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Gericht: Oberlandesgericht Oldenburg
Beschluss verkündet am 27.08.2007
Aktenzeichen: 2 WF 145/07
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 104 Abs. 3 |
Oberlandesgericht Oldenburg Beschluss
In der Familiensache
hat der 2. Zivilsenat - 6. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg durch den Richter am Oberlandesgericht ... als Einzelrichter
am 27.8.2007
beschlossen:
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Oldenburg vom 2.8.2007 aufgehoben. Die Sache wird - auch zur Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens - an das Amtsgericht zur weiteren Sachentscheidung zurückverwiesen.
Der Beschwerdewert beträgt 514,68 €.
Gründe:
Mit Urteil vom 31.1.2007 ist die Ehe der Parteien geschieden, der Versorgungsausgleich durchgeführt und der Antragsteller zur Zahlung von Unterhalt verurteilt worden. Hiergegen hatte der Antragsteller am 13.2.2007 Berufung eingelegt. Die Berufungsschrift war am 12.2.2007 gefertigt worden. Am selben Tag hatte der Antragsteller eine "Mitteilung an die Verfahrensbevollmächtigten der Beklagten, sich nicht zur Akte zu melden" abgeschickt. Mit Schriftsatz vom 4.4.2007 hatte der Antragsteller "unter der Bedingung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe" den Antrag gestellt, die Klage auf Zahlung nachehelichen Unterhalts abzuweisen, hilfsweise den Unterhalt zu befristen. Mit Beschluss des Senats vom 11. April 2007 ist der Antrag des Klägers auf Prozesskostenhilfe zurückgewiesen worden. Mit Schriftsatz vom 23.4.2007 hatte der Antragsteller eine Gehörsrüge erhoben und beantragt, den Prozess fortzuführen. Die Gehörsrüge ist durch Beschluss des Senats vom 7. Mai 2007 zurückgewiesen worden. Durch weiteren Beschluss des Senats vom 30. Mai 2007 ist die Berufung wegen Versäumens der rechtzeitigen Begründung der Berufung als unzulässig verworfen worden.
Die Antragsgegnerin begehrt die Festsetzung einer 1,1 Verfahrensgebühr.
Der Antragsteller ist der Ansicht, dass eine Gebühr nicht entstanden sei, da die Antragsgegnerin zu keinem Zeitpunkt davon habe ausgehen dürfen, dass die Berufung durchgeführt werde.
Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, ein so genanntes Stillhalteabkommen gelte regelmäßig nur solange, bis sich der Berufungskläger entscheide, ob das Berufungsverfahren durchgeführt werde oder nicht. Hier habe sich der Antragsteller jedoch dazu entschlossen, das Berufungsverfahren durchzuführen. Ihre - der Antragsgegnerin - Prozessbevollmächtigten hätten die unter Bedingung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe eingereichte Berufungsbegründung zugeleitet bekommen und diese wiederum nach entsprechender Prüfung zur Kenntnisnahme an sie - die Antragsgegnerin - weitergeleitet. Darauf, dass ein Antrag nicht gestellt worden sei, komme es nicht an.
Durch den angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht den Kostenfestsetzungsantrag der Antragsgegnerin zurückgewiesen. Da die Berufung nur unter der Bedingung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe habe durchgeführt werden sollen und das Verfahren bereits im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren beendet worden sei, sei vor dem Hintergrund des zunächst geschlossenen Stillhalteabkommens keine Verfahrensgebühr entstanden.
Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer sofortigen Beschwerde.
Die sofortige Beschwerde ist gem. § 104 Abs. 3 ZPO zulässig und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung sowie zur Zurückverweisung an das Amtsgericht zur weiteren Entscheidung.
Es könnte schon fraglich sein, ob zwischen den Parteien - wovon allerdings auch die Antragsgegnerin auszugehen scheint - ein Stillhalteabkommen allein durch die einseitig geäußerte Bitte des Antragstellers an die Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin, sich nicht zur Akte zu melden, zustande gekommen ist.
Ob eine Bitte an den Prozessbevollmächtigten der Gegenseite, noch nicht im Berufungsverfahren tätig zu werden, überhaupt dazu führt, dass die Gegenseite die Gebühr nach VV 3201 nicht geltend machen kann (so scheinbar OLG Karlsruhe 3 W 40/99 Beschluss vom 28.4.1999 (juris) zur BRAGO; anders wohl Kammergericht 1 W 20/05 Beschluss vom 9.5.2005 (juris)), kann dahinstehen.
Selbst wenn ein Stillhalteabkommen zustande gekommen sein sollte, könnte dieses hier nur solange gedauert haben, bis der Antragsteller sich dazu entschieden hatte, die Berufung durchzuführen. Eine bestimmte Stillhaltefrist haben die Parteien nicht vereinbart. In der Rechtsprechung wird das Ende eines Stillhalteabkommens bereits dann angenommen, wenn die, die Bitte um das Stillhalteabkommen aussprechende Partei, Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist beantragt (vgl. OLG Karlsruhe a.a.O.). Spätestens als die Antragsgegnerin sich dazu entschloss, die Berufung - und sei es auch "bedingt" durch Prozesskostenhilfegewährung - durchzuführen, war die Bindung an das - unterstellt, es wäre zustande gekommen - Stillhalteabkommen erloschen.
Im Rahmen der Prüfung der Notwendigkeit der Einschaltung eines Prozessbevollmächtigten ist maßgebend nämlich nicht, ob die Beauftragung im konkreten Fall objektiv nützlich oder gar notwendig war, sondern, ob eine verständige Prozesspartei in der gleichen Situation ebenfalls einen Anwalt beauftragen würde. Die mit einem Rechtsmittel überzogene Partei kann regelmäßig nicht selbst beurteilen, was zur Rechtsverteidigung sachgerecht zu veranlassen ist (BGH NJW 2003, 756 f). Mit dieser Begründung hat der BGH die Erstattungsfähigkeit einer 13/20 Gebühr nach BRAGO bei der Beauftragung eines Rechtsanwaltes in der Situation, in der die Gegenpartei die Berufung nur zur Fristwahrung eingelegt hatte, als gerechtfertigt angesehen. Da es genügen muss, dass der Rechtsmittelgegner anwaltlichen Rat in einer als risikobehaftet empfundenen Situation für erforderlich halten darf (BGH a.a.O.), ist diese Situation spätestens dann gegeben, wenn der Rechtsmittelführer das Rechtsmittel erkennbar durchführen will. Dass ein Stillhalteabkommen auch noch so lange gelten soll, bis über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und damit die endgültige Durchführung des Berufungsverfahrens entschieden ist, ist nicht anzunehmen. Da es für die 1,1 Verfahrensgebühr nicht erforderlich ist, dass eine Tätigkeit des Anwaltes nach außen in Erscheinung tritt genügt die Entgegennahme der Information, um die Gebühr entstehen zu lassen.
Die Entscheidung über die Höhe der festzusetzenden Gebühren bleibt dem Amtsgericht überlassen.
Ende der Entscheidung
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