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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Oldenburg
Beschluss verkündet am 03.03.2008
Aktenzeichen: 11 UF 53/07
Rechtsgebiete: BGB, BarwertVO, VAHRG


Vorschriften:

BGB § 1587 b
BGB § 1587 d
BarwertVO § 5 Abs. 2
VAHRG § 3 b Abs. 1
1.) Zur Frage der Leistungsdynamik von Anrechten aus einer betrieblichen Altersversorgung

2.) Die zeitliche Befristung von Berufsunfähigkeitsrenten kann entsprechend § 5 Abs. 2 Satz 2 BarwertVO durch einen 10%igen Abschlag für jedes Jahr unter einer Restlaufzeit von 10 Jahren berücksichtigt werden.

3.) Das Verbot der Doppelverwertung führt nicht zur Berücksichtigung von Berufsunfähigkeitsrenten erst für die Zeit nach dem Ende der Unterhaltsverpflichtung.

4.) Ein Ausgleich nach § 3 b VAHRG kommt nur in Betracht, wenn der Verpflichtete hierdurch in seiner Handlungsfeiheit nicht unverhältnismäßig belastet wird. der Vermögensstamm ist nur in engen Grenzen einzusetzen.


OBERLANDESGERICHT OLDENBURG

Beschluss

11 UF 53/07

In der Familiensache

hat der 11. Zivilsenat - 3. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Oberlandesgericht ...

am 3. März 2008

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragstellerin und die Anschlussbeschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Papenburg vom 22.03.2007 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels zu Ziff. 3 des Tenors geändert und wie folgt neu gefasst:

Der Antragsgegner hat auf dem Versicherungskonto Nr. ... der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund Rentenanwartschaften von monatlich 105,82 €, bezogen auf den 30.06.2001, durch Beitragszahlung in Höhe von 25.000, € zu begründen. Diese Zahlung erfolgt zu Lasten der Berufsunfähigkeitsrente des Antragsgegners bei der H... G... zur Vertragsnummer L ...9 . Der Monatsbetrag der Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte (West) umzurechnen. Dieser Betrag ist nur maßgebend bei Zahlung binnen 3 Monate nach Bekanntgabe der Rechtskraft der Entscheidung zum Versorgungsausgleich.

Die begründeten Rentenanwartschaften sind in Entgeltpunkte (West) umzurechnen, und zwar bezogen auf das Ende der Ehezeit, 30.06.2001.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 4.446,84 € festgesetzt.

Gründe:

Die Parteien haben am 24.08.1977 geheiratet. Die Ehe der Parteien ist durch Scheidungsurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Papenburg vom 3. April 2002 rechtskräftig geschieden worden. Das Amtsgericht hatte den Versorgungsausgleich abgetrennt. Mit dem hiermit in Bezug genommenen Beschluss vom 22.3.2007 hat es nach Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Bewertung von in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanwartschaften den Versorgungsausgleich geregelt.

Mit ihrer Beschwerde beanstandet die Antragsstellerin die Art und Weise der Einbeziehung der vom Ehemann erworbenen Anwartschaften aus zwei Berufsunfähigkeitsversicherungen bei der G... Versicherung und der bei der D... C... AG erworbenen Anwartschaften auf eine Betriebsrente in den Versorgungsausgleich. Darüber hinaus wendet sie sich gegen die vom Amtsgericht beschlossenen Kapitaleinmalzahlung zum Ausgleich der Betriebsrenten. Diese sei zu gering angesetzt.

Mit der Beschwerde erstrebt die Antragstellerin die Durchführung des Versorgungsausgleichs unter Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts - Familiengericht - vom 22.3.2007 unter Ziff. 3. wie folgt:

Der Antragsgegner wird verurteilt, auf dem Versicherungskonto der Antragstellerin in der gesetzlichen Rentenversicherung Rentenanwartschaften von monatlich DM 1.062,72, bezogen auf den 30.06.2001, durch Beitragszahlung in Höhe von 125.003,87 € zu begründen. Der Monatsbetrag der Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte, bezogen auf den 1.7.2006 umzurechnen.

Mit Schriftsatz vom 23. November 2007 hat die Antragsgegnerin ihren Antrag erweitert und zugleich die Änderung des Tenors zu Ziff. 1) beantragt.

Sie beantragt weiter,

Vom Versicherungskonto des Antragsgegners in der gesetzlichen Rentenversicherung werden auf das Versicherungskonto der Antragstellerin in der gesetzlichen Rentenversicherung Rentenanwartschaften von monatlich € 389,71, bezogen auf den 30.06.2001 übertragen. Der Monatsbetrag der Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.

Die Antragstellerin ist der Auffassung, das Amtsgericht habe die beiden G...versicherungen zu Unrecht als im Leistungsteil statisch behandelt. Dieses widerspreche der Mitteilung des G... Konzerns, wonach sich die Rente jährlich zum 1. März eines jeden Jahres erhöhe. Es sei verabsäumt worden, eine ergänzende Auskunft der G... Versicherung über die Erhöhung der letzte Jahr einzuholen. Hinzu komme, dass bei der G... Versicherung zu Nr. ...3 entgegen der Auffassung des Sachverständigen von einer Laufzeit bis März 2001, nicht bis Februar 2001, auszugehen sei. Soweit das Amtsgericht davon abgesehen habe, einen Teilbetrag der vorgenannten Versicherungsleistungen, nämlich betreffend den Zeitraum bis einschließlich Dezember 2004 in den Versorgungsausgleich einzubeziehen, da für diesen Zeitraum trennungs- und nachehelicher Unterhalt gezahlt worden sei, könne dieser Auffassung nicht gefolgt werden. Auch bei befristeten Renten sei der Berechnung der Zeitraum zwischen Ehezeitende und Laufzeitende ohne zusätzliche Erwägungen zugrunde zu legen. Auch sei dem Antragsgegner eine höhere Einmalzahlung als 37.149,88 € zumutbar. Neben dem Überschuss aus der Versteigerung seines Hauses von 19.244, € verfüge er noch über den hälftigen Anteil eines Bereicherungsanspruchs gegenüber der S...bank in Höhe von 24.500, €. Darüber hinaus habe er Ansprüche aus einer Lebensversicherung bei der C... mit einem Rückkaufswert von mehreren 1000, €. Außerdem verfüge er über ein Einkommen von ca. 5.500, € aus seinen Renten. Auch die Interessen der Antragsstellerin seien zu berücksichtigen Sie habe berufbedingte Nachteile durch die Pflege und Erziehung von vier gemeinsamen Kindern erlitten sowie durch die Pflege des Antragsgegners nach seinem Unfall im Dezember 1991.

Der Antragsgegner verfolgt mit seiner Anschlussbeschwerde ebenfalls eine Abänderung im Tenor zu Ziff. 3 des Beschlusses. Er ist der Ansicht, das Amtsgericht habe mit der Anordnung der Zahlung von 37.149,88 € die Zumutbarkeitsgrenze überschritten. Er rügt die mathematische Berechnung des Abfindungsbetrages. Diese hätte zur Begründung einer monatlichen Rentenanwartschaft von 172,79 € nur 33.489,88 € ergeben dürfen. Aber auch dieser Betrag übersteige seine finanziellen Verhältnisse, er sei nur eingeschränkt leistungsfähig.

Die Rechtsmittel sind zulässig (§§ 629 a Abs. 2, 621 e As. 3, Abs. 1, 621 Abs. 1 Nr. 6 ZPO) und teilweise begründet.

1) Die Entscheidung des Amtsgerichts ist im Tenor zu Ziff.1) und 2) nicht abzuändern.

Zwar haben sich nach den in der Beschwerdeinstanz erneut eingeholten Auskünften bei der gesetzlichen Rentenversicherung die in der Ehezeit erworbenen Anwartschaften der Parteien leicht verändert. Der Ehemann hat nämlich nach Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 14.08.2007 Rentenanwartschaften in Höhe von 1013,15 € statt 981,19 € und die Ehefrau nach der Auskunft der Deutschen Rentenversicherung BerlinBrandenburg vom 24.08.2007 Rentenanwartschaften in Höhe von 233,73 € statt 216,69 erworben, so dass 389,71 € statt 382,25 € auszugleichen wären. Die Entscheidung ist insoweit jedoch vom Gericht nicht abzuändern, weil die Entscheidung zum Splitting ausdrücklich weder von der Beschwerde noch von der Anschlussbeschwerde angegriffen worden ist. Auch die Versorgungsträger haben bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung keine Beschwerde eingelegt.

Zwar hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 23.11.2007 ihren Antrag auch auf Abänderung des Tenors zu Ziff. 1) erweitert.. Dies ist jedoch nach Ablauf der Begründungsfrist nur insoweit zulässig, als keine neuen Gründe nachgeschoben werden (vgl. ausführlich Jansen/Wick, FGG, 3. Aufl., § 53b, Rn. 76). Dies ist aber der Fall, sofern sich die Antragstellerin mit ihrer Begründung sodann auf die neueren Auskünfte der Versorgungsträger stützt.

Die Beschwerden richten sich im übrigen nur gegen den Tenor zu Ziff. 3. Darin liegt eine wirksame Beschränkung des Rechtsmittels an die das Beschwerdegericht gebunden ist, weil es einen abtrennbaren Teil des Beschlusses betrifft, über den unabhängig vom Splitting entschieden werden kann (vgl. ausführlich Jansen/Wick, FGG, 3. Aufl., § 53b, Rn. 76).

Soweit das Amtsgericht im Tenor zu Ziff.2) das erweiterte Splitting in Höhe von 45,81 € zum teilweisen Ausgleich der Betriebsrenten angeordnet hat, stehen diese beiden Ausgleichsformen, erweitertes Splitting bzw. Begründung von Rentenanwartschaften durch Beitragszahlung, in einem untrennbaren Zusammenhang, weil es sich um dieselben auszugleichenden Anrechte handelt. In der Sache ist aber unstreitig, dass in jedem Fall ein Ausgleich gem. § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG bis zum Grenzbetrag von 89,60 DM bzw. 45,81 € erfolgen soll. Eine Abänderung war daher diesbezüglich ebenfalls nicht anzuordnen.

2a)

Der Ehemann hat weitere Anwartschaften auf eine betriebliche Alterversorgung bei der D... C... ...kasse erworben. Nach Auskunft der ...kasse vom 11.09.2001 beträgt die Betriebsrente, die der Ehemann bereits bezieht, jährlich 31.284 DM. Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens hat das Amtsgericht diese Anwartschaft zutreffend als volldynamisch bewertet und als monatliche Anwartschaft in Höhe von 2607,00 DM bzw. 1.332,94 € in den Versorgungsausgleich mit einbezogen. Diese Bewertung wird hat von den Parteien nicht weiter angegriffen.

2b) aa)Daneben bezieht der Ehemann zwei befristete Berufsunfähigkeitsrenten von der H... G... . Diese sind ebenfalls in vollem Umfang einzubeziehen (vgl. Staudinger/Rehme, 2004, § 1587a, Rn. 390 . Diese befristeten Berufsunfähigkeitsrenten werden jährlich, aber in unterschiedlichem Umfang angepasst. Folgende Anpassungen sind seit dem Ehezeitende erfolgt:

(1) Vertrag L ...3: bei Ehezeitende 2.419,90 DM = 1.237,28 € vierteljährlich):

Zeitpunkt Zahlbetrag (in €) Prozentsatz der Steigerung

(monatlich) (gegenüber letzter Erhöhung)

Ehezeitende 412,43

1.4.2002 425,87 (425,86 : 412,43 =) 1,0326 = 3,26 %

1.4.2003 439,70 (439,70 : 425,87 =) 1,0325 = 3,25 %

1.4.2004 440,17 1,0011 = 0,11 %

1.4.2005 442,37 1,005 = 0,5 %

1.4.2006 442,80 1,001 = 0,1 %

1.4.2007 443,23 1,001 = 0,1 %

Steigerung in 6 Stufen 7,32

= durchschnittlich in den letzten 6 Jahren (2002 - 2007) 1,22 %

(2) Vertrag L ...9: bei Ehezeitende 3.474,10 DM = 1.776,28 € vierteljährlich):

Ehezeitende 592,09

1.3.2002 611,33 (611,33 : 592,09 =) 1,0325 = 3,25 %

1.3.2003 631,20 1,0325 = 3,25 %

1.3.2004 636,57 1,0085 = 0,85 %

1.3.2005 637,20 1,001 = 0,1 %

1.3.2006 640,40 1,0050 = 0,5 %

1.3.2007 641,03 1,001 = 0,1 %

Steigerung in 6 Stufen 8,05 %

= durchschnittlich in den letzten 6 Jahren (2002 - 2007) 1,34 %

Es hat ein Vergleich mit den Grundversorgungen, insbesondere der gesetzlichen Rentenversicherung zu erfolgen.

Maßgeblich ist, ob das zu beurteilende Versorgungsanrecht in der Vergangenheit d.h. über einen Zeitraum von generell mehr als 5 Jahren bis in die jüngste Zeit hinein mit der Entwicklung der Grundversorgungen Schritt hält (vgl. Staudinger/Rehme, § 1587a, Rn. 427. KKFamR/Rehme, 2. Aufl., § 1587a, Rn. 208. jeweils m.w.N.. neuerdings spricht der BGH nur noch von einem "angemessenen Vergleichszeitraum". FamRZ 2004, 1474, 1474. 2007, 996, 998). Entscheidend ist auch, ob dies auch unter Berücksichtigung aller hierfür bedeutsamen Umstände für die Zukunft erwartet werden kann (BGH, FamRZ 2007, 996, 998). Dabei ist die Frage der Dynamik früher häufig unter Heranziehung von allgemeinen Faktoren beurteilt worden, wie Finanzierungssystem, Anpassung an die Lebenshaltungskosten u.a.. Davon hat sich der BGH aber zunehmend gelöst. Er stellt jetzt darauf ab, ob die betreffende Versorgung tatsächlich, unabhängig von einem Rechtsanspruch, eine etwa gleiche Dynamik aufweist wie die Grundversorgungen (vgl. FamRZ 2005, 430, 431. 2007, 23, 25 f und 996, 998).

Die Dynamik der Grundversorgungen ist für die Jahre bis 2006 abgedruckt bei Gutdeutsch NJW 2007, 570 f., ebenso die durchschnittliche Erhöhung in bestimmten Zeiträumen (vgl. auch BGH, FamRZ 2007, 996, 998). Wenn man, wie für die zu bewertenden Anrechte einen 6-Jahreszeitraum nimmt, und zwar die in den Jahren 2001 bis 2006 erfolgten Anpassungen, d.h. ohne Berücksichtigung der in den Tabellen von Gutdeutsch nicht erfassten Erhöhung der GRV ab Juli 2007 um 0,54 %, dann ist die Beamtenversorgung in diesen 6 Jahren (linear) durchschnittlich um 1,13 %, die Rentenversicherung um 0,85 % gestiegen. Bei Einbeziehung der Erhöhung der GRV im Jahre 2007 und folgerichtig der 6 Erhöhungen seit 2002 würde sich eine Gesamterhöhung von 3,74 % und durchschnittlich nur 0,62 % ergeben. Die letzten größeren Erhöhungen mit einer Anpassung deutlich über 1 %) erfolgten in den Jahren 2001 bis 2003.

Nach den vorstehenden Kriterien ist eine Leistungsdynamik anzunehmen. Es sind Daten für einen angemessenen Vergleichszeitraum, nämlich mehr als 5 Jahre vorhanden. Die Anpassungsraten lagen regelmäßig, zum Teil erheblich höher als die Anpassungen der GRV. Eine Ausnahme bildet nur die Anpassung im Jahre 2007. Bei der Beamtenversorgung gab es ferner im Jahre 2004 eine größere Steigerung. Die durchschnittliche Erhöhung war höher als bei den Grundversorgungen und deutlich höher (ca. 50 %) als in der GRV.

Die Frage der Prognose der künftigen Erhöhungen kann zwar nicht sicher beurteilt werden. Es gibt jedoch keinen erkennbaren Grund, dass die Anpassungen dauerhaft unter denen der GRV liegen werden.

bb) Zu berücksichtigen ist weiter die Befristung der beiden Berufsunfähigkeitsrenten.

Der Vertrag L ...3 ist bis März 2011 und der Vertrag L ...9 bis Februar 2011 befristet. Die Befristung mindert den Wert der Anrechte. Klare Regeln für die Bemessung eines Wertabschlags bestehen nicht, jedenfalls nicht für Anrechte, die wegen ihrer (Leistungs)Dynamik an sich mit ihrem Nominalbetrag zu saldieren sind.

Eine Anwendung von § 5 Abs. 2 Satz 2 BarwertVO analog führt zu einem 10 %igen Abschlag für jedes Jahr unter einer Restlaufzeit von 10 Jahren. Eine ähnliche Regelung für Anwartschaften findet sich in § 4 Abs. 2 Satz 1 BarwertVO. Die dortige weitere Differenzierung zwischen den Leistungsarten in § 4 Abs. 2 Satz 2 BarwertVO ist in die Regelung für bereits laufende Leistungen in § 5 jedoch nicht übernommen worden und für laufende Leistungen auch nicht sachgerecht. Auch eine analoge Anwendung des § 5 Abs. 2 Satz 3 BarwertVO auf laufende dynamische Leistungen scheidet aus, weil diese Vorschrift Teil des Umrechnungsmechanismus über den Barwert ist, der für leistungsdynamische Versorgungen gerade nicht anwendbar ist.

Bei analoger Anwendung von § 5 Abs. 2 Satz 2 BarwertVO mit nur anteiliger Kürzung für angebrochene Jahre (je Monat fehlende Restlaufzeit Kürzung um 1/12 von 10 % = 1/120. so Soergel/Häußermann, a.a.O. Rn. 406), ergibt sich folgende Berechnung:

(1) Vertrag L ...3:

Nominalbetrag bei Ehezeitende 412,43 €

Restlaufzeit ab Ehezeitende (30.6.2001) bis 3/2011: 9 J. 9 M.

Kürzung um 3/120 = 2,5 % = 10,31 € auf 402,12 €

(2) Vertrag L ...9:

Nominalbetrag bei Ehezeitende 592,09 €

Restlaufzeit ab Ehezeitende bis 2/2011: 9 J. 8 M.

Kürzung um 2/120 = 1,67 % = 9,89 € auf 582,20 €

cc) Die Berücksichtigung der Berufsunfähigkeitsrenten mit dem gekürzten Nominalwert widerspricht nicht dem Verbot der Doppelverwertung. Entgegen den Darlegungen im Urteil des Amtsgerichts sind die Berufsunfähigkeitsrenten nicht erst mit ihrem Kapitalwert (Barwert) für die Zeit nach Ende der Unterhaltsverpflichtung (1.1.2005) anzusetzen.

Zum Einen ist die alleinige Begrenzung des Ausgleichs bezüglich der Berufsunfähigkeitsrenten willkürlich. Bei konsequenter Anwendung des Gedankens der Doppelverwertung müsste er auch für den Ausgleich der gesetzlichen Renten und der Altersversorgung bei der D... C... ...kasse gelten und ebenfalls im fraglichen Zeit die Unterhaltsberechnung beeinflusst haben.

Zum Anderen ist das Verbot der Doppelverwertung hauptsächlich im Verhältnis zwischen Unterhalt und Zugewinnausgleich entwickelt worden ( vgl. aber zur Anwendung im Rahmen des Versorgungsausgleichs Rehme, FuR 2006, 389 m.w.N.. ferner Anm. Rehme FamRZ 2006, 1451 zu OLG Hamm, FamRZ 2006, 795). Zur Vermeidung einer völlig diffusen Anwendung der unterschiedlichen Ausgleichssysteme ist das Verbot der Doppelverwertung jedoch nur anzuwenden bei bereits erfolgtem Vermögensausgleich in Bezug auf einen gesamten Vermögenswert oder zumindest klar abgrenzbare Teile davon. Vermögenswert in diesem Sinne sind hier die Anrechte auf Altersversorgung in Form der Berufsunfähigkeitsrenten. Diese Anrechte als solche sind weiterhin ungeschmälert beim Antragsgegner. Er hat auch aus seinem sonstigen Vermögen keinen Ausgleich an die Antragstellerin geleistet, um das Stammrecht auf die Berufsunfähigkeitsrenten ungekürzt zu behalten. Es hat also kein Vermögensausgleich in Bezug auf das Versorgungsanrecht als solches stattgefunden. Der Umstand, dass der Antragsgegner über den Unterhalt möglicherweise Teile der Einzelversorgungsansprüche abgegeben hat, kann insoweit keine Rolle spielen. Denn andernfalls müsste man auch bezüglich der sonstigen dem Versorgungsausgleich unterliegenden Versorgungsanrechte (s.o.) den Ausgleich begrenzen, wenn und soweit Einzelansprüche bei der Unterhaltsberechnung berücksichtigt worden sind. Auf diesen Gedanken ist bisher zu Recht niemand gekommen, denn er würde zu einer chaotischen und willkürlichen Berechnung einer nicht zu quantifizierenden Begrenzung des Versorgungsausgleichs führen.

Die Anwendung des Verbots der Doppelverwertung durch das Amtsgericht ist deshalb verfehlt. Die weiteren, über die Anrechte aus der gesetzlichen Rentenversicherung hinaus bestehenden, bei Ehezeitende bereits bezogenen Versorgungsanrechte des Antragsgegners (D...C..., BU-Renten H... G....) sind leistungsdynamisch und deshalb mit ihrem Nominalbetrag bei Ehezeitende in die Versorgungsbilanz einzubeziehen, die BU-Renten allerdings mit einem geringfügigen Abschlag wegen ihrer Befristung.

Hälftig auszugleichen ist deshalb ein Betrag in Höhe von

D... C...: 2.607 DM = 1.332,94 €

BU-Renten: 402,12 + 582,20 984,32 €

Gesamtbetrag 2.317,26 €

Ausgleichsbetrag 1.158,63 €

3) Da ein Ausgleich in Bezug auf die genannten weiteren Anrechte weder gem. § 1587b BGB noch § 1 VAHRG in Betracht kommt, bleibt nur ein Ausgleich gem. § 3b VAHRG oder hilfsweise der schuldrechtliche Ausgleich (§ 2 VAHRG).

Der Ausgleich gem. § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG durch erweitertes Splitting, ist zutreffend vom Amtsgericht angeordnet in Höhe von 89,60 DM = 45,81 € angeordnet worden. Diese Anordnung wurde von den Parteien auch nicht angegriffen. Es verbleibt ein Restausgleichsbetrag von monatlichen Anwartschaften in Höhe von 1.112, 82 €.

Dem Antragsgegner ist lediglich der Ausgleich von 105,82 € monatlich wirtschaftlich zumutbar. Ein Ausgleich gemäß § 3 b VAHRG durch Zahlung eines einmaligen Kapitalbetrages zur Begründung von Anrechten in der gesetzlichen Rente kommt nur in Betracht, soweit dies dem Verpflichteten nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen zumutbar erscheint. Der Verpflichtete darf in seiner Handlungsfreiheit nicht unverhältnismäßig belastet werden. Maßgeblich ist die wirtschaftliche Gesamtsituation des Verpflichteten (BGH, FamRZ 97, 166, 169. OLG Oldenburg, FamRZ 2003, 786, 769). Es gilt ein weniger strenger Maßstab als im Unterhaltsrecht, was bedeutet, dass dem Verpflichteten vorab die Mittel zur Deckung des eigenen Bedarfs, zur Erfüllung seiner Unterhaltspflichten und zur angemessenen Schuldentilgung verbleiben müssen. Der Vermögensstamm ist in engen Grenzen einzusetzen (BGH a.a.O). Die sonstigen Verhältnisse des Ausgleichspflichtigen sind ebenso wie die Verhältnisse des Ausgleichsberechtigten nicht zu berücksichtigen (MüKoSander, BGB, 4. Auflage, § 3 b VAHRG Rd. 38).

Geht man mit der Antragstellerin davon aus, dass für den Wert des Abfindungsbetrages der Wert im Zeitpunkt der Abfindungsentscheidung zu ermitteln ist, ergeben sich folgende Kapitalabfindungsbeträge:

Für die Betriebsrente bei der D... C...: 146.616,79 €,

für die Berufsunfähigkeitsrente (L ...3) 47.500,54 € und

für die Berufsunfähigkeitsrente (L ...9) 68.585,90 €.

Jedoch verfügt der Antragsgegner nur über Barvermögen in wesentlich geringerem Umfang. Unstreitig hat der Antragsgegner den aus der Teilungsversteigerung erhaltenen Betrag von 19.244, € aufgewandt, um den Unterhaltsrückstand gegenüber der Antragstellerin auszugleichen. Das ist zulässig. Da im Rahmen der Bewertung der wirtschaftlichen Verhältnisse auf die aktuellen Verhältnisse abzustellen ist (§ 3 b Abs. 1 Nr. 2 VAHRG i.V.m. § 1587 d Abs. 2 BGB), kann das dem Antragsgegner nicht mehr zur Verfügung stehende Geld zur Berechnung einer Beitragszahlung nicht herangezogen werden.

Dem Antragsgegner steht indes ein Auszahlungsanspruch aus der Zwangsversteigerung des ehemals gemeinsamen Hausgrundstücks gegen die S...Bank in Höhe von hälftigen 48.576,61, € zu. Das ist nunmehr zwischen den Parteien unstreitig. Zwar hat der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 5.12.2007, eingegangen am 13.2.2008, nur einen Auszahlungsbetrag von hälftigen 45.692,53 € errechnet, und die Auffassung vertreten, der Antragstellerin stehe nicht 15 % Verzinsung aus den Grundschulden zu, die die Bank aufgeschlagen habe und auch nicht die vom Antragsgegner allein bedienten Darlehensraten. Darauf kommt es indes nicht an. Die S...Bank hat mit Schreiben vom 31.01.2008 bestätigt, dass 48.576,61 € zur Auszahlung bereits stehen. Davon steht dem Antragsgegner der hälftige Betrag in Höhe von 24.283,80 € zu. Diesen Betrag hat der Senat auf 25.000, € aufgerundet. Der Antragsgegner verfügt über ein monatliches Einkommen, welches es zulässt, den Ausgleichsbetrag einmal entsprechend aufzustocken. Weiteres mögliches wesentliches Barvermögen ist auch von der Antragsgegnerin nicht vorgetragen worden. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Antragsgegner die Möglichkeit hat, ein größeres Darlehen aufzunehmen. Der Antragsgegner ist berufsunfähiger Rentner ohne entsprechende Sicherheiten. Für die Zahlung eines weitergehenden Ausgleichsbetrages steht daher kein weiteres Barvermögen zur Verfügung.

Da der Antragsgegner über kein weiteres wesentliches Vermögen verfügt, erscheint auch die Anordnung einer Ratenzahlungsverpflichtung wirtschaftlich nicht zumutbar. Denn eine Ratenzahlung allein aus dem Einkommen eines Ausgleichsverpflichteten ist bereits grundsätzlich unwirtschaftlich. Der Senat schließt sich insoweit der überwiegenden Auffassung in Literatur und Rechtsprechung an, wonach bei fehlendem Vermögen eine Ausgleich durch Beitragszahlung nach § 3 b I Nr. 2 VAHRG auch durch Ratenzahlung von vornherein wirtschaftlich nicht zumutbar erscheint, auch wenn der Verpflichtete über ein über dem Durchschnitt liegendes Einkommen verfügt (vgl. Bergner, Der Versorgungsausgleich, Stand 1996, Teil II, § 3 b VAHRG Anm. 7.3. MüKo - Sander, 4. Auflage, § 3 b VAHRG, Rd. 37. Staudinger Rehme (2004), § 3b VAHRG, Rd. 20. OLG München, FamRZ 1998, 679, 680). Zu beachten ist bei einer Ratenzahlungsanordnung nämlich, dass der Ausgleichsverpflichtete die günstigen Umrechnungsfaktoren nur für die ersten 3 Monate nach Rechtskraft der Entscheidung erhält, während die Folgeraten bereits nach den gestiegenen Durchschnittsentgelten berechnet werden müssen. Eine Ratenzahlung erhöht daher im Ergebnis den Beitragsaufwand (vgl. auch Johannsen/Henrich, Eherecht, 2003,, § 3 B VAHRG Rd. 25). Ein nicht unerheblicher Teil der Rate würde durch die Erhöhung der Beiträge aufgezehrt. Das erscheint für den Ausgleichsverpflichteten insgesamt nicht zumutbar, da er einen erheblich höheren Betrag aufwenden müsste, als ursprünglich errechnet. Schließlich ist auch zu beachten, dass die Antragstellerin bei vollständiger Einbeziehung auch nur einer der Berufsunfähigkeitsversicherungen in den öffentlichrechtlichen Versorgungsausgleich eine dauerhafte und dynamisch ausgestaltete Rente bis zu ihrem Lebensende erhalten würde, während dem Antragsgegner nur die zeitlich begrenzte Versicherungsrente zur Verfügung steht (vgl. OLG Koblenz, FamRZ, 1998, 1365, 1366).

Die Zahlung des zumutbaren Barbetrages von 25.000, war umzurechnen in eine zu begründende monatliche Anwartschaft. Unter Berücksichtigung des Umrechnungsfaktors für Entgeltpunkte im Zeitpunkt der Entscheidung in Höhe von 5.868,112 € ergibt sich bei einer Beitragszahlung von 25.000, eine zu begründende monatliche Anwartschaft von: 25.000, € ./. 5868,112 = 4,260318 EP x 48,58 DM = 206,966 DM = 105,82 €.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 21 GKG, 13 a FGG, die Wertfestsetzung aus § 49 GKG.

Ende der Entscheidung

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