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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Oldenburg
Beschluss verkündet am 27.02.2009
Aktenzeichen: Ss 30/09
Rechtsgebiete: JGG


Vorschriften:

JGG § 55 Abs. 2
JGG § 59
In Jugendstrafsachen ist die Revision gegen ein - auch auf die Berufung der Staatsanwaltschaft ergangenes - Berufungsurteil auch dann unzulässig, wenn das Berufungsgericht erstmals eine früher verhängte Jugendstrafe in die neu gebildete Einheitsstrafe einbezieht und dabei die für die frühere Strafe bewilligte Strafaussetzung entfällt.
Oberlandesgericht Oldenburg Beschluss

Ss 30/09

In dem Strafverfahren

wegen Vergewaltigung u. a.

hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg am 27. Februar 2009 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Oberlandesgericht ... gemäß § 349 Abs. 1 StPO beschlossen:

Tenor:

Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil der 2. Großen Jugendkammer des Landgerichts Oldenburg vom 10. November 2008 werden als unzulässig verworfen.

Von der Auferlegung von Kosten und Auslagen wird abgesehen.

Gründe:

Die Angeklagten sind vom Jugendschöffengericht des Amtsgerichts Delmenhorst mit Urteil vom 13. Juni 2008 wegen Vergewaltigung und Raubes jeweils zu einer Jugendstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten verurteilt worden. Hiergegen haben die Angeklagten und - mit dem Ziel einer höheren Strafe - die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt. Die 2. Große Jugendkammer des Landgerichts Oldenburg hat mit Urteil vom 10. November 2008 die Berufungen mit der Maßgabe verworfen, dass die Angeklagten jeweils der Vergewaltigung und des Diebstahls schuldig sind, und den Angeklagten J... unter Einbeziehung der Urteile des Amtsgerichts Delmenhorst vom 18.03.2008 (83 Ds 640 Js 31023/07 (654/07)) und vom 02.05.2008 (80 Ls 640 Js 11653/07 (54/08) - richtiges Urteilsdatum: 2. September 2008) zu einer Einheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten und den Angeklagten B... unter Einbeziehung des Urteils des Amtsgerichts Delmenhorst vom 02.09.2008 (80 Ls 640 Js 11653/07 (54/08)) zu einer Einheitsstrafe von 3 Jahren und 3 Monaten verurteilt. In den einbezogenen Urteilen waren die Angeklagten zu Jugendstrafen mit Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt worden.

Gegen das landgerichtliche Urteil haben die Angeklagten Revision eingelegt.

Die Revisionen waren als unzulässig zu verwerfen

Nach dem hier anzuwendenden § 55 Abs. 2 JGG kann ein Angeklagter, der - wie die Angeklagten dieses Verfahrens - eine zulässige Berufung gegen ein auf der Anwendung von Jugendstrafrecht beruhendes erstinstanzliches Urteil eingelegt hat, gegen das Berufungsurteil keine Revision mehr einlegen.

Diese gesetzliche Regelung - aus der auch der Ausschluss einer Beschwerdemöglichkeit nach § 59 JGG folgt - ist auch dann anzuwenden, wenn - wie es hier der Fall ist - erstmals im Berufungsrechtszug frühere Strafen in neu gebildete Einheitsjugendstrafen einbezogen werden, vgl. OLG Stuttgart MDR 1976, 1043. Ostendorf, JGG, 7. Aufl., § 55 Rdn. 32. Brunner/Dölling, JGG, 11. Aufl., § 55 Rdn. 16. Eisenberg, JGG, 13. Aufl., § 32 Rdn. 69. Schäfer, Das Berufungsverfahren in Jugendsachen, NStZ 1998, 330 (335). der rechtspolitisch begründeten und vereinzelt gebliebenen abweichenden Ansicht von Schweckendiek (NStZ 2005, 141 (142)) schließt sich der Senat nicht an. Die vom Verteidiger des Angeklagten J... für eine (eingeschränkte) Zulässigkeit der Revision angeführte Kommentierung in Eisenberg, JGG, 13. Aufl., § 35 Rdn. 65c trifft auf den vorliegenden Fall nicht zu, weil dort nur der Fall einer nachträglichen Einbeziehung früherer Strafen im Falle einer allein vom Angeklagten eingelegten Berufung angesprochen wird.

Der Senat sieht entgegen dem Verteidiger auch keinen Widerspruch zu den "Grundgedanken der Rechtsordnung". Die einbezogenen Strafen waren rechtskräftig. Dass eine für eine früher verhängte Strafe bewilligte Strafaussetzung zur Bewährung nachträglich bei einer diese Strafe einbeziehenden neuen Verurteilung entfallen kann, ist der Rechtsordnung nicht fremd, wie schon die entsprechende Regelung für die nachträgliche Bildung von Gesamtstrafen zeigt. Die Beschränkung des Rechtsmittelzuges im Jugendstrafrecht ist vom Gesetzgeber ausdrücklich gewollt und auch verfassungsrechtlich unbedenklich, vgl. BVerfG FamRZ 1988, 143. ein Instanzenzug wird von der Verfassung nicht gefordert, vgl. BVerfG NJW 1981, 39.

Durch die Einbeziehung der früher verhängten Jugendstrafen in die neue Einheitsstrafe erst in der Berufungsinstanz ist gegen das für das Berufungsverfahren geltende Verschlechterungsverbot hier schon deshalb nicht verstoßen worden, weil auch die Staatsanwaltschaft - und zwar zu Ungunsten der Angeklagten - Berufung eingelegt hat.

Die nach alledem unstatthaften Revisionen werden auch nicht dadurch zulässig, dass die Jugendkammer eine Belehrung über das Rechtsmittel der Revision erteilt hat.

Die Kosten und Auslagenentscheidung beruht auf § 74 JGG.

Ende der Entscheidung

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