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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Oldenburg
Urteil verkündet am 03.07.2008
Aktenzeichen: 8 U 15/08
Rechtsgebiete: ZPO, Nds Reallastengesetz, Nds. Realverbandsgesetz, EGBGB


Vorschriften:

ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
ZPO § 259
Nds. Reallastengesetz § 2 Abs. 1
Nds. Realverbandsgesetz § 37 Abs. 2
EGBGB Art. 184 S. 2
EGBGB Art. 189 Abs. 3
1) Die auf Herausgabe von Teilflächen eines Grundstücks gerichtete Klage ist wegen fehlender Bestimmtheit des Klageantrages unzulässig, wenn die Teilflächen nicht katasteramtlich vermessen sind und sich ihre genaue Lage und Größe auch nicht anderweitig exakt bestimmen lassen.

2) Bei den auf Grund eines Rezesses aus dem 19. Jahrhundert im Bereich der Stadt Lingen eingeräumten Weidegerechtigkeiten handelt es sich nicht um Reallasten i.S. von § 2 Abs. 1 des Nieders. Reallastengesetzes vom 17.05.1967.

3) Bezüglich solcher Weidegerechtigkeiten steht dem Grundstückseigentümer - hier der Stadt Lingen - kein Kündigungsrecht entsprechend § 37 Abs. 2 des Nieders. Realverbandsgesetzes vom 04.11.1969 zu, wenn er mit den früheren Inhabern der Weidegerechtigkeiten vereinbart hatte, dass die inzwischen wegen einer Nutzungsänderung nicht mehr ausgeübten Weidegerechtigkeiten nach der Kündigung wieder aufleben sollten, und die Ausübung der Weidegerechtigkeiten durch die nunmehr Nutzungsberechtigten wirtschaftlich sinnvoll erscheint.

4) In diesem Fall kommt auch ein Erlöschen der altrechtlichen Weidegerechtigkeiten nach Art. 184 S. 2 EGBGB i.V mit § 1020 S. 1 BGB analog nicht in Betracht.


OBERLANDESGERICHT OLDENBURG Im Namen des Volkes Urteil

8 U 15/08

Verkündet am 3. Juli 2008

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... und die Richter am Oberlandesgericht ... und ... auf die mündliche Verhandlung vom 26. Juni 2008 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten zu 1), 3), 4), 7), 11), 12) und 13) wird das am 18.12.2007 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück unter Zurückweisung der Anschlussberufung geändert.

Die gegen die Beklagten zu 1), 3), 4), 7), 11), 12) und 13) erhobene Klage wird abgewiesen.

Von den Gerichtskosten des ersten Rechtszuges tragen die Klägerin 18/21 und die früheren Beklagten zu 2), 8) und 9) jeweils 1/21.

Von den im ersten Rechtszug entstanden außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die früheren Beklagten zu 2), 8) und 9) jeweils 1/21.

Von den im ersten Rechtszug entstanden außergerichtlichen Kosten des früheren Beklagten zu 2) trägt die Klägerin 2/3.

Im Übrigen tragen die Klägerin und die früheren Beklagten zu 2), 8) und 9) ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Die im ersten Rechtszug entstandenen außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1), 3), 4), 7), 11), 12) und 13) und der früheren Beklagten zu 5), 6) und 10) trägt die Klägerin im vollem Umfang.

Die Kosten der Berufung werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt die Herausgabe von Teilflächen eines landwirtschaftlich genutzten Grundstückes und im übrigen die Feststellung, dass den Beklagten an dem Grundstück kein Anspruch aus einer so genannten Realgemeinde (Rezess) oder einer Weidegerechtigkeit zusteht.

Die Klägerin, die Stadt L..., ist Eigentümerin des im Grundbuch von A... Blatt ..., Flur .... Flurstück, ..., eingetragenen Grundstücks mit einer Größe von 117.730 m². Diese landwirtschaftlich genutzte Fläche ist Teil des in der Nähe von L... gelegenen so genannten O.... In den Jahren 1858 bis 1861 ist das Grundstück, das bis dahin im gemeinschaftlichen Eigentum der "Markgenossenschaft K... L..." stand, im Rahmen eines Teilungsverfahrens der Klägerin zugewiesen und die Klägerin danach im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen worden. Vor der Teilung waren die Markgenossen, zu denen u.a. verschiedene Bauernschaften und die hausbesitzenden Bürger der Stadt L... gehörten, berechtigt, die im gemeinsamen Eigentum stehenden Grundflächen zur Weide sowie zum Plaggen - und Torfstich zu nutzen. Der Umfang des Weiderechts ergab sich dabei aus einem Regulativ vom 26.10.1799 betreffend die Nutzung der Kuhweide. Danach durfte jeder hausbesitzende Bürger höchstens 2 Kühe unentgeltlich weiden. Nachdem die städtischen Neubauern auch nach der Teilung des O... das Recht in Anspruch nahmen, auf dem der Klägerin zugewiesenen Grundstück ihr Vieh unentgeltlich zu weiden, fassten die städtischen Kollegien der Klägerin zunächst am 15.02.1871 den folgenden Beschluss: " Es möge aus Billigkeitsrücksichtigen den Neubauern auf der Stadt Flur L... der von ihnen jetzt pachtweise als Weide benutzte Marenteil als Kuhweide unter denselben Verhältnissen wie die städtische Kuhweide unentgeltlich überweisen werden.". Bei der Feststellung des Rezesses im Jahr 1886 erklärte sich die Klägerin damit einverstanden, dass das Recht der Neubauern nach Maßgabe des Beschlusses vom 15.02.1871 in dem Rezess niedergelegt werde. Daraufhin wurde in dem Rezess folgendes eingetragen: "Die Stadt L... hat den städtischen Neubauern in der L...er Stadtflur die Benutzung der Markenabfindung P.l. VIII Nr. ... zur Kuhweide unter denselben Verhältnissen wie die städtische Kuhweide unentgeltlich eingeräumt." In der Folgezeit kam es zwischen den Neubauern bzw. ihren Rechtsnachfolgern und der Klägerin zu Streitigkeiten über den Umfang des ihnen eingeräumten Weiderechts. Im Jahr 1923 haben einige Landwirte die Klägerin vor dem Amtsgericht Lingen (3 C. 172/23) auf Duldung der Ausübung des Weiderechts und auf Einwilligung zur Eintragung des Weiderechts ins Grundbuch in Anspruch genommen. Nachdem die Klägerin in diesem Verfahren das Weiderecht bezüglich einiger Kläger als ein ihnen zustehendes öffentliches Bürgerrecht anerkannt und am 06.11.1923 ein entsprechendes Anerkenntnisurteil auf Duldung des Weiderechts ergangen war, hat das Amtsgericht Lingen im Übrigen mit rechtskräftigem Zwischenurteil vom 03.06.1925 den Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten für zulässig erklärt. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Urteile vom 06.11.1923 und 03.06.1925 Bezug genommen. Eine Eintragung des Weiderechts ins Grundbuch erfolgte nicht. In den Jahren 1927/1928 haben einige Neubauern, mit der Begründung, dass sie als realberechtigte, hausbesitzende Bürger Gesamthandseigentümer des der Klägerin zugewiesenen Grundstücks seien, im einstweiligen Verfügungsverfahren die Eintragung eines Widerspruchs im Grundbuch gegen die Eintragung der Klägerin als Eigentümerin begehrt. Nachdem das Landgericht Osnabrück auf Widerspruch der Klägerin mit Urteil vom 06.02.1928 eine entsprechende vom Amtsgericht Lingen erlassene einstweilige Verfügung aufgehoben hatte, hat das Oberlandesgericht Celle mit Urteil vom 12.01.1929 (5.VIII. U 73/28) die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts zurückgewiesen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Urteil vom 12.01.1929 Bezug genommen.

Im Jahr 1936 verfolgte die Klägerin die Absicht, ihr als Weide genutztes Grundstück, das ertragreichen Boden enthielt, nutzbar zu machen. Das Ödland sollte durch den Arbeitsdienst unter Mithilfe dritter Personen umgepflügt und Hafer angesät werden. Zu diesem Zweck schloss die Klägerin am 28.02.1936 mit insgesamt 13 namentlich aufgeführten Nutzungsberechtigten ihres Grundstückes, die teilweise Rechtsvorgänger der Beklagten sind, eine für 25 Jahre geltende Vereinbarung, wonach sich die Nutzungsberechtigten mit einem im einzelnen festgelegten Anteil an den Kosten der Urbarmachung beteiligen und im Gegenzug einen noch auszulosenden Nutzungsanteil an einem Grundstücksteil von ca. 2 2/3 Morgen erhalten sollten. In einer Ergänzungsvereinbarung vom 12.04.1936 ist bezüglich der Geltungsdauer folgendes bestimmt:

"Diese Vereinbarung über die Benutzung der Kuhweide soll für einen Zeitraum von 25 Jahren gelten. Nach Ablauf von 25 Jahren steht sowohl einerseits den Nutzungsberechtigten als auch andererseits der Stadt L... das Recht der Kündigung mit einer Frist von 6 Monaten zum 1. November eines jeden Jahres zu. Seitens der Nutzungsberechtigten ist die Kündigung nur wirksam, wenn mindestens die Hälfte der Berechtigten dieses beantragt. Nach Ablauf der ersten 25 Jahre seit der Unterzeichnung der Vereinbarung gilt die Vereinbarung stillschweigend von Jahr zu Jahr weiter, wenn von dem Kündigungsrecht kein Gebrauch gemacht worden ist. Sollte von dem Recht der Kündigung Gebrauch gemacht worden sein, dann soll das nach dem Regreß festgelegte ursprüngliche Weiderecht der Interessenten wieder in Kraft treten."

Nachdem die Klägerin den Beklagten mit Schreiben vom 07.03.2005 die Nutzung ihres Grundstücks gekündigt hatte, hat sie von den Beklagten zu 1) bis 4), die das Grundstück der Klägerin im Zeitpunkt der Kündigung bezüglich einzelner Teilflächen genutzt hatten, die Herausgabe von einzelnen in einer Liegenschafskarte verzeichneten Teilflächen begehrt, hilfsweise Zug um Zug gegen Zahlung einer angemessenen Entschädigung. Im Übrigen hat sie die Feststellung beantragt, dass den Beklagten zu 1) bis 4),7), 8) und 11) bis 13) sowie den früheren Beklagten zu 5), 6), 9) und 10) an den in der Liegenschaftskarte verzeichneten Grundstücken weder ein Anspruch aus einer so genannten Realgemeinde (Rezess) oder augrund einer Weidegerechtigkeit zustehe. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass die Beklagten zu 1) bis 4) kein Recht zum Besitz an den von ihnen genutzten Teilflächen hätten, da ihnen daran weder ein Nutzungsrecht auf Grund eines Rezesses noch aufgrund einer Weidegerechtigkeit zustehe. Abgesehen davon, dass zweifelhaft sei, ob die Rechtsvorgänger der Beklagten zu 1) bis 4) im Rahmen des Rezesses eine Weidegerechtigkeit erworben hätten, seien die Weidegerechtigkeiten erloschen, weil die Beklagten zu 1) bis 4) nicht von der durch das Niedersächsische Reallastengesetz vom 17.05.1967 eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht hätten, die Weidegerechtigkeit in das Grundbuch einzutragen. Außerdem sei sie nach der Vereinbarung vom 28.02.1936 berechtigt gewesen, nach Ablauf der Geltungsdauer von 25 Jahren das jeweilige Nutzungsrecht zu kündigen. Eine Kündigungsmöglichkeit habe im Übrigen auch nach dem Reallastengesetz bestanden. Das gleiche gelte gegenüber den übrigen Beklagten. Da nicht festzustellen sei, ob diese ein Nutzungsrecht an dem Grundstück der Klägerin beanspruchten, sei eine entsprechende Feststellungsklage zulässig. Werde nur eine Kündigungsmöglichkeit nach dem Reallastengesetz für begründet gehalten, hätten die Beklagten zu 1) und 4) entsprechend dem Hilfsantrag einen Anspruch auf Zahlung eines angemessenen Ablösungsbetrages. Zu dessen Berechnung habe sie ein Verkehrswertgutachten des Gutachterausschusses für Grundstückswerte für den Bereich des Landkreises Emsland eingeholt. Dieser komme in dem Gutachten vom 13.12.2001 zu dem Ergebnis, dass der Barwert der Weiderechte 1,00 DM pro Quadratmeter betrage.

Nachdem die Klägerin die Klage gegen die Beklagten zu 5), 6) und 10) zurückgenommen hatte und der Rechtsstreit bezüglich des Beklagten zu 9) übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, haben die Beklagten zu 1), 3), 4) 7), 11 - 13) die Ansicht vertreten, die Anträge der Klägerin seien zu unbestimmt. Die von der Klägerin herausverlangten Teilflächen seien nur unzureichend beschrieben und nicht bestimmbar. Es sei zweifelhaft, ob die Klägerin überhaupt Eigentum an dem streitgegenständlichen Grundstück erworben habe. Sie hätten auf Grund historischer Gegebenheiten ein Recht zum Besitz. Das streitgegenständliche Grundstück habe zum Allgemeingut des im Eigentum der Markgenossenschaft stehenden O... gehört. Den Markgenossen hätten nach der Teilung des O... Weiderrechte an dem Grundstück zugestanden, die - auch nicht durch die unberechtigte Kündigung der Klägerin - erloschen seien. Das Reallastengesetz sei auf die nicht im Grundbuch eingetragenen Weiderrechte nicht anzuwenden. Hilfsweise haben die Beklagten zu 1), 3) und 4) ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht und haben eine Entschädigung verlangt, die über dem in dem Verkehrswertgutachten ermittelten Wert liegen müsse.

Die Beklagten zu 2) und 8) haben sich ebenfalls darauf berufen, dass die Anträge der Klägerin zu unbestimmt seien und eine Kündigung der Weiderrechte nach dem Reallastengesetz nicht in Betracht komme. Auch sie haben ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 18.12.2007 unter Abweisung der Klage im Übrigen die Beklagten zu 1) und 4) verurteilt, im Einzelnen anhand einer beigefügten Liegenschaftskarte bezeichnete Teilflächen des streitgegenständlichen Grundstücks an die Klägerin herauszugeben Zug um Zug gegen Zahlung von jeweils 3.067,75 €. Außerdem ist bezüglich der Beklagten zu 1) bis 4), 7), 8), 11) bis 13) festgestellt worden, dass ihnen an dem streitgegenständlichen Grundstück weder ein Anspruch aus einer so genannten Realgemeinde (Rezess) noch aufgrund einer Weidegerechtigkeit zusteht. Wegen weiterer Einzelheiten wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf das Urteil Bezug genommen.

Dagegen richten sich die form - und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufungen der Beklagten zu 1), 3), 4), 7), 11), 12) u. 13) und die Anschlussberufung der Klägerin.

Die genannten Beklagten machen geltend, dass der Klageantrag auf Herausgabe der Teilflächen und der damit verbundene Urteilstenor nicht den Bestimmtheitserfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genüge. Im Übrigen berufen sich die Berufungsführer weiterhin darauf, dass sowohl die Nutzungsvereinbarung vom 28.02.1936 als auch die Weidegerechtigkeiten unverändert fortbestünden. Dazu tragen sie unter Wiederholung und Ergänzung ihres bisherigen Vorbringens vor, dass die Klägerin die Vereinbarung vom 28.02.1936 nicht wirksam gekündigt habe und eine Kündigung der Weiderrechte nicht nach dem Reallastengesetz zulässig sei. Eine Herausgabe der Teilflächen komme daher allenfalls an die übrigen Beklagten als Nutzungsberechtigten in Betracht. Schließlich wenden die Berufungsführer ein, dass das Landgericht verfahrensfehlerhaft die Entschädigungssumme zu niedrig bemessen habe.

Die Beklagten zu 1), 3), 4), 7), 11), 12) u. 13) beantragen,

unter Änderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen,

hilfsweise für den Fall der Feststellung, dass die Weidegerechtigkeit nicht mehr besteht, eine angemessene Entschädigung zu zahlen, sowie die Anschlussberufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen

und im Wege der Anschlussberufung

das angefochtene Urteil zu ändern, soweit die Beklagten zu 1) und 4) zur Herausgabe nur Zug um Zug gegen Zahlung von 3.067,75 € verurteilt worden ist, und unter Änderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu 3) zur Herausgabe des Teilstücks Nr. 12 der Liegenschaftskarte zu verurteilen,

sowie das angefochtene Urteil bezüglich des Beklagten zu 1) dahingehend zu ändern bzw. zu ergänzen, dass der Beklagte zu 1) verurteilt wird, von dem Grundstück Flur ... Flurstück 170/1, eingetragen um Grundbuch von A..., Blatt ..., die Teilstücke Nr. 1, 2, 4, 6, 8, 13 und 15 gemäß der Liegenschaftskarte, die dem Urteil als Anlage beigefügt worden ist., am 31.10.2008 an die Klägerin herauszugeben, und das angefochtene Urteil bezüglich des Beklagten zu 4) dahingehend zu ändern bzw. zu ergänzen, dass der Beklagte zu 4) verurteilt wird, von dem vor bezeichneten Grundstück das Teilstück Nr. 3 am 31.10.1998 an die Klägerin herauszugeben.

Die Klägerin verteidigt unter Wiederholung und Ergänzung ihres bisherigen Vorbringens das angefochtene Urteil, soweit das Landgericht der Herausgabeklage bezüglich der Beklagten zu 1) und 4) und der Feststellungsklage hinsichtlich der Beklagten zu 1), 3), 4), 7), 11), 12) u. 13) entsprochen hat.

Mit ihrer Anschlussberufung wendet sich die Klägerin einmal dagegen, dass das Landgericht bezüglich der Beklagten zu 1) und 4) die Herausgabe der Teilflächen nur Zug um Zug gegen Zahlung einer Entschädigungssumme zuerkannt hat. Dazu tragen sie unter Wiederholung und Ergänzung ihres bisherigen Vorbringens vor, dass die Weidegerechtigkeiten erloschen seien und die Beklagten zu1) und 4) im Übrigen auch keinerlei Interesse an einer Weideberechtigung hätten. Zum anderen macht die Klägerin mit ihrer Anschlussberufung geltend, dass der Herausgabeanspruch gegenüber dem Beklagten zu 3) begründet sei, weil das entsprechende Teilstück zum Gesamtgut des Beklagten zu 3) und seiner Ehefrau gehöre.

Im Übrigen trägt die Klägerin unter Vorlage entsprechender Pachtverträge vor, dass sie inzwischen die Teilstücke des streitgegenständlichen Grundstücks, zu deren Herausgabe die Beklagten zu 1) und 4) verurteilt worden sind, an die Beklagten zu 1) und 4) bis zum 31.10.2008 verpachtet habe. Sie seien daher erst nach Ablauf der Pachtdauer zur Herausgabe verpflichtet.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtsstreit wird Bezug genommen auf den von ihnen vorgetragenen Inhalt ihrer Schriftsätze.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten zu 1), 3), 4), 7), 11), 12) u. 13) ist begründet, während sich die zulässige Anschlussberufung der Klägerin in der Sache als erfolglos erweist. Denn die gegen die Beklagten zu 1), 3), 4), 7), 11), 12) u. 13) erhobene Klage, über die im Berufungsrechtszug noch zu entscheiden ist, ist unbegründet.

Im Einzelnen gilt folgendes:

I) Herausgabeklage gegen die Beklagten zu 1), 3) und 4):

Die Herausgabeklage gegen die Beklagten zu 1), 3) und 4) ist sowohl nach dem bisherigen als auch nach dem mit der Anschlussberufung geänderten Klageantrag nicht zulässig, weil die auf die Herausgabe einzelner Teilflächen des streitgegenständlichen Grundstücks gerichtete Klage nicht den Bestimmtheitsanforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügt.

Nach der gefestigten Rechtsprechung des BGH (vgl. NJW 2003, 668 ff., 689) ist ein Klageantrag i.S. von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nur hinreichend bestimmt, wenn er den erhobenen Anspruch konkret bezeichnet, dadurch den Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) absteckt, Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung erkennen lässt, das Risiko eines Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeiten auf den Beklagten abwälzt und schließlich eine Zwangsvollstreckung aus dem Urteil ohne Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren erwarten lässt. Die Anforderungen an die Bestimmtheit des Klageantrages sind danach in Abwägung des zu schützenden Interesse des Beklagten, sich gegen die Klage erschöpfend verteidigen zu können, sowie seines Interesses an Rechtskraft und Rechtssicherheit hinsichtlich der Entscheidungswirkungen mit dem ebenfalls schutzwürdigen Interesse des Klägers an einem wirksamen Rechtsschutz festzulegen.

Entsprechend dieser Anforderungen an die Bestimmtheit des Klageantrages gilt für den Urteilssausspruch, dass mit ihm gewährleistet sein muss, dass der Urteilsinhalt äußerlich in einer Art und Weise festgelegt wird, dass er auch danach bestimmbar bleibt, da andernfalls nach Rechtskraft der Entscheidung und insbesondere bei der Zwangsvollstreckung Unsicherheiten entstehen können. Aus diesem Grund muss der Urteilsausspruch grundsätzlich aus sich heraus oder gegebenenfalls mit seiner Begründung bestimmbar sein., was zur Folge hat, dass der Urteilsinhalt grundsätzlich in einer einheitlichen Urkunde festzulegen ist, wobei in Ausnahmefällen auf Anlagen, die zu den Akten gegeben worden sind, Bezug genommen werden kann (vgl. BGH NJW 2000, 2207 ff., 2207/2208).

1) Unter Beachtung dieser Grundsätze ist sowohl der bisherige Klagantrag bezüglich der gegen die Beklagten zu 1), 3) und 4) gerichteten Klage auf Herausgabe der Teilflächen des streitgegenständlichen Grundstücks als auch der entsprechende Urteilstenor zu unbestimmt. Denn es wird daraus nicht für eine Zwangsvollstreckung ausreichend deutlich, welche Teilflächen von den Beklagten zu 1), 3) und 4) herauszugeben sind. Zwar ist sowohl in den Klageanträgen als auch in dem Urteilstenor auf eine Liegenschaftskarte Bezug genommen, die von den Beklagten selbst zu den Akten überreicht worden ist. Diese Liegenschaftskarte ist dem Urteilstenor auch beigefügt worden. Bei der Liegenschaftskarte handelt es sich aber bezüglich der Aufteilung des streitgegenständlichen Grundstücks in Teilflächen nicht um eine katasteramtliche Vermessung, sondern nur um eine ungefähre Aufteilung anhand der Angaben der Beklagten. Anhand dieser Karte können die genaue Lage und Größe der Teilflächen nicht exakt bestimmt werden, zumal auch natürliche Begrenzungen wie Hecken oder Zäune fehlen. Insbesondere ist aus der Liegenschaftskarte nicht genau ersichtlich, wie das Teilstück 2 von dem von dem Beklagten zu 4) herausverlangten Teilstück 3 abgegrenzt ist. Der Beklagte zu 3) hat zudem in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 27.11.2007 ausdrücklich erklärt, dass er das Teilstück 12, dessen Herausgabe die Klägerin von ihm begehrt, nicht genau örtlich eingrenzen könne. Vor diesem Hintergrund steht nicht mit einer für eine Zwangsvollstreckung ausreichende Bestimmbarkeit fest, welche Teilflächen die Beklagten zu 1) und 4) herauszugeben haben.

Aber selbst wenn die Klaganträge und der Urteilstenor dahin ausgelegt würden, dass die Klägerin die Beklagten zu 1), 3) und 4) in prozessual zulässiger Weise als Gesamtschuldner auf Herausgabe des gesamten Grundstücks in Anspruch nehmen wollte, so könnte sie damit schon deshalb keinen Erfolg haben, weil die von ihr mit den Beklagten zu 1) und 4) abgeschlossenen Pachtverträge entgegenstehen würden und den Beklagten zu 1), 3) und 4) - wie nachstehend ausgeführt wird - auf Grund der noch bestehenden Weidegerechtigkeiten ein Recht zum Besitz zusteht.

2) Aus dem Vorstehenden folgt, dass auch die mit der Anschlussberufung bezüglich der Beklagten zu 1) und 4) im Hinblick auf die mit ihnen inzwischen geschlossenen Pachtverträge geänderten Klageanträge keinen Erfolg haben könnten.

Im Übrigen wäre die Klage auf künftige Herausgabe der Teilflächen nach Ablauf der jeweiligen Pachtverträge i.S. von § 259 ZPO nur zulässig, wenn die nicht rechtzeitige Räumung zu besorgen ist (vgl. Zöller - Greger, a.a.O., Rz. 2 u. 3 zu § 259 ZPO m.w.N.). Insoweit hat die Klägerin aber nicht verdeutlicht, dass die Beklagten zu 1) und 4) nach Ablauf des jeweiligen Pachtvertrages eine weitere Nutzung des streitgegenständlichen Grundstücks beabsichtigen, sofern nicht der Fortbestand der Weidegerechtigkeiten festgestellt würde.

II) Feststellungsklage gegen die Beklagten zu 1), 3), 4), 7), 11), 12) u. 13):

Die Feststellungsklage ist zwar zulässig, aber unbegründet. Denn den Beklagten zu 1), 3), 4), 7), 11), 12) u. 13) steht an dem streitgegenständlichen Grundstück eine Weidegerechtigkeit aus einer sogenannten Realgemeinde (Rezess) zu. Insoweit rechtfertigen die nach § 529 ZPO zu Grunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung als die des Landgerichts.

1) Das Landgericht hat allerdings auf der Grundlage des Zwischenurteils des AG Lingen vom 03.06.1925 ohne Rechtsfehler festgestellt, dass den Rechtsvorgängern der den Beklagten zu 1), 3), 4), 7), 11), 12) u. 13) aus der Zeit vor 1900 eine Weidegerechtigkeit als so genanntes altrechtliches dingliches Recht an dem streitgegenständlichen Grundstück zustand. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen.

2) Die somit zu Gunsten der Beklagten zu 1), 3), 4), 7), 11), 12) u. 13) auf Grund des Rezesses bestehenden Weidegerechtigkeiten sind weder auf Grund der Kündigung der Klägerin noch auf andere Weise erloschen.

a) Das Landgericht hat insoweit ohne Rechtsfehler festgestellt, dass die der Klägerin nach der Vereinbarung vom 28.02.1936 und der Ergänzungsvereinbarung vom 12.04.1936 eingeräumten Kündigungsmöglichkeit der auf Grund der Vereinbarung vom 28.02.1936 den Rechtsvorgängern der Beklagten zu 1), 3), 4), 7), 11), 12) u. 13) eingeräumte Nutzungsrechte nach Ablauf von 25 Jahren die auf Grund des Rezesses eingeräumten Weidegerechtigkeiten nicht zum Erlöschen gebracht haben. Denn in der Ergänzungsvereinbarung vom 12.04.1936 ist ausdrücklich geregelt worden, dass das nach dem Rezess festgelegte ursprüngliche Weiderecht der Interessenten im Fall einer Kündigung der Klägerin wieder in Kraft treten sollte.

b) Entgegen der Meinung des Landgerichts ergibt sich eine Kündigungsmöglichkeit der auf die Beklagten zu 1), 3), 4), 7), 11), 12) u. 13) übergegangenen Weidegerechtigkeiten nicht aus § 2 des Niedersächsischen Gesetzes zur Bereinigung von Vorschriften des Forst - und Agrarrechts (Reallastengesetz) vom 17.05.1967 (Nieders. GVBl. 1967,129). Denn weder handelt es sich bei den aufgrund des Rezesses eingeräumten Weidegerechtigkeiten i.S. von § 2 Abs. 1 des Reallastengesetzes um "durch Rechtsgeschäft" auferlegte "regelmäßig wiederkehrende Leistungen als Reallast" noch sind die Weidegerechtigkeiten "nach Anlage des Grundbuchs" bestellt worden.

c) Ein Kündigungsrecht der Klägerin bezüglich der den Rechtsvorgängern der Beklagten zu 1), 3), 4), 7), 11), 12) u. 13) auf Grund des Rezesses eingeräumten und auf die genannten Beklagten übergegangenen Weidegerechtigkeiten steht der Klägerin auch nicht in entsprechender Anwendung von § 37 Abs. 2 des Niedersächsischen Realverbandsgesetzes vom 04.11.1969 (Nieders. GVBl. 1969, 187) zu.

Nach dieser Vorschrift kann der Eigentümer eines Grundstückes die Aufhebung einer Belastung des Grundstücks durch eine Dienstbarkeit, die auf Grund eines Rezesses zugunsten sämtlicher Beteiligter oder einer Gruppe von ihnen ohne Grundbucheintragung erfolgt ist, verlangen, wenn ihm die Belastung wegen der Änderung der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere wegen der Änderung der landwirtschaftlichen Wirtschaftsmethoden, bei billiger Abwägung der beiderseitigen Interessen nicht mehr zuzumuten ist.

Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Zwar sind die Weidegerechtigkeiten Grunddienstbarkeiten i.S. dieser Vorschrift, die den Rechtsvorgängern der Beklagten zu 1), 3), 4), 7), 11), 12) u. 13) auf Grund eines Rezesses ohne Grundbucheintragung eingeräumt worden sind. Der Klägerin ist es aber zuzumuten, das Wiederaufleben der Belastung ihres Grundstücks mit den Weiderrechten nach der ihr eingeräumten Kündigungsmöglichkeit auf Grund der Ergänzungsvereinbarung vom 12.04.1936 hinzunehmen.

Insbesondere steht nicht fest, dass die Ausübung eines Weiderechtes an dem streitgegenständlichen Grundstück unmöglich und völlig unwirtschaftlich und deswegen von der Klägerin nicht mehr hinzunehmen wäre. Zwar war der Umfang der Weidegerechtigkeiten ursprünglich auf die Nutzung von höchstens zwei Kühen begrenzt. Bei der Bestimmung des Inhalts der altrechtlichen Weidegerechtigkeiten darf aber die Entwicklung der wirtschaftlichen und technischen Verhältnisse sowie die Verkehrssitte nicht außer acht gelassen werden, so dass das Maß der Benutzung bei gesteigertem Bedürfnis des Berechtigten bei gleichbleibender Benutzungsart grundsätzlich zu dulden ist, wenn sie im Rahmen einer normalen Entwicklung auftritt und damit vorhersehbar war (vgl. Staudinger/Mayer, BGB, 2002, Vorbem. zu §§ 1018 - 1029 BGB, Rz. 23 m.w.N.). Insofern haben die Beklagten zu 1) und 3) bei ihrer Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat verdeutlicht, dass sie die von ihnen genutzten Teilflächen des streitgegenständlichen Grundstücks im Rahmen der von ihnen geführten landwirtschaftlichen Betriebe auch bei einer nicht kostenintensiven Umwandlung in Weideflächen wirtschaftlich sinnvoll nutzen können. Der Beklagte zu 1) hat insoweit angegeben, dass er einen Hof mit 67 ha bewirtschaft, der im Wesentlichen zur Bullenmast und der Erzeugung der dafür erforderlichen Futtermittel betrieben wird. Aus den Angaben des Beklagten zu 3) folgt, dass er auf einem Hof mit 60 ha überwiegend Milchwirtschaft mit 50 Kühen betreibt. Der Beklagte zu 4) hat zudem glaubhaft angegeben, dass er die von ihm genutzte Teilfläche als Weideland im Rahmen seines landwirtschaftlichen Betriebes benötigt. Die übrigen Beklagten betreiben zwar keine Landwirtschaft. Sie haben aber die von ihren Rechtsvorgängern genutzten Teilflächen dem Beklagten zu 1) zur Mitbenutzung überlassen. Vor diesem Hintergrund hat die Klägerin die Ausübung der Weiderechte auch über den ursprünglich festgelegten Umfang hinaus zu dulden. Denn eine solche intensivere Nutzung und die Überlassung von Teilflächen an einen Landwirt traten im Rahmen der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung auf und waren bei der Vereinbarung des Wiederauflebens der Weiderechte im Fall der Kündigung der Vereinbarung vom 28.02.1936 voraussehbar.

Wenn die Klägerin bei der festgestellten Nutzungssituation darauf bestehen sollte, dass das Ackerland (mit einem Kostenaufwand von ca. 300,00 € pro ha - wie die Beklagten unwidersprochen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausgeführt haben - ) in Weideland ungewandelt wird, so hätte sie sich entsprechend der Vereinbarung vom 28.02.1936 im angemessenem Umfang an den dadurch entstehenden Kosten zu beteiligen und die Durchführung der Maßnahmen gemeinsam mit den Nutzungsberechtigten vorzunehmen.

Soweit die Klägerin vorträgt, sie benötige die mit den Weidegerechtigkeiten belasteten Teilflächen ihres Grundstücks zur Durchführung eines Flurbereinigungsverfahrens, ist es von ihr hinzunehmen, dann im Rahmen dieses Verfahrens einen Ausgleich bezüglich der Ablösung der Weidegerechtigkeiten herbeizuführen, wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erörtert worden ist.

d) Im Übrigen kommen im vorliegenden Fall nach Art. 184 S. 2 EGBGB zwar auch die in den §§ 1020 bis 1028 BGB enthaltenen Erlöschensgründe in Frage (vgl. Staudinger /Mayer, a.a.O., Vorbem. zu §§ 1018 - 1029 BGB, Rz. 22 m.w.N.). Es ist aber nicht ersichtlich und nicht von der Klägerin verdeutlicht worden, dass solche Erlöschensgründe wie ein Verzicht oder eine Konfusion vorliegen.

Soweit die Klägerin sich in diesem Zusammenhang auf eine Verjährung wegen Nichtgebrauch beruft, kann dem nicht gefolgt werden. Denn selbst wenn die Weidegerechtigkeiten von den Rechtsvorgängern der Beklagten zu 1), 3), 4), 7), 11), 12) u. 13) - wie die Klägerin vorträgt - seit 1930 nicht mehr ausgeübt worden wären, hat sich die Klägerin in Kenntnis dieses Umstandes auf die Vereinbarungen vom 28.02./12.04.1936 eingelassen und vereinbart, dass die Weiderechte nach der Kündigung durch die Klägerin wieder aufleben sollten. Vor diesem Hintergrund widerspricht es Treu und Glauben, wenn sich die Klägerin auf eine Verjährung wegen Nichtgebrauchs beruft.

Im Übrigen richtet sich hier gemäß Art. 189 Abs. 3 EGBGB das Erlöschen der Weidegerechtigkeiten auf Grund einer Verjährung wegen Nichtgebrauchs nach dem bei der Bestellung der Weidegerechtigkeiten geltenden Preußischen Recht. Danach ist für das Erlöschen von Grunddienstbarkeiten durch Nichtgebrauch stets ein 30jähriger Zeitraum erforderlich (vgl. Meisner/Stern/Hodes/Dehner, Bundesnachbarrecht, 6. Aufl., § 37 B 3). Ob dieser Zeitraum hier vorliegt, ist nicht ersichtlich und nicht von der Klägerin verdeutlicht worden.

Gleiches gilt, soweit sich die Klägerin darauf beruft, dass die Weiderechte nach Abschluss der Vereinbarungen vom 28.02/12.04.1936 nicht mehr ausgeübt worden sind. Denn dazu waren die Rechtsvorgänger der Beklagten zu 1), 3), 4), 7), 11), 12) u. 13) nach dem Inhalt der Vereinbarung vom 28.02.1936 und der damit verbundene Umwandlung der Weideflächen zu Ackerland nicht verpflichtet.

e) Abgesehen davon, kommt zwar ein Erlöschen einer altrechtlichen Grunddienstbarkeit in entsprechender Anwendung des § 1020 S. 1 BGB und des Rechtsgedankens, der dem § 1196 BGB zu Grunde liegt, dann in Betracht, wenn die Grunddienstbarkeit keinen Vorteil mehr bietet, wenn ihre Ausübung "geradezu unvernünftig" ist und sich die Nachteile für das belastete Grundstück zwischenzeitlich stark vermehrt haben und in gar keinem Verhältnis mehr zu einem eventuellen Nutzen der Grunddienstbarkeit stehen (vgl. RGZ 169, 180 ff.,183. BGH NJW 1965, 1229 f.). Dass ein solcher Ausnahmefall hier gegeben ist, ist aber nicht ersichtlich und nicht von der Klägerin verdeutlicht worden. Aus dem Vorstehenden folgt vielmehr, dass die Ausübung der Weidegerechtigkeiten wirtschaftlich sinnvoll ist.

III) Es kann nach dem Vorstehenden dahin gestellt bleiben, ob den Beklagten zu 1), 3), 4), 7), 11), 12) u. 13) und wenn ja, in welcher Höhe, ein Anspruch auf eine angemessene Entschädigung zusteht. Denn die Beklagten zu 1), 3) und 4) sind weder zur Herausgabe der von ihnen genutzten Teilflächen des streitgegenständlichen Grundstücks verpflichtet noch kann festgestellt werden, dass ihnen und den übrigen Berufungsführern keine Weidegerechtigkeiten an dem streitgegenständlichen Grundstück zustehen. Ein möglicher Grund für eine Entschädigung ist daher nicht gegeben.

Der Schriftsatz der Klägerin vom 01.07.2008 bietet keine Veranlassung dafür, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.

Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 a Abs. 1, 92 Abs. 2, 97 Abs. 1, 269 Abs. 3, 708 Nr. 10, 713, ZPO.

Ende der Entscheidung

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