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Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 21.10.2008
Aktenzeichen: 9 WF 1251/08
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 1360 a Abs. 4
ZPO § 767
1. Der Einwand der Erfüllung eines Kostenerstattungsanspruchs durch Prozesskostenvorschusszahlungen kann im Wege der Vollstreckungsabwehrklage geltend gemacht werden, wenn die Erfüllungswirkung zwischen den Parteien streitig ist.

2. Prozesskostenvorschusszahlungen dienen auch zur Deckung der Kosten des Empfängers, die er nach der späteren Kostenentscheidung nicht erstattet bekommt.


9 WF 1251/08

Nürnberg, den 21.10.2008

Beschluss

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Schwandorf vom 23.07.2008, Az. 2 F 497/08, wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die sofortige Beschwerde des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Das Amtsgericht wies den Prozesskostenhilfeantrag im Ergebnis zu Recht wegen fehlender Erfolgsaussicht der Vollstreckungsabwehrklage zurück (§ 114 S. 1 ZPO), weil gegenüber dem mit Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Schwandorf vom 04.10.2007, Az. 2 F 950/05, titulierten Kostenerstattungsanspruch keine durchgreifenden Einwendungen bestehen (§ 767 ZPO).

1. Eine Erfolgsaussicht ist hier allerdings nicht schon mit der Begründung zu verneinen, die Einwendungen des Klägers seien nicht nachträglich entstanden (§ 767 Abs. 2 ZPO) und hätten schon im Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemacht werden müssen.

Der Kläger und damalige Beklagte (im Folgenden: Kläger) wendet im Wesentlichen ein, der titulierte Kostenerstattungsanspruch von 1003,77 € der damaligen Klägerin und jetzigen Beklagten(im Folgenden: Beklagte) sei durch die von ihm geleisteten Prozesskostenvorschusszahlungen von insgesamt 2.322,74 € bereits in vollem Umfang erfüllt. Es ergebe sich ein Bereicherungsanspruch gegen die Beklagte, wenn unter Berücksichtigung der festgesetzten Kosten und der Prozesskostenvorschusszahlungen aufaddiert werde.

Der Einwand der Erfüllung ist ein materiell-rechtlicher Einwand, der im Wesentlichen von der - zwischen den Parteien streitigen - Frage abhängt, inwieweit die geleisteten Vorschusszahlungen hinsichtlich des titulierten Kostenerstattungsanspruchs Erfüllungswirkung haben. Materiell-rechtliche Einwendungen gegenüber dem Kostenerstattungsanspruch sind aber grundsätzlich nicht im Kostenfestsetzungsverfahren zu berücksichtigen. Dieses hat nur den Zweck, die Kostengrundentscheidung der Höhe nach zu beziffern. Außerhalb dieser Zielsetzung liegende sonstige Streitigkeiten zwischen den Parteien werden nicht mit entschieden. Für materiell-rechtliche Einwendungen und Einreden steht die Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) offen, wobei die zeitliche Sperre des § 767 Abs. 2 ZPO nicht gilt (Zöller-Herget, ZPO, 26. Aufl., § 104 Rn 21, Stichwort "materiell-rechtliche Einwendungen"). Dem entspricht es auch, dass geleistete Prozesskostenvorschüsse im Kostenfestsetzungsverfahren grundsätzlich nicht zu beachten sind. Ein bezahlter Vorschuss ist im Kostenfestsetzungsverfahren von den zu erstattenden Kosten lediglich dann als Erfüllung abzuziehen, wenn der Vorschuss unstreitig ist und der Deckung der betreffenden Kosten diente oder der Vorschussempfänger selbst die Absetzung beantragt (Stein/Jonas-Bork, ZPO, 22. Aufl., § 104 Rn 21). Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor.

2. Die unstreitigen Prozesskostenvorschusszahlungen des Klägers im Vorprozess bewirken - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - jedoch nicht, dass der titulierte Kostenerstattungsanspruch als (teilweise) erfüllt (§ 362 Abs.1 BGB) anzusehen wäre.

Eine solche Wirkung käme nur insoweit in Betracht, als die geleisteten Prozesskostenvorschusszahlungen zusammen mit dem titulierten Erstattungsbetrag die der Beklagten im Zusammenhang mit der Prozessführung entstandenen Kosten, zu deren Deckung die Vorschusszahlungen bestimmt waren, übersteigen (OLG Karlsruhe JurBüro 1981, 1575).

Nach dem Inhalt der Beschlüsse des Amtsgerichts Schwandorf vom 27.02.2006 und 07.11.2006, Az. 2 F 950/05, dienten die Prozesskostenvorschusszahlungen der Deckung der Prozesskosten des Hauptsacheverfahrens auf Zahlung von Trennungsunterhalt und des Verfahrens auf Erlass einer diesbezüglichen einstweiligen Anordnung einschließlich der Kosten des Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bezüglich der Zahlung eines Prozesskostenvorschusses.

Die Höhe des Prozesskostenvorschusses richtet sich dabei nach den Gebühren, welche Gericht und Prozessbevollmächtigte vom Vorschussempfänger für die Durchführung des Rechtsstreits vor der Aufnahme ihrer Tätigkeit bereits verlangen können (Palandt-Brudermüller, BGB, 67. Aufl., § 1360 a Rn 17). Er dient aber nicht nur zur Deckung der Kosten, die die bedürftige Partei aufgrund der im Prozess folgenden Kostenentscheidung erstattet verlangen kann, sondern vorrangig auch zur Deckung der Kosten, die der Berechtigte nicht ersetzt bekommt, die also vom späteren, durch den Prozessausgang bestimmten, Kostenerstattungsanspruch nicht erfasst werden. Dies folgt aus der unterhaltsrechtlichen Natur des Prozesskostenvorschusses, der dem Berechtigten die Prozessführung ermöglichen soll (OLG Nürnberg FamRZ 1999, 1217).

Die durch die Vorschusszahlungen grundsätzlich abzudeckenden Kosten der Beklagten umfassten daher nicht nur die Kosten, die ihr nach dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 04.10.2007 zu erstatten sind, sondern neben den von ihr zu bevorschussenden Gerichtskosten von 726,00 €, von denen sie später 364,50 € erstattet erhielt, auch die Kosten ihrer Prozessbevollmächtigten für das Hauptsacheverfahren, die sich laut dem Kostenfestsetzungsbeschluss auf 2.402,36 € beliefen, sowie für die Verfahren der einstweiligen Anordnung auf Zahlung von Trennungsunterhalt und auf Zahlung des Prozesskostenvorschusses, welche nach dem Inhalt der Anordnungsbeschlüsse voraussichtlich 826,10 € bzw. 327,70 € betrugen.

Ein Vergleich dieser Gesamtkosten von 3.917,66 €, zu deren Deckung die Prozesskostenvorschusszahlungen als bestimmt anzusehen sind, mit der Summe von 3.326,51 € aus den geleisteten Vorschüssen und dem titulierten Kostenerstattungsanspruch, ergibt ohne weiteres, dass durch die Vorschusszahlungen bezüglich des titulierten Kostenerstattungsanspruchs von 1.003,77 € keine Erfüllung eingetreten ist.

3. Die späteren Kostenentscheidungen bezüglich einstweiliger Anordnung und Hauptsache im Verfahren des Amtsgerichts Schwandorf, Az. 2 F 950/05, führten auch nicht etwa zu einem (teilweisen) Rückzahlungsanspruch bezüglich des geleisteten Prozesskostenvorschusses, der nunmehr dem Kostenerstattungsanspruch im Wege der Aufrechnung (§§ 387 ff. BGB) über die Vollstreckungsabwehrklage entgegengehalten werden könnte.

Aus der Kostenentscheidung im späteren Verfahren und einer darauf beruhenden Kostenfestsetzung folgt nicht ohne weiteres die Verpflichtung zur Rückzahlung eines davon abweichenden Prozesskostenvorschusses. Vielmehr betrifft die Kostenentscheidung nur die prozessuale Kostentragungspflicht, während die Rückerstattung eines Prozesskostenvorschusses einen materiell-rechtlichen Anspruch voraussetzt, der sich ebenso wie die Entstehung des Vorschussanspruchs nach Billigkeitsgesichtspunkten richtet. Ein Prozesskostenvorschuss ist nur dann zurückzuzahlen, wenn die Voraussetzungen für den Anspruch nicht mehr gegeben sind, zum Beispiel weil sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des unterhaltsberechtigten Ehegatten wesentlich gebessert haben oder die Rückzahlung aus anderen Gründen der Billigkeit entspricht. (BGH NJW 1990, 1476). Hierfür fehlt es jedoch an einem hinreichenden Vortrag des Klägers.

II.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 127 Abs. 4 ZPO).

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 574 ZPO) liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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