § 6 Abs. 3
AHB § 5 Nr. 3
1. Eine vorsätzliche Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers führt zur Leistungsfreiheit des Versicherers, wenn die Obliegenheitsverletzung generell geeignet war, die Interessen des Versicherers ernsthaft zu gefährden, und den Versicherungsnehmer der Vorwurf groben Verschuldens trifft. Die Leistungsfreiheit setzt zudem eine Belehrung des Versicherungsnehmers über die Rechtsfolge einer vorsätzlichen folgenlosen Obliegenheitsverletzung voraus.

2. Unrichtige Angaben zu einem die Haftpflicht auslösenden Verhalten des Versicherungsnehmers - sei es unrichtiges Leugnen eines die Haftung möglicherweise begründenden Verhaltens, sei es Vortäuschen solcher Umstände - sind generell geeignet, die Interessen des Versicherers zu gefährden.

3. Ein erhebliches Verschulden des Versicherungsnehmers liegt vor, wenn vorsätzlich unrichtige Angaben zu einem für die Eintrittspflicht der Versicherung schon dem Grunde nach offensichtlich wesentlichen Punkt gemacht werden.


Oberlandesgericht Nürnberg IM NAMEN DES VOLKES ENDURTEIL

8 U 1092/04

Verkündet am 11. Oktober 2004

In Sachen

wegen Versicherungsschutzgewährung,

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Nürnberg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Landgericht aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20.9.2004

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 26.2.2004 wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluß:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 50.000,- EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Auf die tatsächlichen Feststellungen im Tatbestand des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen.

Der Kläger hat gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 3.3.2004 zugestellte klageabweisende Urteil des Landgerichts mit Schriftsatz vom 31.3.2004, der am 1.4.2004 bei dem Oberlandesgericht Nürnberg eingegangen ist, Berufung eingelegt; mit weiterem Schriftsatz vom 30.4.2004, der am gleichen Tag bei dem Berufungsgericht eingegangen ist, hat er das Rechtsmittel begründet.

Der Kläger verfolgt sein erstinstanzliches Begehren weiter. In tatsächlicher Hinsicht sei darzustellen, dass der erstinstanzliche Vortrag bezüglich des Abstellens der den Rohrreiniger enthaltenden Fanta-Flasche sich inzwischen als unzutreffend erwiesen habe; ein Gespräch mit der Zeugin Y habe ergeben, dass der Kläger die Fanta-Flasche mit dem Rohrreiniger von Frau Y nicht entgegengenommen habe, weil er gerade ein Weihnachtsessen zubereitet habe; er habe vielmehr Frau Y, die mit der Flasche das Haus betreten habe, aufgefordert, diese - mit einem Schraubverschluss fest verschlossene - Flasche auf den Fensterabsatz neben dem zur Wohnung der Großmutter führenden Treppenaufgang zu stellen. Über den Inhalt der Flasche sei dabei nicht gesprochen worden. Den Kläger treffe kein Verschulden, auch nicht in Form einer Fahrlässigkeit, an der Unrichtigkeit seines erstinstanzlichen Sachvortrages, nachdem in der Familie des Klägers erhebliche Verwirrung über den Hergang des Schadensereignisses geherrscht habe; der Kläger habe geglaubt, seine bisherige Darstellung sei richtig.

Zu Unrecht habe das Landgericht Obliegenheitsverletzungen des Klägers angenommen. Der Kläger sei zunächst davon ausgegangen, eine Eintrittspflicht der Beklagten für den Schadensfall komme von vorneherein nicht in Betracht, nachdem die ihm damals nur vorliegenden alten Versicherungsbedingungen die verwandtschaftliche Beziehung zu dem Geschädigten als Risikoausschluss geregelt hätten; nachdem er von der tatsächlichen Bedingungslage erfahren habe, sei die Schadensmeldung sofort erfolgt. Im Übrigen habe das Landgericht nicht berücksichtigt, dass nach ständiger Rechtsprechung in der Regel nicht von einem Vorsatz des Versicherungsnehmers ausgegangen werden könne, der eine Schadensmeldung verspätet erstatte. Allenfalls komme einfache Fahrlässigkeit in Betracht; die Beklagte trage jedoch nicht konkret vor, inwiefern die verspätete Schadensanzeige zu einem für sie nachteiligen Ergebnis geführt habe. Nach der Rechtsprechung setze bei nur fahrlässiger Obliegenheitsverletzung Leistungsfreiheit des Versicherers eine im Ergebnis für diesen nachteilige Beeinflussung der Feststellungen über den Versicherungsfall voraus; eine bloße Gefährdung der Interessen des Versicherers genüge für den ursächlichen Zusammenhang im Sinne des § 6 Abs. 3 Satz 2 VVG nicht.

Der Kläger beantragt:

I. Das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth, Az.: 11 O 3060/03 vom 26.2.2004 wird aufgehoben.

II. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger wegen der Verletzung des X vom 24.12.2000 zu Schaden-Nr.: 120-1-01-11461-4 Haftpflichtversicherungsschutz zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen,

Sie verteidigt das Ersturteil als zutreffend, nachdem der Kläger vorsätzlich gegen mehrere Obliegenheiten verstoßen habe, so dass sie von der Verpflichtung zur Leistung frei sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens im Berufungsrechtszug wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Der Senat hat keinen Beweis erhoben.

Entscheidungsgründe:

1. Die Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 511, 517, 519, 520 ZPO); in der Sache ist sie nicht begründet. Die Entscheidung des Landgerichts ist jedenfalls im Ergebnis richtig.

a) Soweit das Landgericht Leistungsfreiheit der Beklagten bereits deshalb annimmt, weil der Kläger den Versicherungsfall entgegen § 5 Nr. 2 AVB nicht unverzüglich angezeigt hatte, begegnet dies allerdings rechtlichen Bedenken. Objektiv hat der Kläger zwar gegen die Obliegenheit zur unverzüglichen Meldung des Versicherungsfalles verstoßen; er hatte nach § 5 Nr. 2 Satz 1 AHB (in der geltenden Fassung H 2021-7) spätestens innerhalb einer Woche den Versicherungsfall - nämlich das Schadensereignis, das Haftpflichtansprüche gegen den Versicherungsnehmer zur Folge haben kann, hier also den Vorfall vom 24.12.2000 - schriftlich anzuzeigen; einen weiteren Anlass zur Anzeige - wiederum innerhalb einer Woche - gab das Schreiben der Betriebskrankenkasse Post vom 20.2.2001, in dem - wenn auch nur "vorsorglich" - Ersatzansprüche gegenüber dem Kläger angemeldet wurden und ihm ausdrücklich anheim gestellt wurde, seine Haftpflichtversicherung zu verständigen (§ 5 Nr. 2 Satz 3 AHB).

Dass der Kläger dieses Schreiben alsbald erhalten hat, stellt er nicht in Abrede, andernfalls hätte Rechtsanwalt A auch nicht schon am 27.2.2001 gegenüber der Betriebskrankenkasse erwidern können. Die erstmalige Unterrichtung der Beklagten mit Anwaltsschreiben vom 21.3.2001 war daher deutlich verspätet, in Bezug auf den Versicherungsfall selbst um nahezu 3 Monate.

Aus einer objektiven Obliegenheitsverletzung kann gerade im Fall der Verletzung einer Anzeigepflicht aber nicht ohne weiteres auf vorsätzliches Verhalten des Versicherungsnehmers geschlossen werden. Zutreffend weist der Kläger darauf hin, dass vorsätzliches Verhalten in Bezug auf die Anzeigepflicht nach § 5 AHB nicht nur Kenntnis der die Anzeigepflicht objektiv begründenden Tatsachen voraussetzt, sondern auch Kenntnis von der Obliegenheit und damit das Bewusstsein, der Obliegenheit zuwider zu handeln (BGH VersR 1981, 321; OLG Koblenz VersR 1996, 1356). Nach allgemeiner Erfahrung will sich ein vernünftiger Versicherungsnehmer nicht durch vorsätzliche Nichterfüllung einer Anzeigeobliegenheit Rechtsnachteile im Deckungsverhältnis zum Versicherer zuziehen (BGH a.a.O.; OLG Koblenz a.a.O.). Der Kläger hat geltend gemacht, ihm sei der Text der maßgeblichen Versicherungsbedingungen damals nicht bekannt gewesen, er habe auch zunächst nicht ernsthaft mit seiner Inanspruchnahme gerechnet; diese Umstände sind immerhin geeignet, einen Vorsatz des Klägers auszuschließen. Ist aber nur von einer fahrlässigen Verletzung der Anzeigeobliegenheit auszugehen, so berührt die Obliegenheitsverletzung die Eintrittspflicht des Versicherers nicht, wenn nur einfache Fahrlässigkeit vorgelegen hat; bei grober Fahrlässigkeit ermöglicht § 6 Abs. 3 Satz 2 VVG dem Versicherungsnehmer die Führung des Kausalitätsgegenbeweises, wobei sich nach ständiger Rechtsprechung der Versicherungsnehmer zunächst darauf beschränken kann, die sich aus dem Sachverhalt selbst ergebenden Möglichkeiten für eine Beeinträchtigung der Feststellungen des Versicherers durch die Verspätung der Schadenanzeige auszuräumen und sodann abzuwarten, welche Behauptungen der Versicherer über Art und Maß der Kausalität aufstellt, die der Versicherungsnehmer dann zu widerlegen hat (BGH VersR 1964, 709, 712). Der allgemein gehaltene Vortrag der Beklagten, die Verspätung der Schadensanzeige habe ihre Möglichkeiten zur Aufklärung des Schadensereignisses beeinträchtigt, genügt dabei nicht; eine Befragung der Familienangehörigen des Klägers wäre auch nach dem 21.3.2001 noch möglich gewesen, wobei die Einnahme eines Augenscheins, auf dessen Möglichkeit die Beklagte zweitinstanzlich hinweist, ersichtlich von Anfang an nutzlos gewesen wäre, soweit es um die Aufstellung der Flasche mit dem Rohrreiniger geht, und im Übrigen, also hinsichtlich der örtlichen Verhältnisse im Haus des Klägers, ohne jede Einschränkung auch nach dem 21.3.2001 hätte erfolgen können. In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass die Beklagte selbst anscheinend keine Dringlichkeit gesehen hat, nachdem sie erstmals im Februar 2002 eigene Ermittlungen zum Schadensfall aufnahm. Darüber hinaus genügt ein irgendwie gearteter Einfluss der Obliegenheitsverletzung auf den Gang des Feststellungsverfahrens nicht, vielmehr muss es zu einer für den Versicherer im Ergebnis nachteiligen Beeinflussung der Feststellung selbst gekommen sein. Die Beklagte trägt aber nicht vor, welches für sie günstigere Ergebnis durch sofortige Ermittlungsmaßnahmen hätte erzielt werden können (siehe dazu BGH a.a.O. und VersR 2001, 756).

b) Die Beklagte ist aber wegen vorsätzlicher Verletzung der Aufklärungsobliegenheit nach § 5 Nr. 3 AHB i.V.m. § 6 AHB von der Verpflichtung zur Leistung frei.

Die Angaben des Klägers zum Sachverhalt in der ersten Schadensmeldung einerseits und gegenüber dem mit der Schadensermittlung beauftragten Außendienstmitarbeiter der Beklagten im Februar 2002 andererseits waren in einem für die Eintrittspflicht der Beklagten entscheidenden Punkt miteinander nicht vereinbar, so dass zumindest eine dieser Schilderungen nicht richtig gewesen sein kann. Der Kläger hatte über Rechtsanwalt A der Beklagten am 21.3.2001 mitteilen lassen, er sei zwar Eigentümer des Hauses, in dem der Unfall geschehen sei, jedoch habe sich die Flasche mit dem schadensursächlichen Rohrreiniger nicht in dem von ihm bewohnten Teil des Hauses, sondern in der Wohnung der Urgroßmutter im ersten Stock befunden; weshalb diese Urgroßmutter den Rohrreiniger dort in einer Limonadenflasche aufbewahrt habe, könne nicht erklärt werden. Der Kläger selbst habe die Flasche nicht aufbewahrt und sei insoweit auch nicht sicherungspflichtig gewesen. Diese Darstellung war zunächst in einem Schreiben des Rechtsanwalts A vom 12.3.2001 an die Betriebskrankenkasse enthalten; sie kann nur auf Angaben des Klägers beruhen und wurde durch die Beifügung zu dem Schreiben des Rechtsanwalts A vom 21.3.2001 "zur Information über den Schadensfall" zu einer Sachdarstellung des Klägers gegenüber der Beklagten, die nach § 5 Nr. 3 AHB wahrheitsgemäß zu erfolgen hatte. Die vom Kläger selbst unterzeichnete Schadensanzeige vom 4.4.2001 gibt an, der Verletzte habe in der "unbewohnten Wohnung der Urgroßmutter" einen Rohrreiniger getrunken. Aufgrund dieser Schilderungen musste der Eindruck entstehen, der Unfall habe mit einem Verhalten des Versicherungsnehmers nichts zu tun; in dem Schreiben vom 12.3.2001 wird dies sogar explizit gesagt, während die Schilderung vom 4.4.2001 ein mitursächliches Verhalten des Klägers nicht erwähnt und damit ebenfalls den Eindruck erweckt, allenfalls liege eine Verkehrssicherungspflichtverletzung seitens der Urgroßmutter vor, die in ihrer Wohnung - für ein vierjähriges Kind erreichbar - einen Rohrreiniger, also eine aggressive Chemikalie, aufbewahrt habe. Diesen Schilderungen zufolge lag eine Verantwortlichkeit des Klägers für den Unfall fern.

Dem Außendienstmitarbeiter B gegenüber gab der Kläger dagegen an, der in eine Limonadenflasche abgefüllte Rohrreiniger sei ihm auf seine Bitte hin von der Schwiegertochter Y gebracht worden; er habe die Flasche entgegengenommen, auf ein Fenstersims im Hausflur gestellt und dort vergessen. An diesem Nachmittag seien drei Enkelkinder - darunter der Geschädigte - im Haus gewesen. Das geschädigte Kind habe die Limonadenflasche - von Dritten unbemerkt - vom Fensterbrett genommen und daraus getrunken. Diese Schilderung ließ den Kläger als Verursacher des Unfalls durch unvorsichtiges Abstellen der gefährlichen Flüssigkeit in einer zum Trinken einladenden Limonadenflasche an einem für Kinder erreichbaren Ort erscheinen. Eine Haftung des Klägers für das Schadensereignis hätte sich bei dieser Sachlage aufgedrängt. Welche dieser einander widersprechenden Darstellungen dem objektiven Geschehensablauf entsprechen - falls nicht sogar beide unrichtig sind -, braucht der Senat nicht festzustellen. Auch gegenüber dem erwähnten Außendienstmitarbeiter hatte der Kläger nach § 5 Nr. 3 AHB wahrheitsgemäße Angaben zu machen. Dass der Kläger bei diesen so gegensätzlichen Schilderungen des Unfallgeschehens ohne Vorsatz bezüglich der mit Sicherheit gegebenen Unrichtigkeit einer der beiden Darstellungen gehandelt hat, ist nicht vorstellbar. Zwar mag es zutreffen, dass gewisse Einzelheiten sich der Kenntnis des Klägers entzogen, etwa die genauen Umstände, unter denen das Kind an die Flüssigkeit gelangte und wo es diese trank. Hierauf kommt es aber nicht an. Der entscheidende Punkt des Geschehens, nämlich das Abstellen der gefährlichen Flüssigkeit an einer für das Kind erreichbaren Stelle - im Wissen, dass gerade an diesem Nachmittag Kinder im Haus waren -, kann dem Kläger schlechterdings nicht entfallen sein, selbst wenn er zwischen dem Abstellen und dem Unfallereignis am gleichen Nachmittag die Flasche zunächst vergessen haben sollte. Dem Kläger war ohne jeden Zweifel auch bewusst, dass es für seine eigene Haftung gegenüber dem Geschädigten und damit auch für eine Einstandspflicht der Beklagten gerade auf diesen Umstand entscheidend ankam. Daran ändert auch eine etwaige "Verwirrung" in der Familie des Klägers nach dem Unfall nichts. Der Senat ist deshalb davon überzeugt, dass der Kläger entweder am 4.4.2001 oder am 5.2.2002 vorsätzlich eine unrichtige Darstellung gab, je nachdem, welche Version der Wahrheit entsprach, entweder in der Absicht, seine bestehende Verantwortlichkeit zu leugnen, oder in dem Bestreben, die Beklagte zu Unrecht eintrittspflichtig werden zu lassen.

Eine vorsätzliche, wie hier folgenlos gebliebene Obliegenheitsverletzung führt nur unter den Voraussetzungen der sog. Relevanz zur Leistungsfreiheit des Versicherers; dieses Erfordernis gilt auch in der allgemeinen Haftpflichtversicherung (OLG Hamm, VersR 1979, 1046; VersR 1980, 1061; R + S 1990, 408; OLG München, VersR 1980, 570) und ist erfüllt, wenn die Obliegenheitsverletzung generell geeignet war, die Interessen des Versicherers ernsthaft zu gefährden, und den Versicherungsnehmer der Vorwurf groben Verschuldens trifft. Die Leistungsfreiheit setzt zudem eine Belehrung des Versicherungsnehmers über die Rechtsfolge einer vorsätzlichen folgenlosen Obliegenheitsverletzung voraus. Diese Erfordernisse sind im Streitfall erfüllt: Unrichtige Angaben zu einem die Haftpflicht auslösenden Verhalten des Versicherungsnehmers - sei es unrichtiges Leugnen eines die Haftung möglicherweise begründenden Verhaltens, sei es Vortäuschen solcher Umstände - sind generell geeignet, die Interessen des Versicherers zu gefährden. Das liegt auf der Hand, wenn durch unrichtige Angaben eine in Wirklichkeit nicht bestehende Eintrittspflicht des Versicherers vorgetäuscht werden soll, trifft aber auch zu, wenn der Versicherungsnehmer wahrheitswidrig seine Verantwortlichkeit leugnet, denn dies kann den Versicherer dazu veranlassen, zur Abwehr vermeintlich unbegründeter, in Wahrheit jedoch gegebener Ansprüche des Geschädigten gegen den Versicherungsnehmer Aufwendungen zu tätigen, die er bei richtiger Schilderung der Sachlage durch den Versicherungsnehmer nicht vorgenommen hätte. Insbesondere kann der Versicherer dadurch mit unnötigen Prozesskosten belastet werden. Ein erhebliches Verschulden des Versicherungsnehmers liegt vor, weil der Kläger vorsätzlich unrichtige Angaben zu einem für die Eintrittspflicht der Beklagten schon dem Grunde nach offensichtlich wesentlichen Punkt gemacht hat; um ein Fehlverhalten, das auch einem ordentlichen Versicherungsnehmer unterlaufen kann und für das daher ein einsichtiger Versicherer Verständnis aufzubringen vermag (BGH VersR 1984, 228; r + s 1989, 5) handelt es sich hier nicht. Schließlich ist der Kläger durch die drucktechnisch hervorgehobenen, unmittelbar über der Unterschriftszeile angebrachten und rechtlich zutreffenden Hinweise in dem für die Schadensanzeige vom 4.4.2001 verwendeten Formular auch deutlich auf die möglichen Folgen einer vorsätzlichen, folgenlos bleibenden Obliegenheitsverletzung hingewiesen worden.

Damit erweist sich die Berufung des Klägers als nicht begründet.

Der Senat sieht keinen Anlass, die Revision gegen seine Entscheidung zuzulassen; die Entscheidung berührt keine in der höchstrichterlichen Rechtsprechung noch nicht geklärten Rechtsfragen, so dass die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht erfüllt sind.

2. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 709 Satz 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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