Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Oldenburg
Urteil verkündet am 31.05.2001
Aktenzeichen: 1 U 140/99
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 826
1. Der Geschäftsführer, der in der Krise vorrangig, um seine Inanspruchnahme zu vermeiden, jene Gesellschaftsverbindlichkeiten durch die Gesellschaft tilgen läßt, für welche er persönliche Sicherheiten gegeben hat, haftet der Gesellschaft aus § 826 BGB

2. Der Schadensersatzanspruch ist durch die Möglichkeit einer Anfechtung gegenüber den bevorzugten Gläubigern nicht ausgeschlossen.


In dem Rechtsstreit

hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg auf die mündliche Verhandlung vom 26. April 2001 durch die Richter xxx, xxx und xxx

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 27. Juli 1999 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg geändert.

Die Klage wird hinsichtlich eines Teilbetrages von 300.000, DM nebst 4 % Zinsen seit dem 6. Juli 1998 abgewiesen.

Wegen einer Zahlungsforderung in Höhe von 891.377,14 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 6. Juli 1998 ist die Klage dem Grunde nach gerechtfertigt.

Zur Durchführung des Betragsverfahrens wird die Sache an das Landgericht zurückverwiesen, das auch über die Kosten der Berufung zu entscheiden hat.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlußurteil vorbehalten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beschwer beider Parteien übersteigt 60.000,DM.

Tatbestand:

Über das Vermögen der Dxxx xxx xxxGmbH (i.F.: Gemeinschuldnerin) wurde mit Beschluß des Amtsgerichts Delmenhorst vom 2. Juli 1997 (12 N 14/97) der Konkurs eröffnet und der Kläger zum Konkursverwalter bestellt. Der Konkursantrag war am 4. Februar 1997 gestellt worden. Am selben Tag wurde die Sequestration angeordnet. Der seinerzeitige Sequester (Rechtsanwalt Gxxx) wurde am 18. März 1997 vom Kläger abgelöst. Gesellschafter der GmbH waren die Söhne des Beklagten, H2xxx und Cxxx Sxxx sowie Mxxx Mxxx, die Tochter des Cousins des Beklagten, Lxxx Gxxx . Der Beklagte war bis zum 19. Oktober 1996 Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin.

Der Kläger macht gegen den Beklagten Ansprüche aus Konkursanfechtung bzw. auf Schadensersatz wegen eigennütziger Verringerung der Konkursmasse in einer Gesamthöhe von 1.191.377,14 DM geltend. In diesem Umfang tilgte die Gemeinschuldnerin in der Zeit vom 28. November 1996 bis 8. Januar 1997 eigene Verbindlichkeiten, für die der Beklagte aufgrund von Bürgschaften bzw. eines Schuldanerkenntnisses die persönliche Haftung übernommen hatte.

Selbstschuldnerisch verbürgt hatte sich der Beklagte für Kreditverbindlichkeiten der Gemeinschuldnerin gegenüber Sparkassen am jeweiligen Ort ihrer Niederlassungen, bei denen sie zusätzlich zu den Geschäftsbeziehungen zu ihren Hausbanken, der Oxxx xxx (Oxx) und der Landessparkasse xxx (Lxxx), Konten führte. Der jeweils letzte und in dieser Höhe von der Gemeinschuldnerin ausgeglichene Debetsaldostand betrug bei der Sparkasse OxxxSxxxx 105.017,27 DM, der Kreissparkasse T1xxx xxx 112.000, DM, der Stadt und Kreissparkasse Lxxx186.087,46 DM und der xxx Sparkasse 488.272,41 DM. Die Sparkassen hatten die Konten am 24. September, 11. und 27. November 1996 sowie 14. Januar 1997 gekündigt und die Gemeinschuldnerin zur Rückführung der Salden aufgefordert, nachdem ihnen die einen Fehlbetrag von 717.000, DM ausweisende Bilanz für 1995 vorlag und sie feststellten, dass auf ihren Konten keine Umsätze mehr getätigt wurden.

Ferner hatten der Beklagte und sein Cousin, zugleich Handlungsbevollmächtigter der GmbH, Lxxx Gxxx , gegenüber Herrn Jxxx Dxxx, der der Gemeinschuldnerin ein Darlehen über 300.000, DM gewährt hatte, ein sie jeweils persönlich in voller Höhe zur Rückzahlung verpflichtendes Schuldanerkenntnis abgegeben. Die 300.000, DM wurden vom Konto der Gemeinschuldnerin Ende Dezember 1996 an Herrn Dxxx überwiesen, nachdem zuvor ein entsprechender Betrag von der Gxxx GmbH & Co KG "Rxxx"" (i.F.: Dxxx "Rxxx" ) eingegangen war.

Der Kläger hat behauptet: Die vorgenannten Zahlungen seien nach bereits eingetretener, jedenfalls aber für die Folgezeit sicher erwarteter Konkursreife der Gemeinschuldnerin erfolgt. Dies sei mit dem einzigen Ziel geschehen, den Beklagten von seiner persönlichen Haftung zu befreien, zumal an andere Gläubiger ab November 1996 keine wesentlichen Zahlungen mehr erfolgt seien.

Der Kläger hat sein Zahlungsbegehren in erster Linie auf § 37 KO und die Erwägung gestützt, dass die Schuldbefreiungen dem Beklagten gegenüber gem. § 31 Nr. 1 KO anfechtbar seien. Ferner hat der Kläger gemeint, der Beklagte hafte auch aus § 64 Abs. 2 GmbHG und § 826 BGB, weil der Beklagte zur Erreichung seiner Schuldbefreiung für eine Verschleppung des Konkursantrages gesorgt habe. Zudem habe die Besicherung der Schulden der Gemeinschuldnerin kapitalersetzenden Charakter gehabt. Der Kläger hat dazu unter ergänzender Darlegung weiterer Einzelheiten vorgetragen:

Der Beklagte habe die Beantragung der Konkurseröffnung über das Vermögen der Gemeinschuldnerin hinausgezögert. Nach Maßgabe der Ergebnisse einer vom Kläger vorprozessual in Auftrag gegebenen privaten sachverständigen Begutachtung durch die Tx Unternehmensberatung GmbH (i.F.: Tx GmbH) vom 23. Oktober 1998 sei die Gemeinschuldnerin bereits Mitte 1996, spätestens aber ab dem 27. November 1996 insolvenzreif gewesen. Dem Beklagten sei dies jederzeit bewusst gewesen, zumal schon die Bilanz für 1994 einen Verlust von 653.000, DM ausgewiesen hatte und auch in dem am 12. August 1996 fertiggestellten und vom Beklagten unterzeichneten Jahresabschluss 1995 (Bl. 95 ff. BA) ein Verlust von 717.000, DM festgestellt wurde. Eine Zahlungsunfähigkeit sei spätestens offensichtlich gewesen, nachdem den Hausbanken (Oxx und Lxxx) der wegen rückständiger Mieten in Höhe von knapp 250.000, DM von der Pxxx, G1xxx & Fxxx Gxxx Gxxx GbR erwirkte Arrestbeschluss des Amtsgerichts xxx, ZwSt. xxx, vom 25 Oktober 1996 (Bl. 63 Bd. 2 d.A.) zugestellt worden war, die Hausbanken daraufhin die Kredite kündigten und Verfügungen nicht mehr zuließen (Bl. 57, 59 Bd. 2 d.A.).

Der Beklagte habe angesichts des erwarteten Konkurses bereits frühzeitig Pläne gefasst und sukzessive für deren Ausführung gesorgt, deren Primärziel die Beseitigung der Grundlagen für seine persönliche Haftung gewesen sei. Dazu hätten außer den Zahlungen auf die von ihm besicherten Schulden auch die Verschiebung von Vermögen der Gemeinschuldnerin auf die ebenfalls von ihm geführte Dxxx "Rxxx" gehört sowie die Übertragung der noch profitablen und deshalb trotz der eingetretenen Liquidationsschwierigkeiten nicht aufgegebenen Märkte in Nxxx, Uxxx, Sxxx und Pxxx auf die am 15. April 1996 neu gegründete Fxxxx GmbH, und zwar mit dem erklärten Ziel (Aktenvermerk der Oxx v. 26. Juni und 4. Oktober 1996 - Bl. 58 f. u. 118 f. Bd. 1 d.A.), der Gefahr einer Inanspruchnahme des Beklagten aus einer der Oxxx gegebenen Bürgschaft zu begegnen. Eingehende Gelder seien vorrangig und gezielt dazu verwandt worden, die vom Beklagten persönlich besicherten Kreditschulden der GmbH abzulösen.

Dass die streitgegenständlichen Zahlungen der GmbH erst ab Ende November 1996 erfolgten, also nachdem der Beklagte bereits als Geschäftsführer abberufen war, hindere seine Inanspruchnahme nicht. Denn tatsächlich habe der Beklagte auch noch nach seinem Ausscheiden die Geschicke der Gemeinschuldnerin maßgeblich weiterhin gelenkt. Dies komme nicht nur durch seine umfangreichen Aktivitäten gegenüber Dritten in wesentlichen Bereichen der Geschäftsführung zum Ausdruck, sondern auch dadurch, dass planmäßig für die rechtliche Absicherung des Handelns des Beklagten für die GmbH gesorgt gewesen sei. Insoweit ist unstreitig, dass der Beklagte zwar zeitgleich mit der Bestellung des neuen Geschäftsführers Kxxx aus der Geschäftsführung ausgeschieden, jedoch zugleich mit demselben Beschluß vom 19. Oktober 1996 zum Prokuristen bestellt worden war, wobei zunächst weder die später (1. Dezember 1996) widerrufene Prokura noch die Änderung der Geschäftsführung im Handelsregister eingetragen wurden. Unstreitig ist ferner, dass dem Beklagten am 28. November 1996 (Bl. 95 Bd. 2 d.A.) von dem neuen Geschäftsführer Kxxx eine umfassende Handlungs und Vertretungsvollmacht für die Gemeinschuldnerin erteilt wurde. Die Nachfolger des Beklagten in der Geschäftsführung seien lediglich "Strohmänner" gewesen. Für Herrn Kxxx - von Beruf KfzMeister - ergebe sich das schon daraus, dass seine monatliche "Vergütung" 590, DM nicht überstieg (Gehaltsabrechnung Bl. 97 Bd. 2 d.A.). Der nach dem Ausscheiden von Herrn Kxxx am 21. Januar 1997 (Bl. 102 Bd. 2 d.A.) zum Geschäftsführer bestellte Kaufmann Cxxx habe dieses Amt nicht ausgeübt, sondern sich lediglich für einige Tage durch den Unternehmensberater Exxx gegen ein Zahlungsversprechen von 10.000, DM dafür anwerben lassen, dass er seinen Namen für die Durchführung des Konkurses hergab.

Ergänzend hat der Kläger auf zwei weitere Vorgänge Bezug genommen, die aus seiner Sicht für das Vorgehen des Beklagten kennzeichnend seien:

In einem vom Kläger gegen die Oxx geführten Rechtsstreit vor dem Landgericht Oldenburg (1 O 1895/98) wurde die Oxx mit dem in Rechtskraft erwachsenen und hiermit in Bezug genommenen Urteil vom 10. November 1998 zur Zahlung von 1.484.027,33 DM verurteilt, die sie nach den Ausführungen des Landgerichts "durch sittenwidrige Schädigung der Gläubiger der Gemeinschuldnerin erlangt" habe. Dies sei geschehen "in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit dem Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin", dem Beklagten des hier zur Entscheidung stehenden Berufungsverfahrens. Es ging in diesem Rechtsstreit um eine Zahlung der Fxxx GmbH vom 27. November 1996 an die Oxxx zur Ablösung eines vom Beklagten besicherten Kredits.

Einen weiteren vom Beklagten besicherten Kredit hatte die Lxxx der Gemeinschuldnerin gewährt. Den Schuldsaldo von 577.000, DM glich die vom Beklagten geführte Dxxx "Rxxx" am 30. Dezember 1996 aus, und zwar deklariert als Rückzahung einer Darlehensverbindlichkeit gegenüber der Gemeinschuldnerin. Diesen Betrag gab die Lxxx nach erklärter Konkursanfechung durch den Kläger für die Konkursmasse wieder frei.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 1.191.377,14 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 6. Juli 1998 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat eine objektiv vorliegende und für ihn ersichtliche Konkursreife der GmbH vor Ende Dezember 1996 in Abrede gestellt und dazu vorgetragen:

Der Verlust von 717.000, DM in der ihm im August 1996 vorgelegten Bilanz für 1995 sei kompensiert worden durch die unstreitig mit den Gesellschaftern am 12. August 1996 getroffenen Rangrücktrittsvereinbarung (Bl. 148 Bd. 1 d.A.) hinsichtlich der von ihnen gegebenen Gesellschafterdarlehen in einer Gesamthöhe von 3.078.470,32 DM, die auch schon die Verluste für 1994 gedeckt hätten.

Im übrigen habe die erfolgversprechende Aussicht bestanden, einen realen Kapitalzufluss in Höhe von ca. 3.000.000, DM durch den am 30. Dezember 1995 beurkundeten - tatsächlich jedoch nie vollzogenen - Vertrag über den Verkauf eines Grundstücks in Pxxx an die Eheleute S1xxx für einen Preis von 6.137.000, DM zu erlangen. Die Käufer hätten noch bis Ende 1996, so in einem Schreiben vom 10. Dezember 1996 (Bl. 173a Bd. 1 d.A.), ihre Erwerbsabsicht bekräftigt. Das Grundstück stand im Eigentum der Dxxx "Rxxx" . Es war beabsichtigt, den Erlös als Gesellschafterdarlehen mit Rangrücktrittsvereinbarung in die Gemeinschuldnerin einzubringen.

Im übrigen habe sich der Beklagte zur Überwindung der Liquiditätsschwächen der Hilfe des Steuerberaters Kxxxxxx Kxxx, auf dessen Rat u.a. die Fxxx GmbH gegründet wurde, und des Unternehmensberaters Exxx bedient. Die angestellten Betriebsauswertungen hätten einen positiven Trend gezeigt.

Nach der Beendigung seiner Geschäftsführertätigkeit sei der Beklagte nicht mehr maßgeblich für die Gemeinschuldnerin tätig gewesen. Er habe bereits im Frühjahr seinen Rückzug aus der Geschäftsführung aus Altersgründen (Jahrgang 1939) und gesundheitlichen Gründen angekündigt. Nach dem 19. Oktober 1996 (dem Datum seiner Abberufung) sei er für zwei Wochen verreist gewesen. Während dieser Zeit und auch danach hätten Herr Kxxx bzw. die Mitarbeiter H1xxx S1xxx und B1xxx Mxxx (jetzt: von Kxxx) nach Absprache mit dem Unternehmensberater Exxx die Geschäfte geführt.

Im übrigen habe sich der Kläger bei der Übernahme der Konkursmasse pflichtwidrig verhalten, weil er die Warenbestände in verschiedenen Filialen nicht ausreichend gesichert habe. Dadurch seien Schäden in Höhe von ca. 2.000.000, DM eingetreten (Bl. 159 ff. Bd. 1 d.A.). Insoweit hat der Beklagte die "Aufrechnung erklärt" bzw. ein "Mitverschulden" eingewandt. Der Kläger ist der Darlegung des Beklagten entgegengetreten.

Das Landgericht hat die Klage nach Vernehmung von Zeugen mit dem hiermit in Bezug genommenen angefochtenen Urteil abgewiesen und dazu im Wesentlichen ausgeführt: Der Beklagte sei nicht tauglicher Gegner einer Konkursanfechtung, weil er unmittelbar aufgrund der Zahlungen der Gemeinschuldnerin an die Gläubiger der durch ihn persönlich besicherten Forderungen nichts erlangt hat und der Beklagte auch nicht Rechtsnachfolger i.S.d. § 40 KO sei. Ein Rückgewähranspruch aus dem Gesichtspunkt kapitalersetzender Leistung komme nicht in Betracht, weil der Beklagte einem Gesellschafter nicht gleichzustellen sei. Der Kläger habe auch nicht bewiesen, dass der Beklagte nach Aufgabe der Geschäftsführung noch weiterhin die "Geschicke" der Gesellschaft intern und nach außen hin maßgeblich gelenkt, insbesondere die ihn von seiner persönlichen Haftung befreienden Zahlungen veranlasst habe. Deshalb lägen weder die Voraussetzungen für eine Haftung als "faktischer" Geschäftsführer entsprechend § 64 Abs. 2 GmbHG noch für einen Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB vor.

Gegen dieses ihm am 29. Juli 1999 zugestellte Urteil hat der Kläger am 30. August 1999 Berufung eingelegt und diese - nach entsprechender Fristverlängerung - am 6. Dezember 1999 begründet.

Der Kläger wiederholt seinen erstinstanzlichen Sachvortrag und ergänzt ihn insbesondere um die Ergebnisse der im Zusammenhang mit dem Konkurs der Gemeinschuldnerin geführten staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen, aufgrund derer am 29. Juni 1999 u.a. gegen den Beklagten wegen verschiedener Steuer und Vermögensdelikte Anklage erhoben wurde (182 Js 52359/96 StA xxx). Der Kläger sieht sich dahin bestätigt, dass die Gemeinschuldnerin unter maßgeblicher Beteiligung des Beklagten bewusst zeitverzögert in den Konkurs geführt wurde und eines der damit verfolgten Primärziele die Befreiung des Beklagten von seinen persönlichen Haftungen war. Dazu sowie zu weiteren Einzelheiten der wirtschaftlichen Situation der Gemeinschuldnerin trägt er ergänzend vor.

Der Kläger meint, das Landgericht hätte bereits aufgrund des erstinstanzlich vorgetragenen Sachverhalts eine Haftung des Beklagten als "faktischer" Geschäftsführer nach § 64 Abs. 2 GmbHG bejahen müssen. Daneben verfolgt er weiter einen Schadensersatzanspruch aus § 826 und hält auch die Voraussetzungen für einen Anspruch nach erklärter Konkursanfechtung aus § 37 KO für gegeben.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 1.191.377,14 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 6. Juli 1998 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags.

Ergänzend legt er eine zum Stichtag 30. September 1996 von dem Steuerberater Kxxx gefertigte betriebswirtschaftliche Auswertung vor, die als vorläufiges Ergebnis einen Gewinn von über 2.000.000, DM ausweist (Bl. 24 Bd. 3 d.A.). Danach und aufgrund der Tatsache, dass infolge der Rangrücktrittserklärungen der Gesellschafter vom August 1996 der Bilanzgewinn Ende 1995 bei knapp 800.000, DM gelegen habe, sei eine Insolvenzreife weder objektiv vorhanden noch deren alsbaldiger Eintritt erkennbar gewesen.

Soweit der Kläger zur Begründung seiner InsolvenzreifeBehauptung auf angemeldete Mietrückstände von Filialbetrieben Bezug genommen hat, bestreitet der Beklagte zu insgesamt 26 Positionen deren Bestand bzw. deren Entstehung während seiner Geschäftsführerzeit.

Ferner bestreitet er im Einzelnen den Bestand der vom Kläger durch Vorlage des "Inhaltsverzeichnisses Mahnsachen" vom 6. Januar 1997 dargelegten Verbindlichkeiten der Gemeinschuldnerin. Er bestreitet die Identität der aufgelisteten Verbindlichkeiten mit den zu der ihm nicht bekannten Konkurstabelle per 3. Juni 1998 angemeldeten Forderungen, deren Bestand zum Zeitpunkt seiner Geschäftsführertätigkeit und erhebt aus verschiedenen Gründen Einwendungen gegen insgesamt 29 Einzelforderungen.

Der Kläger habe darüber hinaus die Warenwerte in den Niederlassungen unzutreffend mit ca. 1.100.000, DM angegeben. Tatsächlich seien Warenbestände im Wert von ca. 3.700.000, DM vorhanden gewesen.

Zur Abwehr des Vorwurfs einer Gläubigerbenachteiligungsabsicht weist der Beklagte zum einen darauf hin, dass Herr Dxxx eine grundbuchrechtliche Besicherung seiner zum 31. Dezember 1996 fällig gestellten Rückzahlungsforderung gefordert habe und die Rückzahlung der 300.000, DM ohnehin nicht aus dem Vermögen der Gesamtschuldnerin geflossen sei. Vielmehr sei dieser Betrag der Gemeinschuldnerin zuvor von der Dxxx "Rxxx" zur Verfügung gestellt worden, die eine Rückzahlungsforderung unstreitig nicht zur Konkurstabelle angemeldet hat. Zum anderen seien die Zahlungen an die Kreditinstitute erfolgt, weil diese aufgrund der mit ihnen geschlossenen Raumsicherungsverträgen mit einer Verwertung der ihnen sicherungsübereigneten Warenbestände gedroht hätten.

Im Hinblick auf die Behauptung einer faktischen Fortsetzung der Geschäftsführung der Gemeinschuldnerin nach seinem offiziellen Ausscheiden aus dem Amt des Geschäftsführers weist der Beklagte u.a. darauf hin, dass seine Bevollmächtigung auf Praktibilitätserwägungen beruht habe. Namentlich die Bankgeschäfte seien dringlich und die Erledigung der notwendigen Formalitäten einer Vertretungsänderung zu umständlich gewesen.

Schließlich verteidigt sich der Beklagte noch ergänzend gegenüber den Manipulationsvorwürfen im Zusammenhang mit der Gründung der Fxxx GmbH.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat Zeugenbeweis erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahmen wird auf den Inhalt der Sitzungsprotokolle vom 2. November und 8. Dezember 2000 (Bl. 208 ff. Bd. 3 d.A.; 1 ff. Bd. 4 d.A.), 15. Februar und 26. Februar 2001 (Bl. 33 ff. und 60 ff. Bd. 4 d.A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist hinsichtlich eines Teilbetrages von 300.000, DM unbegründet. Wegen der restlichen Klagforderung führt das Rechtsmittel zum Erlaß eines Grundurteils und einer Zurückverweisung an das Landgericht.

A. Teilurteil

In Höhe von 300.000, DM ist die Klage unter keinem der in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkte begründet. Durch die Ende Dezember 1996 bewirkte Zahlung zur Tilgung der Darlehensschuld gegenüber Herrn Dxxx ist das Vermögen der Gemeinschuldnerin nicht negativ berührt worden.

Der Beklagte hat unter Bezugnahme auf vom Kläger selbst vorgetragene Unterlagen (Kontenbewegungen Bxxx Nxxxx AG - Kto.Nr. 2xxxx - Txxx GmbH Anlagen Band 2, Anlage 7, S. 11) dargelegt, dass die Zahlung der 300.000, DM zwar über das Konto der Gemeinschuldnerin abgewickelt wurde, das Geld jedoch aus dem Vermögen der Dxxx "Rxxx" stammte und von dieser der Gemeinschuldnerin am 27. Dezember 1996 per Überweisung zur Verfügung gestellt worden war. Dem ist der Kläger nicht erheblich entgegengetreten. Unstreitig ist ferner, dass die Dxxx "Rxxx" keine Rückzahlungsansprüche gegen die Gemeinschuldnerin geltend gemacht, insbesondere nicht zur Konkurstabelle angemeldet hat.

Eine Schadensersatzhaftung des Beklagten kommt weder aus § 64 Abs. 2 GmbHG noch aus § 826 BGB in Betracht. Selbst wenn die Gemeinschuldnerin zum Zeitpunkt der Darlehensschuldtilgung bereits konkursreif gewesen wäre und der Beklagte die Weiterleitung des Geldes an den Schuldner Dxxxxx aus eigennützigen Motiven veranlasst hätte, um sich von seiner persönlichen Haftung zu befreien, kann ihm daraus nicht der Vorwurf einer ungerechtfertigten Masseverkürzung gemacht werden. Denn nach dem gegebenen Sachverhalt ist weder der Gemeinschuldnerin noch deren Gläubiger durch die Rückzahlung der Darlehensschuld ein Schaden entstanden. Aus den o.e. Unterlagen ist ersichtlich, dass die Dxxx "Rxxx" die 300.000, DM ursprünglich darlehensweise gegeben hatte, so dass im Ergebnis ein Schuldaustausch stattfand. Der schlichte Austausch von Verbindlichkeiten konnte jedoch keine Verringerung des Haftungsvermögens der Gemeinschuldnerin bewirken. Denn es ist weder ersichtlich, dass der Leistung der Dxxx "Rxxx" eine aktivierbare Verpflichtung zugrunde lag (die in dem Vermerk der Lxxx vom 21. November 1996 erwähnte Forderung der Gemeinschuldnerin gegen die Dxxx "Rxxx" wurde durch Zahlung vom 30. Dezember 1996 getilgt - Bl. 141, 142 Bd. 2 d.A.), noch dafür, dass etwa wegen schlechterer Bedingungen der Neuschuld infolge des Schuldneraustauschs eine ungünstigere Vermögenslage geschaffen worden wäre. Der Effekt der Begünstigung eines Einzelgläubigers stellt für sich gesehen keinen Schaden dar.

Kapitalersatzrechtliche Überlegungen (§§ 32 b, 32 a GmbHG) führen zu keinem anderen Endergebnis, weil der Beklagte aus den Gründen des landgerichtlichen Urteils einem Gesellschafter nicht gleichgesetzt werden kann und zudem die Zuwendung der Gemeinschuldnerin in vollem Umfang zugute gekommen ist. Speziell im Hinblick auf Ansprüche aus Konkursanfechtung wird zusätzlich auf die zutreffende diesbezügliche Abweisungsbegründung des Landgerichts verwiesen.

B. Grundurteil

Wegen der verbleibenden Restforderung von 891.377,14 DM ist die Berufung des Klägers im Hinblick auf die Haftung des Beklagten dem Grunde nach entscheidungsreif und begründet. Es besteht die für den Erlass eines Grundurteils nach § 304 ZPO ausreichende Wahrscheinlichkeit, dass die Klageforderung sich in irgendeiner Höhe als begründet erweisen wird. Zur Feststellung des konkreten Verurteilungsbetrages bedarf es potenziell umfangreicher weiterer Tatsachenfeststellungen; insoweit hat der Senat die Sache gem. § 538 Abs. 1 Nr. 3 ZPO an das Landgericht zurückverwiesen.

I.

1. Die grundsätzliche Zahlungsverpflichtung des Beklagten folgt aus § 826 BGB.

Die tatsächlichen Voraussetzungen ergeben sich aus dem unstreitigen Sachverhalt und den Ergebnissen der im Berufungsrechtszug erhobenen Beweise. Danach stehen zur Überzeugung des Senats folgende Umstände mit der für eine streitige Entscheidung notwendigen Gewissheit fest:

Die wirtschaftliche Krise der Gemeinschuldnerin hatte sich bis November 1996 so zugespitzt, dass bei sachgerechter kaufmännischer Betrachtungsweise jedenfalls der alsbaldige Eintritt der Konkursreife bei normalem Verlauf der Dinge nicht mehr zu verhindern war.

In dieser für den Beklagten auch so erkannten Situation hat er planmäßig selbst und im Ergebnis erfolgreich dafür gesorgt, dass ohne einen sachlich gerechtfertigten Grund vorrangig Zahlungen an solche Gläubiger auf Schulden der Gemeinschuldnerin erfolgten, für deren Ausgleich der Beklagte sicherungshalber eine persönliche Haftung übernommen hatte.

Dabei hat der Beklagte in logischer und bewusst in Kauf genommener Konsequenz zum Nachteil der Gemeinschuldnerin und ihrer anderen Gläubiger gehandelt. Der für die Entscheidung maßgebliche Vorwurf gegen den Beklagten liegt darin, dass er für den Fall des Eintritts der Konkursreife seine eigene Enthaftung durch die Veranlassung einer bevorzugten Befriedigung einzelner Gläubiger geplant und für eine Umsetzung dieses Plans selbst maßgeblich gesorgt hat. Die Sittenwidrigkeit des Verhaltens des Beklagten wird dadurch indiziert, dass er unter Ausnutzung seiner Möglichkeiten zur Beeinflussung des Handelns der Gemeinschuldnerin seine eigennützigen Motive über die berechtigten Belange anderer Gläubiger und auch die Interessen der Gemeinschuldnerin gesetzt hat (vgl. BGH WM 1973, 1354, 1355).

Zu den Einzelheiten s.u. II.

2. Für die Geltendmachung des Anspruchs aus § 826 BGB ist der klagende Konkursverwalter aktivlegitimiert, weil die vom Beklagten im Endergebnis gewollte Verringerung der Haftungsmasse der Gemeinschuldnerin nicht nur eine Schädigung der Gläubiger, sondern zugleich der Gesellschaft bewirkt hat (vgl. BGH ZIP 1986, 456, 457; WM 1973, 1354, 1355; Eyber NJW 1994, 1622, 1623 f.).

Der Konkursverwalter ist an der Geltendmachung dieses Anspruchs nicht deshalb gehindert, weil er es unterlassen hat, im Wege der Konkursanfechtung die Geldleistungen von den Zahlungsempfängern zurückzufordern. Wie im Fall der Konkurrenz zwischen Anfechtungsrechten und einem Anspruch aus § 64 Abs. 2 GmbHG (dazu BGH ZIP 1996, 420; SchulzeOsterloh EwiR § 64 GmbHG 1/96, 459) ist es Zweckmäßigkeitsüberlegungen des Konkursverwalters zu überlassen, ob er von Anfechtungsrechten gegenüber den befriedigten Gläubigern Gebrauch macht.

Ein sachlicher Vorrang der Anfechtungsrechte besteht allerdings insoweit, als ein Handeln, das die objektiven und subjektiven Voraussetzungen der Konkursanfechtungstatbestände aufweist, grundsätzlich nur die dort - spezialgesetzlich - geregelten Rechtsfolgen auslöst. Es ist allerdings anerkannt, dass § 826 BGB daneben Anwendung finden kann, wenn über den Anfechtungstatbestand hinausgehende besondere Umstände das Sittenwidrigkeitsurteil tragen (BGH ZIP 1996, 637). Letzteres ist hier aus oben zu 1. a.E. genannten Gründen der Fall..

3. Unerheblich ist der Einwand des Beklagten, der Kläger habe durch pflichtwidriges Unterlassen einer ausreichenden Sicherung der übernommenen Warenbestände einen Schaden in Höhe von ca. 2.000.000, DM verursacht.

Die wegen dieses Schadens erklärte "Aufrechnung" ist schon deshalb unbeachtlich, weil der Beklagte insoweit keinen eigenen Schaden erlitten hat und es deshalb an der für eine Aufrechnung erforderlichen Gegenseitigkeit der gegenübergestellten Ansprüche fehlt. Im übrigen wäre eine Aufrechung gegen einen Anspruch aus § 826 BGB auch wegen § 393 BGB unzulässig.

Der Beklagte kann dem Kläger auch kein Mitverschulden entgegenhalten. Der vom Beklagten angerichtete Schaden in Form der Schmälerung der Masse wird nicht dadurch geringer, dass die Masse auch durch andere Ereignisse negativ beeinträchtigt wurde. Der Mitverschuldensvorwurf könnte allenfalls dann relevant sein, wenn der Beklagte lediglich auf den Quotenschaden haften würde oder ohne den behaupteten Schaden eine volle Befriedigung aller Schulden der Gemeinschuldnerin möglich wäre. Ersteres ist nicht der Fall, weil der Beklagte auf volle Rückzahlung des entzogenen Geldes haftet. Letzteres ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

II.

1. Zur objektiven wirtschaftlichen Situation der Gemeinschuldnerin im Jahr 1996

a) Die wirtschaftliche Situation der Gemeinschuldnerin zu Beginn des Jahres 1996 ist objektiv gekennzeichnet durch einen zum Stichtag 31. Dezember 1995 bestehenden Jahresfehlbetrag von 717.823,10 DM. Dieser Fehlbetrag ergibt sich aus der nach Ablauf der gesetzlichen Frist des § 264 Abs. 1 Satz 3 HGB, nämlich erst am 12. August 1996 erstellten Bilanz. Ebenfalls am 12. August 1996 traf die Gemeinschuldnerin mit den Gesellschaftern H2xxx und K1xxx Sxxx sowie Mxxx Mxxx im Hinblick auf deren der Gemeinschuldnerin gewährten Darlehen in einer Gesamthöhe von 3.078.470,32 DM eine Rangrücktrittsvereinbarung mit Bilanzgewinnklausel.

Mit diesem Rangrücktritt war die buchmäßige Überschuldung beseitigt (vgl. BGH NJW 1987, 1080). Eine signifikante Besserung der wirtschaftlichen Lage der Gemeinschuldnerin, namentlich im Bereich des operativen Geschäfts ist dagegen nicht ersichtlich. Allerdings weist die von dem Steuerberater Kxxx zum 30. September 1996 erstellte betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA) einen Gewinn von rd. 2.000.000, DM aus, während für 1995 noch ein Verlust von rd. 2.476.000, DM eingetreten war. Für den Nachweis einer Besserung der Verhältnisse ist diese BWA jedoch nicht tauglich. Die BWA war nämlich (auch nach der Einschätzung des als Unternehmensberater seit Ende September 1996 für die Dxxxx tätigen Zeugen Exxx) hinsichtlich des Betriebsergebnisses nicht aussagekräftig, weil die Bestandsverhältnisse bei den Waren darin nicht erfaßt waren. So hat dann auch der Verfasser der BWA, der Steuerberater Kxxx, bei seiner Vernehmung in erster Instanz als Zeuge ausgesagt:

"Zur wirtschaftlichen Lage der Firma im Jahre 1996 kann ich keine näheren Angaben machen. Ich meine auch, daß die Frage der Überschuldung überhaupt nicht zu beurteilen gewesen ist, weil auch nie eine Inventur gemacht worden ist. Der eigentliche Warenbestand war daher auch gar nicht bekannt."

Im Verlauf des Jahres 1996 reagierten auch die Hausbanken der Gemeinschuldnerin zunehmend nervöser auf die Entwicklung. Die Oxx hatte Anfang des Jahres selbst einen Finanzstatus für 1995 erstellt und war zu einem Jahresfehlbetrag von rd. 650.000, DM gelangt. Bedenken lösten auch die permanenten Überziehungen des Kontokorrentkontos bei der Oxxx (Kreditlinie 1.5xx.000, DM) aus (Bericht TxGmbH S. 4 f.), sowie die Belastung des Kontos Anfang Mai 1996 mit einem von der xxx Bank nicht eingelösten Scheck über 100.000, DM und durch einen LZBWechsel über 171.000, DM, für den keine ausreichende Deckung vorhanden war (Vermerk Oxx - Bl. 125 Bd. 1 d.A.).

Die hausinternen Aktennotizen der Oxxx und die Vermerke über die Gespräche mit dem Beklagten und anderen Mitarbeitern der Gemeinschuldnerin (Bl. 58 f., 118 f., 120, 122 f., 193 Bd. 1 und 220 Bd. 3 d.A.) waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Befragung der Zeugen. Zusammengefaßt ergibt sich daraus, dass verschiedene Sanierungsmöglichkeiten erörtert wurden, wie Verlustausgleich durch Erträge aus Verkäufen von Märkten, Ausweitung der Lieferantenverbindlichkeiten anstelle der Inanspruchnahme von Bankkrediten, Reduzierung von Personal und Werbungskosten, der Verkauf des Grundstücks "Pxxx" und schließlich auch die Gründung einer neuen Gesellschaft (Fxxx), die u.a. mit der Übernahme von Waren aus aufzugebenden bzw. bei der Gemeinschuldnerin verbleibenden Märkten bestückt einige Standorte der Gemeinschuldnerin übernehmen sollte, um dort höherwertige Produkte anzubieten. Die mittlerweile insolvente Fxxx GmbH wurde am 16. Juni 1996 gegründet und am 26. September 1996 in das Handelsregister eingetragen.

Die wirtschaftliche Situation der Gemeinschuldnerin hatte sich im Jahr 1996 unbeschadet der Sanierungsversuche progressiv, zum Ende des Jahres dramatisch negativ entwickelt:

Die Mahnungen der Gläubiger stiegen Mitte 1996 signifikant an und gingen später auch häufiger in gerichtliche Mahnverfahren über. Die meisten zur Konkurstabelle angemeldeten Gläubigerforderungen stammen aus dem 1. und 2. Quartal 1996. Von den ursprünglich über 40 Filialen bzw. Niederlassungen der Gemeinschuldnerin wurden im Laufe des Jahres 1996 bis auf 12 verbleibende alle anderen geschlossen bzw. auf die Fxxxx GmbH übertragen. Im September 1996 stellte die Gemeinschuldnerin die Kindergeldzahlungen ein; die Mitarbeiter in den neuen Bundesländern erhielten lediglich Abschlagszahlungen aus den dortigen Tagesumsätzen. Ab dem 24. September kündigten die später (vorab) befriedigten Sparkassen die Konten, nachdem sie bemerkt hatten, dass über ihre Konten keine Geschäfte mehr getätigt wurden. Ab dem 25. Oktober 1996 versandte die Gemeinschuldnerin an größere Kunden Schreiben mit Hinweisen auf ihre wirtschaftlichen Probleme (Liquiditätsschwächen) und offerierte Zahlungspläne.

Aufgrund dinglichen Arrestes der Pxxx, xxx & xxx xxx xxx GbR wegen rückständiger Mietzinsen wurden am 29. und 30. Oktober 1996 die Konten der Gemeinschuldnerin gepfändet und damit die Geschäftskonten blockiert. Dies gilt auch hinsichtlich der Transferbanken, denen die xxx Bank die Kontenpfändung am 1. November 1996 mitgeteilt hatte. Die Lxxx kündigte die Geschäftsverbindung am 7. November 1996, die Löschung des Kontos bei der Oxxx erfolgte am 28. November 1996. Der nach der Aussage des Zeugen Exxx bereits zuvor bestehende Bedarf an liquiden Mitteln war durch die Kontenblockierung erheblich angewachsen und nach den Vorstellungen des Zeugen nur aus dem Verkauf des Objekts in Pxxx in der zur Verfügung stehenden kurzen Zeit zu kompensieren.

Am 21. November 1996 nahm der Tapetenlieferant Zxxx einen Konkursantrag gegen die Gemeinschuldnerin zurück, nachdem er sich mit dem Generalbevollmächtigten Gxxx auf die Zahlung eines Teilbetrages von 50.000, DM geeinigt hatte.

b) Die vorbeschriebenen Umstände rechtfertigen die Annahme, dass die Gemeinschuldnerin schon einige Zeit vor Ende November 1996, als sie begann, die vom Beklagten besicherten Forderungen der Sparkassen zu begleichen, kaum noch Chancen hatte, einem Konkurs zu entgehen. Spätestens die Geschäftskontenblockaden Ende Oktober 1996 hatten der Gemeinschuldnerin die für eine Fortführung der Geschäftstätigkeit erforderlichen finanziellen Bewegungsmöglichkeiten (soweit sie denn vorher überhaupt noch vorhanden waren) genommen. Irgendwelche Umstände, die eine Wende zu einer positiven Entwicklung indizieren könnten, sind nicht ersichtlich.

Auch die (nach der Aussage des Zeugen Exxx) letzte Hoffnung auf den Zufluß liquider Mittel aus einem Verkauf des Grundstücks in Pxxx an die Eheleute S1xxx war aus objektiver Sicht keine taugliche Grundlage für eine realistische Aussicht auf eine Überwindung der Liquiditätskrise. Der Senat hat in diesem Zusammenhang Zeugen vernommen sowie die Akten 11 M 298/96 AG Sxxx beigezogen und erörtert. Danach ergibt sich folgendes Bild:

Der Kaufvertrag über das Objekt Pxxx wurde Ende 1995 mit den Eheleuten Hxxx und H2xxx S1xxx geschlossen. Der vereinbarte Kaufpreis betrug 6.137.000, DM. Die erste Rate von 4.637.000. DM wurde nicht gezahlt. Im Juni (Hxxx S1xxx - 11 M 298/96 AG Sxxx) bzw. August 1996 (H2xxx S1xxx) gaben die Käufer eidesstattliche Versicherungen ab. Gegen Hxxx S1xxx waren zuvor diverse Haftbefehle auf der Basis eher geringfügiger Verbindlichkeiten erlassen worden. Davon erhielt die Gemeinschuldnerin am 30. Juli 1996 Kenntnis durch den in ihrem Auftrag tätigen Rechtsanwalt und Notar Rxxxxx, der später auch feststellte, dass sowohl Herr als auch Frau S1xxx falsche Angaben über ihre Einkünfte gemacht hatten. Rechtsanwalt Rxxxxx erhielt daraufhin auf der Grundlage der vertraglichen Vollstreckungsunterwerfung der Käufer noch am 30. Juli 1996 einen Zwangsvollstreckungsauftrag von der Gemeinschuldnerin. Er ließ Sicherungshypotheken auf den entweder mit Zwangsvollstreckungs bzw. Zwangsverwaltungsvermerken, Auflassungsvormerkungen oder Grundpfandrechten belasteten Grundstücken der Eheleute S1xxx eintragen und setzte ihnen am 3. September 1996 gem. § 326 BGB erfolglos eine Frist zur Erfüllung der kaufvertraglichen Verpflichtungen bis zum 18. September 1996 mit Ablehnungsandrohung. Den Eheleuten S1xxx wurden auch strafrechtliche Konsequenzen (Betrug) angedroht.

Nach Ablauf der gesetzten Frist gab es weitere Verhandlungen mit den aus § 326 BGB schadensersatzpflichtigen Eheleuten S1xxx, die noch im Dezember 1996 Kaufbereitschaft, allerdings zu ihnen günstigeren Bedingungen signalisierten. Das letzte Gespräch führte der Unternehmensberater Exxx mit Hxxx S1xxx Ende 1996. Die Zeugenaussagen der vorgenannten Personen haben ergeben, dass es Herrn S1xxx nicht nur um den Kaufpreis ging, sondern primär um die Zahlungszeitpunkte, nämlich Teilzahlungen und Stundungen.

Die Wertung dieser Umstände ergibt, dass (wie auch der Zeuge Exxx bestätigt hat) der benötigte schnelle Zufluss liquider Mittel aus einem Verkauf des Grundstücks in Pxxx kaum zu erwarten war. Wenn der Zeuge Exxx von einer seinerzeit als realistisch eingeschätzten Möglichkeit der Durchführung des Verkaufs gesprochen hat, beruhte dies nach Lage der Dinge bei objektiver Betrachtung eher auf Zweckoptimismus. Denn wer das Schicksal des eigenen Unternehmens von einem selbst tief in Schulden steckenden Schuldner, der sich bereits als erfüllungsunfähig erwiesen, falsche Angaben bei einer eidesstattlichen Versicherung abgegeben hat und bei den weiteren Verhandlungen über einen erneuten Versuch des bereits wegen Verzugs gescheiterten ersten Geschäftsvollzugs zudem ersichtlich unter dem Druck angedrohter Vollstreckungsmaßnahmen und Strafanzeigen stand, handelt nicht nach den Regeln kaufmännischer Vernunft, sondern allenfalls aus einer verzweifelten Notlage - hier des anderenfalls unausweichlich erscheinenden Konkurses - heraus.

c) Ob die vorgenannten Umstände bereits für sich gesehen ausreichen, um den Eintritt einer insolvenzrelevanten Krise der Gemeinschuldnerin im November 1996 hinreichend sicher festzustellen, mag aus den bereits eingangs dargelegten Gründen unentschieden bleiben. Festzuhalten ist jedenfalls, dass für die informierten Beteiligten bei einigermaßen realistischer Betrachtungsweise spätestens bereits im November klar sein musste, dass die Konkursreife - wenn sie nicht ohnehin schon eingetreten war, jedenfalls - unmittelbar bevorstand.

2. Zum Tatbestand der sachlich nicht gerechtfertigten bevorzugten Befriedigung der Sparkassen.

Gegen die Behauptung des Klägers, die vom Beklagten besicherten Forderungen der Sparkassen seien ohne sachliche Berechtigung bevorzugt getilgt worden, wendet der Beklagte ein, die Sparkassen hätten mit der Verwertung der ihnen sicherungshalber übereigneten Waren in den jeweilig kreditierten Märkten gedroht und es seien in dem maßgeblichen Zeitraum auch noch in erheblichem Umfang Schulden anderer Gläubiger durch Zahlung erfüllt worden. Beide Einwendungen sind unerheblich.

a) Das Argument der drohenden Verwertung der sicherungsübereigneten Waren ist als Rechtfertigungsgrund ungeeignet.

aa) In der zum Zeitpunkt der Entscheidung für eine Befriedigung der Sparkassen gegebenen Situation bestand aus den zu 1. beschriebenen Gründen - wenn überhaupt, dann - nur noch eine vage theoretische Möglichkeit der Abwendung des Konkurses. Die Aufgabe von Märkten im Rahmen der "GesundschrumpfungsMaßnahmen", die massive Reduzierung von Personal und Werbungskosten im Jahr 1996, die Übertragung von Waren auf die Fxxx GmbH zur Verfolgung erfolgversprechender Marktsegmente und die nach der Aussage des Zeugen Exxx spätestens im November erkannte Notwendigkeit des alsbaldigen Zuflusses erheblicher liquider Mittel, die durch die laufenden Geschäfte nicht erzielt werden konnten, zeigen deutlich, dass die Gemeinschuldnerin gerade auch nach der Überzeugung der Verantwortlichen Personen allein mit Mitteln aus dem operativen Geschäft nicht würde überleben können.

Dass die Verwertung der Waren durch die jeweiligen Kreditinstitute und die denkbare Folge einer Schließung der betroffenen Märkte die im November 1996 noch bestehenden Aussichten für eine Vermeidung des Konkurses relevant negativ hätten beeinflussen können, hat der Beklagte weder konkret vorgetragen noch ist dies sonst ersichtlich. Das gilt entsprechend für Grundlagen zu den wirtschaftlichen Auswirkungen einer Verwertung der noch vorhandenen Waren.

bb) Auch die für die Motivationslage des Beklagten maßgeblichen Umstände sprechen eher gegen als für die Annahme, die Zahlungen an die Sparkassen seien in Sorge um den Fortbestand der betroffenen Märkte erfolgt.

Die Motivationslage des Beklagten war im Jahr 1996 wesentlich geprägt durch sein Bestreben, sich aus seiner persönlichen Haftung für Schulden der Gemeinschuldnerin zu befreien. Dies indizieren mit hinreichender Sicherheit mehrere Umstände.

Solche Umstände ergeben sich aus dem von den Zeugen Gxxx und S2xxx glaubhaft bestätigten Inhalt der zu den Akten gelangten und erörterten hausinternen Vermerke der Mitarbeiter der Oxxx über Gespräche mit dem Beklagten (z.B. Bl. 46, 58 f. u. 193 Bd. 1 d.A.). Besonders deutlich wird der Zusammenhang der Enthaftungswünsche des Beklagten mit der Geschäftspolitik der Gemeinschuldnerin aus dem an 25. Juni 1996 verlautbarten Vorhaben, die Fxxxx GmbH gerade auch mit dem Ziel der Vermeidung einer Inanspruchnahme des Beklagten aus seinen Bürgschaften zu gründen. Der Zeuge Kxxx hat zwar bestritten, eine solche Aussage gemacht zu haben. Aufgrund der Aussagen der Zeugen Gxxx und S2xxx ist der Senat jedoch vom Gegenteil überzeugt. Es spricht eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Zeuge Gxxx bei der zeitnahen Fertigung des zu dem Gespräch gefertigten Vermerks noch konkrete und richtige Erinnerungen an den Gesprächsinhalt hatte. Es ist zudem kein Motiv dafür ersichtlich, dass der Zeuge Gxxx oder der Zeuge S2xxx, der sich auch noch konkret an diese Äußerung zu erinnern vermochte, sich eine solche Äußerung ausgedacht haben oder gar dem Zeugen Kxxx bewusst unterschieben wollten.

Zu dieser Motivationslage des Beklagten passen schließlich auch die Aktivitäten, namentlich nach der Zeit seines offiziellen Ausscheidens als Geschäftsführer am 19. Oktober 1996, im Zusammenhang mit den Ablösungen seiner Bürgschaften zugunsten der Sparkassen und der zugunsten der Oxxx und der Lxxx (dazu i.E. zu 3.).

Alle diese Vorgänge zeigen auch, dass der Beklagte befürchtete, im Fall eines Konkurses aufgrund seiner Bürgschaften in Anspruch genommen zu werden. Ob er wirklich glaubte, dass er aufgrund seiner Bürgschaften im Falle eines Konkurses auch dann noch persönlich von dem Konkursverwalter in Anspruch genommen werden könnte, wenn sich die Kreditgeber aus anderen Sicherheiten befriedigt hätten, mag dahingestellt bleiben.

cc) Aus den vorbeschriebenen Umständen wird das dominante Motiv des Beklagten, sich aus den Bürgschaften zu befreien, deutlich und indiziert zudem, dass bei den Zahlungen an die Sparkassen nicht die Erhaltung der Waren bzw. Niederlassungen im Vordergrund standen, sondern die Ablösung der Bürgschaften. Ganz abgesehen davon kommt hinzu, dass der Beklagte nach Aktenlage im Zweifel ohnehin nicht davon ausgehen konnte, dass eine Verwertung der Waren zu einer vollständigen Befriedigung der Sparkassen führen würde. Welche von dem Sicherungsrecht der Sparkassen erfassten Waren mit welchem Wert seinerzeit vorhanden waren, ist nicht vorgetragen. Allerdings ist bei Verwertungen dieser Art stets damit zu rechnen, dass die Waren unter Wert veräußert werden und Unkosten entstehen.

dd) Bedeutung haben die Sicherungsübereignungen (soweit mit Forderungsabtretungen gekoppelt auch diese) danach erst im Betragsverfahren, nämlich bei der Berechnung des Schadens.

Unter dem Gesichtspunkt des Vorteilsausgleichs ist die mit den Zahlungen bewirkte Ablösung der Sicherheiten zu berücksichtigen. Denn es ist davon auszugehen, dass Aussonderungs und - wie hier - Absonderungsrechte im Regelfall geltend gemacht werden und deshalb die davon betroffenen Vermögenswerte nicht zur effektiv frei verfügbaren Konkursmasse zu zählen sind (BGH ZIP 1997, 1542, 1543 f. - betr. Vorbehaltseigentum und Sicherungszessionen). Dabei ist von der tatsächlichen Werthaltigkeit der Sicherungsrechte zum fraglichen Zeitpunkt auszugehen. Dazu bedarf es weiterer tatsächlicher Feststellungen.

b) Gegen die bevorzugte Behandlung der Sparkassenverbindlichkeiten spricht nicht, dass während des maßgeblichen Zeitraums auch noch anderen Verbindlichkeiten getilgt wurden.

Der Beklagte hat Kontenübersichten vorgelegt, aus denen sich die Zahlungen der Gemeinschuldnerin an Dritte in der Zeit vom 7. November 1996 bis 11. Februar 1997 in Höhe von rd. 4.083.711, DM ergeben (Bl. 175 ff. Bd. 3 d.A.). Ferner hat er darauf hingewiesen, dass auch aus den Tageskassen der Filialen sämtliche Aufwendungen im Tagesgeschäft in einer Größenordnung von 300.000, DM beglichen worden seien.

Das auf den ersten Blick erhebliche Zahlungsaufkommen relativiert sich indessen bei genauerer Betrachtung und steht der Wertung einer ungerechtfertigt bevorzugten Befriedigung der Sparkassen nicht entgegen. So ergibt bereits ein Vergleich mit den angemeldeten Gläubigerforderungen von rd. 18.000.000, DM, die zu einem nicht unerheblichen Teil aus der ersten Jahreshälfte 1996 stammen, daß in den rd. drei Monaten vom 7. November bis zum 11. Februar 1997 eine selektive Zahlungsweise erfolgte, die offenbar an bestimmten Prioritäten orientiert war. Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden, wenn nicht - wie im Fall der Zahlungen an die Sparkassen - eigennützigsachfremde Motive für eine bevorzugte Behandlung bestimmter Gläubiger Veranlassung gaben. Insbesondere sind die Zahlungen an die Krankenkassen in einer Gesamthöhe von rd. 340.000, DM und an die Krankenkassen in einer Gesamthöhe von 318.000, DM sachgerecht, weil - Sanierungsbestrebungen zugunsten des Beklagten unterstellt - vorrangig der Gefahr einer schnellen Inanspruchnahme durch Eigenvollstreckung oder Konkursanträgen von diesen nach der Erfahrung dazu schnell bereiten Gläubigern im Fall einer Zahlungsverzögerung zu begegnen war. Nimmt man wegen gleichwertiger Dringlichkeit die gegen die Rücknahme des Konkursantrages gezahlten 50.000, DM an den Tapetenhändler Zxxx hinzu sowie eine Zahlung von rd. 180.000, DM auf die einem "Arrestbefehl/Pfändung" zugrunde liegende Forderung, ergibt sich, dass von den 4.083.711, DM rd. 890.000, DM auf im vorgenannten Sinn "gefährliche" Forderungen gezahlt wurden. Die übrigen Prioritäten lassen sich allein anhand der insoweit unkommentierten Listen nicht beurteilen. Setzt man zu den verbleibenden 3.200.000, DM die in dieser Zeit an die Sparkassen geleisteten Zahlungen ins Verhältnis, ergibt sich, dass etwa ein Drittel der Zahlungsaufwendungen für die Befreiung des Beklagten von seinen Bürgschaften aufgewandt wurden. Allein dies zeigt, dass die Wertung einer vorrangigen Befriedigung der aus den zu a) dargestellten Gründen nicht "gefährlichen" Sparkassenforderungen zutrifft. Die Tatsache, dass daneben auch noch Forderungen anderer Gläubiger befriedigt wurden, steht dem nicht entgegen.

3. Zur maßgeblichen Einflussnahme des Beklagten

Der Beklagte geht davon aus, dass er wegen der Tilgung der Verbindlichkeiten gegenüber den Sparkassen nicht in Anspruch genommen werden kann, weil er bereits am 19. Oktober 1996 aus der Geschäftsführung ausgeschieden sei. Dieser Einwand ist unerheblich, weil der Beklagte trotz seines Rückzuges aus der Geschäftsführung weiterhin seine eigennützigen Ziele planmäßig weiter verfolgt hat.

Das formelle Ausscheiden des Beklagten ist ebenso unstreitig wie die Tatsache, dass er anschließend für zwei Wochen in Urlaub gefahren ist. Ebenfalls unstreitig ist allerdings, dass der Beklagte auch nach seinem Ausscheiden noch weiterhin für die Gemeinschuldnerin tätig war und dies durch eine ihm am 28. November 1996 erteilte und alle maßgeblichen Bereiche einer Geschäftsführung umfassende Handlungs und Vertretungsvollmacht gedeckt war. Ob der Beklagte in dieser Zeit als "faktischer Geschäftsführer" i.S.d. Rechtsprechung des BGH zu § 64 GmbHG (BGH NJW 1988, 1789, 1790), also als die überragende und beherrschende Persönlichkeit in der Geschäftsleitung, anzusehen ist - wofür einiges spricht , kann für die Entscheidung dieses Falles dahingestellt bleiben. Denn die Haftung aus § 826 BGB setzt die Geschäftsführereigenschaft des Schädigers nicht voraus.

Vorauszuschicken ist, dass der zeitgleich mit dem Ausscheiden des Beklagten zum neuen Geschäftsführer bestellte Herr Kxxx offensichtlich lediglich eine "Strohmannfunktion" ausübte. Ein Indiz dafür ergibt sich schon aus der Entlohnung des neuen Geschäftsführers, dessen Vergütung 590, DM monatlich nicht überstieg. Dass Herr Kxxx als KfzMeister auch nicht unbedingt die Qualifikation für die Geschäftsführung eines mittelständischen Unternehmens der hier in Rede stehenden Art mitbrachte, liegt ebenfalls auf der Hand. So hat auch der Zeuge Exxx bei seiner Vernehmung sehr deutlich zum Ausdruck gebracht, dass Herr Kxxx für ihn kein Ansprechpartner war, weil dieser weder von seiner Ausbildung noch von seinen intellektuellen Fähigkeiten her in der Lage war, ein Unternehmen wie die Gemeinschuldnerin sachgerecht zu führen. Schließlich haben auch die anderen als Zeugen vernommenen ehemaligen Angestellten der Gemeinschuldnerin von Geschäftsführungsaktivitäten des Herrn Kxxx nichts zu berichten gewußt.

Dieser Herr Kxxx war es allerdings, der dem Beklagten am 28. November 1996 die bereits erwähnte Vollmacht (alle Bankgeschäfte, Vertragsschlüsse, Einstellungen und Kündigungen pp.) erteilte. Dass dies aufgrund einer eigenen unternehmerischen Entscheidung des neuen Geschäftsführers geschah, ist nach Lage der Dinge ausgeschlossen. Gleiches gilt für die Mitwirkung des Herrn Kxxx an der am 17. November 1996 gemeinsam mit dem Beklagten ("als bisherigem Geschäftsführer und künftigem Prokuristen") vollzogenen Unterzeichnung eines Schuldanerkenntnisses der Gemeinschuldnerin über 800.000, DM zugunsten der Oxxx.

Der Beklagte selbst hatte auch in der Zeit vom 11. Bis 14. November zahlreiche Bankgeschäfte allein bzw. gemeinsam mit der damaligen Buchhalterin Mxxx (= Zeugin von Kxxx) getätigt. Am 17. November unterzeichnete der Beklagte mit dem anderen Generalbevollmächtigten (Gxxx) eine Freistellungserklärung zugunsten des Herrn Kxxx . Am 20. November gab der Beklagte gemeinsam mit Herrn Gxxx eine eidesstattliche Versicherung zur Abwehr des Konkursantrages des Tapetenlieferanten Zxxx ab.

In einem hausinternen Vermerk der Lxxx vom 21. November wird aufgrund eines Gesprächs vom selben Tag (Aussage des Zeugen R1xxx) von einem Angebot zur Rückführung der Verbindlichkeiten der Gemeinschuldnerin berichtet, das der Beklagte (als "Geschäftsführer" bezeichnet) in Absprache mit Herrn Exxx gemacht hat. Bemerkenswert ist der Hinweis, dass "gemäß Aussagen von Herrn S und seinem Unternehmensberater" mit einem Konkurs "nicht vor Ende 01/97 zu rechnen" sei. Denn daraus ergibt sich, dass der Beklagte nicht nur maßgeblich die Verhandlungen mit der Lxxx geführt hat, sondern auch detaillierte Kenntnis von dem aktuellen Stand der "Sanierungsbemühungen" hatte. Die weitere Bemerkung "Herr S. schlug vor, die Pfändung dieser Forderung (Abtretung soll aus besonderen Gründen nicht erfolgen) vorzunehmen" erhellt, dass in den Überlegungen des Beklagten auch konkurstaktische Erwägungen eine Rolle spielten. Denn der Vorschlag einer Pfändung anstelle einer Abtretung dient erkennbar der Vermeidung einer Konkursanfechtung hinsichtlich dieser Zuwendung.

Am 22. November eröffnete der Beklagte ein neues Konto bei der Volksbank S2xxx. Am 28. November gab der Beklagte nicht nur das o.e. Schuldanerkenntnis zugunsten der Lxxx ab, sondern unterzeichnete auch ein Schreiben der Gemeinschuldnerin an die Dxxx Bank in der er über das Ergebnis von Verhandlungen mit der Arrestgläubigerin berichtete. Am 9. Januar 1997 verfasste der Beklagte Schreiben an die Sparkassen TxxxOxxx, Lxxx und die N... Sparkasse, im Hinblick auf die Abwicklung der Konten nach Zahlung auf die von ihm besicherten Schulden. Am 28. Januar unterzeichnete der Beklagte mit Herrn Gxxx eine Freistellungserklärung zugunsten des nach dem Ausscheiden des Herrn Kxxx für die Konkursantragstellung gewonnenen Hxxx Cxxx.

Alle diese Vorgänge zeigen, dass der Beklagte, der sich nach seinem Vortrag in der Klageerwiderung noch als nahezu umfassend ahnungslos über die nach seinem formellen Ausscheiden geschehenen Ereignisse, gezeigt hatte, in Wirklichkeit genaue Kenntnisse vom Stand der Dinge bei der Gemeinschuldnerin besaß und auch in erheblichem Umfang selbst und bestimmend am Geschehen mitwirkte. Klar wird daraus jedenfalls, daß der Beklagte sich gerade nicht vollständig zurückgezogen hatte, sondern in wesentlichen Bereichen der Geschäftsführung weiter maßgeblich agierte. Insbesondere gegenüber Banken traten die "Geschäftsführer" Kxxx und Cxxx überhaupt nicht in Erscheinung, sondern allein der Beklagte.

Die Aussagen der zu den Aktivitäten des Beklagten nach dem 19. Oktober 1996 vernommenen Zeugen vermochten ihn nicht zu entlasten.

Der Steuerberater Kxxx konnte dazu nichts sagen. Der Unternehmensberater Exxx hat erklärt, er habe den Beklagten zwar "gelegentlich noch einmal in der Firma getroffen .... jedoch nicht mitbekommen", "daß er dort noch irgendwelche Tätigkeiten im Büro erledigt". Der Beklagte habe nach seinen Kenntnissen auch "seine Vollmacht nicht ausgeübt". Die Buchhalterin von Kxxx hat ausgesagt, daß sie keine Anweisungen von dem Beklagten erhalten habe, sondern von Exxx, Gxxx oder dem Angestellten S1xxx. Letzterer wiederum hat erklärt, er habe den Beklagten nach dessen Ausscheiden aus der Geschäftsführung in der Firma (wohl aber im Haus, in dem der Beklagte noch einen eigenen Malerbetrieb führte) nicht mehr gesehen.

Die Erklärungen der Zeugen sind zunächst angesichts der unstreitigen oder nachgewiesenen Aktivitäten des Beklagten nicht unbedingt plausibel. Bei der Zeugin von Kxxx und dem Zeugen S1xxx fiel dem Senat bei deren erneuter Vernehmung eine bemerkenswerte Zurückhaltung auf, die möglicherweise auf dem Zeitablauf oder auf einer aus alter persönlicher Verbundenheit mit ihrem früheren Chef beeinflussten unbewußten Erinnerungssperre beruhen. Jedenfalls waren ihre Aussagen schon vom Informationsgehalt her wenig überzeugungstauglich. Im übrigen ist festzuhalten, dass die Einflußnahme des Beklagten nicht notwendig von dessen persönlicher Anwesenheit oder direkten Anweisungen an Angestellte abhängig war. Dies gilt um so mehr, wenn man berücksichtigt, dass namentlich der Einsatz des "Geschäftsführers" Kxxx und das kurzfristige Engagement des Hxxx Cxxx, das dieser nach dem persönlichen Eindruck des Senats glaubhaft, weil inhaltlich lebensnah und detailliert geschildert hat, ersichtlich dem Ziel diente, den Beklagten aus den bevorstehenden Konkursquerelen herauszuhalten. Denn in konsequenter Fortsetzung dieses Plans mußte schließlich der Anschein gewahrt werden. Anweisungen konnte der Beklagte im übrigen auch über Dritte geben, wobei als Überbringer der Botschaften insbesondere sein Cousin Lxxx Gxxx in Frage kommt, der aufgrund seines engen Kontakts zu dem Beklagten naturgemäß auch über dessen Wünsche informiert war. Zu einer Befragung dieses Zeugen hatte der Senat keine Gelegenheit, weil der Beklagte in zweiter Instanz auf dessen Vernehmung verzichtet hat.

Unerheblich ist der Einwand des Beklagten, die ihm erteilte Vollmacht sei im Hinblick auf den Bankenverkehr erforderlich gewesen, weil bei den Banken die Kontovollmachten noch nicht umgestellt worden waren; aus diesem Grund habe er auch bestimmte Vorgänge unterzeichnet bzw. mit unterzeichnet. Diese Darstellung ist nicht überzeugend. Wenn die Behauptung des Beklagten richtig ist, dass er die Beendigung seiner Geschäftsführertätigkeit schon lange zuvor geplant hatte, bestand hinreichend Zeit und Gelegenheit die notwendigen Änderungen herbeizuführen. Die Änderung in der Geschäftsführung und die damit verbundenen Kontovollmachtsprobleme sind alltägliche Vorgänge, die nicht allzu schwer zu bewerkstelligen sind.

Die vorstehenden Darlegungen rechtfertigen zur Überzeugung des Senats mit der erforderlichen Gewißheit den Schluß, dass der Beklagte gerade die Angelegenheiten, die ihm aus persönlichen Gründen besonders nahelagen, nämlich seine Enthaftungen aus den Bürgschaftsverpflichtungen geplant, mitbestimmt und auch entscheidend veranlaßt hat - jede andere Betrachtung wäre lebensfremd.

Die Erkenntnis, dass der Beklagte durch sein Verhalten die Haftungsmasse der Gemeinschuldnerin zu deren Nachteil und dem der sonstigen Gläubiger ohne rechtfertigenden Grund und aus nicht hinnehmbaren eigennützigen Motiven verringert, liegt nach den getroffenen Feststellungen auf der Hand. Wenn der Beklagte sich dessen nicht bewußt war, hat er sich jedenfalls dieser Erkenntnis in vorwerfbarer Weise verschlossen. Dies reicht zur Annahme des von § 826 BGB geforderten Vorwurf eines vorsätzlichen und sittenwidrigen Verhaltens aus.

C

Die Vollstreckbarkeitsentscheidung folgt aus den §§ 704, 708 Nr. 10 ZPO.

Ende der Entscheidung

Zurück