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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Oldenburg
Beschluss verkündet am 15.05.2008
Aktenzeichen: 13 UF 41/08
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 233
ZPO § 234 Abs. 1
Wird Prozesskostenhilfe für die Einlegung der Berufung beantragt, muss der Antrag einschließlich der Erklärung zu den wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen innerhalb der Rechtsmittelfrist vollständig beim Berufungsgericht eingehen.

Weist das Gericht darauf hin, dass die Unterlagen unvollständig waren, beginnt die Frist für die Wiedereinsetzung bereits mit Zugang dieses Hinweises, da die Partei dann nicht mehr mit der Bewilligung der beantragten Prozesskostenhilfe rechnen kann.


OBERLANDESGERICHT OLDENBURG Beschluss

13 UF 41/08

In der Familiensache

hat der 13. Zivilsenat - 4. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg am 15. Mai 2008 durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ... sowie die Richter am Oberlandesgericht ... und ...

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Kläger, ihnen Wiedereinsetzung wegen Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist zu gewähren, wird zurückgewiesen.

Gründe:

Unter Abänderung seines Urteils vom 4. Oktober 2004 hat das Amtsgericht - Familiengericht - Oldenburg den Beklagten durch Urteil vom 12. Dezember 2007 verurteilt, dem Kläger zu 1) weitere 59 Euro (insgesamt 119 Euro) und der Klägerin zu 2) weitere 38 Euro (insgesamt 98 Euro) Kindesunterhalt zu zahlen. Die weitergehende Klage hat es abgewiesen.

Die Kläger beabsichtigten gegen dieses ihnen am 12. März 2007 zu Händen ihrer Prozessbevollmächtigten zugestellte Urteil Berufung einzulegen und haben beantragt, ihnen Prozesskostenhilfe für die Berufung zu bewilligen. Dieser Antrag ist am Montag, den 14. April 2008, dem letzten Tag der Rechtsmittelfrist, per Fax beim Oberlandesgericht eingegangen. Diesem Fax waren die Formulare zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht beigefügt. Das Original des Schriftsatzes ist mit Anlagen am 15. April 2008 bei Gericht eingegangen.

Mit einer der Prozessbevollmächtigten der Kläger am 22. April 2008 zugegangenen Verfügung wurde dieser mitgeteilt, dass dem an das Gericht gefaxten Antrag vom 14. April 2008 das angefochtene Urteil sowie die Angaben zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht beigefügt waren. Die Mitarbeiterin Frau S... rief am selben Tag auf der zuständigen Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts an und vermerkte als Ergebnis dieses Telefongesprächs "Ist so i.O. wenn Original per Post noch mal raus ist", ohne diese Mitteilung vorzulegen.

Mit Beschluss vom 23. April 2008 hat der Senat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung aus prozessualen Gründen keine Aussicht auf Erfolg biete. Auf diesen am 29. April 2008 zugestellten Beschluss haben die Kläger mit einem am 13. Mai 2008 bei Gericht eingegangenen Fax Berufung eingelegt und beantragt, ihnen wegen Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. In einem weiteren Schriftsatz vom 14. Mai 2008 haben sie vorsorglich die Wiedereinsetzung in die Wiedereinsetzungsfrist beantragt.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung wegen Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist ist nicht begründet.

Einer Partei ist Wiedereinsetzung wegen der Versäumung einer Frist nur dann zu gewähren, wenn sie ohne Verschulden an deren Einhaltung gehindert war. Dies gilt auch für die Frist wegen Versäumung der zweiwöchigen Wiedereinsetzungsfrist (§§ 233, 234 Abs. 1 ZPO). Das Verschulden des Prozessbevollmächtigten steht dabei dem Verschulden der Partei gleich (§ 85 Abs. 2 ZPO).

Die Prozessbevollmächtigte der Kläger hatte am 22. April 2008 Kenntnis davon erhalten, dass ihrem an das Gericht gefaxten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine einzulegende Berufung die notwendige Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht beigefügt war. Damit waren ihr zugleich die Umstände bekannt, aufgrund derer eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren aus sachlichen Gründen nicht in Betracht kam. Denn Wiedereinsetzung wegen des Hindernisses der Bedürftigkeit konnten die Kläger nur erreichen, wenn ihr Antrag innerhalb der Rechtsmittelfrist eingegangen war. Dieser Antrag musste wiederum vollständig - d.h. einschließlich der Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen - an das Gericht übermittelt werden. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH FamRZ 2003, 89. FamRZ 2006, 32. Beschluss vom 2. April 2008, XII ZB 184/05. Zöller/Greger 26. Aufl. Rn 23 "Prozesskostenhilfe"). Für die Zulässigkeit des Rechtsmittels war es folglich eine unabdingbare Voraussetzung, dass die Kläger ihre Bedürftigkeit unter Verwendung des vorgeschriebenen Formulars einschließlich der notwendigen Belege glaubhaft machten und diese Unterlagen fristgerecht bei dem Oberlandesgericht eingingen. Es lagen keine Umstände vor, aufgrund derer ausnahmsweise von einer Übersendung der Unterlagen abgesehen werden konnte. Immerhin lag die letzte zu den Akten gereichte Erklärung etwa ein Jahr zurück und es hatten sich die wirtschaftlichen Verhältnisse der Mutter der Kläger - wenn auch nur geringfügig - verändert. Die Notwendigkeit, unter diesen Umständen eine erneute Erklärung einzureichen, war den Klägern auch bewusst. Dies erschließt sich aus den dem Originalschriftsatz beigefügten Unterlagen. Der Prozesskostenhilfeantrag enthielt zudem nicht die anwaltliche Versicherung, dass es seit der in der ersten Instanz abgegebenen Erklärung keine wesentliche Veränderung der Verhältnisse gegeben habe.

Die Kläger kannten folglich mit Zugang der gerichtlichen Mitteilung die Umstände, die unabhängig von ihrer Bedürftigkeit eine Wiedereinsetzung deshalb hinderten, weil ihr Gesuch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zunächst nur unvollständig und erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist mit den notwendigen Unterlagen bei Gericht eingegangen war. Diese Kenntnis setzt die Frist nach § 234 Abs. 1 ZPO in Lauf (BGH NJW-RR 1990, 379, 380). Zu welchem Zeitpunkt die Prozessbevollmächtigte der Kläger die gerichtliche Verfügung vom 16. April 2008 zu Kenntnis genommen hat, ist dabei unerheblich. Denn interne Arbeitsabläufe haben auf den Zugang keinen Einfluss. Damit endete die Wiedereinsetzungsfrist am 6. Mai 2008, so dass der erst eine Woche später bei Gericht eingegangene Wiedereinsetzungsantrag die Frist nicht mehr wahren konnte.

Es ist unerheblich, aus welchen Gründen der Prozessbevollmächtigten der Kläger die gerichtliche Verfügung erst verzögert vorgelegt worden ist. Denn die Fristversäumung beruht hierauf nicht. Der Prozessbevollmächtigten der Kläger sind die Akten spätestens mit Zugang des Senatsbeschlusses am 29. April 2008 vorgelegt worden. Für sie war erkennbar, dass einer erfolgreichen Rechtsverfolgung bereits der nicht rechtzeitige Zugang eines ordnungsgemäßen PKH-Antrags entgegenstand und diese Information schon seit dem 22. April 2008 vorlag. Dass die Zurückweisung des Prozesskostenhilfegesuchs nicht aufgrund fehlender Bedürftigkeit, sondern aus prozessualen Gründen erfolgte, verdeutlichte nur noch diese Rechtslage. Zu diesem Zeitpunkt war die zweiwöchige Frist für einen Wiedereinsetzungsantrag noch nicht verstrichen. Die Prozessbevollmächtigte der Kläger war daher nicht gehindert, die nunmehr im Schriftsatz vom 13. Mai 2008 angeführten Gründe noch fristgerecht vorzubringen.

Die Prozessbevollmächtigte der Kläger hätte bei der von ihr zu erwartenden Durchsicht und Prüfung des Verfahrensstandes diese Rechtslage erkennen können und müssen. Denn das neben der Bedürftigkeit der Kläger ein weiteres, von der Prüfung der übrigen PKH-Voraussetzungen unabhängiges Zulässigkeitshindernis bestand, war offensichtlich. Zu dieser Zeit hätte sie noch fristwahrend den Antrag auf Wiedereinsetzung wegen Nichteinhaltung der für den PKH-Antrag zu wahrenden Frist stellen können und müssen. Im Zusammenhang mit befristeten Prozesshandlungen obliegt es einem Rechtsanwalt, bei jeder Bearbeitung selbständig zu prüfen, welche fristwahrenden Schritte erforderlich sind (BGH NJW 1992, 1632). Da die Prozessbevollmächtigte der Kläger dies unterlassen und trotz der irregulären Verfahrenslage allein auf die Zustellung des PKH-Beschluss abgestellt hat, ist die Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist nicht unverschuldet.

Damit kann den Klägern keine Wiedereinsetzung wegen Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist gewährt werden.

Ende der Entscheidung

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