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Gericht: Oberlandesgericht Oldenburg
Urteil verkündet am 17.02.2000
Aktenzeichen: 1 U 155/99
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 615 Satz 2 |
Entscheidung wurde am 09.10.2001 korrigiert: amtlicher Leitsatz eingefügt, Vorschriften geändert
2. Zur Anwendbarkeit des § 615 Satz 2 BGB während Freistellungszeiten.
Urteil
Im Namen des Volkes !
In dem Rechtsstreit
hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg auf die mündliche Verhandlung vom 03. Februar 2000 durch die Richter , und
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das am 1. Juli 1999 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg geändert.
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger 85.670, DM nebst 4 % Zinsen seit dem 15. September 1997 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt der Kläger 1/6 und die Beklagte 5/6. Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger 3/10 und die Beklagte 7/10.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110.000, DM abzuwenden, falls nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 6.000, DM abzuwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Beschwer beider Parteien übersteigt 60.000, DM.
Tatbestand:
Die Beklagte befaßt sich mit der Produktion und dem Vertrieb von Kalksandsteinen. Der Kläger baute in der Zeit von Mai bis einschließlich Oktober 1992 als zuständiger Bauleiter der D M die technischen Anlagen des seinerzeit im Bau befindlichen neuen Werks der Beklagten. Ab dem 1. November 1992 führte er die Geschäfte der Beklagten, zuletzt auf der Grundlage eines Geschäftsführervertrages (i.F.: GFV) vom 22. November 1995 (Bl. 12 ff. Bd. 1 d.A.).
Am 31. Januar 1997 berief die Gesellschafterversammlung den Kläger von seinem Amt als Geschäftsführer ab. Das Dienstverhältnis mit dem Kläger wurde am 31. Januar 1997 nach Maßgabe des § 10 Nr. 1 des GFV zum 30. September 1997 fristgemäß gekündigt; zugleich wurde der Kläger ab dem 1. Februar 1997 unter Fortzahlung seiner Bezüge von monatlich 18.000, DM und unter Fortbestand eines Tantiemeanspruchs für das Wirtschaftsjahr 1996/97 (160.000, DM) freigestellt.
Während dieser Freistellungszeit kam es zu Kontakten zwischen dem Kläger und der Firma J , K , die seinerzeit damit befaßt war, in K ein neues Kalksandsteinwerk zu errichten. Im Rahmen der Planung und des Aufbaus wurde der Kläger im Zeitraum bis zum 30. September 1997 in streitigem Umfang als freier Mitarbeiter beratend für die K KG tätig. Nach Angaben des Klägers erstellte er für einen Festpreis von 57.500. DM zzgl. MwSt. die Vorplanung (Bl. 68 Bd. 1 d.A.). Seit dem 1. Oktober 1997 leitet der Kläger als Geschäftsführer für die K KG deren K. K. R. , das im Jahr 1998 in Betrieb genommen wurde.
Über seine Aktivitäten nach seiner Freistellung informierte der Kläger die Beklagte nicht selbst. Gleichwohl blieb dies der Beklagten nicht verborgen; konkretere Aufklärung brachten ihr die von einer beauftragten Detektei angestellten Ermittlungen.
Die Beklagte schloß von den ihr mitgeteilten Informationen auf eine vollschichtige Tätigkeit des Klägers für die K. GmbH. Sie wertete dieses Verhalten des Klägers als Treuwidrigkeit sowie als Verstoß gegen das in § 5 des GFV geregelte Wettbewerbsverbot
("Für die Dauer dieses Vertrages ist es dem Geschäftsführer nicht gestattet, in einem Unternehmen im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland das mit der Gesellschaft in Wettbewerb steht, als Inhaber, Gesellschafter oder Angestellter tätig zu werden oder sich an einem solchen Unternehmen direkt zu beteiligen oder es direkt oder indirekt zu beraten oder zu fördern oder direkt oder indirekt eine Vertretung hierfür zu übernehmen.
Der Geschäftsführer verpflichtet sich, für jeden Fall des Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot eine Vertragsstrafe in Höhe von DM 100.000, zu bezahlen. Weitergehende Ansprüche der Gesellschaft bleiben unberührt.")
und verweigerte dem Kläger aus verschiedenen rechtlichen Gründen, u.a. dem Einwand der Verwirkung der Vertragsstrafe die Auszahlung des nunmehr mit der Klage geltend gemachten Septembergehalts von 18.000, DM, sowie eines Tantiemeteilbetrages i.H.v. 130.000, DM.
Der Kläger hat gemeint, daß er seine Zahlungsansprüche nicht verwirkt, insbesondere nicht gegen das Wettbewerbsverbot verstoßen habe.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 148.000, DM nebst 4 % Zinsen auf 48.000, DM seit dem 15. September 1997 sowie weitere 4 % auf 100.000, DM seit dem 11. März 1998 auf den sich ergebenden Nettobetrag zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen und widerklagend, den Kläger zu verurteilen,
der Beklagten Auskunft über Art, Umfang und Dauer seiner Beschäftigung im Vertragszeitraum 1. Februar bis 30. September 1997 sowie hinsichtlich der von ihm für den Vertragszeitraum erhaltenen und zu beanspruchenden Erlöse zu erteilen,
die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben an Eides Statt zu versichern,
an die Beklagte den sich nach Erteilung der Auskunft von der Klägerin noch zu beanspruchenden Betrag nebst 5% Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Kläger hat den Auskunftsanspruch unter Protest gegen die Kostenlast anerkannt. Zugleich erteilte er die Auskunft, daß er für die K KG ohne Anstellungsverhältnis die Vorplanung des Werkes zu einem Festpreis von 57.500, DM zzgl. gesetzlicher MwSt. durchgeführt hat und belegte dies mit einer nicht unterzeichneten "Auftragsbetätigung" vom 25. April 1997 (Bl. 68 Bd. 1 d.A.).
Die Beklagte hat ihre Zahlungsverweigerung in erster Linie auf den Gesichtspunkt der Verwirkung gestützt und dazu behauptet:
Der Kläger habe für die K KG vollschichtig gearbeitet und über ein eigenes Büro mit Sekretärin verfügt. Er habe maßgeblich an der Entwicklung eines leistungsfähigen Konkurrenzunternehmens mitgewirkt, und zwar unter Ausnutzung der Kenntnisse über Aufbau und Leitung eines Kalksandsteinbetriebes sowie Verbindungen, die er erstmals bei der Beklagten erworben und unterhalten habe. Das zeige sich u.a. daran, daß das K. Unternehmen die Fertigung über weite Entfernungen rentabel absetzbarer Quadro Steine mit dem Format 50 x 50 eingeführt habe, wobei der Kläger bereits vor seiner Freistellung in die Planungen der Beklagten zu der bei ihr im Mai 1998 angelaufenen Produktion solcher Steine beteiligt war und dieses Wissen für das K. Werk verwertet habe. Ferner hat sie zum beruflichen Werdegang des Klägers im Einzelnen vorgetragen (Bl. 79 f. Bd.1 d.A.).
Der Kläger hat erwidert: Er habe ausschließlich Vorplanungen für die Ende September begonnenen Bauarbeiten erledigt und im Rahmen seiner Beratungstätigkeit in der Regel ein bis zweimal wöchentlich Besprechungen durchgeführt. Ein Büroraum - jedoch keine eigene Sekretärin - sei ihm für die Besprechungen und die Ausarbeitung von Unterlagen zur Verfügung gestellt worden.
Hilfsweise hat die Beklagte mit einem Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 100.000, DM die Aufrechnung erklärt. Sie hat die Ansicht vertreten, der Kläger habe durch sein Verhalten während der Freistellungsphase gegen das in § 10 des GFV vereinbarte Wettbewerbsverbot verstoßen.
Dazu hat sie behauptet, das K K.R konkurriere mit ihr insbesondere im Grenzbereich O , L der vorgetragenen Verkaufsbereiche und hat ferner drei nach ihrer Behauptung gemeinsame Kunden benannt. Sie hat ferner die Ansicht vertreten, daß auch die Hilfestellung bei der Schaffung eines erst nach Vertragsbeendigung aktiv werdenden Konkurrenten ein verbotener Wettbewerb sei.
Der Kläger ist diesem Vortrag entgegengetreten und hat ergänzend gemeint, daß das Wettbewerbsverbot in der vereinbarten Form und mit der Folge einer Vertragsstrafe von 100.000, DM ihn übermäßig belaste und deshalb unwirksam sei.
Ferner hat sich die Beklagte eines Anspruchs auf Anrechnung der von der K KG erhaltenen Vergütung in Höhe des vom Kläger genannten Betrages von 57.500, DM zzgl. MwSt. (= 66.125. DM) aus § 615 Satz 2 BGB berühmt und hat damit gegenrechnen wollen. In diesem Zusammenhang hat sie gemeint, daß wegen des von ihr dargelegten Umfangs der Tätigkeiten des Klägers keine nach § 4 Nr. 2 des GFV ("Zu Nebentätigkeiten bedarf der Geschäftsführer der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung .") genehmigungsfähige Nebentätigkeit vorliege.
Weiter hilfsweise aufgerechnet hat die Beklagte mit folgenden Schadensersatzansprüchen:
Zum einen habe der Kläger das ihm auch noch in der Zeit der Freistellung zur Verfügung gestellte Fahrzeug nicht nur - zulässigerweise - für private Zwecke genutzt, sondern nach Maßgabe der bis zur Rückgabe im Juli 1997 gefahrenen 20.000 Km offenbar im Umfang von ca. 15.000 Km auch im Zusammenhang mit den Tätigkeiten für die K KG. Dafür hat die Beklagte eine Entschädigung i.H.v. 7.500, DM verlangt.
Ferner habe die Beklagte für die erforderlichen Feststellungen der Einzelheiten des Verhaltens des Klägers im Zusammenhang mit seinen Verstößen gegen die §§ 4 und 5 des GFV Kosten für die Beauftragung einer Detektei in Höhe von 28.920, DM zzgl. Mehrwertsteuer aufwenden müssen.
Schließlich hatte die Beklagte in erster Instanz noch Kosten für den Unterhalt einer Lebensversicherung für den Kläger i.H.v. 5.901,90 DM geltend gemacht.
Der Kläger hat die Schadensersatzforderungen dem Grunde und der Höhe nach bestritten.
Das Landgericht hat nach Einholung von Sachverständigenbeweis zur Frage der Überschneidung der Verkaufsgebiete der Beklagten und des K. Unternehmens mit dem hiermit in Bezug genommenen angefochtenen Urteil der Klage in Höhe von 48.000, DM stattgegeben, sie im übrigen abgewiesen und dazu im Wesentlichen ausgeführt: Die Zahlungsforderungen des Klägers seien nicht verwirkt. Allerdings habe die Beklagte wirksam mit ihrem Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe i.H.v. 100.000, DM aufgerechnet. Der Kläger habe durch die Mithilfe beim Aufbau des K Werkes das rechtlich nicht zu beanstandende Wettbewerbsverbot verletzt. Das K. Werk sei ein Konkurrenzunternehmen, weil es nach der Darstellung des Sachverständigen keine festen Verkaufsgebiete gebe, so daß eine Konkurrenz überall möglich sei. Die als Schadensersatz geltend gemachten Aufrechungsgegenforderungen (Detektei, Fahrzeug) seien nicht hinreichend substantiiert. Die Widerklage sei insgesamt abzuweisen, weil die Auskunft erteilt worden sei. Ein Anspruch auf Anrechnung der von der K KG erlangten Vergütung komme wegen der Freistellung des Klägers von seiner Dienstverpflichtung nicht in Betracht.
Gegen dieses dem Kläger am 23. Juli 1999 und der Beklagten am 15. Juli 1999 zugestellte Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt, und zwar der Kläger am 23. August 1999 und die Beklagte am (Montag, den) 16. August 1999. Der Kläger hat seine Berufung am 23. September 1999 begründet, die Beklagte ihre Berufung - nach entsprechender Fristverlängerung - am 7. Oktober 1999.
Die Parteien verfolgen im Wesentlichen ihre erstinstanzlichen Ziele einer umfassenden Zahlungsverurteilung bzw. einer vollständigen Abweisung der Klage weiter. Die Beklagte macht allerdings eine Verwirkung des klägerischen Zahlungsanspruchs sowie ihre Hilfsaufrechnung mit den Vertragskosten für die Versicherung nicht mehr geltend und greift auch die Abweisung ihrer Widerklage nicht an.
Der Kläger macht geltend, daß das Landgericht der Beklagten zu Unrecht einen Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe zuerkannt habe. Insoweit wiederholt und vertieft er seinen erstinstanzlichen Vortrag.
Ende der Entscheidung
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