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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 05.07.2001
Aktenzeichen: Ws 695/01
Rechtsgebiete: StVollzG


Vorschriften:

StVollzG § 160
Die Vollzugsbehörde kann im Einzelfall Gefangene von der Wahl in die Gefangenenmitverantwortung aus Gründen der Sicherheit und Ordnung der Anstalt sowie zur Vermeidung eines negativen Einflusses auf andere Gefangene ausschließen.
Ws 695/01

Nürnberg, den 5. Juli 2001

In der Strafvollzugssache

wegen Ausschluß von der Kandidatur als Sprecher der Gefangenenmitverantwortung;

hier: Rechtsbeschwerde des Strafgefangenen gemäß § 116 StVollzG,

erläßt der Strafsenat des Oberlandesgerichts Nürnberg durch die unterzeichneten Richter nach Anhörung des Generalstaatsanwalts in Nürnberg folgenden

Beschluß:

Tenor:

I. Die Rechtsbeschwerde des Strafgefangenen gegen den Beschluß der auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg mit dem Sitz in Straubing vom 04.05.2001 wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.

II. Der Beschwerdewert wird auf 1.000 DM festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller ist Strafgefangener in der JVA. Am 09.04.2001 wurde ihm eröffnet, daß seine Kandidatur als Sprecher der Gefangenenmitverantwortung abgelehnt werde. Den hiergegen gerichteten Antrag des Gefangenen auf gerichtliche Entscheidung nach § 109 StVollzG hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg mit dem Sitz in Straubing vom 04.05.2001 zurückgewiesen. Der Beschluß wurde dem Strafgefangenen am 08.05.2001 zugestellt. Er hat hiergegen am 01.06.2001 Rechtsbeschwerde eingelegt.

II.

Die gemäß § 118 StVollzG form- und fristgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig.

Die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 116 Abs. 1 StVollzG sind nicht erfüllt. Eine Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung ist weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten.

Der von der StrafVollstreckungskammer entschiedene Einzelfall bietet keinen Anlaß, Leitsätze für die Auslegung gesetzlicher Vorschriften des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch auszufüllen. Die Entscheidung der Strafvollstreckungskammer beruht auch nicht auf einer von der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung oder der einschlägigen Rechtsprechung anderer Strafvollstreckungskammern abweichenden Rechtsauslegung, die geeignet wäre, die Einheitlichkeit der Rechtsprechung zu gefährden. Die Strafvollstreckungskammer hat sich bei ihrer Entscheidung insbesondere daran orientiert, daß es sich bei § 160 StVollzG um eine Regelung handelt, die einerseits die Vollzugsbehörde verpflichtet, den Gefangenen die Möglichkeit zur kollektiven Mitwirkung am Vollzugsprozeß einzuräumen, andererseits es der Vollzugsbehörde aber völlig frei überläßt, in welcher Weise sie den Willen des Gesetzgebers verwirklicht (OLG Frankfurt, NStZ 1981, 80). Insoweit sind verschiedenste Gestaltungsmöglichkeiten denkbar und in die freie Wahl der Vollzugsbehörde gestellt. Die Sollvorschrift hat deshalb der Vollzugsbehörde auch die Möglichkeit zum Experimentieren geschaffen. Eine dieser Möglichkeiten ist eine Gefangenenmitverantwortung. Da die Gefangenenmitverantwortung somit zur Disposition der Vollzugsbehörde gestellt ist und letztlich die Verantwortung für den gesamten Vollzug als hoheitliche Aufgabe in Form des Letztentscheidungsrechts bei der Anstaltsleitung verbleibt, bedeutet dies, daß die JVA korrigierend eingreifen kann, um die zweckgerichtete Funktion der Gefangenenmitverantwortung aufrechtzuerhalten. Das bedeutet, daß die Vollzugsbehörde die Möglichkeit hat, im Einzelfall Gefangene von der Wahl in die Gefangenenmitverantwortung auszuschließen aus Gründen der Sicherheit und Ordnung der Anstalt, der Behandlung oder eines negativen Einflusses auf andere Gefangene und damit wegen Gefährdung des Vollzugsziels (Calliess/Müller-Dietz, StVollzG, 8. Aufl., § 160 Rn 6).

Damit übereinstimmend hat sich die Strafvollstreckungskammer bei ihrer Entscheidung nach § 116 StVollzG mit den maßgeblich zu berücksichtigenden Umständen rechtsfehlerfrei auseinandergesetzt. Sie ist hierbei von der bekannten obergerichtlichen Rechtsprechung des § 160 StVollzG nicht abgewichen. Damit ist die Rechtsbeschwerde des Gefangenen unzulässig.

Die Rechtsbeschwerde ist schließlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des rechtlichen Gehörs zulässig. Die Strafvollstreckungskammer hat ihrer Entscheidung keine Tatsachen zugrundegelegt, zu denen der Strafgefangene nicht gehört wurde, insbesondere hatte der Strafgefangene die Möglichkeit, sich zu der Stellungnahme der JVA vom 19.04.2001 zu äußern. Die Frist zur Stellungnahme war am 02.05.2001 abgelaufen, ohne daß eine Äußerung des Antragstellers bei Gericht einging.

III.

Kosten: § 121 Abs. 4 StVollzG, § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.

Festsetzung des Beschwerdewertes: §§ 48 a, 13 GKG.

Ende der Entscheidung

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