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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 02.08.2007
Aktenzeichen: 9 WF 918/07
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 121
Die Beiordnung eines nicht im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassenen Rechtsanwalts im Rahmen bewilligter Prozesskostenhilfe kann auch ohne Einwilligung des beigeordneten Rechtsanwalts dahingehend eingeschränkt werden, dass Auslagen für die Terminswahrnehmung vor dem Prozessgericht nur bis zur Höhe der Kosten eines Verkehrsanwalts erstattungsfähig sind.
9 WF 918/07

Nürnberg, den 02.08.2007

In der Familiensache

erläßt das Oberlandesgericht Nürnberg, 9. Zivil- und Familiensenat, durch den unterzeichneten Einzelrichter folgenden

Beschluss:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Rechtsanwalts ... wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Fürth vom 29. Juni 2007 (Az.: 201 F 744/07) in Ziffer 2 abgeändert.

Rechtsanwalt ... wird dem Kläger beigeordnet. Die Auslagen des beigeordneten Rechtsanwalts für die Terminswahrnehmung beim Familiengericht Fürth sind jedoch nur bis zur Höhe der Kosten eines Verkehrsanwalts erstattungsfähig.

Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Von der Erhebung der Kosten gemäß Nr. 1812 KV GKG wird abgesehen.

Gründe:

I.

Das Familiengericht hat den Beschwerdeführer, prozessbevollmächtigter Rechtsanwalt des in ... wohnenden Klägers, für eine beim Familiengericht Fürth zu führende Unterhaltsabänderungsklage im Rahmen der bewilligten Prozesskostenhilfe gemäß Beschluss vom 29.06.2007 "zu den Bedingungen eines in dem Berzirk des Prozessgerichts niedergelassenen Rechtsanwaltes beigeordnet".

Gegen diese Entscheidung hat der ebenfalls in ... ansässige Beschwerdeführer form- und fristgerecht sofortige Beschwerde eingelegt.

Er erstrebt seine einschränkungslose Beiordnung und beruft sich insoweit auf den Beschluss des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 06.01.2006 (3 UF 45/05).

Das Familiengericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

Die Beschwerde ist gemäß § 127 Abs. 2 ZPO zulässig. Insbesondere steht dem Beschwerdeführer ein eigenes Beschwerderecht gegen die erfolgte Einschränkung seiner Beiordnung zu (Zöller-Philippi, 26. Auflage, Rdn. 12 zu § 127 ZPO).

Die Beschwerde ist auch im wesentlichen begründet. Dem Beschwerdeführer steht jedenfalls ein Vergütungsanspruch im Zusammenhang mit der Terminswahrnehmung beim Familiengericht Fürth bis zur Höhe der Kosten eines Verkehrsanwaltes zu.

Nach der Rechtsprechung des BGH (FamRZ 2004, 1362) ist im Rahmen der Prozesskostenhilfebewilligung bei der Beiordnung eines nicht am Prozessgericht niedergelassenen Rechtsanwalts stets zu prüfen, ob besondere Umstände für die Beiordnung eines zusätzlichen Verkehrsanwalts i.S. von § 121 Abs. 4 ZPO vorliegen. Nur wenn dies nicht der Fall ist darf danach der auswärtige Rechtsanwalt zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts i. S. von § 126 Abs. 1 Satz 2 BRAGO beigeordnet werden.

Diese Grundsätze sind auch nach Ablösung der BRAGO durch das RVG auf den vorliegenden Fall anzuwenden. Die Beiordnung des nicht beim Prozessgericht zugelassenen Beschwerdeführers nimmt der Partei die Möglichkeit, die Beiordnung eines Verkehrsanwalts nach § 121 Abs. 4 ZPO zu erlangen. Die eingeschränkte Beiordnung zu den Bedingungen eines im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen Rechtsanwalts führt dazu, dass Reisekosten des Beschwerdeführers nicht erstattet werden (§ 48 Abs. 1 RVG). Eine solche Beiordnung ist nach der zitierten Rechtsprechung des BGH nur dann möglich, wenn auch sonst nur Kosten eines am Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalts entstehen könnten, weil besondere Umstände i.S. von § 121 Abs. 4 ZPO nicht vorliegen.

Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen für die Bestellung eines Verkehrsanwalts gemäß § 121 Abs. 4 ZPO gegeben, denn es ist davon auszugehen, dass der 19-jährige Kläger, der über einen Hauptschulabschluss verfügt, nicht in der Lage ist, einen am Prozessort ansässigen Rechtsanwalt sachgemäß schriftlich über den Prozessstoff zu informieren.

Das Oberlandesgericht Nürnberg geht davon aus, dass § 121 Abs. 3 ZPO der Beiordnung eines nicht beim Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalts nicht entgegensteht, wenn dadurch ein Verkehrsanwalt eingespart werden kann oder die Kosten, die der Partei zu Informationsgesprächen mit einem beim Prozessgericht zugelassenen Anwalt erwachsen, ähnlich hoch wären (OLG Nürnberg NJW 2005, 687).

Da zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung die Bestellung eines Verkehrsanwaltes zu bewilligen wäre, sind diese Kosten im Rahmen der Prozesskostenhilfe zu vergüten (§ 45 RVG).

Diese Kosten stellen somit keine Mehrkosten im Sinne des § 121 Abs. 3 ZPO dar. Der Beschwerdeführer kann deshalb als Hauptbevollmächtigter des Klägers bestellt werden soweit der Staatskasse keine höheren Kosten entstehen, als bei der Bestellung eines Hauptbevollmächtigten am Prozessgericht und eines Verkehrsanwalts am Wohnort des Klägers.

Diese Einschränkung kann auch ohne Einwilligung des Beschwerdeführers bei seiner im Rahmen der Prozesskostenhilfebewilligung erfolgten Beiordnung ausgesprochen werden (BGH FamRZ 2007, 37).

Aus der vom Beschwerdeführer zitierten Entscheidung des Oberlandesgerichts Oldenburg ergibt sich nichts anderes. Dieser Beschluss befasst sich mit der hier nicht zu entscheidenden Frage, ob Reisekosten eines beim Prozessgericht zwar zugelassenen aber am Gerichtsort nicht ansässigen Rechtsanwalts zu vergüten sind.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 127 Abs. 4 ZPO).

Ende der Entscheidung

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