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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Oldenburg
Urteil verkündet am 24.04.2009
Aktenzeichen: 1 U 110/08
Rechtsgebiete: HöfeO, HöfeVfO


Vorschriften:

HöfeO § 1 Abs. 3 S. 1
HöfeO § 12 Abs. 2
HöfeVfO § 5
1. Zu den anwaltlichen Sorgfaltspflichten bei der Geltendmachung von Ansprüchen, die den Bestand eines Hofes im Sinne der Höfeordnung voraussetzen.

2. Voraussetzungen für einen Fortfall der Hofeigenschaft "außerhalb des Grundbuchs" (im Anschluss BGB AgrarR 1995, 235, 236 f., 2000, 227, 228 und OLG Oldenburg AUR 2006, 143 sowie Beschluss vom 22.08.2008 zu zu 10 W 47/07).


OBERLANDESGERICHT OLDENBURG Im Namen des Volkes Urteil

1 U 110/08

Verkündet am 24. April 2009

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ... auf die mündliche Verhandlung vom 19. März 2009 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück vom 23. September 2008 geändert.

Die Schadensersatzklage ist dem Grunde nach gerechtfertigt.

Es wird festgestellt, dass der Beklagte dem Kläger den weiteren Schaden ersetzen muss, der dadurch entstanden ist, dass er für den schon durchgeführten Pflichtteilsprozess auf Pflichtteilszahlung nach ..., der Mutter des Klägers, beim Landgericht Krefeld zum Az. 5 O 289/03, ..., und letztlich beim Landwirtschaftsgericht Bad Iburg zum Az. 12 Lw 15/07, noch weitere Kosten zahlen muss.

Zur Entscheidung über die Höhe wird der Rechtsstreit auf Antrag des Klägers an das Landgericht zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Berufungsverfahrens zu entscheiden hat.

Gründe:

I.

Der Kläger nimmt den Beklagten wegen Schlechterfüllung eines Anwaltsvertrags auf Schadensersatz in Anspruch.

Der Kläger hatte die Anwaltskanzlei ... (jetzt ...) mit der Beratung in erbrechtlichen Fragen und der Vertretung in erbrechtlichen Auseinandersetzungen beauftragt. Der Beklagte hat den Kläger als Mitglied der Sozietät ab 2002 beraten sowie den Kläger gerichtlich und außergerichtlich vertreten.

Grund für die Mandatserteilung waren Streitigkeiten des Klägers mit seinem Vater und seiner Schwester ... im Zusammenhang mit dem landwirtschaftlichen Besitz der Eltern, dem "..." in ....

Der "..." stammte aus dem Vermögen der Mutter und war von den in Gütergemeinschaft lebenden Eheleuten ... und ... als Ehegattenhof im Grundbuch eingetragen worden. Die Mutter des Klägers verstarb am 19.09.2000 und wurde aufgrund Erbvertrages vom 31.03.1964 von ihrem Ehemann beerbt.

... wollte erreichen, dass seine Tochter ... den Grundbesitz erbt. Zu diesem Zweck hatte er sie nach dem Tod seiner Ehefrau am 02.02.2001 und am 15.08. 2002 testamentarisch zur Alleinerbin eingesetzt. Ferner hatte ... am 27. August 2002 die negative Hoferklärung abgegeben und damit die Löschung des Hofvermerks erwirkt.

Der Kläger sah sich nach dem Tod seines Vaters gleichwohl zum Hoferben berufen. Er hat erfolglos in verschiedenen gerichtlichen Auseinandersetzungen mit seiner Schwester behauptet, sein Vater sei zu den vorgenannten Zeitpunkten geschäfts- und testierunfähig gewesen. Jedenfalls meinte der Kläger, aufgrund eines formlos bindenden Hofübergabeversprechens seiner Eltern von seiner Schwester die Übertragung des ehemals hofzugehörigen Grundbesitzes nebst Zubehör beanspruchen zu können:

Sein Interesse an der Hoferbfolge verfolgte der Kläger zunächst zu 12 Lw 16/03 vor dem Landwirtschaftsgericht Bad Iburg. Dort hatte er - vertreten durch den Beklagten - die Feststellung beantragt, dass der "..." zum Zeitpunkt des Todes seines Vaters noch Hof im Sinne der HöfeO gewesen und er Hoferbe geworden sei. Dabei stützte er sich primär auf die Behauptung, sein Vater sei zum Zeitpunkt der Abgabe der negativen Hoferklärung geschäftsunfähig gewesen. Das ist jedoch in jenem gerichtlichen Verfahren nicht festgestellt worden.

Daraufhin veranlasste der Kläger eine Abgabe der Sache an das Landgericht Osnabrück (10 O 1682/04) und beantragte dort - nunmehr vertreten durch seine aktuellen Prozessbevollmächtigten - auf der Grundlage einer formlos bindenden Hoferbenbestimmung durch seinen Vater die Übereignung des Grundbesitzes an sich. Der Übereignungsantrag wurde rechtskräftig durch Teilurteil des Landgerichts vom 12.10.2005 abgewiesen (Bl. 89 Bd. 3 - 10 O 1682/04).

Ein im Verhältnis zum Übereignungsantrag hilfsweise geltend gemachtes Abfindungsbegehren des Klägers endete mit einem Vergleich "zur Abgeltung sämtlicher Pflichtteils und Pflichtteilsergänzungsansprüche nach dem Tod" des Vaters, wonach der Kläger 105.000 € von ... erhalten sollte (Bl. 64 Bd. 6 - 10 O 1682/04).

In einem weiteren Verfahren, das die Grundlage für den aktuell zu entscheidenden Regressprozess bildet, verfolgte der Kläger - vertreten durch den Beklagten - ab September 2003 zunächst beim LG Krefeld zu 5 O 289/03 einen Pflichtteilsanspruch nach dem Tod seiner Mutter gegen seine Schwester ..., die diesen an sich von dem ... zu erfüllenden Anspruch als dessen Alleinerbin als Nachlassschuld zu erfüllen hatte.

Da zu dem für die Pflichtteilsbestimmung maßgeblichen Zeitpunkt des Todes der Mutter der Grundbesitz noch als Hof i.S.d. HöfeO eingetragen war, nahm das LG Krefeld eine Entscheidungszuständigkeit des Landwirtschaftsgerichts Bad Iburg an und verwies das Verfahren dorthin. Vor dem AG - Landwirtschaftsgericht - Bad Iburg (12 Lw 15/07) verglichen sich der Kläger und seine Schwester am 19.10.2007 dahin, dass ... ihrem Bruder "zur Abgeltung aller Ansprüche aus dem Rechtsstreit" 24.000 € zahlt.

Der Kläger hat dem Beklagten vorgeworfen, dieser habe seine anwaltlichen Berufspflichten zum Nachteil des Klägers im Zusammenhang mit der Verfolgung der Pflichtteilsansprüche nach dem Tod seiner Mutter verletzt. Der Beklagte habe nicht erkannt, dass der "..." zum Zeitpunkt des Erbfalls seine Hofeigenschaft bereits verloren hatte. In Konsequenz dieses Irrtums habe der Beklagte zum Nachteil des Klägers Pflichtteilsansprüche lediglich i.H.v. 30.722,63 € nach dem Einheitswert des Hofes auf der Grundlage des § 12 HöfeO geltend gemacht, statt den nach Verkehrswerten geschuldeten Betrag von 81.348,75 €.

Der Kläger hat deshalb Ersatz der Differenz sowie Feststellung der Ersatzpflicht für weitere Kostennachteile begehrt. Er hat zu dem denkbaren Einwand der dann ggf. pflichtwidrig unterlassenen Erhöhung der Klage nach dem Anwaltswechsel am 01.02.2005 vorsorglich darauf hingewiesen, dass der Beklagte die Pflichtteilsklage erst am 19.09.2003, dem letzten Tag vor dem Ablauf der Verjährungsfrist am 20.09.2003 eingereicht habe und danach eine Erhöhung nicht mehr möglich gewesen sei, weil seine Schwester bereits die Verjährungseinrede erhoben hatte.

Der Kläger hat beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger

a) 50.626,12 €

nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 22.09.2003

b) 1.761,08 €

nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 10.01.2008

zu zahlen,

2. festzustellen, dass der Beklagte dem Kläger den weiteren Schaden ersetzen muss, der dadurch entstanden ist, dass er für den schon durchgeführten Pflichtteilsprozess auf Pflichtteilszahlung nach ..., der Mutter des Klägers, beim Landgericht Krefeld zum Az. 5 O 289/03, ..., und letztlich beim Landwirtschaftsgericht Bad Iburg zum Az. 12 Lw 15/07, noch weitere Kosten zahlen muss.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat eingewandt, er habe auf der Grundlage des von ihm pflichtgemäß ermittelten Sachverhalts davon ausgehen dürfen, dass der "..." zum Zeitpunkt des Todes der Mutter des Klägers (noch weiterhin) ein Hof i.S.d. HöfeO war. Es habe keine tauglichen Anhaltpunkte für eine Widerlegung der für den Fortbestand des Hofes sprechenden Vermutung des Hofvermerks aus § 5 HöfeVfO gegeben.

Das Landgericht hat der Klage mit Versäumnisurteil im schriftlichen Verfahren am 30.01.2008 nach § 331 Abs. 3 ZPO in vollem Umfang stattgegeben und dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt, obwohl der Beklagte bereits vor Fristablauf seine Verteidigungsbereitschaft erklärt und gegen das ihm am 05.02. 2008 zugestellte Versäumnisurteil am selben Tag Einspruch eingelegt hatte.

Das Landgericht hat das (unzulässige) Versäumnisurteil vom 30.01.2008 aufgehoben, die Klage mit dem hiermit in Bezug genommenen angefochtenen Urteil abgewiesen und dazu im Wesentlichen ausgeführt:

Der Beklagte sei zu Recht davon ausgegangen, dass der "..." zum Zeitpunkt des Todes der Mutter am 19. September 2000 ein Hof im Sinne der HöfeO gewesen sei. Er habe zum Zeitpunkt der Erhebung der Pflichtteilsklage nach seinem damaligen Kenntnisstand von den objektiven Gegebenheiten nicht auf Umstände schließen müssen, die die Fortbestandsvermutung des § 5 HöfeVfO hätten widerlegen können. Auch der Kläger habe keine Fakten zu dem vom Beklagten erkennbaren Zustand des Hofes zum Zeitpunkt des Erbfalls vorgetragen, die bei sachgerechter Bewertung auf einen Fortfall der Hofeigenschaft hätten schließen lassen müssen.

Der Beklagte habe den Kläger pflichtgemäß darüber aufgeklärt, dass die Hofeigenschaft trotz fortbestehenden Grundbucheintrags entfallen könne. Die darauf gegebenen Erklärungen des Klägers hätten den Beklagten in seiner Ansicht vom Fortbestand der Hofeigenschaft eher bestärken dürfen. Denn danach hätten der Kläger und sein Vater in den Stallungen eine Pferdezucht betrieben und auf rückgepachteten ca. 7,5 ha (von insg. 22,1 ha) Acker und Weideflächen das Futtermittel für die Tiere angebaut und auf 7,2 ha Waldflächen Forstwirtschaft betrieben. Ferner hat das Landgericht berücksichtigt, dass alle landwirtschaftlichen Flächen fremdverpachtet gewesen und (bis auf die vorgenannten 7,5 ha) fremdbewirtschaftet worden seien. Es hat dies als unschädlich angesehen, weil alle Flächen an ein und denselben Pächter verpachtet gewesen seien und diese nach Ablauf der 10jährigen fest vereinbarten Pachtzeit mit jeweils einjähriger Kündigungsfrist hätten zurück verlangt werden können.

Indiziell bestärkt in der Überzeugung von der Richtigkeit der Darlegung des Beklagten zu den ihm vom Kläger gegebenen Informationen (Pferdezucht mit eigenen angebauten Futtermitteln) sah sich das Landgericht durch das zum Zeitpunkt der Erhebung der Pflichtteilsklage nach der Mutter ganz vorrangige Bestreben des Klägers, Hoferbe zu werden. Denn dann war der Kläger zum Zeitpunkt der Informationserteilung im ureigensten Interesse gehalten, eine Sachdarstellung zu geben, die diesem Ziel dienen und nicht entgegengehalten werden konnte.

Der Kläger hat gegen das ihm am 29.09.2008 zugestellte Urteil am 23.10.2008 Berufung eingelegt und diese am 26.11.2008 begründet.

Der Kläger wiederholt und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag.

Er trägt vor, dass der Hof seit 1985 nicht mehr bewirtschaftet worden sei, weil der Viehbestand verkauft, taugliche Gerätschaften zur Bewirtschaftung nicht mehr vorhanden gewesen und auch nicht neu gekauft worden seien und die Flächen - wie vorbeschrieben - verpachtet gewesen seien. Die Betriebseinheit sei im September 2001 auch objektiv nicht mehr wieder herstellbar gewesen. dies sei auch nicht gewollt gewesen.

Der Kläger macht ferner geltend, dass die Sach- und Rechtslage in Bezug auf die Hofeigenschaft jedenfalls nicht im Sinne der Vorstellungen des Beklagten eindeutig gewesen sei, was dieser bei sorgfältiger, rechtskundiger Bewertung der Sach- und Rechtslage hätte erkennen müssen. Deshalb habe der Beklagte wenigstens dafür Vorsorge treffen müssen, dass eine Umstellung der Klage auf den Pflichtteil nach Verkehrswert wegen der bereits erhobenen Verjährungseinreden noch möglich gewesen wäre.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und den Beklagten nach den erstinstanzlichen Anträgen zu verurteilen,

hilfsweise,

das Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurück zu verweisen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Er meint, er habe nicht unsorgfältig agiert, sondern den beruflich einzuhaltenden Pflichten bei der Vorbereitung der Klage sowie der Verfahrensgestaltung genügt. Nach den zum Beurteilungszeitpunkt erkennbaren Umständen und der damaligen Rechtslage sei er zu Recht vom Fortbestand der Hofeigenschaft ausgegangen.

II.

Die zulässige Berufung führt zum Erlass eines Grund und Feststellungsurteils.

1. Die Schadensersatzklage ist dem Grunde nach gerechtfertigt. Die der Schadensberechnung zugrunde liegenden Werte hat der Beklagte zulässigerweise bestritten, so dass insoweit noch eine weitere und potenziell umfangreiche Aufklärung durch Einholung von Gutachten erforderlich ist.

Der Senat hat deshalb und zur Gewährleistung der Möglichkeit einer Überprüfung des Schadens in zwei Tatsacheninstanzen von einer erstmaligen Beweisaufnahme in zweiter Instanz abgesehen und das ihm infolge des Hilfsantrags des Klägers eingeräumte Ermessen (BGH NJW 2001, 2551. BGH-Report 2003, 97, 98) nach § 538 Nr. 4 ZPO in der Weise ausgeübt, dass neben dem Grundurteil eine Zurückverweisung des Rechtsstreits zur Entscheidung über die Höhe der Schadensersatzforderung erfolgt.

Die Feststellungsklage ist nach § 256 ZPO zulässig, ebenfalls entscheidungsreif und in der Sache auch begründet.

2. Voraussetzung für den Erfolg der Klage zum Grunde war, dass der Beklagte infolge einer schuldhaften Verletzung seiner anwaltlichen Sorgfaltspflichten dem Kläger einen Schaden zugefügt hat. Diese Voraussetzungen liegen nach dem Ergebnis der Berufungsverhandlung vor.

Der Beklagte hat verkannt, dass der im Erbgang nach der Mutter des Klägers befindliche Grundbesitz "..." nicht mehr ein Hof im Sinne der HöfeO war und der Kläger deshalb berechtigt gewesen wäre, seinen Pflichtteilsanspruch nach dem Verkehrswert und nicht nach dem wesentlich geringeren, weil auf der Basis des Einheitswerts ermittelten Hofeswert nach § 12 HöfeO zu berechnen.

Aus den Berechnungsunterschieden folgt zugleich, dass sich die Klage im Betragsverfahren in noch unbekannter Höhe mit hinlänglicher Sicherheit als begründet erweisen wird.

3. Der "..." war zu dem für die Pflichtteilsberechnung maßgeblichen Zeitpunkt des Todes der ... am 19.09.2000 kein Hof im Sinne der HöfeO. Diese Eigenschaft hatte der noch im Grundbuch mit Hofvermerk eingetragene "..." zum vorgenannten Zeitpunkt "außerhalb des Grundbuchs" bereits verloren gehabt.

Die tatsächlichen Umstände hatten die durch den Hofvermerk im Grundbuch begründete Vermutung des Fortbestands der Hofeigenschaft (§ 5 HöfeVfO) aus den nachstehenden Gründen widerlegt.

a) Die Hofeigenschaft entscheidet über die Anwendbarkeit des Höferechts. Die Hofqualität eines Grundbesitzes schließt die Erbfolge nach allgemeinem bürgerlichem Recht aus. Das Höferecht bestimmt eine an den Bedürfnissen der Landwirtschaft orientierte, spezifische Erbenordnung (§§ 5, 6 HöfeO), indem es die geschlossene Erbfolge eines Hoferben in den Hof als Sachgesamtheit gebietet (§§ 4, 16, 17 HöfeO) und diesen Hoferben zusätzlich durch die verhältnismäßig geringen, weil auf der Grundlage des Einheitswerts berechneten Abfindungsverpflichtungen (§ 12 Abs. 2 HöfeO) begünstigt.

Dieses Erbrechtskonzept weicht ab vom allgemeinen bürgerlichrechtlichen Prinzip der Gleichbehandlung der Abkömmlinge (§ 1924 BGB). Es führt zu zum Teil gravierenden Ungleichbehandlungen der Erben untereinander und im Verhältnis zu den Erben nach allgemeinem bürgerlichem Recht. Diese Ungleichbehandlungen bedürfen mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 und 14 Abs. 1 GG einer besonderen Rechtfertigung.

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG NJW 1985, 1329, 1330) hat dazu ausgeführt, die spezifischen erbrechtlichen Regelungen im Höferecht, die der Zerschlagung bäuerlicher Betriebe, der Zersplitterung des Bodens und der bei der Abfindung der weichenden Erben drohenden Gefahr der Überschuldung entgegen wirkten, dienten dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung leistungsfähiger Höfe in bäuerlichen Familien, um die Volksernährung sicherzustellen. Die diesem Schutzzweck dienenden Regelungen seien verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Die prinzipielle Anerkennung des höferechtlichen Sondererbrechts darf nicht außer Acht lassen, dass der Hof nicht um seiner selbst Willen oder als Teil der Landschaft Schutzobjekt ist. Ein die Regelungen legitimierendes öffentliches Interesse kann vernünftigerweise auf der Basis der vorzitierten Verfassungsgerichtsrechtsprechung nur anerkannt werden, soweit der im Erbgang befindliche Hof die sachliche Grundlage für einen leistungsfähigen landwirtschaftlichen Betrieb bietet. Das wiederum ist nur dann der Fall, wenn der Betrieb entweder als leistungsfähige Wirtschaftseinheit (fort)besteht oder in absehbarer Zeit wieder zu einer leistungsfähigen Wirtschaftseinheit gemacht werden kann (sog. Wiederanspannen). Ein in Wirklichkeit nicht mehr existenter Betrieb widerlegt deshalb die gesetzliche Vermutung des Hofvermerks (§ 5 HöfeVfO).

Der Beklagte hat demgegenüber darauf hingewiesen, das Landwirtschaftsgericht habe im Zusammenhang mit der Erteilung des Hoffolgezeugnisses an Gustav Schollmeyer am 22.03.2001 die Hofeigenschaft überprüft, den Kläger angehört und dann inzidenter festgestellt, dass der "..." zum Zeitpunkt des Todes der ... ein Hof im Sinne der Höfeordnung gewesen sei. Diese Erwägungen sind nicht entscheidungserheblich. Bei der (nicht rechtskraftfähigen) Erteilung des Hoffolgezeugnisses findet in der Regel eine amtswegige Überprüfung der Hofeigenschaft dann nicht statt, wenn ein Hofvermerk eingetragen ist und die Anhörung der Beteiligten keine Veranlassung für Zweifel gibt. Dass der Kläger keine Einwendungen erhoben hatte, erklärt sich zwanglos aus seinem damaligen vorrangigen und von dem Versprechen seiner Mutter unterstützten Interesse, Hoferbe zu werden.

Die vorbeschriebene Problematik der Voraussetzungen für eine Widerlegung der Hofvermutung ist bereits seit wenigstens 20 Jahren mit zunehmender Tendenz Gegenstand gerichtlicher Streitigkeiten. Die durch die Rechtsprechung des BGH (AgrarR 1995, 235, 236 f.. 2000, 227, 228) und der Oberlandesgerichte auf der Grundlage der gesetzlichen Regelungen aufgestellten und allseits prinzipiell akzeptierten Grundregeln hat der hiesige Senat für Landwirtschaftssachen, der hinsichtlich der Berufsrichter personenidentisch mit dem diese Sache entscheidenden 1. Zivilsenat besetzt ist, in einer seiner letzten Entscheidungen (Beschluss vom 22. August 2008 - 10 W 47/07) wie folgt zusammengefasst:

"Zwar begründet der ... im Grundbuch vorhandene Hofvermerk nach § 5 HöfeVfO eine Vermutung für die Hofeigenschaft des betreffenden Grundbesitzes. Diese kann jedoch entkräftet werden. So ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass die Hofeseigenschaft einer Grundstücksgesamtheit unabhängig vom Fortbestehen des Hofvermerks im Grundbuch nach § 1 Abs. 3 S. 1 HöfeO in Verbindung mit § 1 Abs. 1 HöfeO dann entfällt, wenn keine landwirtschaftliche oder forstwirtschaftliche Besitzung mehr vorhanden ist (vgl. BGH RdL 2000, 49. AgrarR 1995, 235. BGHZ 84, 78, 83). Von einer landwirtschaftlichen Besitzung kann nur dann gesprochen werden, wenn und solange über den Bestand einzelner landwirtschaftlicher Grundstücke hinaus noch eine wirtschaftliche Betriebseinheit vorhanden ist oder jedenfalls ohne weiteres wieder hergestellt werden kann (vgl. BGH, a.a.O.. OLG Hamm AgrarR 1995, 311, 312. 1999, 311. 2003, 353, 354. 2003, 356, 357. OLG Celle RdL 2005, 179, 180. Senat, Beschluss vom 27.9.2005, 10 W 31/04 - NdsRpfl 2006, 155 = AUR 2006, 143. st. Rspr. des Senats, vgl. weitere Entscheidungen AgrarR 1999, 310. 10 W 31/99, 10 W 22/01, 10 W 8/02, 10 W 8/04, 10 W 20/04, 10 W 2/05).

Für eine solche Betriebseinheit sind nicht nur die notwendigen (statischen) Betriebsmerkmale erforderlich, wie Wohn und Wirtschaftsgebäude, landwirtschaftliche Maschinen und Einrichtungen sowie sonstiges landwirtschaftliches Zubehör. Vielmehr muss dies alles auch zu einer Organisationseinheit zusammengefasst sein oder zumindest ohne weiteres - ggf. nach entsprechender Wiedereinrichtung und Ergänzung - wieder zu einer Organisationseinheit zusammenzuführen sein. Wenn der landwirtschaftliche Betrieb als potentiell leistungsfähige Wirtschaftseinheit in der Lebenswirklichkeit nicht mehr existiert und es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Eigentümer eine funktionsfähige Betriebseinheit in absehbarer Zeit wiederherstellen kann oder will, ist ein Hof im Sinne der HöfeO nicht mehr vorhanden. Dabei kommt auch dem Willen des Hofeigentümers, der "Kopf" und maßgebender Träger der Organisationseinheit ist und diese mit Leben zu erfüllen hat, eine erhebliche Bedeutung zu (vgl. OLG Celle RdL 2005, 179, 170. 2000, 45, 46. Senat z.B. in 10 W 31/99, 10 W 22/01, 10 W 49/01, 10 W 8/02, 10 W 2/05). Zu beachten ist dazu aber, dass allein der vorhandene Wille des Erblassers, die Hofeigenschaft seines landwirtschaftlichen Grundbesitzes zu beenden, nicht ausreicht. Dies würde in Konflikt mit der gesetzlichen Regelung über die negative Hoferklärung geraten und auf eine Aushöhlung des Formerfordernisses aus § 4 Abs. 2 HöfeVfO hinauslaufen. Es muss hinzukommen, dass - wie bereits zuvor dargestellt - der landwirtschaftliche Betrieb, wie er als konkrete Wirtschaftseinheit und Sachgesamtheit bestanden hat, aufgelöst worden ist. Erst im Zusammenhang mit einer solchen tatsächlichen Auflösung der den landwirtschaftlichen Betrieb prägenden Sachgesamtheit kommt dem Willen des Eigentümers, den landwirtschaftlichen Betrieb dauerhaft aufzulösen, die dargestellte Bedeutung zu. ...

Die Einstellung des (aktiven) landwirtschaftlichen Betriebs und die Verpachtung der Ländereien führen jedoch nicht automatisch und auch in der Regel nicht zum Wegfall der Hofeigenschaft. Von einem Wegfall der Hofeigenschaft ist nur auszugehen, wenn eine dauerhafte Auflösung der landwirtschaftlichen Betriebseinheit anzunehmen ist und ein "Wiederanspannen" des Betriebs ausscheidet.

Die Anforderungen an die Möglichkeit des Wiederanspannens eines landwirtschaftlichen Betriebs sind dabei - wie der Senat mehrfach ausgeführt hat (vgl. z.B. OLG Oldenburg NdsRpfl 2006, 155 = AUR 2006, 143) - unter Berücksichtigung des Normzwecks der HöfeO und im Rahmen verfassungskonformer Auslegung der HöfeO zu bestimmen.

Die HöfeO dient dem Zweck, leistungsfähige landwirtschaftliche Betriebe in bäuerlichen Familien zu erhalten und es zu ermöglichen, dass solche Betriebe weitgehend geschlossen zu wirtschaftlich tragbaren Bedingungen auf einen einzigen Erben der nachfolgenden Generation übergehen können (vgl. dazu Faßbender/Hötzel/von Jeinsen/Pikalo, HöfeO, 3. Aufl., Einleitung, Rdnr.47. Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery, HöfeO, 10. Aufl., Einleitung, Rdnr.3. Wöhrmann, Das Landwirtschaftserbrecht, 8. Aufl., Einleitung, Rdnr.1). Die HöfeO führt zu einer im Vergleich zum allgemeinen Erbrecht erheblichen Privilegierung des Hoferben und zu einer Benachteiligung evtl. vorhandener weichender Miterben sowie evtl. auch - was hier relevant werden könnte - zu Beschränkungen in der Testierfreiheit des Erblassers, die zur Unwirksamkeit letztwilliger Verfügungen führen können. Solche Folgen sind nur im Hinblick auf den auch im öffentlichen Interesse liegenden, soeben dargestellten Zweck der HöfeO zu rechtfertigen (vgl. dazu auch BVerfGE 15, 337, 342. 67, 348, 359. 80, 170, 173. Wöhrmann, a.a.O., Einleitung, Rdnr. 15). Unter Berücksichtigung des dargestellten Zwecks der HöfeO und zur Vermeidung einer verfassungswidrigen Privilegierung eines einzelnen Erben kann die HöfeO nur zur Anwendung kommen, wenn entweder eine hinreichend leistungsfähige und mithin erhaltenswerte landwirtschaftliche Betriebseinheit vorhanden ist oder jedenfalls objektiv hinreichend gesichert erscheint, dass diese vom Hoferben ohne weiteres wieder hergestellt werden kann und auch tatsächlich hergestellt wird. An die erforderliche Sicherheit für die letztgenannte Beurteilung sind durchaus erhebliche Anforderungen zu stellen. Es reicht jedenfalls nicht die abstrakte, theoretische Möglichkeit aus, dass in irgendeiner Weise auf dem Grundbesitz noch Landwirtschaft betrieben werden könnte. Vielmehr muss unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Gegebenheiten im Zeitpunkt des Erbfalls eine Wiederherstellung des landwirtschaftlichen Betriebs wirtschaftlich möglich und sinnvoll und im konkreten Fall unter Berücksichtigung der individuellen Umstände von einem in Betracht kommenden Hoferben hinreichend sicher zu erwarten sein (vgl. Senat in NdsRpfl 2006, 155 = AUR 2006, 143). Die Landwirtschaftsgerichte können sich bei dieser Beurteilung nicht mit rein verbalen Beteuerungen hinsichtlich einer zukünftigen landwirtschaftlichen Betriebsaufnahme seitens vorhandener Hoferbprätendenten zufrieden geben. Erforderlich sind vielmehr konkrete, realitätsgerechte Anhaltspunkte für ein sicher zu erwartendes Wiederanspannen und die Wiederherstellung einer selbständigen Betriebseinheit."

Die vorstehenden Regeln gelten auch für die Beurteilung dieses Falles.

b) Das gilt uneingeschränkt für die Frage der objektiven Hofeigenschaft zum Zeitpunkt des Todes der ... im September 2000. Denn die aus den zitierten Gerichtsentscheidungen entnommenen rechtlichen Wertungen beruhen auf der Interpretation und Fortbildung bereits weit vor 2000 in Kraft befindlicher gesetzlicher Bestimmungen, namentlich des Höfe und des Verfassungsrechts.

Die Anwendung der dargestellten Rechtsgrundsätze führt zu der Feststellung, dass der "..." zum Zeitpunkt des Todes der Mutter seine Hofeigenschaft verloren hatte.

aa) Zur Entwicklung des "..." ab 1985 und zu dessen Zustand im September 2000 hat der Senat folgendes festgestellt:

Der "..." befindet sich in einer Ortsrandlage der Gemeinde .... Der Hof umfasste ursprünglich eine Fläche von rund 30 ha. Davon entfielen auf einen bewirtschafteten Wald rd. 7,2 ha. Die ca. 23,5 ha umfassenden Acker und Gründlandflächen lagen arrondiert um den Hof mit den Hof und Wirtschaftsgebäuden. Bis etwa 1985 wurde Vieh gehalten.

Im Jahr 1985 war der Hof sehr stark verschuldet. Der damals den Hof führende Bruder des Klägers bekam nach dessen Darstellung den Betrieb "nicht mehr in den Griff". Der Vater bereitete seinen - 1987 vollzogenen - Übergang in die Altersrente vor. Auf Rat des Rechtsanwalts ... sei ab 1985 nahezu das gesamte Acker und Weideland zur Größe von ursprünglich ca. 23,5 ha (1993 = 23,34 ha, 2000 = 17,87 ha) geschlossen an den NachbarLandwirt ... verpachtet worden. Die Pachtverträge waren auf 10 Jahre befristet und verlängerten sich jeweils um ein Jahr, wenn nicht zuvor mit einer Frist von sechs Monaten gekündigt worden war. Behalten hatte der Vater des Klägers zur forstlichen Bewirtschaftung den Wald zur Größe von rd. 7,4 ha und einige hofnahe Gründlandflächen zur Größe von insgesamt rd. 2,5 ha.

1987 befand sich kein Vieh mehr auf dem Hof, gebrauchstaugliche oder gar neue Maschinen waren nicht mehr vorhanden.

Im Jahr 1994/95 begann der Vater ... mit einer hobbymäßig betriebenen Schafzucht. Die fünf Schafe grasten auf den Restflächen am Hof. Ferner hielt der Vater noch eine Quarterhouse-Stute, mit der er eine Pferdezucht aufbauen wollte, was allerdings an der geringen Anzahl an Fohlengeburten scheiterte. Ende der 90iger Jahre gab es einen Tierbestand von 30 Schafen, die dann alsbald abgeschafft wurden, und eine Stute mit drei Fohlen.

In dieser Zeit hatte sich auch der Kläger um den Hof gekümmert. Er war im Hauptberuf bereits seit mehr als 20 Jahren Monteur und längerzeitig auch immer wieder im Ausland tätig (das ist aktuell immer noch so). seine Ehefrau war anderweitig halbtags beschäftigt. Es gab die auch vom Vater mitgetragene und bis August 2000 umgesetzte Idee, die Schweinestallgebäude zu Pensionsboxen umzubauen, was bis Ende 2000 auch geschah. Insgesamt waren 14 Pferdeboxen z.T. mit Paddock eingerichtet, überdies ein Teilbereich mit modernen sanitären Anlagen und Aufenthaltraum für Gäste. Ferner bestand auch noch die (alte väterliche) Idee von einer Pferdezucht und des Futteranbaus für die Pferde auf den verbliebenen bzw. von dem Pächter ... zurück gepachteten Grünflächen von ca. 7 ha. Die Umsetzung dieses Gedankens war allerdings eher zurückhaltend angegangen worden. Der eigene Pferdebestand im Jahr 2000 belief sich auf vier eigene Pferde (eine Stute und drei Fohlen) bei ca. 6 - 7 Pensionspferden.

Die vorstehende Darstellung zeigt, dass auf dem ... seit etwa 1985 durchgängig bis zu dem hier maßgeblichen Erbfall, nämlich dem Tod der Mutter des Klägers eine landwirtschaftliche Betriebseinheit im Sinne eines leistungsfähigen Betriebs nicht mehr bestand und die Landwirtschaft allenfalls hobbymäßig betrieben wurde.

bb) Die Auflösung der Betriebseinheit war auch endgültig. Sie hätte sich zwar theoretisch im Wege eines "Wiederanspannens" wiederherstellen lassen. Das ist auch das Ergebnis der Ausführungen des von der Schwester des Klägers privat eingeholten Gutachtens des landwirtschaftlichen Sachverständigen ... vom 23. Januar 2006. Die finanziellen Voraussetzungen lagen dafür vor. Der Hof war schuldenfrei, und aus Landverkäufen hätten kurzfristig 350.000 € zur Verfügung gestanden.

Das reicht jedoch im Ergebnis nicht aus, um den Anforderungen an ein "Wiederanspannen" im Sinne der Wiederherstellung einer Betriebseinheit mit leistungsfähiger und daher schützenswerter Hofqualität zu genügen.

(1) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats sind in konsequenter Umsetzung der verfassungsrechtlichen Vorgaben strenge Maßstäbe an die Feststellung des Bestands bzw. der Wiederherstellung eines Hofes im Sinne der HöfeO anzulegen. Unter diesem Aspekt sprechen insbesondere folgende Überlegungen gegen die Annahme eines Fortbestandes des "..." als Hof im Sinne der HöfeO:

Die Darstellung zur Wiederherstellung des "..." in der vom Kläger gedanklich primär verfolgten Absicht des Betriebs einer Pferdepension ist in sich nachvollziehbar. Die Möglichkeit der Umsetzung dieses Plans ist jedenfalls nicht ausgeschlossen.

Allerdings werden nur die abstrakten Möglichkeiten eines "Wiederanspannens" aufgezeigt. Das allein reicht nach der langjährigen Rechtsprechung des Oldenburger Landwirtschaftssenats und der anderen Oberlandesgerichte sowie des BGH zum Fortfall der Hofeigenschaft (dazu Auszug aus dem Senatsbeschluss vom 22. August 2008 - 10 W 47/07 oben unter Ziff. 3 a) nicht aus, um von einem Fortbestand des Hofes wegen gegebener Aussicht eines Wiederanspannens auszugehen.

Denn danach ist ein auch für die Zukunft schutzwürdiger, leistungsfähiger landwirtschaftlicher Betrieb nur ein solcher, der nicht nur in der Theorie als Planungsobjekt existiert. Voraussetzung ist vielmehr, dass konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Eigentümer eine funktionsfähige (landwirtschaftliche) Betriebseinheit in absehbarer Zeit nicht nur wiederherstellen "kann", sondern dies auch ernsthaft "will." (Vgl. dazu die drei letzten Absätze des oben zitierten Senatsbeschlusses). Gemessen an diesen Maßstäben ist eine hinreichend sichere Wahrscheinlichkeit eines "Wiederanspannens" und damit der rechtlichen Aufrechterhaltung der Hofeigenschaft des "..." auszuschließen.

Im Streitfall gab es niemanden, der den Hof mit seinem ursprünglichen landwirtschaftlichen Schwerpunkt hätte wiederherstellen wollen und von dem die Wiederherstellung einer leistungsfähigen Betriebseinheit erwartet werden konnte: Der Kläger nicht, weil er den Pensionsbetrieb wollte, und auch seine Schwester nicht, weil sie an einem Hof überhaupt kein Interesse hatte. Letzteres ist im Wesentlichen unstreitig und findet seine Bestätigung zudem in der zu den Akten 10 O 1682/04 LG Osnabrück vorgelegten Zeitungsannonce (Hülle Bl. 45 Bd. 5 d.BA), in der mit der "Neueröffnung (eines Fremdspracheninstituts) - "..." auf dem ..... in ... ab März 2007" geworben und darüber hinaus hingewiesen wird auf die sonstigen dortigen Angebote "Heilpädagogisches Reiten - Vermietung von Offenstallplätzen".

Die Überlegungen zu diesem Punkt haben notwendigerweise Prognosecharakter. Denn einerseits konnte der Kläger bei der gegebenen Erbenkonstellation gar nicht Hoferbe werden. Andererseits waren und sind auch von Seiten der Erbin des Grundbesitzes, seiner Schwester, keine Wiederanspannungsabsichten ersichtlich. Der oben erwähnte Streit zwischen den Geschwistern über den Pflichtteil des Klägers nach dem Tod des Vaters wurde vor dem LG Osnabrück auf der Basis einer Bewertung des "..." nach Verkehrswerten geführt. Es gibt auch keine greifbaren Anknüpfungspunkte dafür, dass der Kläger tatsächlich seinen offenbar gut dotierten Beruf als auch im Ausland begehrter Fachmann (Landmaschinenmonteur) aufgegeben und sich zumindest im Nebenerwerb dem Aufbau und der Leitung eines Pferdehofs (mit Landwirtschaft) gewidmet hätte.

Wenn es aber an hinreichenden Anhaltspunkten dafür fehlt, dass der Grundbesitz "..." als landwirtschaftlicher Betrieb wieder aufgebaut und ernsthaft (wenn auch nur im Nebenerwerb) betrieben worden wäre, kann eine auch nur einigermaßen verlässliche positive Wiederanspannungsprognose nicht gestellt werden. Es bleibt bei der Feststellung, dass der "..." zum Zeitpunkt des hier maßgeblichen Erbfalls nach der am 19.09.2000 verstorbenen Mutter des Klägers kein Hof i.S.d. HöfeO war, so dass der Kläger (bzw. der Beklagte für den Kläger) einen nach Verkehrswerten des Nachlassgrundstücks zu bestimmenden Pflichtteil hätte geltend machen müssen.

(2) Abgesehen und losgelöst von den zu oben zu (1) mitgeteilten Umständen war auch bereits der Vortrag des Klägers zu seiner geplanten Haltung von Pferden nicht geeignet, einen Fortbestand des Hofes als einer landwirtschaftlichen Betriebsorganisation zu begründen.

Das zeigen mit hinreichender Deutlichkeit die den damaligen und den gleichermaßen bereits zuvor gültigen Rechtszustand wiedergebenden Entscheidungen des OLG Hamm vom 05.11.2002 (RdL 2004, 153 f.) und des OLG München vom 14.01.2003 (NJWRR 2003, 1518 f.). In beiden Entscheidungen wird dargestellt, dass es entscheidend auf den Erhalt einer Beziehung zur Urproduktion (hier: Anbau von Futterpflanzen) ankommt.

So kann die Pferdezucht unter Berücksichtigung des dafür erforderlichen Futteranbaus dem Grundbesitz ein landwirtschaftliches Gepräge geben, wenn die Pferdezucht mit der Gabe selbst angebauten Futters prägend ist und den Charakter der Besitzung ausmacht. Ob dies gleichermaßen für die Konstellation des Betriebs einer Pferdepension mit dem Angebot einer Fütterung von Pensionstieren gilt (dazu tendiert das OLG Hamm a.a.O.) erscheint eher fraglich, weil Anbau und Abgabe von Futter zwar landwirtschaftlichen Charakter haben, jedoch der Betrieb nicht davon, sondern von der Vermietung der Stallungen, der Auslaufflächen und der Betreuung der Tiere maßgeblich geprägt wird. So dominiert auch in den verschiedenen Darstellungen des Klägers zu seinen Aktivitäten eindeutig der Aufbau einer Pferdepension mit einer vorrangig vermietungsähnlichen Prägung, die für sich gesehen keine landwirtschaftliche Qualität aufweist.

5. Der Beklagte hat seine anwaltlichen Sorgfaltspflichten bei der prozessualen Vertretung des Klägers nicht in der gebotenen Weise eingehalten. Dies geschah auch fahrlässig und damit vorwerfbar, weil der Beklagte vermeidbare Fehler gemacht hat, was er hätte erkennen können und müssen.

Dem Beklagten ist allerdings nicht vorzuwerfen, dass er sich nicht in angemessener Weise um die Vertretung des Klägers gekümmert hat. Der Beklagte hat sich im Gegenteil in sinnvollem Zusammenwirken mit seinem Partner, dem Rechtsanwalt ..., um eine Aufklärung der Sachlage bemüht und die dem Senat in der Berufungsverhandlung geschilderten ausführlichen und sachdienlichen Gespräche mit dem Kläger geführt, um eine ausreichende tatsächliche Basis für die Geltendmachung des Pflichtteils zu erlangen. Das war für eine sorgfältige und unnötige Risiken vermeidende Prozessführung in diesem Fall jedoch nicht ausreichend.

Der Beklagte konnte zum Zeitpunkt der Übernahme des Mandats bis zur Geltendmachung der Pflichtteilsansprüche Mitte 2003 die bis dahin in Literatur und Rechtsprechung geführte Diskussion um den Fortfall der Hofeigenschaft "außerhalb des Grundbuchs" in Erfahrung bringen und daraus die notwendigen Schlüsse für die beabsichtigte Prozessführung um den Pflichtteil ziehen.

Aus den Ausführungen des Beklagten in der mündlichen Verhandlung wie auch aus seinem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 27.05. 2008 (Bd. 1 Bl. 125 ff.) wird überdies deutlich, dass dem Beklagten die Rechtslage wie auch die dazu ergangene Rechtsprechung tatsächlich bekannt waren.

Allein aufgrund der sich aus der zitierten Rechtsprechung erschließenden Problematik hätte sich dem Beklagten die Notwendigkeit aufdrängen müssen, neben der Orientierung über die tatsächlichen Verhältnisse auch einen möglichst sicheren Weg der Rechtsverfolgung zu suchen. Dieser Weg musste sowohl geeignet sein, Unwägbarkeiten bei der rechtlichen Beurteilung des Fortbestands der Hofeigenschaft so weit wie möglich Rechnung zu tragen als auch Vorkehrungen für den Erhalt von prozessualen Reaktionsmöglichkeiten zu treffen. Der Beklagte durfte jedenfalls nicht von einem sicheren Fortbestand des Hofes ausgehen und unter den gegebenen Umständen auch nicht mit der Klage bis kurz vor Ablauf der Verjährungsfrist abwarten, um sich nicht in die Gefahr fehlender prozessualer Reaktionsmöglichkeiten zu begeben. Dies alles hat der Beklagte, wie der Verfahrensverlauf deutlich aufgezeigt hat, nicht in der sachlich gebotenen Weise beachtet.

Den Beklagten trifft der Vorwurf eines mindestens pflichtwidrig fahrlässigen und schadensverursachenden Verhaltens. Dieser Vorwurf liegt darin begründet, dass der Beklagte nicht den zur Vermeidung prozessualer Risiken sichersten und gangbaren Weg (dazu: Fahrendorf in Die Haftung des Rechtsanwalts, 7. Aufl, 2005, Rn. 535 ff.. st. Rspr. des XI. ZS des BGH - z.B. NJW 2001, 675, 678) gewählt hatte, der es ihm möglich gemacht hätte, auf eine von seiner Ansicht abweichende Bewertung der Rechtslage in Bezug auf die Hofeigenschaft des vererbten Grundbesitzes sachgerecht zu reagieren.

Der Beklagte hatte die Problematik der rechtlichen Ableitung des erbrechtlichen Abfindungsanspruchs entweder aus allgemeinem bürgerlichen Recht oder (dem Mandanten weniger günstigen) Höferecht erkannt. Dann hätte er nach dem vorstehend dargestellten berufsrechtlichen Prinzip des sichersten Weges schon mit der Antragstellung beide Aspekte berücksichtigen müssen, um so der Gefahr der Verjährung des nicht anhängig gemachten Anspruchs zu begegnen. Dies wäre durch eine entsprechende Antragsgestaltung (Hauptantrag auf Abfindung nach § 12 HöfeO und Hilfsantrag auf Pflichtteil nach bürgerlichem Recht) und der dadurch erreichten auflösend bedingten Anhängigkeit (auch) des Hilfsantrags möglich gewesen.

Ende der Entscheidung

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