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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 26.10.2000
Aktenzeichen: 8 U 1371/00
Rechtsgebiete: VVG


Vorschriften:

VVG § 12 Abs. 3
1. Die Präklusionswirkung des § 12 Abs. 3 VVG tritt an die Stelle der Rechtskraftwirkung eines Urteils, durch das die -fiktive- Klage des Versicherungsnehmers auf Versicherungsleistung als unbegründet abgewiesen wurde.

2. Da die Bindungswirkung eines derartigen Urteils durch den Streitgegenstand begrenzt wird, ist auch die Präklusionswirkung des § 12 Abs. 3 VVG entsprechend einzugrenzen.

3. Entscheidend ist deshalb, ob die später -nach Leistungsablehnung- neu aufgeführten, aber früher schon vorhandenen Krankheiten mit den bereits geltend gemachten bei natürlicher Betrachtungsweise ihrem Wesen nach einen einheitlichen, untrennbaren Lebenssachverhalt bilden.

4. Diese ist etwa beim Zusammenwirken der verschiedenen Krankheiten i.S. einer Gesamtkausalität (sog. "Multimorbidität") der Fall.


Oberlandesgericht Nürnberg IM NAMEN DES VOLKES ENDURTEIL

8 U 1371/00

In Sachen

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Nürnberg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht und die Richter am Oberlandesgericht und aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. September 2000

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 15.02.2000 wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung seitens der Beklagten im Kostenausspruch durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von DM 30.000,00 abzuwenden, sofern die Beklagte nicht ihrerseits vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Sämtliche Sicherheiten können auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland niedergelassenen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

IV. Die Beschwer des Klägers beträgt DM 192.337,94.

Beschluß:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf

DM 192.337,74

festgesetzt.

In gleicher Höhe wird -unter Abänderung des landgerichtlichen Beschlusses vom 15.02.2000- der Streitwert für die 1. Instanz festgesetzt.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten Leistungen aus zwei mit dieser abgeschlossener Berufsunfähigkeitszusatzversicherungen.

Mit Antrag vom 22.12.1996 begehrte er von der Beklagten die Leistung von Berufsunfähigkeitsrente und Beitragsbefreiung. Hierbei begründete er die behauptete Berufsunfähigkeit mit gesundheitlichen Einschränkungen auf orthopädischem Fachgebiet. Die Beklagte erholte hierauf ein fachorthopädisches Gutachten der Orthopädischen Universitäts- und Poliklinik im Waldkrankenhaus St. Marien, e . Der Gutachter -Prof. Dr. K. L - kam in seinem Gutachten vom 29.04.1997 zu dem Ergebnis, daß der Kläger sowohl in seinem bis dahin ausgeübten Beruf als Versicherungsvermittler im Außendienst, als auch für eine Tätigkeit im Innendienst (Verweisungstätigkeit) nur zu 30 % berufsunfähig sei. Die Beklagte lehnte hierauf mit Schreiben vom 25.08.1997 die begehrten Versicherungsleistungen ab. Diesem Schreiben fügte sie eine Rechtsmittelbelehrung hinzu, in dem sie den Wortlaut des § 12 Abs. 3 VVG im Ablehnungsschreiben abdruckte.

Mit neuem -nunmehr klagegegenständlichen- Antrag vom 30.03.1998 begehrte der Kläger erneut die bereits abgelehnten Leistungen aus der BUZ. Er fügte seinem Antrag zwei Arztberichte vom 06.05. und 29.05.1998 (K 5 und K 6) bei.

Auch diesen Antrag lehnte die Beklagte ab. In ihrem Ablehnungsschreiben vom 22.06.1998 führte sie aus, daß zwischenzeitlich keine konkrete Verschlechterung des Gesundheitszustands des Klägers gegenüber der ursprünglichen Beurteilung eingetreten sei.

Auch dieses Schreiben versah sie wieder mit derselben Rechtsbelehrung.

Mit seiner am 22.12.1998 eingereichten und der Beklagten am 11.01.1999 zugestellten Klage macht der Kläger die erhobenen Ansprüche nunmehr gerichtlich geltend.

Er hat ausgeführt, daß zu den ursprünglich allein auf orthopädischem Fachgebiet liegenden Beschwerden zwischenzeitlich auch solche auf internistischem Gebiet (Zuckerkrankheit, Herzrhythmusstörungen) hinzugekommen seien. Deshalb sei seine Berufsunfähigkeit nunmehr im Sinn einer "Multimorbidität" auf 70 % zu veranschlagen.

Der Kläger hat beantragt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger mit Wirkung ab 01.01.1999 eine vierteljährliche, jeweils im voraus zahlbare, Berufsunfähigkeitsrente von DM 9.325,98 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird ferner verurteilt, an den Kläger für den Zeitraum 01.06.1998 bis 31.12.1998 rückständige Rente wegen Berufsunfähigkeit in Höhe von DM 21.760,62 zu zahlen.

3. Es wird festgestellt, daß für die bei der Beklagten bestehenden Lebensversicherungen 5 597 783 sowie 5 750 194 seit 01.06.1998 keine Beitragspflicht mehr besteht.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Sie hat geltend gemacht, der Klageanspruch sei schon im Hinblick auf die Ausschlußwirkung des § 12 Abs. 3 VVG unbegründet, weil der Kläger lediglich die ursprünglich bereits geltend gemachten und abgelehnten Gesundheitsbeeinträchtigungen wiederhole. Eine Verschlechterung seines Gesundheitszustandes sei nach dem Ablehnungsschreiben vom 25.08.1997 nicht eingetreten.

Im übrigen seien die behaupteten Beschwerden auf internistischem Gebiet nicht substantiiert dargelegt und belegt. Hierin liege eine Obliegenheitsverletzung gemäß §§ 4, 8 BB-BUZ.

Das Landgericht hat nach Erholung eines fachorthopädischen Gutachtens des Krankenhauses R vom 13.10.1999 (Bl. 74 f d.A.) mit Endurteil vom 15.02.2000 die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, ausweislich des Gutachtens des Krankenhauses R vom 18.10.1999 sei der Kläger auf fachorthopädischem Gebiet in der Ausübung seines Berufs sowie eines Verweisungsberufs nur zu 30 % beeinträchtigt.

Die darüber hinaus von ihm behauptete Beschwerde auf internistischem Fachgebiet seien nicht ausreichend substantiiert dargelegt.

Wegen der Einzelheiten des angefochtenen Urteils wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen, § 543 Abs. 2 ZPO.

Gegen dieses ihm am 19.03.2000 zugestellte Urteil hat der Kläger durch seinen Prozeßbevollmächtigten am 06.04.2000 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsfrist bis 13.06.2000 (Bl. 112 d.A.) am 09.06.2000 begründet.

Er führt aus, entgegen der Auffassung des Landgerichts habe er die behaupteten Beschwerden auf internistischem Fachgebiet durch Vorlage des Attestes des Dr. P K vom 29.05.1998 (K 6) ausreichend substantiiert. Selbst falls dies nicht ausreichend gewesen sein sollte, wäre das Erstgericht doch gemäß § 139 ZPO verpflichtet gewesen, auf weitere Erläuterung hinzuwirken.

In jedem Fall hätte das Landgericht das zum Vorliegen der internistischem Beschwerden beantragte Sachverständigengutachten erholen müssen. Es wäre dann zu einer anderen Entscheidung gekommen.

Der Kläger beantragt:

1. Das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 15.02.2000 wird aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger mit Wirkung ab 01.01.1999 eine vierteljährliche, jeweils im voraus zahlbare, Berufsunfähigkeitrente von DM 9.325,98 zu zahlen.

3. Die Beklagte wird ferner verurteilt, an den Kläger für den Zeitraum 01.06.1998 bis 31.12.1998 rückständige Rente wegen Berufsunfähigkeit in Höhe von DM 21.760,62 zu zahlen.

4. Es wird ferner festgestellt, daß für die bei der Beklagten bestehende Lebensversicherungen 5 597 783 sowie 5 750 194 seit 01.06.1998 keine Beitragspflicht mehr besteht.

5. Die Beklagte trägt die Kosten beider Rechtszüge.

Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Berufung.

Sie macht sich die Ausführungen des Ersturteils zu eigen und wiederholt im übrigen ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Ferner wird -zur Information- auf die von den Parteien vorgelegten Urkunden verwiesen.

Eine Beweisaufnahme hat im Berufungsverfahren nicht stattgefunden.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung des Klägers ist zulässig, §§ 511 ff. ZPO.

II.

In der Sache selbst hat das Rechtsmittel keinen Erfolg.

Die geltend gemachten Klageansprüche sind schon deshalb unbegründet, weil ihnen die Ausschlußwirkung des § 12 Abs. 3 VVG entgegensteht. Entgegen der Beurteilung des Klägers hat sich sein Gesundheitszustand gegenüber demjenigen, der dem ersten Leistungsverfahren (beendet mit Ablehnungsschreiben vom 25.08.1997) zugrunde lag, nicht verschlechtert. Der Kläger wiederholt in Wahrheit lediglich sein bereits damals vorhandenes Beschwerdebild. Dann steht aber seinem Neuantrag der Ausschlußtatbestand des § 12 Abs. 3 VVG entgegen.

Im einzelnen gilt folgendes:

1. Die Nämlichkeit des maßgeblichen Gesundheitszustandes ergibt sich bereits aus den vom Kläger zur Klagebegründung vorgelegten Urkunden. Sein Vorbringen ist somit in dieser Hinsicht unschlüssig (vgl. Schneider der Zivilrechtsfall in Prüfung und Praxis, 7. Aufl., Rz. 181):

Der Kläger hat sich zur Begründung seiner Klage auf die vorgelegten Atteste des Dr. M P vom 06.05.1998 (K 5) und des Dr. P K vom 29.05.1998 (K 6) berufen.

Hierzu ist festzustellen, daß das Attest des Dr. M. P vom 06.05.1998 inhaltlich identisch ist mit dem Attest desselben Arztes vom 27.01.1997. Dieses hatte aber der Kläger bereits -unstreitig- im ersten Leistungsverfahren vorgelegt. Zwischenzeitliche Veränderungen des darin enthaltenen Beschwerdebildes hat er selbst nicht behauptet.

Das weitere ärztliche Attest vom 29.05.1998 (K 6) lag zwar dem ersten Leistungsverfahren noch nicht zugrunde. Aus diesem Attest ist jedoch zu entnehmen, daß die dort aufgeführten Beschwerden des Klägers auf internistischem Fachgebiet bereits im ersten Leistungsverfahren, das mit Ablehnungsschreiben vom 25.08.1997 abgeschlossen wurde, vorlagen. Die im Attest vom 29.05.1998 bestätigte "Multimorbidität" bestand nach dem Attest vom 29.05.1998 bereits seit dem Jahre 1994. Auch die nunmehr im einzelnen aufgeführten Beschwerden auf internistischem Fachgebiet (Diabetes Melitus, Descardie und Wandunregelmäßigkeiten der Coronargefäße) sind ebenfalls bereits vor dem 25.08.1997 manifest geworden. Dies ergibt sich zum einen aus der Beantwortung der Frage unter Ziffer 5 des Attestformulars. Dort bestätigt der behandelnde Internist Dr. B. K , daß die aufgrund der vorher diagnostizierten Krankheiten des Klägers subjektiv aufgetretenen Beschwerden seit ca. 5 Jahren vorlagen. Ferner wird unter Ziffer 11 des Attestformulars festgestellt, daß die "Multimorbidatät" des Klägers zu einer Einschränkung der Berufsfähigkeit führte, die etwa ein bis zwei Jahren vorher eingetreten sei. Es handelt sich also in jedem Fall um einen Zeitraum, der vor dem ersten Ablehnungsschreiben vom 25.08.1997 liegt.

Somit ergibt sich bereits aus den vom Kläger zum Gegenstand seines Vorbringens gemachten ärztlichen Attesten, daß eine Verschlechterung des Gesundheitszustands des Klägers nach dem ersten Ablehnungsschreiben nicht eingetreten ist.

Dies wird bestätigt durch die im fachorthopädischen Gutachten der Orthopädischen Universitätsklinik St. Marien, E. , vom 29.04.1997 festgehaltene Eigenannamnese des Klägers (Anlage K 4). Auch dort ist bereits die Herzkrankheit des Klägers und die bestehende Diabetes, Typ II, erwähnt.

2. In rechtlicher Hinsicht führt dies dazu, daß der erneuten Geltendmachung dieser Krankheiten und der hierauf gestützten Berufsunfähigkeit die Ausschlußwirkung des § 12 Abs. 3 VVG entgegensteht:

a) Unstreitig hat die Beklagte das erste Leistungsverfahren mit Ablehnungsschreibem vom 25.08.1997 abgeschlossen.

b) Der vom Kläger nunmehr geltend gemachte Anspruch ist auch mit dem ursprünglich erhobenen und abgelehnten Anspruch identisch (vgl. hierzu BGH VersR 93, 353; Römer-Langheid, VVg, Rz. 43 zu § 12 VVG):

Insoweit ist auf die Identität des geltend gemachten Versicherungsfalls abzustellen. Für die Anspruchserhebung i.S.d. § 12 Abs. 3 VVG ist es nämlich ausreichend, daß der Versicherungsnehmer erklärt, daß er ein bestimmtes Ereignis als Versicherungsfall ansehe und Versicherungsschutz begehre. Damit macht der Versicherungsnehmer seine Ansprüche -was ausreichend ist- dem Grunde nach geltend, ohne daß eine genaue Bezeichnung oder Bezifferung erforderlich wäre (BGH VersR 78, 314).

Als Versicherungsfall fungiert in der Berufsunfähigkeitsversicherung nicht die einzelne Krankheit oder der Kräfteverfall als solcher, sondern die dadurch ausgelöste Berufsunfähigkeit des Versicherten (§ 2 Abs. 1 BB-BUZ). Es handelt sich also um ein Bedingungsverhältnis zwischen Krankheit, Kräfteverfall und Berufsunfähigkeit. Derselbe Versicherungsfall liegt deshalb dann vor, wenn die später vom Versicherten zusätzlich geltend gemachte Gesundheitsbeeinträchtigung noch diesem Bedingungsverhältnis zuzurechnen ist.

Insoweit ist es geboten, auf die im Zivilprozeß zur Abgrenzung des Streitgegenstands herrschende Lehre zurückzugreifen. Die Präklusionswirkung aus § 12 Abs. 3 VVG tritt nämlich an die Stelle eines rechtskräftigen Urteils, das die -fiktive- Klage des Versicherten auf Rentenleistung und Beitragsbefreiung ablehnt. § 12 Abs. 3 VVG dient nach seinem Zweck der schnellen Klärung, ob die Deckungsablehnung des Versicherers rechtens ist, weil durch jede Verzögerung in der Erledigung zweifelhafter Ansprüche die zuverlässige Feststellung der maßgebenden Tatsachen erschwert wird (vgl. Prölss-Martin, a.a.O., Rz. 21 zu § 12 WG; Römer-Langheid, a.a.O., Rz. 32 zu § 12 VVG). Der Gesetzgeber hat insoweit aber davon abgesehen, den Versicherer auf die Erhebung einer negativen Feststellungsklage zu verweisen, da es Sache dessen ist, der sich in seinen Rechten verletzt fühlt, diese selbst klageweise innerhalb der gesetzten Frist geltend zu machen (vgl. Prölss, a.a.O.). Aus diesem Grunde ist die Gleichstellung der Präklusionswirkung aus § 12 Abs. 3 mit der Wirkung eines rechtskräftigen Urteils, das die Ansprüche des Versicherungsnehmers abweist, gerechtfertigt.

Da sich die Bindungswirkung eines rechtskräftigen Urteils auf den Streitgegenstand bezieht, wird auch der Umfang dieser Bindungswirkung durch den Streitgegenstand begrenzt (BGH NJW 95, 2993; 1757; NJW 86, 1046; Rosenberg-Schwab-Gottwald, Zivilprozesrecht, 15. Aufl., § 154 I).

Streitgegenstand ist nach der im Zivilprozeß herrschenden obergerichtlichen Rechtsprechung der prozessuale Anspruch, der durch den Klageantrag und den ihm zugrunde liegenden Lebenssachverhalt bestimmt wird, unabhängig davon, ob einzelne hierzu gehörige Tatsachen von den Parteien vorgetragen worden sind oder nicht (BGH NJW 95, 1757; 2000, 1958). Danach ist darauf abzustellen, ob die später vorgebrachten, im Zeitpunkt der Leistungsablehnung bereits eingetretenen Tatsachen bei natürlicher Betrachtungsweise ihrem Wesen nach zu demselben Lebenssachverhalt gehören (BGH NJW 2000, 1958).

Überträgt man diese Grundsätze auf den Tatbestand des § 12 Abs. 3 VVG, so ergibt sich:

Es kann nicht entscheidend darauf ankommen, welche einzelnen Beschwerden und Krankheiten der Versicherungsnehmer zur Stütze seines Begehrens auf Versicherungsschutz tatsächlich dem Versicherer unterbreitet hat. Entscheidend kann nur sein, ob die später -nach Leistungsablehnung- neu aufgeführten Krankheiten mit denen bereits zuvor angezeigten bei natürlicher Betrachtungsweise ihrem Wesen nach einen einheitlichen, untrennbaren Lebenssachverhalt bilden.

Dies ist zu bejahen, wenn -wie im Streitfall- der Versicherte nachträglich Krankheiten anführt, die im Zusammenwirken mit den bereits zuvor angezeigten im Sinne einer Gesamtkausalität (Multimorbidität) den Versicherungsanspruch begründen sollen und diese Krankheiten bereits im Zeitpunkt der Leistungsablehnung vorlagen. Es kann dem Versicherungsnehmer nicht gestattet werden, einzelne Erkrankungen, die er im Zeitpunkt der Antragstellung vielleicht für nicht so entscheidungserheblich hielt, nach Leistungsablehnung durch den Versicherer und Versäumung der Klagefrist nachzuschieben. Gegenstand der Leistungsablehnung des Versicherers und damit auch der Ausschlußwirkung aus § 12 Abs. 3 VVG ist daher stets der gesamte gesundheitliche Status des Versicherungsnehmers im Zeitpunkt der Antragstellung und seine Fortentwicklung bis zur Leistungsablehnung.

Etwas anderes kann nur dann gelten, falls sich bis zur Leistungsablehnung durch den Versicherer ein neuer Lebenssachverhalt verwirklicht hat. Dies wäre etwa dann anzunehmen, falls der Kläger -vor oder nach dem Ablehnungsschreiben der Beklagten- einen Unfall erlitten hätte, durch den sein Gesundheitszustand in einem Grad verschlechtert worden wäre, der nunmehr die bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit begründen könnte. Derartiges hat der Kläger aber selbst nicht behauptet.

Es ist daher nach wie vor davon auszugehen, daß der Kläger mit seinem Neuantrag vom 30.03.1998 lediglich sein früheres Beschwerdebild wiederholt. Da der hierauf gestützte Erstantrag vom 22.12.1996 durch das formgerechte Ablehnungsschreiben der Beklagten vom 25.08.1997 bereits abgelehnt wurde, steht dem nunmehr erhobenen Klageanspruch die Ausschlußwirkung des § 12 Abs. 3 VVG entgegen.

Diese Ausschlußwirkung führt auch zu einem Anspruchsverlust für die Zukunft, da -wie ausgeführt- die Ablehnung durch die Versicherung einem rechtskräftigen, klageabweisenden Urteil gleichsteht. Durch ein solches Urteil wird festgestellt, daß der geltend gemachte Anspruch nicht besteht (BGH NJW 95, 1757; 96, 1795/95). Dies gilt auch für Klagen auf Zahlung einer künftigen Rente (BGH NJW 82, 1289; NJW-RR 90, 90).

Die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Ersturteil ist somit als unbegründet zurückzuweisen.

III.

Kosten: § 97 Abs. 1 ZPO.

IV.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.

V.

Die Festsetzung der Beschwer beruht auf § 546 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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