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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Oldenburg
Urteil verkündet am 07.03.2006
Aktenzeichen: 12 U 81/05
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 254
Kann ein Auftragnehmer die Schlussrechnung nur unter Verwendung von Unterlagen erstellen, die er dem Auftraggeber überlassen hat, kann er Herausgabe der Unterlagen verlangen.

Dieser Anspruch kann im Wege der Stufenklage geltend gemacht werden.


Oberlandesgericht Oldenburg Im Namen des Volkes Urteil

12 U 81/05

Verkündet am 07.03.2006

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat auf die mündliche Verhandlung vom 7. Februar 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und den Richter am Landgericht ... für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 30.08.2005 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 1. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg wird zurückgewiesen, soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Zahlung von 126.440,00 € nebst 5 % Zinsen auf 47.410,40 € seit dem 24.07.2001 und auf weitere 79.029,60 € seit dem 19.03.2003 richtet.

Im übrigen wird das Urteil unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels geändert.

Die Kläger und Widerbeklagten werden verurteilt, drei Aktenordner mit den Unterlagen des Bauvorhabens der Kläger betreffend die Massagepraxis und die krankengymnastische Praxis an den Beklagten herauszugeben, und zwar einen Leitz-Ordner mit folgendem Inhalt:

Geräte-Anlagen - Aufstellungen, Zeichnungen, Preise

Einweisungsunterlagen (Schulung des Personals pp.)

Gebrauchsanweisungen u. Zeichnungen für Schwimmbadtechnik

einen Leitz-Ordner mit folgendem Inhalt:

Bauzeichnungen, Ausführungsplanungszeichnungen, Sauna, Solarium, Fliesenplan mit Fugenverlauf und -höhen

Raumlufttechnik mit/ohne Wärmerückgewinnung

Innenraumplanung für Doppelpraxis, Rezeption, Warteraum pp.

Gewerksausschreibungstexte mit Detailzeichnungen/Ausführungsplanung

Geräte und Anlagen für Elektroinstallation und Heizungstechnik/Schornstein mit Änderungen

Bauprotokoll (Bautagebuch), Mängellisten, Zeitplanung

Abnahmeprotokoll, Schriftwechsel und Faxe GU B u.a.

einen Leitz-Ordner mit folgendem Inhalt

DIN-Berechnungen SBT

Kostenermittlungen (Schätzung, Kostenberechnung pp.)

Rechnungen und Verrechnungen mit Belegen (Honorare und Nebenkostenspezifikationen) u.ä.

Zur Entscheidung über die weitergehende Klage und die Widerklage wird die Sache an das Landgericht zurückverwiesen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens übertragen wird.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Schuldner kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I.

Die Kläger beauftragten den Beklagten mit Vertrag vom 15.04.1994 mit der Planung und der Bauaufsicht im Rahmen der Errichtung eines Betriebes mit Hallenbad, gewerblicher Sauna und Sonnenstudio in einer Gemeinschaftspraxis für Krankengymnastik und Massage in E.... Der Beklagte erteilte Abschlagsrechnungen, auf die die Kläger Zahlungen in streitiger Höhe leisteten. Nachdem die Parteien am 24.07.1997 vereinbart hatten, dass die Schlussrechnung zunächst noch "ruhen" sollte, forderten die Kläger den Beklagten mit Schreiben vom 25.01.2001 unter Fristsetzung auf, eine prüffähige Schlussrechnung für das Bauvorhaben vorzulegen.

Die Kläger haben zunächst die Rückzahlung von Abschlagszahlungen und die Erstattung von Gutachterkosten in Höhe von insgesamt 142.455,16 € begehrt. Auf Abschlagsrechnungen des Beklagten seien insgesamt 528.378,08 DM (270.155,42 €) gezahlt worden; eine prüffähige Schlussrechnung sei trotz der Aufforderung vom 25.01.2001 nicht erteilt worden. Gerechtfertigt sei nur ein durch Privatgutachten ermitteltes Honorar von 252.260,00 DM (128.978,48 €). Die Kläger haben sodann ihre Klage zu diesem Punkt erweitert und Rückzahlung der gesamten von ihnen geleisteten Abschlagszahlungen, die sie abschließend mit 268.747,26 € beziffert haben, verlangt. Mangels Schlussrechnung liege keine Fälligkeit des Architektenhonorars vor, so dass die gesamten Abschlagszahlungen zu erstatten seien.

Daneben haben die Kläger einen Anspruch auf Zahlung von 126.440,00 € als Schadensersatz wegen Mängeln am Schwimmbad der Gemeinschaftspraxis verfolgt. Diese seien auf eine fehlerhafte Planung und Überwachung durch den Beklagten zurückzuführen.

Der Beklagte hat behauptet, die Erstellung einer Schlussrechnung sei ihm nicht möglich; die erforderlichen Unterlagen befänden sich bei den Klägern. Es sei treuwidrig, einerseits die gezahlten Abschläge von ihm zurückzufordern und ihm andererseits durch die Vorenthaltung der Bauunterlagen die Erteilung der Schlussrechnung unmöglich zu machen. Zudem seien die Zahlungen teilweise für andere Bauvorhaben bestimmt gewesen. Bereits im Oktober 1993 sei ein Planungsvertrag über ein größeres Bauvorhaben am selben Ort geschlossen worden. Anschließend sei der Bau eines Fitnesscenters Vertragsgegenstand gewesen. Erst dann sei das jetzige Objekt als "kleinere Lösung" geplant und realisiert worden. Zudem seien noch Umbau und Sanierungsaufträge erteilt worden. Insgesamt seien somit noch mindestens 5 Vorhaben endgültig abzurechnen. Hinsichtlich der Mängel am Schwimmbad hat der Beklagte ausgeführt, die umgesetzte Planung sei auch bezüglich der Schwimmbadtechnik letztlich die Planung des Generalunternehmers B gewesen. Es habe eine "Überplanung" stattgefunden, an der er nicht beteiligt gewesen sei. Er habe die Kläger gewarnt, dass es durch die Plaungsänderungen zu Baumängeln kommen werde.

Der Beklagte hat Widerklage erhoben. Hiermit begehrt er die Herausgabe der für die Erstellung der Schlussrechnung erforderlichen Unterlagen und Zahlung des restlichen Honorars, das sich aus der dann zu erstellenden Schlussrechnung ergibt.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Einholung von Sachverständigengutachten zu den Mängeln am Schwimmbad sowie zur Prüffähigkeit bzw. Berechtigung der Abschlagsrechnungen und der Rechnungen für Nebenforderungen und "sonstige Leistungen". Mit dem angefochtenen Urteil vom 30.08.2005 hat es den Beklagten im Umfang der Hauptforderungen der Kläger verurteilt und die Widerklage abgewiesen. Es führt aus, die Abschlagszahlungen seien durch Vorlage der Rechnungen nachgewiesen. Aufgrund des Gutachtens stehe fest, dass die Abrechnungen des Beklagten nicht prüffähig seien. Eine prüffähige Schlussrechnung habe er nicht vorgelegt. Der Schadensersatzanspruch bzgl. der Mängel des Schwimmbades bestehe in der vom Gutachter ermittelten Höhe, da der Beklagte auch dem Generalunternehmer gegenüber weisungsbefugt gewesen sei. Zur Abweisung der Stufenwiderklage hat das Landgericht ausgeführt, einer Beweisaufnahme zu der vom Beklagten behaupteten Übergabe der Unterlagen am 1.07.1998 bedürfe es nicht, da der Beklagte noch in einem Schreiben vom 18.01.1999 erklärt habe, er wolle nunmehr die Schlussrechnung erstellen. Zu diesem Zeitpunkt habe er somit die Unterlagen offenkundig noch gehabt.

Gegen dieses Urteil richtet sich die fristgelegt eingelegte Berufung des Beklagten, mit der er Rechtsverletzungen des Landgerichts rügt. Er wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und legt nunmehr "vorläufige" Schlussrechnungen vor, und zwar für die hier streitigen Architektenleistungen und für andere Aufträge.

Er beantragt,

das angefochtene Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 30.08.2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen und aufgrund seiner Widerklage die Kläger nach Maßgabe der Stufenwiderklage aus dem Schriftsatz vom 18.07.2005 auf Herausgabe der bezeichneten Aktenordner nebst Unterlagen und sodann zur Zahlung der überschießenden Honorarabschlussrechnungsforderung unter Abzug der Vorauszahlungen der Kläger zu verurteilen.

Hilfsweise beantragt er

die Sache an das Landgericht Oldenburg zurückzuverweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das erstinstanzliche Urteil.

Zum weiteren Vortrag der Parteien auf das angefochtene Urteil Bezug genommen

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin Ba....

Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 7. Februar 2006 verwiesen.

II.

Die Berufung des Beklagten bleibt ohne Erfolg, soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Zahlung von 126.440,00 € wegen der Mängel am Schwimmbad richtet. Im übrigen führt sie zu einer teilweisen Verurteilung der Kläger sowie zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

Das Landgericht ist zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass die Kläger einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 126.440,00 € gegen den Beklagten haben, und zwar aus § 635 BGB a.F.. Der Sachverständige Dipl. Ing. W... hat in seinem Gutachten vom 2.09.2004 verschiedene Planungs- und Herstellungsfehler festgestellt. Hiergegen werden, auch hinsichtlich der Mängelbeseitigungskosten, mit der Berufung keine Angriffe geführt. Die Feststellungen zu den Mängeln und zu den hiermit verbundenen Kosten sind daher gem. § 529 Abs. 1 ZPO im zweiten Rechtszug zugrunde zu legen. Auch die Einordnung des Bades als "öffentliches Bad" wird vom Beklagten nicht angegriffen; sie ist aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen zudem eindeutig.

Ohne Erfolg macht der Beklagte gegenüber dem Schadensersatzanspruch geltend, er sei für die Mängel deswegen nicht verantwortlich, weil man bei der Ausführung von seiner Planung abgewichen sei. Hiermit kann er sich bereits deswegen nicht entlasten, weil es an einem substantiierten Vortrag zu den Einzelheiten der Planung und der Ausführung fehlt. Der Beklagte hat nicht dargetan, wie die Anlage im einzelnen nach seinen Vorgaben hätte gestaltet werden sollen, in welchen konkreten Details Abweichungen vorgenommen worden sind und welche Fehler sich jeweils aus diesen Abweichungen ergeben. Im übrigen ist seine Behauptung, die Fa. Bü... sei entsprechend einer Absprache mit den Klägern frei gewesen in der Wahl der speziellen Geräte für die Schwimmbadtechnik, des Verfahrens der Be und Entlüftung, der Wahl des Heizkessels, des Schornsteins und anderer Punkte nicht mit den schriftlichen Vereinbarungen in Einklang zu bringen. Der Generalunternehmervertrag, den die Kläger mit der Fa. Bü... geschlossen haben (Bd. I Bl. 220), bestimmt ausdrücklich, dass nach den Vorgaben des Planungsbüros zu arbeiten ist (§ 2, 2.04). Abgesehen hiervon kann sich Beklagte mit dem Einwand, man sei von seiner Planung abgewichen, auch deswegen nicht entlasten, weil er verpflichtet gewesen wäre, entsprechende Abweichungen im Rahmen der Ausführung zu korrigieren. Der Beklagte schuldete nach dem Architektenvertrag (Bd. I Bl. 182) nicht nur die Planung, sondern auch die Objektüberwachung.

Begründet ist die Berufung des Beklagten dagegen, soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Rückzahlung von Abschlägen in Höhe von 268.747,26 € und gegen die Abweisung der Widerklage richtet. Insoweit war das landgerichtliche Urteil zu ändern.

Das Landgericht geht zwar im Ansatz zutreffend davon aus, dass die Honorarforderung des Beklagten mangels prüffähiger Schlussrechnung derzeit nicht fällig ist. Es hätte aber dem Beklagten ermöglichen müssen, diesen Mangel zu beheben. Der Beklagte hat schlüssig und unter Beweisantritt vorgetragen, dass er die Schlussrechnung nicht erstellen könne, weil sich die dafür erforderlichen Unterlagen bei den Klägern befänden. Demgemäß habe er es nicht zu vertreten, dass er die Höhe seiner Forderung nicht in der gebotenen Form darlegen könne. Zur Abwehr des Anspruchs der Kläger auf Rückzahlung der gezahlten Abschläge und zur Vorbereitung seines eigenen Anspruchs auf das restliche Honorar hat der Beklagte seine Widerklage erhoben. Hiermit hat er die Herausgabe seiner Unterlagen, die er für die Erstellung der Schlussrechnung benötigt, und im zweiten Schritt Zahlung des in der Schlussrechnung zu beziffernden Betrags geltend gemacht. Hierbei handelt es sich, wie das Landgericht auch erkannt hat, um eine zulässige Stufenklage.

Die verfahrensrechtliche Behandlung dieser Stufenklage durch das Landgericht war fehlerhaft. Die Zulässigkeit der Klage scheitert nicht daran, dass sich der Anspruch in der ersten Stufe nicht auf eine Rechnungslegung oder auf die Vorlage eines Vermögensverzeichnisses richtet. Entgegen dem Gesetzeswortlaut werden von § 254 ZPO Informationsansprüche jeglicher Art erfasst, sofern sie nur dazu dienen, den Leistungsantrag gem. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO beziffern zu können (Zöller, ZPO, 25. Auflage, § 254 Rn 6). Einen solchen Informationsanspruch macht der Beklagte mit seinem Verlangen auf Herausgabe der Unterlagen geltend. Das Landgericht hätte die Stufenklage nicht insgesamt abweisen dürfen. Die Aberkennung des Anspruchs auf Herausgabe der Unterlagen wird nicht von den Entscheidungsgründen getragen. Für die gleichzeitig vorgenommene Abweisung der Widerklage zum Zahlungsanspruch wird überhaupt keine Begründung gegeben. Damit fehlt es zugleich an einer hinreichenden Grundlage für die vom Landgericht ausgesprochene Verurteilung zur Rückzahlung der Abschläge in Höhe von 268.747,26 € auf das Architektenhonorar.

Zum Anspruch auf Herausgabe der Unterlagen führt das Landgericht aus, der Kläger habe nicht schlüssig dargelegt, dass er tatsächlich gehindert sei, die Schlussrechnung zu erstellen. Dieses Argument ist keinesfalls geeignet, einen Herausgabeanspruch zu verneinen. Hat der Beklagte - wie er behauptet - den Klägern die Unterlagen überlassen, hat er einen Anspruch auf Herausgabe (§ 985 BGB). Der Anspruch ist nicht davon abhängig, zu welchem Zweck er die Unterlagen braucht. Dies wäre allenfalls dann der Fall, wenn von vorn herein offensichtlich wäre, dass die Unterlagen völlig nutzlos für ihn sind. In diesem Fall wäre ein Herausgabeverlangen treuwidrig. Davon kann hier aber keine Rede sein. Das Landgericht hat auch nicht festgestellt, dass die Kläger die Unterlagen gar nicht bekommen haben. Dies bleibt in den Entscheidungsgründen offen. Tragfähig ist allenfalls die Überlegung, der Beklagte müsse die Unterlagen selbst haben, weil er nicht darauf hingewiesen habe, dass er sie für die Schlussrechnung benötige. Hierbei handelt es sich aber nur um ein vages Indiz, das jedenfalls keine Handhabe gibt, sich über den Beweisantritt des Beklagten hinweg zu setzten. Die Zurückweisung des Herausgabeanspruchs beruht daher nicht auf einer ausreichenden prozessualen Grundlage. Das Landgericht hätte nicht entscheiden dürfen, ohne dem Beweisantritt des Beklagten nachzugehen.

Diese zur Klärung des Anspruchs erforderlichen Feststellungen hat der Senat nachgeholt. Er hat die Zeugin Ba... vernommen. Die Zeugin hat ausgesagt, sie habe die entsprechenden Unterlagen, bestehend aus 4 Ordnern mit breitem Rücken und einem Ordner mit schmalem Rücken, auf Bitten der Klägerin zu 1) Ende Juni 1998 zusammengestellt und in einer Klappbox in den PKW des Beklagten gestellt. Hierüber habe sie einen Lieferschein ausgefertigt. Diesen habe sie unterzeichnet zurückerhalten. Diesen Lieferschein hat der Beklagte im Termin in Ablichtung vorgelegt. Die Klägerin hat nach Einsicht bestätigt, dass es sich bei der darauf vorhandenen Unterschrift um die ihre handelt. Allerdings hat sie bestritten, einen Lieferschein mit diesem Inhalt unterschrieben zu haben.

Nach dem Ergebnis dieser Beweisaufnahme unterliegt es keinem Zweifel, dass der Vortrag des Beklagten zutreffend hat. Die Aussage der Zeugin ist in jeder Hinsicht glaubhaft. Der von ihr geschilderte Vorgang hat auch eine hohe innere Wahrscheinlichkeit für sich. Die Kläger benötigten die Unterlagen seinerzeit für eine rechtliche Auseinandersetzung. Mit Mahnbescheid vom 13.01.1998 hatte der Generalunternehmer B restliche Werklohnansprüche gegen die Kläger geltend gemacht. Im Hinblick auf diese Forderungen hatten am 10.06.1998 Vergleichsgespräche stattgefunden, die gescheitert waren. Es ist naheliegend, dass in dieser Situation die Planungsunterlagen zur Verteidigung gegen diese Forderung angefordert worden sind. Letztlich wird die Aussage der Zeugin auch durch den unterzeichneten Lieferschein gestützt. Die Einlassung der Klägerin zu 1), sie habe den Lieferschein nicht unterschrieben, ist durch diese Urkunde widerlegt. Die Urkunde beweist, das die Klägerin den Erhalt der Unterlagen bestätigt hat (§ 416 ZPO).

Die Kläger waren demgemäß antragsgemäß im Rahmen der 1. Stufe der Stufenklage zur Herausgabe zu verurteilen. Zwar umfasst der Antrag nur 3 der insgesamt 5 Ordner, die übergeben worden sind. Dies nimmt dem Klagebegehren aber nicht die Schlüssigkeit. Die herausverlangten Ordner sind hinreichend genau bezeichnet. Im übrigen dürften sich in der Umsetzung des Urteils ohnehin keine Schwierigkeiten ergeben. Die Kläger werden schlicht die Klappbox mit Inhalt herauszugeben haben, deren Erhalt seinerzeit quittiert worden ist.

Letztlich scheitert die Verurteilung zur Herausgabe auch nicht an dem Einwand der Kläger, sie hätten die Unterlagen jedenfalls nicht mehr im Besitz. Da feststeht, dass sie die Unterlagen erhalten haben, wäre es ihre Aufgabe, darzulegen und ggf. zu beweisen, dass sie die Unterlagen nicht mehr haben und dass es ihnen auch nicht mehr möglich ist, diese zu beschaffen. Hieran fehlt es. Die Kläger haben sich noch nicht einmal die Mühe gemacht, nach dem Verbleib der Unterlagen zu forschen. Es spricht alles dafür, dass sie an den damaligen Prozessbevollmächtigen gelangt sind. Es hätte also nahegelegen, zunächst dort nachzuforschen, anstatt - mit einem unzutreffenden Prozessvortrag - das Vorbringen des Beklagten in Zweifel zu ziehen.

Das angefochtene Urteil war daher entsprechend zu ändern. Zunächst war es aufzuheben, soweit hierin der Beklagte zur Zahlung von 268.747,26 € verurteilt worden ist. Die Entscheidung über den Anspruch der Kläger auf Rückzahlung von Abschlägen kann nur zusammen mit der über das restliche Honorar des Beklagten ergehen. Dies muss aber erst noch beziffert werden. Ferner war dem Herausgabegehren des Beklagten stattzugeben. Zur Entscheidung über die zweite Stufe, also über den Zahlungsanspruch des Beklagten, ist die Sache - ebenso wie hinsichtlich des Zahlungsanspruchs der Kläger - damit wieder offen.

Gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO war der Rechtstreit zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen. Die Vorschrift findet über den Wortlaut hinaus auch dann Anwendung, wenn das erstinstanzliche Gericht eine Stufenklage insgesamt abgewiesen hat und sich im Berufungsverfahren ergibt, dass die Klage zur ersten Stufe gerechtfertigt ist (RGZ 169, 127; BGH LM § 3 ZPO Nr. 42; BGH WM 1974, 1162, 1164; BGH NJW 1979, 925, 926; BGH NJW 1982, 235; BGH NJWRR 1987, 1031; BAG NJW 1969, 1735; Zöller/Gummer § 538 Rdn. 48). Denn es handelt sich um die gleiche Situation wie bei einem Grundurteil. Daneben ergibt sich die Notwendigkeit einer Zurückverweisung auch aus § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 ZPO. Die gegenläufigen Zahlungsansprüche beider Parteien können nur einheitlich behandelt werden. Das Landgericht hat die Widerklage insgesamt abgewiesen und damit gleichzeitig dem Beklagten den in der zweiten Stufe geltend gemachten Zahlungsanspruch aberkannt. Eine Begründung hat es hierfür nicht geliefert. Die Entscheidungsgründe befassen sich nur mit dem Anspruch auf Herausgabe, nicht aber mit dem Honoraranspruch. Inwieweit die Verneinung des Herausgabeanspruchs gleichzeitig die Abweisung des Zahlungsanspruchs tragen soll, erschließt sich aus den Entscheidungsgründen nicht. Es handelt sich damit im Ergebnis um ein sog. verdecktes Teilurteil, nämlich um eine Entscheidung, die sich inhaltlich nur mit einem Teil der zur Entscheidung gestellten Ansprüche befasst. Diese hätte wegen der Konnexität beider Ansprüche aber nur dann getroffen werden dürfen, wenn der Rechtsstreit insgesamt entscheidungsreif gewesen wäre. Dies war nicht der Fall.

Zum weiteren Verfahren erscheint folgender Hinweis angebracht:

Der Beklagte wird nach Herausgabe seiner Unterlagen seine Honorarforderung durch Erstellung der Schlussrechnung zu beziffern haben. Erst auf dieser Grundlage kann über die Höhe der gegenläufigen Forderungen entschieden werden, und zwar ggf. nach sachverständiger Beratung. In diesem Zusammenhang wird das Landgericht auch die Nebenforderungen des Beklagten zu dem hier in Rede stehenden Objekt einer erneuten Prüfung zu unterziehen haben. Ob und in welchem Umfang das Ergebnis der bisherigen Beweisaufnahme hierfür verwertet werden kann, wird sich erst nach Vorlage der endgültigen Rechnungsunterlagen beurteilen lassen.

Sollte sich ergeben, dass die für die Erstellung der Schlussrechnung benötigten Unterlagen nicht mehr auffindbar sind, wird vom Landgericht die vom Beklagten im zweiten Rechtszug vorgelegte "vorläufige" Schlussrechnung zugrunde zu legen sein. Da der Beklagte in diesem Fall weitere Rechnungsunterlagen nicht erstellen kann, wird mit Schätzwerten zu arbeiten sein. Etwaige Unsicherheiten gehen dabei zu Lasten der Kläger. Denn der Umstand, dass eine ordnungsgemäße Erstellung der Rechnung mangels Vorhandenseins der Bauunterlagen nicht mehr möglich ist, geht zu ihren Lasten. Auf die Prüffähigkeit der Abschlagsrechnungen kommt es dabei nicht mehr an. Diese Abschlagsrechnungen waren im übrigen schon im ersten Rechtszug überholt. Da das Bauvorhaben inzwischen abgeschlossen ist und der Beklagte weitere Architektenleistungen nicht mehr zu erbringen hat, muss eine endgültige Abrechnung vorgenommen werden. Dies kann nur mit einer Schlussrechnung geschehen.

Die einzelnen Abschlagszahlungen wird der Beklagte in seiner Schlussrechnung zu verrechnen haben, so dass es in erster Linie ihm obliegt, diese aufzulisten und die Zahlungen der Kläger entsprechend zuzuordnen. Die weiteren Tätigkeiten des Beklagten zu anderen Bauvorhaben, zu denen der Beklagte im zweiten Rechtszug Abrechnungen erstellt und umfangreich vorgetragen, spielen in diesem Zusammenhang nur indiziell eine Rolle. Es kommt insbesondere nicht darauf an, welche Forderungen dem Beklagten insoweit tatsächlich zustehen. Entscheidend ist insoweit nur, wann welche Rechnungen hierzu erteilt worden sind, damit beurteilt werden kann, auf welche Forderungen die jeweiligen Zahlungen der Kläger geleistet worden sind. Etwas anderes ergäbe sich nur dann, wenn der Beklagte diese Forderungen zum Gegenstand seiner Widerklage machen bzw. hiermit aufrechnen würde. Sollte dies geschehen, wird zu erwägen sein, ob eine Abtrennung gemäß § 145 ZPO in Betracht kommt. Denn mit einer deartigen Vorgehensweise würde der bereits derzeit ohnehin sehr umfangreiche Prozessstoff über Gebühr belastet.

Allerdings gilt diese Darlegungslast nur insoweit, als der Beklagte noch restliche Honoraransprüche gegen die Kläger geltend machen will. Soweit die Kläger Rückzahlung von Abschlägen für das hier in Rede stehende Bauvorhaben fordern, tragen sie die Darlegungs- und Beweislast. Der Beklagte hat den Umfang der Abschlagzahlungen bestritten. Die bisherigen Ausführungen der Kläger zu ihren Zahlungen genügen trotz wiederholter Darstellung nicht den Anforderungen an einen geordneten Vortrag. Zwar mag der Nachweis durch Vorlage entsprechender Rechnungen und (lesbarer) Kontoabzüge zu führen sein. Jedoch ist es nicht Aufgabe des Gerichts, Verbindungen zwischen Auszügen und Rechnungen herzuleiten. Erforderlich ist eine geordnete Darstellung, die jede Kontobewegung (Überweisung oder Scheckzahlung) in direkten und nachvollziehbaren Zusammenhang mit einer Rechnung setzt. Dabei ist auch detailliert nachzuweisen, wenn mit einer Zahlung mehrere Rechnungen beglichen werden oder eine Rechnung nur teilweise gezahlt wird.

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens war dem Landgericht zu übertragen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Für die Zulassung der Revision bestand kein Anlass.

Ende der Entscheidung

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