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Gericht: Oberlandesgericht Oldenburg
Beschluss verkündet am 04.08.2008
Aktenzeichen: 11 UF 48/08
Rechtsgebiete: BGB, VAHRG, VAÜG
Vorschriften:
BGB § 1587 b | |
VAHRG § 2 | |
VAHRG § 3 b | |
VAHRG § 10 a | |
VAÜG § 2 |
2.) Auch dann, wenn die bei Eintritt des Versicherungsfalles zu leistende Betriebsrente derzeit wegen der Unwirksamkeit der Übergangsregelung nicht verbindlich festgestellt werden kann, kann der Versorgungsausgleich jedenfalls dann in Anwendung der bisherigen Regelung durchgeführt werden, wenn alle Beteiligten damit einverstanden sind.
OBERLANDESGERICHT OLDENBURG Beschluss
In der Familiensache
hat der 11. Zivilsenat - 3. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Amtsgericht ...
am 04. August 2008
beschlossen:
Tenor:
1. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 3) vom 13.05.2008 wird das am 29.04.2008 verkündete Urteil des Amtsgerichts Familiengericht - Osnabrück im Tenor zu Ziffer II. geändert und wie folgt neu gefasst:
Zu Lasten der Versorgung der Antragsgegnerin bei der E...
Zusatzversorgungskasse für Sparkassen (Personalnr. ...) werden auf dem Versicherungskonto Nr. ... des Antragstellers bei der Deutschen Rentenversicherung Braunschweig Hannover Rentenanwartschaften von monatlich 52,31 EUR, bezogen auf den 31.10.2007, begründet.
Von dem Versicherungskonto Nr.... der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund werden auf das Versicherungskonto Nr. ... des Antragstellers bei der Deutschen Rentenversicherung Braunschweig-Hannover Rentenanwartschaften von monatlich 9,47 EUR, bezogen auf den 31.10. 2007, übertragen.
Die zu übertragenden Monatsbeträge der Rentenanwartschaften sind in Entgeltpunkte umzurechnen.
2. Die Entscheidung ergeht frei von Gerichtsgebühren. Die weiteren Kosten werden zwischen den Parteien aufgehoben.
3. Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.000, EUR festgesetzt.
4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe:
Durch das angefochtene Verbundurteil hat das Amtsgericht die am 14.Mai 1976 geschlossene Ehe der Parteien geschieden. Den Versorgungsausgleich hat es unter Ziffer II des Urteils in der Weise geregelt, dass es zu Lasten der bei der Beschwerdeführerin durch die Antragsgegnerin erworbenen Versorgungsanwartschaften Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 61,78 EUR auf dem Versicherungskonto des Antragstellers bei der Beteiligten zu 2) begründet hat. Hiergegen wendet sich die Beschwerdeführerin, die eine Nichtbeachtung der Quotierungsmethode rügt. Danach hätten nicht nur die bei ihr, sondern auch die bei der Beteiligten zu 4) erworbenen Anwartschaften für einen Ausgleich herangezogen werden müssen. Im übrigen enthalte das Urteil widersprüchliche Angaben zu der Höhe der bei der Beteiligten zu 1) erworbenen Anwartschaften, so dass die auszugleichende Differenz nicht sicher feststellbar sei.
Die Beschwerde ist gemäß §§ 629 a Abs.2, 621 e Abs.1 und 3, 621 Abs.1 Nr.6, 517 ZPO zulässig und führt in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zu einer geänderten Regelung des Versorgungsausgleichs.
Die Beschwerdeführerin rügt zu Recht, dass das Amtsgericht die Quotierungsmethode nicht angewendet habe. Danach sind alle auf Seiten des Ausgleichspflichtigen bestehenden Versorgungsanwartschaften bei der Durchführung des Ausgleichs heranzuziehen (seit BGH FamRZ 1994, 90 ff, zuletzt BGH FamRZ 2008, 677 (678) ). Das Amtsgericht hat jedoch zu Lasten der ausgleichspflichtigen Antragsgegnerin nur die bei der Beschwerdeführerin erworbenen Anwartschaften herangezogen, nicht jedoch die bei den Beteiligten zu 1) und 4) erworbenen. Außerdem hat es die Höhe der bei der Beteiligten zu 1) erworbenen Anwartschaften mit zwei verschiedenen Werten angegeben, wobei es allerdings mit dem richtigen, nämlich 961,95 €, gerechnet hat.
Die Beschwerde führt allerdings nicht zu dem von der Beschwerdeführerin vorgeschlagenen Ergebnis, dass auch die bei der Beteiligten zu 4) erworbenen Anwartschaften heranzuziehen wären. Dies wäre nur dann der Fall, wenn diese Anwartschaften gemäß § 1587 b Abs.1, 2 BGB oder gemäß § 1 VAHRG ausgeglichen werden könnten. Dies ist indes bezüglich der Beteiligten zu 4) nicht der Fall. Diese hat nämlich in ihrer ergänzenden Auskunft vom 10.03.2008 mitgeteilt, dass vorliegend - ausnahmsweise - keine Realteilung möglich sei, weil sich die Mindestrente nicht bilden lasse. Die bei der Beteiligten zu 4) erworbenen Anrechte wären daher gemäß § 2 VAHRG auszugleichen, was gemäß § 1587 f BGB nur auf Antrag des ausgleichsberechtigten Antragstellers möglich wäre. Ein solcher liegt aber nicht vor.
Die Anwendung der Quotierungsmethode führt vorliegend dazu, dass der eigentlich von der Beteiligten zu 4) aufzubringende Ausgleich gemäß § 3 b Ziffer 1 VAHRG im Wege des erweiterten Splittings von der Beteiligten zu 1) aufzubringen ist.
Hinsichtlich der konkreten Berechnung gilt sodann folgendes:
Nach § 1587 Abs.1 BGB sind im Versorgungsausgleich die in der Ehezeit erworbenen Versorgungen auszugleichen. Die Ehezeit beginnt mit dem ersten Tag des Eheschließungsmonats und endet mit dem letzten Tag des Monats, welcher dem Monat vorausgeht, in welchem der Scheidungsantrag zugestellt wurde (§ 1587 Abs.2 BGB):
Die Ehezeit begann am 01. 05. 1976. Sie endete am 31. 10. 2007.
In dieser Zeit haben die Parteien folgende Anrechte erworben:
Anwartschaft des Antragstellers
bei der DRV Braunschweig-Hannover . . . 1.141,51 EUR
Versicherungsnr. ...
Anwartschaften der Antragsgegnerin
1. bei der DRV Bund . . . . . . . . . . 961,95 EUR
Versicherungsnr. ...
2. bei der E... Zusatzversorgungskasse
Es handelt sich um ein Anrecht der betrieblichen Altersversorgung nach § 1587a Abs.2 Nr.3 BGB.
Monatsrente . . . . . . . . . . . 353,88 EUR
Im Wege der Umrechnung in ein volldynamisches Anrecht ergibt sich im Anschluss an die Berechungen des Amtsgerichts eine Anwartschaft in Höhe von monatlich 256,64 €.
Dieser Wert ist auch für die weitere Berechnung zugrunde zu legen, obwohl die bei Eintritt des Versicherungsfalles zu leistende Betriebsrente derzeit nicht verbindlich festgestellt werden kann. Im Anschluss an das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 14.11.2007 (in FamRZ 2008, 395), das auch für die bei der Beteilgten zu 3) erworbenen Versorgungsanwartschaften gilt, ist nämlich davon auszugehen, dass die der Antragsgegnerin - diese hatte am 01.01.2002 das 55. Lebensjahr gerade noch nicht vollendet und gilt damit als rentenfern - im Zuge der Übergangsregelungen erteilte Startgutschrift zu einer Ungleichbehandlung im Sinne des Art.3 GG führt. Die Übergangsregelung ist daher unwirksam und bedarf einer Neuregelung durch die Tarifvertragsparteien.
Ob und ggf. wie derzeit der Versorgungsausgleich bei der Beteiligung von solchen Rentenanwartschaften durchgeführt werden kann, wird derzeit in Rechtsprechung und Literatur diskutiert. Der Senat schließt sich dabei der Ansicht an, wonach die Durchführung des Versorgungsausgleichs nicht grundsätzlich ausgeschlossen ist (so aber wohl OLG Stuttgart FamRZ 2008, 1086 f). Eine entsprechende Anwendung des § 2 Abs.1 S.2 VAÜG, die das OLG Stuttgart (aaO) vorschlägt, käme hier bereits deshalb nicht in Betracht, weil der ausgleichsberechtigte Antragsteller bereits Rente bezieht. In solchen Fällen schreibt aber auch § 3 Abs.2 VAÜG die Durchführung des Versorgungsausgleichs vor. Jedenfalls bei dieser Sachlage ist daher die Durchführung des Versorgungsausgleichs geboten (so auch OLG Nürnberg FamRZ 2008, 1087 und wohl auch Borth Anm zu OLG Zweibrücken FamRZ 2008, 1083 ff). Ob darüber hinaus Aspekte der Prozessökonomie generell zu einer Durchführung des Ausgleichs Veranlassung geben (so OLG Zweibrücken aaO), kann hier offen bleiben.
Der Senat hält es für vertretbar, bis zu einer Neuregelung der Satzung die bisherige Übergangsregelung weiterhin anzuwenden und den Versorgungsausgleich auf der Basis der danach erteilten Auskunft durchzuführen. Die Parteien und weiteren Beteiligten sind damit offenbar grundsätzlich auch einverstanden, hat doch keiner von ihnen unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 14.11.2007, auf die die Beschwerdeführerin bei der Erteilung ihrer Auskunft ausdrücklich hingewiesen hat, eine Abtrennung und Aussetzung des Verfahrens beantragt. Es ist zwar nicht zu verkennen, dass es nach einer Neuregelung zu einer geänderten - vermutlich höheren - Bewertung der Anwartschaften der Antragsgegnerin kommen wird und der Antragsteller daran nur in den Grenzen eines Abänderungsverfahrens gemäß § 10 a VAHRG wird teilhaben können. Sollte die dortige Wesentlichkeitsschwelle nicht überschritten werden, würde dies zu einem dauerhaften Nachteil auf Seiten des Antragstellers führen. Dies ist jedoch hinzunehmen, da die Durchführung des Versorgungsausgleichs andernfalls zur Zeit gar nicht möglich wäre und der Antragsteller bis zur Schaffung neuer Übergangsvorschriften, der Erteilung einer entsprechenden neuen Auskunft seitens der Beschwerdeführerin und der anschließenden Entscheidung durch das Familiengericht an den Versorgungsanwartschaften der Antragsgegnerin gar nicht partizipieren könnte. Ein "horizontaler Teilausgleich", wie ihn Borth (aaO) erwägt, wäre aus den von Borth selbst angestellten Erwägungen, dass nämlich nicht sicher festgestellt werden könne, wie sich die Neuregelungen im Einzelfall auswirken, nicht durchführbar (im Ergebnis ebenso Rehme FuR 2008, 216 ff, der vorliegend wohl zu einer Abtrennung des Versorgungsausgleichs nebst Aussetzung kommen würde.)
Jedenfalls bei Einverständnis aller Beteiligten, wie es hier anzunehmen ist, erscheint daher der vom Senat gewählte Lösungsweg sinnvoll (ebenso Borth FamRZ 2008, 326 (327) ).
3. Bei der VGH
ehezeitliches Deckungskapital . . . . . 10.383,00 EUR
Im Anschluss an das Amtsgericht entspricht dies umgerechnet einer
Rentenanwartschaft von 46,48 €.
Das ergibt folgende Übersicht:
splittingfähig gem. § 1587b Abs.1 BGB: . . 961,95 EUR
Quasisplitting nach § 1 Abs.3 VAHRG: . .. . . . 256,64 EUR
Schuldr.-Ausgl. § 2 VAHRG: . . . . . 46,48 EUR
insgesamt: . . . . . . . . . . . 1.265,07 EUR
Nach § 1587a Abs.1 BGB ist der Ehegatte mit den höheren Anrechten ausgleichspflichtig: 1141,51 - 1265,07 = . . . . . . . . . 123,56 EUR
Die Antragsgegnerin ist daher in Höhe von insgesamt 61,78 zum Ausgleich verpflichtet.
Die Summe der Im Zuge der Quotierung ausgleichsfähigen Anrechte beträgt: 256,64 + 46,48 = . . . . . . . . . . . 303,12
Der Ausgleich erfolgt durch analoges Quasisplitting nach § 1 Abs.3 VAHRG in Höhe von:
256,64 / 303,12 x 61,78 = . . . . . . . . 52,31 EUR
Der Höchstbetrag nach § 1587b Abs.5 BGB beträgt: 513,50 EUR
Er ist nicht überschritten.
Soweit Splitting, Quasisplitting und Realteilung nicht möglich sind, ist der schuldrechtliche Ausgleich nach § 2 VAHRG vorgesehen.
Dem schuldrechtlichen Ausgleich bleiben demnach: 9,47 EUR
Anstelle des schuldrechtlichen Ausgleichs nach § 2 VAHRG können gemäß § 3b Abs.1Nr.1 VAHRG bis zu einer Höhe von 2 % der allgemeinen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV auch andere in oder vor der Ehe erworbene Versorgungen, die durch Übertragung oder Begründung von Anwartschaften ausgeglichen werden können (hier bei der Beteiligten zu 1), herangezogen werden, und zwar im Höchstwert von 49,00 EUR, der mit einem Betrag von 9,47 EUR nicht überschritten wird. Im Interesse einer möglichst abschließenden Regelung des Bersorgungsausgleichs erscheint die Durchführung des erweiterten Splitting sinnvoll.
Der Versorgungsausgleich war daher wie beschlossen durchzuführen.
Die Anordnung der Umrechnung in Entgeltpunkte folgt aus § 1587 b Abs.6 BGB.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 21 Abs.1 GKG, 49 Nr.3 GKG, 13 a Abs.1 FGG.
Die Rechtsbeschwerde war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gemäß §§ 621 e Abs. 2, 543 Abs.2 ZPO zuzulassen.
Ende der Entscheidung
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