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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Oldenburg
Beschluss verkündet am 20.12.2005
Aktenzeichen: 1 Ws 600/05
Rechtsgebiete: StPO, RVG VV


Vorschriften:

StPO § 68b
RVG VV Nr. 4301 Nr. 4
Die einem Zeugen nach § 68b StPO für die Dauer seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung vom Gericht bestellte Zeugenbeistand erhält von der Staatskasse nur die Gebühr für eine Einzeltätigkeit nach RVG VV Nr 4301 Ziffer 4.
Oberlandesgericht Oldenburg 1. Strafsenat Beschluss

1 Ws 600/05

In dem Strafverfahren

gegen

Herrn T ... R ... ,

hier: Zeuge B ...

hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg am 20. Dezember 2005 durch die unterzeichnenden Richter beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Zeugenbeistandes gegen den Beschluss des Landgerichts Osnabrück vom 21. November 2005, durch den auf die Erinnerung des Bezirksrevisors bei dem Landgericht Osnabrück der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Osnabrück vom 8. Dezember 2004 geändert und die dem Zeugenbeistand aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung auf 218,08 € festgesetzt und die Erinnerung des Zeugenbeistands zurückgewiesen worden sind, wird als unbegründet verworfen.

Gründe:

Der Beschwerdeführer ist dem Zeugen B ... in der Hauptverhandlung vom 26. Oktober 2004 gemäß § 68b StPO für die Dauer der Vernehmung des Zeugen als Beistand beigeordnet worden. Der Zeuge wurde in Anwesenheit des Zeugenbeistandes während eines Zeitraums von rund 50 Minuten vernommen.

Die Vergütung des Zeugenbeistandes ist vom Landgericht Osnabrück zunächst auf 570,72 € festgesetzt worden, wobei u. a. 1 Grundgebühr für Verteidiger, 1 Verfahrensgebühr und 1 Terminsgebühr angesetzt worden sind (Vergütungsverzeichnis zum RVG Nr. 4100, 4112 und 4114). Auf die hiergegen eingelegte Erinnerung des Bezirksrevisors hat das Landgericht Osnabrück mit Beschluss vom 21. November 2005 die Vergütung anderweitig auf (nur noch) 218,08 € festgesetzt, weil die Staatskasse nach § 48 RVG nur eine Vergütung wegen einer Einzeltätigkeit nach VV Nr. 4301 Nr. 4 (sowie die Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer) schulde. Zugleich hat das Landgericht die wegen Nichtansetzens von Haftzuschlägen vom Zeugenbeistand eingelegte Erinnerung zurückgewiesen.

Hiergegen wendet sich der Beschwerdeführer mit der Beschwerde. Er erstrebt Festsetzung seiner Vergütung in der von ihm beantragten Höhe von 691,36 €.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Die Festsetzung der dem Beschwerdeführer nach § 48 RVG aus der Landeskasse zu erstattenden Vergütung in dem angefochtenen Beschluss entspricht der Sach- und Rechtslage.

Gemäß Vorbemerkung 4 Abs. 1 des Vergütungsverzeichnisses (VV) zum RVG sind die Vorschriften des 4. Teiles des VV für die Tätigkeit des Rechtsanwalts als Beistand eines Zeugen entsprechend anzuwenden. Welche Gebühren dieses Abschnitts im Einzelnen entstanden sind, richtet sich danach, womit konkret der Rechtsanwalt vom Gericht beauftragt wurde und welche Tätigkeit er erbracht hat. Das war hier die Beistandleistung für die Dauer der Vernehmung des Zeugen. Für diese Tätigkeit hat das Landgericht zutreffend die Vergütung festgesetzt. Ob der Beschwerdeführer darüber hinaus weitere Tätigkeiten zu Gunsten des Zeugen entfaltet hat, ist jedenfalls für den Umfang der Erstattungspflicht der Staatskasse ohne Bedeutung.

Etwas anderes ergibt sich entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers nicht aus Vorbemerkung 4 Abs. 1 VV. Die dort vorgesehene Anwendung der im 4. Abschnitt des VV für den Verteidiger normierten Gebühren auf den Zeugenbeistand bedeutet keineswegs, dass Letzterer generell die volle Grundgebühr, Verfahrensgebühr und Terminsgebühr zu beanspruchen hätte. Das führte häufig zu einem extremen Missverhältnis von Leistung und Vergütung sowie zu einer nicht gerechtfertigten Gleichstellung der Vergütung des Rechtsanwalts, der die volle Strafverteidigung führt, mit der eines Anwalts, der lediglich während einer Zeugenvernehmung beistandleistend tätig wird. Die genannte Vorschrift führt vielmehr nur dazu, dass die Gebührentatbestände des 4. Abschnitts des VV auf Zeugenbeistände anzuwenden sind, und zwar - begrenzt durch den Umfang der Bestellung - nach Maßgabe der erbrachten Tätigkeit.

Handelt es sich dabei wie hier lediglich um die Beistandleistung nach § 68b StPO für die Dauer der Vernehmung des Zeugen, so ist von der Staatskasse nicht mehr als eben diese Einzeltätigkeit zu vergüten. Auch ein Verteidiger, dessen Tätigkeit sich auf eine solche in der Hauptverhandlung dem Beschuldigten erbrachte Beistandleistung beschränkte, erhielte keine höhere Vergütung, wie aus VV Nr. 4301 Ziffer 4 folgt. Die Existenz dieser Vorschrift zeigt im Übrigen, dass gerade ein Beistandleisten der hier in Rede stehenden Art vom Gesetz als eine mögliche Einzelleistung angesehen wird, die nur als solche zu vergüten ist.

Die Subsidiarität der Vergütung für Einzeltätigkeiten nach Vorbemerkung 4.3 Abs. 1 und 4 VV steht dem nicht entgegen. Das wäre nur der Fall, wenn dem "Rechtsanwalt sonst die Verteidigung oder Vertretung übertragen" worden wäre. Mit einer umfassenden Vertretung des Zeugen in diesem Sinne ist der Beschwerdeführer aber - jedenfalls vom Gericht - nicht beauftragt worden. Die Beiordnung nur für eine Beistandsleistung während der Dauer der Vernehmung des Zeugen reicht dafür nicht aus.

Der entgegenstehenden Ansicht (vgl. Burhoff, Praxiskommentar RVG Straf- und Bußgeldsachen, S. 835; KG - 3. Strafsenat - Beschl. v. 18.7.2005, Aktz.: 3 Ws 323/05) kann nicht gefolgt werden. Sie schließt zu Unrecht und auch ohne nähere Begründung aus der bloßen Anwendbarkeit des 4. Abschnitts des VV auf Zeugenbeistände kurzerhand, diese seien uneingeschränkt wie Wahl oder Pflichtverteidiger zu vergüten. Die Anwendbarkeit des 4. Abschnitts des VV auf den Zeugenbeistand bedeutet aber nur, dass die Vergütung aus allen im 4. Abschnitt des VV aufgeführten Gebührentatbeständen zu entnehmen ist (so auch KG - 4. Strafsenat - , Beschl. vom 4.11.2005, Aktz.: 4 Ws 61/05, dem insoweit zu folgen ist.). Welcher Gebührentatbestand konkret erfüllt ist, richtet sich hingegen nach dem jeweils erteilten Auftrag und der entfalteten Tätigkeit, wobei für die Erstattungspflicht der Staatskasse allein der Umfang der Bestellung maßgeblich ist.

Ende der Entscheidung

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