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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Oldenburg
Beschluss verkündet am 30.10.2008
Aktenzeichen: 1 Ws 614/08
Rechtsgebiete: JGG


Vorschriften:

JGG § 55 Abs. 1
Wird ein Urteil des Jugendschöffengerichts, mit dem nur Zuchtmittel und eine Erziehungsmaßregel angeordnet worden sind, mit einer vom Verteidiger eingelegten und auf die Rechtsfolgenentscheidung beschränkten Berufung angegriffen, so ist die Berufung nach § 55 Abs. 1 JGG unzulässig. Dabei verbleibt es, auch wenn nach Ablauf der Berufungsfrist der Angeklagte die Ermächtigung seines Verteidigers zur Berufungsbeschränkung widerruft und erklärt, die Berufung solle unbeschränkt durchgeführt werden.
Oberlandesgericht Oldenburg Beschluss

1 Ws 614/08

In dem Strafverfahren

wegen gefährlicher Körperverletzung u. a.,

hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg am 30. Oktober 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Oberlandesgericht ... beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss der Jugendkammer des Landgerichts Osnabrück vom 16. September 2008, durch den die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts - Jugendschöffengericht - Bad Iburg vom 27. Mai 2008 als unzulässig verworfen worden ist, wird auf Kosten des Angeklagten als unbegründet verworfen.

Gründe:

Das Amtsgericht - Jugendschöffengericht - Bad Iburg hat den zur Tatzeit (Mai 2007) 19 Jahre alten Angeklagten mit Urteil vom 27. Mai 2008 der gemeinschaftlichen gefährlichen Körperverletzung sowie des gemeinschaftlichen Diebstahls in einem besonders schweren Fall schuldig gesprochen. Es hat gegen ihn einen Dauerarrest von zwei Wochen festgesetzt und ihm aufgegeben, die begonnene Drogenentwöhnungstherapie nicht gegen ärztlichen Rat zu beenden sowie 80 Stunden gemeinnützige Dienste abzuleisten.

Dem anwaltlich vertretenen Angeklagten ist ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls eine Rechtsmittelbelehrung erteilt worden.

Der Angeklagte hat am 3. Juni 2008 durch seinen Verteidiger gegen das Urteil vom 27. Mai 2008 Berufung eingelegt und diese gemäß § 2 JGG i. V. m. § 318 StPO auf die Rechtsfolgen beschränkt.

Das Landgericht hat die auf die Rechtsfolgen beschränkte Berufung gemäß § 55 Abs. 1 JGG als unzulässig verworfen, weil es sich bei den vom Jugendschöffengericht gegen den Angeklagten festgesetzten Maßnahmen um Zuchtmittel gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 3. § 16 JGG und um eine Erziehungsmaßregel nach § 10 Abs. 2 JGG handelt.

Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde des Angeklagten ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

Die am 3. Juni 2008 beim Amtsgericht eingegangene Berufung des Angeklagten vom 2. Juni 2008 war ausdrücklich auf die Rechtsfolgen beschränkt worden. Diese Beschränkung war auch zulässig, weil das Urteil ausreichende Feststellungen zur Tat enthält, vgl. Meyer-Goßner, StPO, 51. Auflage, § 318 Rdn. 6, 16 m. w. Nachw.. Eine besondere Bevollmächtigung des Verteidigers zur Beschränkung des Rechtsmittels gemäß § 302 Abs. 2 StPO war vorliegend nicht erforderlich, weil in der Berufungsbeschränkung kein teilweiser Rechtsmittelverzicht gemäß § 302 StPO zu sehen ist, vgl. dazu BGHSt 38, 4. 38, 366 f., jeweils für die insoweit gleich gelagerte Revision. Meyer-Goßner a. a. O., § 318 Rdn. 4 unter Verweisung auf § 302 Rdn. 31.

Das beschränkt eingelegte Rechtsmittel war zwar bis zum Ablauf der Frist zur Einlegung der Berufung noch erweiterbar, vgl. BGHSt 38, 366 zur Revision. Da die auf die Rechtsfolgen beschränkte Berufung jedoch am 3. Juni 2008, dem letzten Tag der Einlegungsfrist, bei Gericht eingegangen ist, ist die am 14. August 2008 eingegangene Mitteilung des Verteidigers, die Berufung solle unbeschränkt durchgeführt werden, indessen nicht fristgerecht erklärt worden.

Dass der Angeklagte seine Ermächtigung zur Berufungsbeschränkung - was ausreicht (vgl. BGH NStZ-RR 2005, 211. Meyer-Goßner, a. a. O., § 302 Rdn. 34, jeweils Rechtsmittelrücknahme bzw. verzicht betreffend) - gegenüber seinem Verteidiger widerrufen hat, ist hier ohne Bedeutung. Denn das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass ein solcher Widerruf, der nach dem eigenen Vorbringen des Angeklagten "zwischenzeitlich", also nach dem Hinweis des Gerichts vom 20. August 2008 auf die eingeschränkte Anfechtbarkeit des amtsgerichtlichen Urteils erfolgt ist, keine Rückwirkung hat und deshalb mit dem am 3. Juni 2008 erfolgten Eingang der Beschränkungserklärung beim Gericht wirksam geworden ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.

Anlass, von § 74 JGG Gebrauch zu machen, sieht der Senat nicht.

Ende der Entscheidung

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