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Gericht: Oberlandesgericht Oldenburg
Beschluss verkündet am 22.06.2004
Aktenzeichen: 1 U 3/04
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 705 | |
ZPO § 706 |
Oberlandesgericht Oldenburg Beschluss
In dem Rechtsstreit
hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg durch die Richter Dr. K..., Dr. H... und Dr. B... am 22. Juni 2004 beschlossen:
Tenor:
Auf die Erinnerung des Klägers wird unter Abänderung der Verfügung der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle festgestellt, dass das am 3.12.2003 verkündete Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück teilweise rechtskräftig ist, nämlich
soweit darin die Beklagte verurteilt worden ist, an den Kläger 292.237,05 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 255.645,94 € seit dem 19.5.2000 und aus weiteren 36.591,11 € seit dem 29.5.2002 zu zahlen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Gründe:
I.
In dem genannten Urteil des Landgerichts Osnabrück ist die Beklagte verurteilt worden, an den Kläger 292.237,05 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 255.645,94 € seit dem 19.5.2000 und aus weiteren 36.591,11 € seit dem 29.5.2002 zu zahlen. Die weitergehende Klage, die auf Zahlung von 900.000 DM nebst Zinsen gerichtet war, hat das Landgericht abgewiesen.
Gegen diese Entscheidung hat der Kläger Berufung eingelegt, mit der er die Zahlung eines über den erstinstanzlich zuerkannten Betrag hinausgehenden weiteren Betrages von 200.000 € nebst Zinsen verlangt. Eine Anschlussberufung ist von der Beklagten nicht eingelegt worden; die Frist für die Anschlussberufung nach § 524 Abs. 2 ZPO ist inzwischen abgelaufen.
Der Kläger hat die Erteilung eines Rechtskraftzeugnisses über die vom Landgericht ausgesprochene Verurteilung begehrt. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat den Antrag auf ein entsprechendes Zeugnis der Teilrechtskraft zurückgewiesen.
Dagegen richtet sich die Erinnerung des Klägers.
II.
Die Erinnerung des Klägers ist nach § 573 Abs. 1 ZPO zulässig, sie ist auch begründet.
Die von der Urkundsbeamtin vertretene Rechtsauffassung, dass eine teilweise Anfechtung eines Urteils mit der Berufung den Eintritt der Rechtskraft des ganzen Urteils hindert, entspricht allerdings der bisherigen Rechtsprechung und Literatur (vgl. beispielsweise BGH NJW 1992, 2296; NJW 1994, 657, 659; Zöller/Stöber, § 705, Rdnr. 11; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 62. Aufl., § 705, Rdnr. 9).
Die Rechtslage, von der die zitierte Rechtsprechung und Literatur ausgeht, hat sich jedoch durch das Zivilprozessreformgesetz vom 27.7.2001 wesentlich geändert.
Der Grundsatz, dass auch die Teilanfechtung eines Urteils den Eintritt der Rechtskraft für das gesamte Urteil hemmt, beruht auf der Erwägung, dass der ursprüngliche Umfang des Rechtsmittelangriffs sich im Laufe des Rechtsmittelverfahrens ändern und insbesondere erweitern kann, eine Erweiterung sich etwa dadurch ergeben kann, dass der Rechtsmittelkläger das anfangs auf einen Teil des Urteils beschränkte Rechtsmittel auf den bisher nicht angefochtenen Teil ausdehnt oder dass andererseits sein Gegner sich dem Rechtsmittel anschließt und hierdurch Teile des vorinstanzlichen Urteils, die der Rechtsmittelkläger nicht angefochten hat oder mangels Beschwer auch gar nicht anfechten konnte (vgl. BGH NJW 1994, 657, 659) in das Rechtsmittelverfahren einbezogen werden. Dementsprechend ist auch bei der hier vorliegenden Fallgestaltung (allein der in erster Instanz teilweise erfolgreiche Kläger hat Berufung eingelegt), ein Entritt der Rechtskraft hinsichtlich des zugesprochenen Teils verneint worden, weil der Beklagte noch Anschlussberufung (ggf. erst im Verhandlungstermin), einlegen kann (vgl BGH NJW 1992, 2296). Nur bei Rechtsmittelverzicht der beschwerten Partei ist Teilrechtskraft angenommen worden (vgl. Zöller/Stöber, a.a.O.).
Die Möglichkeit, durch Anschlussberufung das angefochtene Urteil auch hinsichtlich des vom Berufungskläger nicht angefochtenen Teils noch in das Rechtsmittelverfahren einzubeziehen, ist durch die Neufassung des Rechts der Anschlussberufung mit der nunmehr vorgesehenen Anschlussberufungsfrist erheblich eingeschränkt. Die Anschlussberufung ist nach § 524 Abs. 2 S. 2 ZPO nur noch bis zum Ablauf eines Monats nach der Zustellung der Berufungsbegründungsschrift zulässig.
Für den vorliegenden Fall ergibt sich daraus:
Die Beklagte kann gegen den der Klage stattgebenden Teil der erstinstanzlichen Entscheidung keine Anschlussberufung mehr einlegen, weil die Anschlussberufungsfrist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung des Klägers am 12.2.2004 bereits am 12.3.2004 abgelaufen ist.
Eine Erweiterung der Berufung des Klägers auf den zugesprochenen Teil ist nicht nur abwegig, sondert scheidet mangels insoweit vorliegender Beschwer des Klägers von vornherein aus.
Die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 292.237 € nebst Zinsen kann danach mit Rechtsmitteln nicht mehr angefochten werden. Insoweit ist das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 3.12.2003 teilweise rechtskräftig und eine Bescheinigung über die Teilrechtskraft zu erteilen.
Ende der Entscheidung
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