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Gericht: Oberlandesgericht Oldenburg
Beschluss verkündet am 17.10.2008
Aktenzeichen: 5 AR 41/08
Rechtsgebiete: GVG, ZPO
Vorschriften:
GVG § 72 Abs. 2 | |
ZPO § 36 | |
ZPO § 887 |
OBERLANDESGERICHT OLDENBURG Beschluss
In dem Zwangsvollstreckungsverfahren
hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Landgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ... beschlossen:
Tenor:
Zuständig ist das Landgericht Aurich.
Gründe:
A.
Die Parteien sind Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft "I..." in G... und haben über die Zulässigkeit von Um und Ausbauarbeiten, die der Schuldner im Bereich des Dachbodens vorgenommen hat, gestritten. Mit Beschluss vom 3.3.2005 hat das Amtsgericht Bad Iburg den Schuldner verpflichtet, es zu unterlassen, die Wohnung Nr. ... der Teilungserklärung vom 11.12.1998 ganz oder zum Teil einem Dritten zur Benutzung zu überlassen. Die weitergehenden Anträge hat das Amtsgericht zurückgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde der Gläubiger hat die 12. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück mit Beschluss vom 28.11.2006 die Entscheidung des Amtsgerichts Bad Iburg teilweise abgeändert und den Schuldner verpflichtet, die notwendigen Maßnahmen zur Beseitigung der Störung zu bewirken, die durch die Entfernung der Schornsteine im Haus I... in G... entstanden ist. Die Beschwerdeentscheidung ist rechtskräftig. Im März 2008 haben die Gläubiger einen Antrag nach § 887 ZPO eingereicht, den das Amtsgericht Bad Iburg mit Beschluss vom 15.5.2008 zurückgewiesen hat. Diese Entscheidung haben die Gläubiger mit der sofortigen Beschwerde angegriffen. Die 4. Zivilkammer des Landgerichts Aurich hat sich mit Beschluss vom 13.8.2008 für örtlich unzuständig erklärt und die beim Amtsgericht Bad Iburg eingelegte sofortige Beschwerde im schriftlichen Verfahren an das zuständige Landgericht Osnabrück verwiesen. Die 12. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück hat sich daraufhin mit Beschluss vom 29.9.2008 für sachlich unzuständig erklärt und das Verfahren dem Oberlandesgericht zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.
B.
Das Landgericht Aurich war gemäß § 36 ZPO als zuständiges Gericht zu bestimmen.
I.) Das Oberlandesgericht Oldenburg ist gemäß § 36 Abs. 1 ZPO zur Entscheidung des negativen Kompetenzkonflikts berufen. Die Vorschrift ist anwendbar. Denn § 36 ZPO erfasst alle der ZPO unterliegenden Verfahren (Zöller-Vollkommer, ZPO, 26.A., § 36 Rdnr. 2). Dazu gehört auch die Zwangsvollstreckung aus Entscheidungen in Wohnungseigentumssachen (Palandt-Bassenge, BGB, 67.A., Vorb v WEG 43 Rdnr. 8), und zwar auch soweit es Verfahren betrifft, auf die die durch Art. 1 und 2 des Gesetzes zur Änderung des WEG geänderten Vorschriften der §§ 43 - 58 aF in ihrer bis dahin geltenden Fassung anzuwenden sind, § 45 Abs. 3 WEG aF. Der Heranziehung von § 36 ZPO steht weiter nicht entgegen, dass zwei Gerichte unterschiedliche Ansichten über ihre Zuständigkeit im Rechtsmittelverfahren vertreten (BGH FamRZ 2001, S. 618, 618. Senat, NJWRR 2004, S. 499, 500 m.w.N.).
II.) Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Ziff. 6 ZPO liegen ebenfalls vor. Beide beteiligten Gerichte haben sich "rechtskräftig für unzuständig erklärt": Das Landgericht Aurich hat sich durch Beschluss vom 13.08.2008 (Bd. III, Bl. 58 d.A.) für örtlich unzuständig erklärt und die beim Amtsgericht Bad Iburg eingelegte Beschwerde an das Landgericht Osnabrück verwiesen. das Landgericht Osnabrück hat sich mit Beschluss vom 29.09.2008 (Bd. III, Bl. 60 d.A.) für sachlich unzuständig erklärt und das Verfahren dem Oberlandesgericht zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt. Beide Gerichte haben den Beteiligten ihre Entscheidungen auch bekannt gemacht.
III.) Zuständig ist das Landgericht Aurich.
1.) Die Zuständigkeit des Landgerichts Aurich folgt aus § 72 Abs. 2 GVG i.V.m. § 2a Nds. ZustVO Justiz.
a.) § 72 Abs. 2 GVG ist auf Zwangsvollstreckungsverfahren in Wohnungseigentumssachen anzuwenden.
aa.) § 72 Abs. 2 GVG regelt die Rechtsmittelzuständigkeit des Landgerichts in Streitigkeiten nach § 43 Nr. 1 bis 4 und 6 WEG und konzentriert diese auf ein einziges Landgericht im Bezirk des Oberlandesgerichts. Dies soll zu einer häufigeren und intensiveren Befassung der zuständigen Berufungsspruchkörper mit der komplexen Materie des Wohnungseigentumsrechts führen und so der Qualitätssteigerung der Berufungsentscheidungen und der Herausbildung einer gleichmäßigen Revisionszulassungspraxis dienen (BT-Drs. 16/3843, S. 29, abgedruckt in Bärmann-Wenzel, WEG, 10.A., Anh. II. dazu auch Niedenführ / Kümmel / Vandenhouten-Niedenführ, WEG, 8.A., § 43 Rdnr 33).
bb.) Eine solche Streitigkeit ist hier allerdings nicht unmittelbar Gegenstand des Beschwerdeverfahrens. Denn im vorliegenden Fall handelt es sich um ein Rechtsmittel in einem Zwangsvollstreckungsverfahren nach § 887 ZPO, das den §§ 793, 567 ff ZPO unterliegt. Doch geht es um die Vollstreckung aus einem Titel, der in einem Verfahren nach § 43 Nr. 1 bis 4 und 6 WEG erwirkt worden ist, nämlich um eine Streitigkeit nach § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG aF bzw. § 43 Nr. 1 WEG nF. Das Verfahren nach § 887 ZPO ist also die wenn auch nicht notwendige Folge des vorangegangenen Erkenntnisverfahrens. Dies lässt es als sachgerecht erscheinen, § 72 Abs. 2 GVG auch auf Zwangsvollstreckungsverfahren aus einem Titel zu erstrecken, der in einem Verfahren nach § 43 Nr. 1 bis 4 und 6 WEG erlassen worden ist.
cc.) Im Übrigen hat der Rechtsmittelzug in Zwangsvollstreckungsverfahren in Wohnungseigentumssachen auch vor der Änderung des WEG dem des Erkenntnisverfahrens entsprochen, da es sich trotz der Anwendung des Zivilprozessrechts (§ 45 Abs. 3 WEG aF) um ein Rechtsmittel in einer WEG-Sache und damit um eine Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit gehandelt hat (vgl. dazu nur Oberlandesgericht Frankfurt, NZM 2008, S. 210, 211. Thomas/Putzo-Hüßtege, ZPO, 29.A., § 887 Rdnr. 15). Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber durch die Neufassung von § 72 GVG insoweit eine Änderung hat herbeiführen und nunmehr eine unterschiedliche Rechtsmittelzuständigkeit für das Erkenntnis und für das Vollstreckungsverfahren in Wohnungseigentumsangelegenheiten hat schaffen wollen.
b.) Nach zutreffender Auffassung regelt § 72 Abs. 2 GVG allerdings lediglich die Zuständigkeit des Rechtsmittelgerichts für Wohnungseigentumssachen, die nach dem 1.7.2007 anhängig geworden sind.
§ 72 Abs. 2 GVG enthält zwar keine Übergangsvorschrift und ist deshalb sofort anzuwenden. Die Vorschrift sieht jedoch die Konzentrationszuständigkeit nicht allgemein für Verfahren in Wohnungseigentumsangelegenheiten vor, sondern in Berufungs- und Beschwerdesachen bei Streitigkeiten nach § 43 Nr. 1 bis 4 und 6 WEG. Die Zuständigkeitsregelung knüpft mithin erkennbar an die Neuordnung des Verfahrensrechts an. Und hier verweist § 62 Abs. 1 WEG nF hinsichtlich der am 1.7.2007 bereits anhängigen Verfahren auf die Fortgeltung des bisherigen Rechts. Hinzu kommt, dass in WEG-Sachen bis zum 30.6.2007 das Rechtsmittel der Berufung nicht statthaft gewesen ist, während § 72 Abs. 2 GVG sowohl Beschwerden als auch Berufungen als Rechtsmittel kennt. Dies deutet ebenfalls darauf hin, dass mit der Zuständigkeitsregelung in § 72 Abs. 2 GVG nur Streitigkeiten nach § 43 WEG nF gemeint sind (vgl. Oberlandesgericht München, ZWE 2008, S. 203. Oberlandesgericht Frankfurt, NZM 2008, S. 168, 169. Landgericht Konstanz, ZWE 2008, S. 200. Schmid, ZMR 2008, S. 181, 181 f.).
c.) Gleichwohl ist danach die Zuständigkeit des Landgerichts Aurichs begründet. Dabei kommt es nicht maßgeblich darauf an, dass das Erkenntnisverfahren noch nach den Vorschriften des FGG entschieden und vor dem 1.7.2007 rechtskräftig abgeschlossen worden ist. Denn das Zwangsvollstreckungsverfahren stellt ein selbständiges vom Erkenntnisverfahren unabhängiges Verfahren dar (Thomas/Putzo-Hüßtege, a.a.O., Vorbem § 704 Rdnr. 1. Zöller-Stöber, a.a.O., Vor § 704 Rdnr. 13), so dass es maßgeblich auf den Eingang des Antrags nach § 887 ZPO bei Gericht ankommt (vgl. dazu auch Bergerhoff, NZM 2007, S. 553, 554, der sogar Antragsänderungen gemäß § 263 ZPO, die nach dem Stichtag eingehen, der ZPO unterstellen will). Da die Gläubiger im vorliegenden Fall diesen erst im März 2008 bei Gericht anhängig gemacht haben, ist § 72 Abs. 2 GVG einschlägig und das Landgericht Aurich gemäß § 2a Nds ZustVOJustiz zur Entscheidung über die Beschwerde berufen.
2.) Eine andere Beurteilung ist schließlich nicht aufgrund der Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses des Landgerichts Aurich geboten. Denn Verweisungsbeschlüsse von einem Rechtsmittelgericht an das andere sind grundsätzlich nicht bindend (Bundesgerichtshof FamRZ 2001, S. 618, 618. FamRZ 1984, S. 36, 36. Stein/JonasLeipold, ZPO, 22.A., § 281 Rdnr. 59).
Oldenburg, 17. Oktober 2008
Ende der Entscheidung
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