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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 19.05.2008
Aktenzeichen: 9 WF 491/08
Rechtsgebiete: ZPO, SGB XII


Vorschriften:

ZPO § 115 Abs. 1 Nr. 1 a
SGB XII § 82 Abs. 2 Nr. 4
Sind im Rahmen der Prozesskostenhilfebewilligung bei der Feststellung des einzusetzenden Einkommens gemäß § 115 ZPO PKW-Fahrtkosten der Partei zu berücksichtigen, so sind diese entsprechend Nr. 10.2.2 SüdL i. V. m. § 5 Abs. 2 Nr. 2 JVEG mit 0,30 € pro gefahrenen Kilometer anzusetzen.
9 WF 491/08

Nürnberg, den 19.5.2008

In der Familiensache

erlässt das Oberlandesgericht Nürnberg, 9. Zivilsenat und Senat für Familiensachen, durch den unterzeichneten Einzelrichter folgenden

Beschluss:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Ansbach vom 28.03.2008 in Verbindung mit dem Beschluss vom 08.04.2008 (1 F 269/08) dahingehend abgeändert, dass die Höhe der monatlichen Raten auf 95,00 € ermäßigt wird.

Im Übrigen wird die Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen.

Von der Erhebung der Gebühr gemäß GKG KV-Nr. 1812 wird abgesehen.

Gründe:

I.

Das Familiengericht hat dem Antragsteller für das Scheidungsverfahren mit Beschluss vom 28.03.2008 Prozesskostenhilfe bewilligt und Ratenzahlungen in Höhe von 155,00 € angeordnet. Dabei ist es von einem einzusetzenden Einkommen des Antragstellers in Höhe von 439,00 € ausgegangen.

Gegen diesen Beschluss hat der Antragsteller form- und fristgerecht sofortige Beschwerde eingelegt:

Das Familiengericht habe seine Fahrtkosten zur Arbeitsstelle, arbeitstägliche Gesamtfahrstrecke 34 km, nicht berücksichtigt. Hierfür seinen weitere 168,30 € abzusetzen.

Das Familiengericht hat mit Beschluss vom 08.04.2008 der Beschwerde teilweise abgeholfen und Fahrtkosten in Höhe von 88,00 € abgesetzt, sodass sich ein einzusetzendes Einkommen von 351,00 € ergab, was zu monatlichen Raten in Höhe von 135,00 € führte.

Zur Begründung hat es ausgeführt, für Fahrkosten sei ein Betrag von 5,20 € für den einfachen Entfernungskilometer gemäß § 3 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2a Durchführungsverordnung zu § 82 SGB XII anzusetzen. Bei 17 Entfernungskilometern könne somit nur ein Betrag von 88,00 € berücksichtigt werden.

Der Antragsteller hält seine Beschwerde aufrecht. Mit Schriftsatz vom 23.4.2008 seiner Prozessbevollmächtigten macht er noch zusätzlich Versicherungsbeiträge in Höhe von 90,78 € monatlich geltend.

II.

Die Beschwerde des Antragstellers ist auch nach erfolgter teilweiser Abhilfe teilweise begründet.

Es sind Fahrtkosten in Höhe von rund 187,00 € zu berücksichtigen, sodass sich ein einzusetzendes Einkommen von 252,00 € ergibt. Gemäß Tabelle zu § 115 ZPO führt dies zu monatlichen Raten in Höhe von 95,00 €.

Eine verbreitete Meinung lässt monatliche Abzüge vom Einkommen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte lediglich in Höhe von 5,20 € pro Entfernungskilometer bis höchsten 40 km zu. Zur Begründung wird ausgeführt, für die Fahrtkosten mit dem eigenen Pkw sei die Verordnung zur Durchführung des § 82 SGB XII heranzuziehen (OLG Bamberg, FamRZ 2008, 156; OLG Brandenburg, FamRZ 2008, 158; Zöller-Philippi, 26. Auflage, Rn 25 zu § 115 ZPO).

Der Senat teilt diese Auffassung nicht, da die genannten Sätze, auch wenn die Verordnung am 21.03.2005 novelliert wurde, die tatsächlich anfallenden Fahrtkosten nicht abdecken. Der Monatssatz von 5,20 € pro Entfernungskilometer entspricht rund 0,14 € pro gefahrenem Kilometer. Nach den SüdL (Nr. 10.2.2) kann das Einkommen pro gefahrenem Kilometer nach den Sätzen des § 5 Abs. 2 Nr. 2 JVEG um 0,30 € bereinigt werden, bei langen Fahrtstrecken ab dem 30. Kilometer um 0,20 €. Diese bei der Feststellung des unterhaltsrelevanten Einkommens anzusetzenden Fahrtkosten erscheinen als Durchschnittssätze angemessen.

Nach § 115 Abs. 1 Nr. 1 a ZPO i. V. m. § 82 Abs. 2 Nr. 4 SGB XII sind die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Auslagen vom Einkommen abzusetzen. Der Senat setzt deshalb entsprechend Nr. 10.2.2 SüdL i. V. m. § 5 Abs. 2 Nr. 2 JEG pro gefahrenen Kilometer 0,30 € an (ebenso OLG Karlsruhe, FamRZ 2005, 465; OLG Koblenz, MDR 2002, 965; vgl. auch Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 4. Auflage, Rn 258).

Es ergeben sich somit monatliche Fahrtkosten in Höhe von rund 187,00 € (34 km x 0,30 € x 220 Arbeitstage : 12).

Die Beschwerde des Antragstellers erweist sich deshalb insoweit als begründet.

Weitere Beträge können nicht anerkannt werden. Es ist nicht nachvollziehbar, was für eine Art von Versicherung der dem Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten des Antragstellers vom 23.4.2008 beigefügte Kontoauszug ausweist. Es kann deshalb nicht geprüft werden, ob es sich um eine nach § 115 Abs. 1 Nr. 1a ZPO i. V. m. § 82 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII anzuerkennende Versicherung handelt.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 127 Abs. 4 ZPO).

Ende der Entscheidung

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