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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Oldenburg
Beschluss verkündet am 17.04.2002
Aktenzeichen: 6 U 21/02
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 233
Wiedereinsetzung, wenn der Rechtsanwalt in der Berufungsschrift die fristgemäße Einreichung einer Berufungsbegründung ankündigt, dabei eine falsche Berufungsbegründungsfrist mitteilt und diese Frist von einer zuverlässigen Bürokraft falsch notiert worden ist.
Oberlandesgericht Oldenburg Beschluss

Oldenburg, den 17. April 2002

6 U 21/02

In dem Rechtsstreit

Tenor:

1. Der Antrag des Klägers auf Wiedereinsetung in den vorigen Stand wird zurückgewiesen.

2. Die Berufung des Klägers wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.

3. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 17.445,44 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Berufungsbegründungsfrist, deren Berechnung sich gemäß § 26 Nr. 5 Satz 1 EGZPO im vorliegenden Fall noch nach altem Recht richtete, endete am 20. März 2002, da die Berufungsschrift am 20. Februar 2002 beim Oberlandesgericht eingegangen war (§ 519 Abs. 2 Satz 2 ZPO a.F.). Diese Frist hat der Kläger versäumt und mit Schriftsatz vom 09. April 2002 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Er sei ohne sein Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert gewesen. Die sonst stets zuverlässige Büroangestellte seines Prozeßbevollmächtigten habe hier versehentlich neues Recht angewandt und die Frist für die Berufungsbegründung auf den 02. April 2002 notiert. Dies habe sein Rechtsanwalt erst bei Vorlage der Akten zur Fertigung der Berufungsbegründung am 26. März 2002 bemerkt, als die Berufungsbegründungsfrist abgelaufen war.

Nach § 233 ZPO ist einer Partei auf ihren Antrag Wiedereinsetzung zu gewähren, wenn sie ohne ihr Verschulden verhindert war, die Frist zur Begründung der Berufung einzuhalten. Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat den Sorgfaltsanforderungen, die an die Einhaltung von Rechtsmittelfristen oder Rechtsmittelbegründungsfristen zu stellen sind, nicht genügt. Das sich daraus ergebende Verschulden seines Prozeßbevollmächtigten ist dem Kläger nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen.

Es ist allgemein anerkannt, daß ein Rechtsanwalt, die Berechnung der einfachen und seinem Büro geläufigen Fristen (Routinefristen) einer geschulten und zuverlässigen Bürokraft übertragen darf. Eine Pflicht zur Gegenkontrolle besteht grundsätzlich nicht (vgl. ZöllerGreger, ZPO, 23. Aufl., § 233 Rdn. 23 " Fristenbehandlung" m.w.N.). Ein Irrtum in der Fristenberechnung ist daher unverschuldet, wenn er auf einem Versehen des zulässigerweise damit befaßten und hierfür vom Rechtsanwalt ausgebildeten Büropersonals zurückzuführen ist (BGH, VersR 1985, 67; BGH, NJW 1965, 1021, 1022; ZöllerGreger, a.a.O. m.n.W.). Darauf kann sich der Prozeßbevollmächtigte des Klägers jedoch im vorliegenden Fall schon deshalb nicht berufen, weil er die Berechnung der Berufungsbegründungsfrist offensichtlich selbst vorgenommen hat. Denn er hat mit der Berufungsschrift vom 19. Februar 2002 (Bl. 95 f d. A.) mitgeteilt, daß die Berufungsbegründung einem gesonderten Schriftsatz vorbehalten bleibe, den er "fristgerecht bis zum 02.04.2002" einreichen werde. Da er den Zeitpunkt des Ablaufs der Berufungsbegründungsfrist schriftsätzlich mitgeteilt hat, ist davon auszugehen, daß er die Frist auch selbst (falsch) berechnet hat. Aber auch wenn er die von seiner Angestellte vorgenommene Fristberechnung ungeprüft übernommen haben sollte, entschuldigt ihn deren Irrtum bei der Fristberechnung nicht, weil ein Rechtsanwalt selbstverständlich für den Inhalt seiner Schriftsätze volle Verantwortung trägt. Er hätte deshalb, wenn er den Fristablauf in seinem Schriftsatz mitteilen will, überprüfen müssen, ob die von seiner Büroangestellten notierte Frist richtig berechnet war. Schon bei einem Blick in das angefochtene Urteil hätte er feststellen können und müssen, daß die letzte mündliche Verhandlung noch im alten Jahr stattgefunden hat, so daß sich die Fristberechnung noch nach altem Recht richtete. Er hätte zur richtigen Berechnung der Frist, die er ja in seiner Berufungsschrift mitteilen wollte, gemäß § 519 Abs. 2 ZPO a.F. also eigentlich die nach § 519 a Satz 2 ZPO a.F. vorzunehmende Mitteilung des OLG über den Eingang der Berufungsschrift abwarten müssen.

Aus diesem Grunde kann dahinstehen, ob der Prozeßbevollmächtigte des Klägers der Überwachungspflicht seines Büropersonals insbesondere im Hinblick darauf genügt hat, daß durch die Änderung der ZPO und die damit verbundenen Übergangsregelungen eine Situation eingetreten war, die eine erneute Kontrolle und Überwachung der Berechnung und Notierung der Fristen durch das Büropersonal (Anwendung alten oder neuen Rechts) geboten erscheinen läßt.

II.

Da der Kläger die am 20. März 2002 abgelaufene Frist zur Berufungsbegründung versäumt hat, war seine Berufung als unzulässig zu verwerfen (§§ 519 b Abs. 1 Satz 2 ZPO a.F., § 26 Nr. 5 Satz 1 EGZPO). Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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