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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Oldenburg
Beschluss verkündet am 23.03.2006
Aktenzeichen: 10 W 33/04
Rechtsgebiete: HöfeO


Vorschriften:

HöfeO § 12 Abs 5
1. Bei Berechnung des Nachabfindungsanspruchs nach § 13 HöfeO sind vom Bruttoerlös die Einkommensteuern des Hoferben abzusetzen, die aus bei der Veräußerung realisierten Entnahmegewinnen resultieren und durch die betreffende (Grundstücks -)Veräußerung verursacht worden sind. Diese Steuern gehören zu den abzugsfähigen öffentlichen Abgaben im Sinne des § 13 Abs. 5 S. 1 HöfeO.

2. Steuerberatungskosten, die durch eine nachabfindungspflichtige Grundstücksveräußerung verursacht worden sind und dieser hinreichend klar zugeordnet werden können, können als Abzug aus Billigkeitsgründen nach § 13 Abs. 5 S. 4 HöfeO zu berücksichtigen sein.

3. Gegenanträge des Antragsgegners sind im landwirtschaftsgerichtlichen Verfahren nach §§ 9 ff. LwVG - ebenso wie eine Widerklage im Zivilprozess - zulässig, ihre erstmalige Erhebung im Beschwerdeverfahren ist jedoch grundsätzlich unzulässig, es sei denn, die Beteiligten stimmen einem solchen neuen Antrag zu oder der neue Antrag wird vom Beschwerdegericht zur Erreichung einer abschließenden Regelung der Angelegenheit als sachdienlich zugelassen.


Oberlandesgericht Oldenburg Beschluss

10 W 33/04

In der Landwirtschaftssache

hat der 10. Zivilsenat - Senat für Landwirtschaftssachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg durch die Richter ..., ... und ... sowie die Landwirte ... und ... als ehrenamtliche Richter nach mündlicher Verhandlung vom 23. März 2006

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgerichts - Papenburg vom 8.11.2004 geändert und der Antrag der Antragstellerinnen insgesamt zurückgewiesen.

Auf den Gegenantrag des Antragsgegners wird angeordnet, dass jede der drei Antragstellerinnen an den Antragsgegner jeweils einen Betrag von 1.419,85 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 9.9.2005 zahlt. Der weitergehende Gegenantrag des Antragsgegners wird zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten beider Instanzen tragen die Antragstellerinnen jeweils zu einem Drittel. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten wird nicht angeordnet.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 15.297 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten nach der Veräußerung von Grundstücken eines Hofs und Hofzubehör um Nachabfindungsansprüche der Antragstellerinnen und die Berechtigung des Antragsgegners vom erzielten Veräußerungserlös die auf die Veräußerungen entfallende Einkommenssteuer abzusetzen.

Der Antragsgegner ist nach dem Tod des Vaters der Beteiligten, des Landwirts A... K..., der am ...1999 verstorben ist, ausweislich eines erteilten Erbscheins und Hoffolgezeugnisses Hoferbe des damals im Grundbuch von N... Band ... Blatt ... eingetragenen Hofs geworden; im Übrigen sind die Beteiligten, die Geschwister und die alleinigen Abkömmlinge des Erblassers sind, Miterben des hoffreien Vermögens jeweils zu einem Anteil von einem Viertel geworden.

Der Antragsgegner nahm den ererbten Hof nicht in Eigenbewirtschaftung und veräußerte in der Folgezeit erhebliche Teile des zum Hof gehörenden Grundbesitzes. Mit notariellem Kaufvertrag vom 19.2.2000 verkaufte er zunächst ca. 10 ha Land zum Kaufpreis von 335.000 DM. Von dem nach Abzug vorhandener Hofverbindlichkeiten in Höhe von 275.000 DM verbliebenen Restbetrag zahlte der Antragsgegner jeweils ein Viertel, nämlich 15.000 DM, an die Antragstellerinnen aus. Später wurde der Antragsgegner wegen des durch den Verkauf erzielten Veräußerungsgewinns zur Einkommensteuer herangezogen, nach seiner Behauptung damals zunächst in Höhe eines Betrages von 18.622,79 €.

In einem sodann von den Antragstellerinnen betriebenen Feststellungsverfahren ist durch rechtskräftigen Beschluss des Landwirtschaftgerichts Papenburg vom 22.11.2001 festgestellt worden, dass kein Hof mehr im Sinne der HöfeO vorliegt.

Mit Kaufvertrag vom 24.10.2002 hat der Antragsgegner die Hofstelle mit weiteren Flächen zum Kaufpreis von insgesamt 130.000 € verkauft; außerdem ist Hofzubehör zum Preis von 500,00 € verkauft worden. Bei diesen weiteren Verkäufen hat der Antragsgegner die aus den Veräußerungen resultierenden Steuern berücksichtigt, und zwar auch die durch den ersten Verkauf verursachte Steuerbelastung. Dann hat er auf der Grundlage des nach seinen damaligen Berechnungen verbleibenden Restbetrags jeweils ein Viertel als Nachabfindung an die Antragstellerinnen gezahlt, nämlich insgesamt 81.670,53 € wegen des Grundstücksverkaufs und 375 € wegen des Verkaufs des Zubehörs.

Die Antragstellerinnen haben die Auffassung vertreten, dass die durch die Veräußerungen resultierenden Steuern zu Lasten des Antragsgegners gingen und sie damit nichts zu tun hätten; der Landverkauf aus dem Jahre 2000 sei überdies endgültig abgerechnet gewesen. Sie haben auf der Grundlage der im Jahr 2002 tatsächlich erzielten Veräußerungserlöse von 130.500,00 € restliche Nachabfindungsansprüche in Höhe von jeweils 5.276,49 € nebst Zinsen geltend gemacht.

Das Landwirtschaftsgericht hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens über die durch die Landveräußerung im Jahr 2002 verursachte Steuerbelastung angeordnet, dass der Antragsgegner weitere Nachabfindungszahlungen in Höhe von jeweils 3.103,36 € an jede der Antragstellerinnen zu leisten hat. Die Steuerbelastung aus dem ersten Verkauf im Jahr 2000 sei nach § 242 BGB nicht zu berücksichtigen, da der darauf bezogene Abfindungsanspruch unter den Beteiligten bereits abschließend und endgültig geregelt sei.

...

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Antragsgegner mit der sofortigen Beschwerde. Zur Begründung seines Rechtsmittels trägt er im Wesentlichen vor:

Die Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts sei rechtsdogmatisch fehlerhaft und insbesondere auch auf der Grundlage von Treu und Glauben nach § 242 BGB nicht zu halten. Die Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts führe dazu, dass er, der Antragsgegner, als Hoferbe bei den Abverkäufen im Ergebnis schlechter gestellt werde als seine drei Schwestern. Nach § 13 Abs. 5 Satz 1 HöfeO seien von dem Erlös der Veräußerung die dabei angefallenen öffentlichen Abgaben abzusetzen, die vom Hoferben zu tragen seien; dazu gehörten auch die veräußerungsbedingten Steuern. Ein Verzicht oder ein Ausschluss dieses Abzugs könne auch hinsichtlich des Verkaufsvorgangs aus dem Jahr 2000 nicht angenommen werden; weder er, der Antragsgegner, noch seine Schwestern hätten bei dem Verkauf und der späteren Erlösverteilung gewusst, dass ein Veräußerungsgewinn anfallen und der Einkommensbesteuerung unterliegen würde.

...

II.

Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners ist nach § 22 LwVG zulässig und in der Sache auch begründet.

Die Antragstellerinnen haben zwar wegen der weiteren Grundstücksveräußerung im Jahr 2002 Nachabfindungsansprüche gegen den Antragsgegner erworben, diese sind jedoch durch Zahlung weitgehend erfüllt worden und im Übrigen durch Aufrechnung mit Gegenansprüchen erloschen (dazu unter 1., 2.).

...

1.

Die Antragsteller haben nach § 13 Abs. 1 Satz 2 HöfeO wegen des im Jahre 2002 erfolgten Verkaufs des Hofgrundstücks mit dem Hofgebäude und nach § 13 Abs. 4 lit. a) wegen der Veräußerung von Hofzubehör einen Anspruch auf Nachabfindung. Die Bagatellgrenze für die Entstehung von Nachabfindungsansprüchen, die nach § 13 Abs. 1 Satz 2 HöfeO bei einem Zehntel des Hofeswerts liegt, ist hier ersichtlich überschritten, und die Veräußerungen sind auch unzweifelhaft innerhalb der Nachabfindungsfrist von 20 Jahren nach dem Erbfall vorgenommen worden. Von einem entsprechenden Nachabfindungsanspruch gehen auch die Beteiligten und das Landwirtschaftsgericht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend aus.

Bei einem nach allgemeinem Erbrecht auf die drei Antragstellerinnen entfallenden Erbanteil von einem Viertel sind sie als weichende Erben auch mit dieser Quote an dem durch die Veräußerung erzielten, maßgebenden (Netto)Verkaufserlös zu beteiligen.

Auszugehen ist danach von dem erzielten Erlös von 130.000,00 € aus den Grundstücksveräußerungen und von 500,00 € aus der Veräußerung des Zubehörs, mithin von insgesamt 130.500,00 €.

Hiervon sind nach § 13 Abs. 5 HöfeO die durch die Veräußerung oder Verwertung entstandenen öffentlichen Abgaben, die vom Hoferben zu tragen sind, abzusetzen. Zu den öffentlichen Abgaben gehören nach ganz überwiegender, herrschender Meinung und nach bisheriger Rechtsprechung auch die den Hoferben treffende Einkommensteuer, die aus bei der Veräußerung realisierten Entnahmegewinnen resultiert und durch die betreffende Grundstücksveräußerung verursacht worden ist (vgl. OLG Celle AgrarR 1991, 248, 249 - hier ohne weiteres zu Grunde gelegt ; OLG Celle, Beschluss vom 19.3.2001, Az: 7 W 58/00, zitiert bei Wöhrmann, Das Landwirtschaftserbrecht, 8. Aufl., § 13 HöfeO, Rdnr.122; Faßbender/Hötzel/von Jeinsen/Pikalo, HöfeO, 3. Aufl., § 13., Rdnr.39; Lange/Wulff/LütdkeHandjery, HöfeO, 10. Aufl., § 13. HöfeO, Rdnr.28; Dehne AgrarR 1997, 352, 354; Steffen RdL 1991, 89; a.A. Wöhrmann, § 13 HöfeO, Rdnr.122).Bereits der Gesetzeswortlaut spricht eindeutig für den Abzug sämtlicher öffentlichen Abgaben vom erzielten Veräußerungserlös. Unter den Begriff der öffentlichen Abgaben fallen nach allgemeinem und insbesondere auch nach juristischem Sprachverständnis auch Steuern. Da § 13 Abs. 5 Satz 1 HöfeO ohne Einschränkung auf öffentliche Abgaben abstellt, die vom Hoferben zu tragen sind, fallen darunter dann auch personenbezogene Steuern wie die Einkommenssteuer, wenn diese nur durch die unter § 13 HöfeO fallende Veräußerung veranlasst worden ist.

Die Entstehungsgeschichte bestätigt diese Auslegung.

So wird in der Begründung des Regierungsentwurfs zum Zweiten Änderungsgesetz zur HöfeO (BT - Drucks 7/1443), durch das die Regelungen in § 13 Abs. 5 S. 1 HöfeO eingeführt worden ist, der Zweck dieser Regelung darin gesehen, klarzustellen, "daß die den Hoferben betreffenden Steuerlasten, die durch die Veräußerung oder Verwertung entstehen, in den herausgabepflichtigen Erlös nicht einzurechnen sind" (Begründung zu Nummer 8, Ziffer 9.; abgedruckt bei Lange/Wulf/LüdtkeHandjery, a.a.O., Seite 482). Allein dies erscheint auch sachgerecht. Nur an dem dem Hoferben zur Verfügung stehenden Nettoerlös kann billigerweise eine Beteiligung der weichenden Miterben in Betracht kommen. Würde dies anders gesehen und der Bruttoerlös zu Grunde gelegt, würde bei entsprechender Steuerbelastung (z.B. von 30 %) und mehreren Miterben (z.B. 5 Miterben) mit entsprechender Erbquote der Hoferbe mehr Steuern zahlen müssen, als ihm aufgrund seines Anteils am Erlös verbleibt. Dies würde auf eine Abschreckung und wirtschaftliche "Bestrafung" einer Veräußerung von Hofgrundstücken und Hofeszubehör hinauslaufen, was jedoch nicht vom Zweck des § 13 HöfeO erfasst wird. Der Nachabfindungsanspruch soll lediglich eine dem Erbrecht (der Erbquote) des weichenden Erben bzw. der Pflichtteilsquote des Pflichtteilsberechtigten entsprechende Beteiligung am wirtschaftlichen Ergebnis der Veräußerung sichern.

Das für eine Nichtabsetzbarkeit der Einkommenssteuer herangezogene Argument Wöhrmanns (a.a.O., Rdnr. 123), der Nachabfindungsberechtigte werde ebenfalls wegen des ihm ausbezahlten Betrages zur Einkommenssteuer herangezogen und damit letztlich einer unzulässigen Doppelbesteuerung unterzogen, geht von unzutreffenden steuerrechtlichen Grundlagen aus und trifft insgesamt nicht zu, wie der Senat sich im Verhandlungstermin auch nochmals durch den Sachverständigen E... hat bestätigen lassen.

Selbst wenn die Regelung des § 13 Abs. 5 S. 1 HöfeO nicht anwendbar wäre, wäre die Berücksichtigung eines entsprechenden Abzugs jedenfalls regelmäßig aus Billigkeitsgründen nach § 13 Abs. 5 S. 4 HöfeO gerechtfertigt.

Die auf die Veräußerung entfallenden Einkommenssteuern des Hoferben sind nach alledem vom Veräußerungserlös abzusetzen.

Auf die hier vorliegende Veräußerung des Jahres 2002 entfällt eine abzugsfähige Steuerbelastung in Höhe von 3.515,09 €. Dies folgt aus der Begutachtung des Sachverständigen E..., die nachvollziehbar, plausibel und insgesamt überzeugend ist und auch von den Parteien letztlich nicht mehr in Frage gestellt wird.

...

Neben der genannten Einkommensteuer von 3.515,09 €, die mit dem Verkauf 2002 verbunden war, kann der Antragsgegner auch die notwendigen Kosten der steuerlichen Beratung und Betreuung absetzen, die durch die Veräußerungen angefallen und diesen eindeutig zuzuordnen sind. Dies folgt zwar nicht aus § 13 Abs. 5 Satz 1 HöfeO, wohl aber aus § 13 Abs. 5 Satz 4 HöfeO, wonach (weitere) Abzüge vom herauszugebenden Erlös vorzunehmen sind, soweit dies der Billigkeit entspricht. Notwendige, mit der Veräußerung zwangsläufig verbundene Kosten steuerlicher Beratung und Vertretung mindern den Erlös aus der Veräußerung, der für eine Verteilung unter den Erben (und gegebenenfalls Pflichtteilsberechtigten) zur Verfügung steht. Es wäre unbillig, einen solchen mit der Veräußerung verbundenen und verursachten Aufwand allein vom Hoferben tragen zu lassen, was darauf hinauslaufen würde, dass dieser an dem Wert des veräußerten Gegenstandes im Ergebnis nicht einmal mit der auf ihn entfallenden Erbquote beteiligt würde. Dies würde nach Auffassung des Senats nicht einer billiger Verteilung des Veräußerungserlöses entsprechen und auf eine Benachteiligung des Hoferben hinauslaufen, was nicht hinzunehmen ist.

Nach der vom Antragsgegner mit Schriftsatz vom 30.11.2005 vorgelegten Aufstellung der mit der steuerlichen Beratung und Betreuung beauftragten D... Steuerberatungsgesellschaft mbH vom 28.11.2005 ist der Kostenaufwand aus den angefallenen Steuerberatungskosten herausgerechnet und mit einem Gesamtbetrag von 2.913,04 € angesetzt worden. Die Erfassung und Abgrenzung des Aufwandes, der allein durch die hier relevanten Veräußerungen verursacht wurde, erscheint - wie auch der Sachverständige E... im Verhandlungstermin am 23.3.2006 erläutert hat - hinreichend gesichert und insgesamt sachgerecht. Die Kosten der auf die Veräußerungen bezogenen speziellen Steuerberatungsleistungen sind gesondert ausgewiesen worden und liegen nach Einschätzung des Sachverständigen E... jedenfalls in noch angemessener Höhe. Hinsichtlich der Kosten der Steuererklärungen, die sich grundsätzlich nach der Höhe der Einnahmen und dem Gesamtbetrag der Einkünfte des Steuerpflichtigen richten, sind nach Prüfung des Sachverständigen E... die Buchgewinne der Veräußerungen herausgerechnet und hierfür separate Honoraranteile ausgewiesen worden. Nach Ausführungen des Sachverständigen E... stellt dies eine sachgerechte, vertretbare Bewertung dar. Der Senat folgt dem.

Eine Aufteilung der Steuerberatungs und Steuerbetreuungskosten auf die beiden Verkäufe ist hier nicht vorgenommen worden, erscheint aber auch letztlich nicht erforderlich. Die auf den Verkauf 2000 entfallenen Kosten der steuerlichen Beratung und Betreuung, die erst nach der Erlösverteilung auf die Beteiligten angefallen und bekannt geworden sind, könnten jedenfalls - wie sich aus nachfolgenden Ausführungen noch ergeben wird - jedenfalls im Wege einer Aufrechnung mit einem entsprechenden Erstattungsanspruch vom Antragsgegner geltend gemacht werden.

Danach errechnet sich auf der Grundlage des zweiten Grundstücksverkaufs im Jahr 2002 ein Abfindungsanspruch der Antragstellerinnen in Höhe von jeweils 30.892,97 € (130.000,00 € Bruttoerlös - 3.515,09 € Steuerbelastung - 2.913,04 anteilige Steuerberatungskosten = 123.571,87 € : 4) und insgesamt in Höhe von 92.678,91 €.

Bei den vom Antragsgegner insgesamt erbrachten Zahlungen von unstreitig 81.670,53 € bleibt ein Restbetrag von insgesamt 11.008,37 € bzw. von jeweils 3.669,46 € für jede der drei Antragstellerinnen.

Nachabfindungsansprüche wegen des weiterhin vorgenommenen Verkaufs von Zubehör sind - wovon alle Beteiligten ausgehen - durch die Zahlung von 375 € ausgeglichen worden.

2.

Gegen diesen Restbetrag hat der Antragsgegner wirksam und mit schuldtilgender Wirkung mit einem Rückzahlungsanspruch aufgerechnet.

In dem vom Antragsgegner geltend gemachten Abzug wegen der auf den ersten Landverkauf entfallenden Steuern ist eine konkludente Aufrechnung mit einem Bereicherungsanspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB aus einer im Hinblick auf die damaligen Abfindungsansprüche der Antragstellerinnen eingetretene Überzahlung zu sehen.

Dass ein entsprechender zur Aufrechnung gestellter Rückzahlungsanspruch von vornherein ausgeschlossen ist, wie das Landwirtschaftgericht im Ergebnis angenommen hat, findet im Gesetz und in dem Vorbringen der Beteiligten keine Grundlage.

Von einer vertragliche Vereinbarung mit einem vergleichsweisen Inhalt, wonach durch die vom Antragsgegner erbrachten Zahlungen auch in ihrer Höhe streitige Nachabfindungsansprüche der Antragstellerinnen verbindlich geregelt werden sollten, und/oder von einem verbindlichen Verzicht (Erlass) eines eventuellen Rückzahlungsanspruchs im Fall eingetretener Überzahlungen kann nach den vorliegenden Umständen und dem Vorbringen der Beteiligten nicht ausgegangen werden.

Die auch nach dem Vorbringen des Antragsgegners damals vorliegende Absprache der Beteiligten, von dem im Jahr 2000 erzielten Veräußerungserlös die vorhandenen Hofverbindlichkeiten zu bezahlen und den verbliebenen Rest des Erlöses unter den Miterben zu verteilen, lässt nicht erkennen, dass damit auch eine verbindliche Vergleichsregelung hinsichtlich der Höhe der Nachabfindungsansprüche getroffen werden sollte und insbesondere ein Abzug bzw. Ausgleich wegen der auf den Veräußerungserlös (noch) zu zahlenden Einkommensteuer ausgeschlossen werden sollte. Dass bei den im Juli 2000 erbrachten Zahlungen des Antragsgegners an die Antragstellerinnen eine Vereinbarung mit dem letztgenannten Inhalt ausdrücklich oder konkludent getroffen worden ist, hat kein Beteiligter mit konkreter, nachvollziehbarer Sachverhaltsdarstellung vorgetragen. Die im Schriftsatz der Antragstellerinnen vom 29.3.2005 pauschal aufgestellte Behauptung, dass die Beteiligten vereinbart hätten, mit der Zahlung die Kaufvertragsangelegenheit endgültig abzuschließen, ist hinsichtlich des genauen Inhalts der Vereinbarung unsubstantiiert und jedenfalls hinsichtlich ihrer Reichweite unbestimmt und nichtssagend. Allein aus der von den Antragstellerinnen hierfür herangezogenen Aufteilung des Veräußerungserlöses und der Auszahlung an die Antragstellerinnen ohne einen Vorbehalt folgt jedenfalls noch nicht ein rechtsverbindlicher Ausschluss eventueller Rückforderungsansprüche im Fall einer damals unerkannt gebliebenen Überzahlung. Der Senat hat die Antragstellerinnen im Verhandlungstermin hierzu persönlich angehört. Auch diese Anhörung hat hierfür nichts ergeben. Nach übereinstimmender Darstellung der Antragstellerinnen war lediglich die Aufteilung des aus dem Verkauf erzielten Veräußerungserlöses nach Begleichung der Verbindlichkeiten vereinbart und dies ist dann - so die Antragstellerin - ohne weitere Erörterungen durch Überweisung seitens des Antragsgegners ausgeführt worden. Dass auf Grund der Veräußerung Einkommensteuern anfallen würden oder dies zumindest möglich war, war allen Beteiligten - wie sowohl die Antragstellerinnen als auch der Antragsgegner persönlich bestätigt haben - damals nicht bekannt.

Eine zunächst vorhandene Vorstellung der Beteiligten, dass durch die Zahlung ein (berechtigter) Anspruch erfüllt und durch Erfüllung die Sache abgeschlossen ist, schließt spätere Ansprüche wegen tatsächlich eingetretener Überzahlung nicht aus. Aus der gesetzlichen Konzeption, wie sie sich aus den bereicherungsrechtlichen Regelungen der §§ 812 ff. BGB ergibt, folgt eindeutig, dass eine eingetretene Überzahlung auch und gerade im Falle einer vom Zahlenden und Zahlungsempfänger zunächst angenommenen Leistungspflicht auszugleichen ist. Nur bei positiver Kenntnis der Nichtschuld ist ein entsprechender bereicherungsrechtlicher Rückzahlungsanspruch nach § 814 BGB ausgeschlossen.

Daraus folgt dann aber weiter, dass bei einer später erkennbar gewordenen Überzahlung eine Rückforderung auch nach § 242 BGB grundsätzlich nicht ausgeschlossen ist.

Im Gegenteil wird es - wie auch im vorliegenden Fall - grundsätzlich so sein, dass es unbillig ist und den Grundsätzen von Treu und Glauben widerspricht, wenn eine Überzahlung nicht ausgeglichen wird und der Begünstigte das zu Unrecht Erhaltene auf Dauer behalten darf.

Nach unwidersprochen gebliebenem Vorbringen des Antragsgegners haben sämtliche Beteiligten, die ausschließlich Laien auf steuerrechtlichem Gebiet sind, weder bei Vornahme des Landverkaufs noch bei Auszahlung des verbliebenen Verkaufserlöses gewusst, dass durch den Verkauf ein steuerlich relevanter Veräußerungsgewinn anfiel und dies zu erheblichen Steuern führen würde. Die Anhörung der Beteiligten im Verhandlungstermin hat dies bestätigt.

Es liegt unter diesen Umständen auf der Hand, dass es unbillig wäre, allein den Antragsgegner mit diesen von den Beteiligten zunächst nicht gesehenen nachteiligen Folgen der Grundstücksveräußerung zu belasten und die objektiv zu hohen Abfindungszahlungen nicht durch einen bereicherungsrechtlichen Ausgleich zu korrigieren.

Es ist danach nicht anzunehmen, dass zur Aufrechnung gestellte Rückforderungsansprüche des Antragsgegners aus der im Jahr 2000 erbrachten Abfindungszahlung von vornherein ausgeschlossen sind.

Eine entsprechende Überzahlung ist hier in Höhe der abzusetzenden Steuerbelastung aus der ersten Grundstücksveräußerung im Jahr 2000 eingetreten.

Nach den Feststellungen des Sachverständigen E... in seinem Gutachten vom 22.7.2005 sowie der nachfolgenden Ergänzung vom 27.1.2006 sind bei einem zu Grunde zu legenden zu versteuernden Entnahmegewinn von 143.043,99 DM unter Berücksichtigung einer gebildeten Rücklage von 82.000 DM und einer über mehrere Jahre gehenden Auflösung der Rücklage veräußerungsbedingte Steuern von insgesamt 20.357,25 € angefallen. Bei sofortiger Besteuerung des Veräußerungsgewinns hätte sich nach den Berechnungen des Sachverständigen eine geringfügig höhere Belastung von 20.499,02 € ergeben. Auch in diesem Punkt folgt der Senat den nachvollziehbaren, in sich schlüssigen und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen E....

Da die danach sich auf Grund der Rücklagenbildung tatsächlich ergebende veräußerungsbedingte Steuerbelastung von 20.357,25 € geringfügig unter der fiktiven Steuerbelastung liegt, die sich ohne Rücklagenbildung bei sofortiger Versteuerung des Veräußerungserlöses ergeben hätte, ist hier die tatsächliche Steuerbelastung zu Grunde zu legen.

Aus diesem abzuziehenden Aufwand, der bei Verteilung des Veräußerungserlöses aus dem ersten Verkauf nicht berücksichtigt worden ist, und der daraus resultierenden Überzahlung entfällt auf die drei Antragstellerinnen ein Anteil von jeweils 5.089,31 € (20.357,25 € : 4) und insgesamt von 15.267,94 €.

Der in dieser Höhe bestehende Erstattungsanspruch des Antragsgegners gegen die Antragstellerinnen liegt ersichtlich über dem oben genannten Restanspruch wegen der zweiten Veräußerung von jeweils 3.669,46 € (bzw. von insgesamt 11.008,37 € für alle drei Antragstellerinnen). Die Aufrechnung führt danach zum vollständigen Erlöschen der restliche Nachabfindungsansprüche der Antragstellerinnen.

In Abänderung des angefochtenen Beschlusses des Landwirtschaftgerichts ist der Zahlungsantrag der Antragstellerinnen zurückzuweisen.

3.

Der vom Antragsgegner im Beschwerdeverfahren eingeführte Gegenantrag ist zuzulassen und hat in der Sache Erfolg.

Der Gegenantrag ist nach entsprechenden Grundsätzen, wie sie im Zivilprozess für die Widerklage in der Berufungsinstanz gelten, im hier vorliegenden landwirtschaftsgerichtlichen Beschwerdeverfahren zuzulassen.

Auch in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit und insbesondere auch in den Landwirtschaftssachen nach §§ 9 ff LwVG besteht das Bedürfnis und erscheint es unter dem Gesichtspunkt der Waffengleichheit der Beteiligten gerechtfertigt, einen Gegenantrag des Antragsgegners nach den Grundsätzen der Widerklage zuzulassen. Dies ist in der Rechtsprechung jedenfalls für echte landwirtschaftsgerichtliche Streitsachen im Verfahren nach §§ 9 ff. LwVG anerkannt (vgl. BGHR RdL 1994, 45; OLG Brandenburg AgrarR 1996, 126; Barnstedt/Steffen, LwVG, 7. Aufl., § 14, Rdnr.18; ebenso allgemein bei Verfahren nach dem FGG vgl. Bassenge/Herbst/Roth, FGG,/RPflG, 10. Aufl., Einl. FGG, Rdnr.8).

Ein solcher Gegenantrag kommt danach auch im vorliegenden Verfahren grundsätzlich in Betracht.

Im Beschwerdeverfahren sind allerdings weitere Einschränkungen zu beachten.

Neue Anträge, die das Begehren eines Beteiligten ändern oder erweitern und den Verfahrensgegenstand umgestalten oder erweitern, sind im Beschwerdeverfahren im Allgemeinen nicht zulässig (vgl. Barnstedt/Steffen, § 22 LwVG, Rdnr.72; Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Aufl., § 23 FGG, Rdnr.7). Unter Berücksichtigung der im FGGVerfahren im Vergleich zum Zivilprozess vergleichsweise freien Ausgestaltung des Verfahrens erscheint es jedoch sachgerecht, in Ausnahmefällen eine Antragsänderung und auch einen Gegenantrag eines Beteiligten noch im Beschwerdeverfahren zuzulassen, wenn dies nämlich zur sachgemäßen, abschließenden Regelung der Angelegenheit objektiv geboten erscheint oder wenn alle Beteiligten einem solchen neuen Antrag zustimmen (ebenso Barnstedt/Steffen, a.a.O.; Bassenge/Herbst/Roth, Einl. FGG, Rdnr. 8, § 23 FGG, Rdnr.10). Es sind hier jedenfalls keine strengeren Anforderungen zu stellen als im zivilprozessualen Berufungsverfahren nach §§ 525, 533 ZPO (im Ergebnis ebenso BayObLG NJWRR 1995, 652; Bassenge/Herbst/Roth, a.a.O.).

Im vorliegenden Fall liegt zwar eine Einwilligung der Antragstellerinnen zum Gegenantrag des Antragsgegners nicht vor. Der Gegenantrag ist aber offensichtlich sachdienlich und wird deshalb vom Senat zugelassen. Nur dies gewährleistet nämlich, dass der Streit der Beteiligten über die Höhe der vom Antragsgegner geschuldeten Nachabfindung und über eine evtl. Rückführung eingetretener Überzahlungen durch die Entscheidung des Senats endgültig und abschließend erledigt und ein sonst unweigerlich drohendes weiteres Verfahren vermieden wird.

Der Gegenantrag führt auch nicht zu einer Veränderung oder Erweiterung des Streitstoffs, weil bei der insoweit zu treffenden Entscheidung auf den ohnehin im Beschwerdeverfahren zu behandelnden Tatsachenstoff zurückzugreifen ist und über den Verfahrensgegenstand der aus den beiden Verkäufen vom Antragsgegner geschuldeten Nachabfindung nicht wesentlich hinausgegangen wird.

Der danach zulässige Gegenantrag des Antragsgegners ist - wie aus der oben dargestellten Berechnung abzuleisten ist, auch in Höhe eine Betrages von 1.419,85 € begründet.

Der Antragsgegner hat gegen jede der drei Antragstellerinnen einen Rückzahlungsanspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB in Höhe des genannten Betrags von 1.419,85 €, insgesamt also von 4.259,60 €.

Nach der Aufrechnung des Erstattungsanspruchs von jeweils 5.089,31 € gegen den oben unter 2. genannten restlichen Nachabfindungsanspruch von 3.669,46 € bleibt ein überschießender Betrag zu Gunsten des Antragsgegners in der genannten Höhe von 1.419,85 €.

Die auf den Rückzahlungsanspruch zugesprochenen Zinsen rechtfertigen sich aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.

4.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 34 Abs. 1, 44 Abs.1, 45 Abs. 1 LwVG und die Festsetzung des Geschäftswerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 19 HöfeVfO, 30 Abs. 1 KostO.

Ende der Entscheidung

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