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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Oldenburg
Beschluss verkündet am 14.10.2008
Aktenzeichen: Ss 337/08
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 344 Abs. 2 S. 2
StPO § 349 Abs. 1
StGB § 266 Abs. 2
StGB § 247
Eine unzulässige Revision ist auch dann zu verwerfen, wenn das Verfahrenshindernis eines fehlenden Strafantrages einer tatrichterlichen Verurteilung entgegenstand.
Oberlandesgericht Oldenburg 1. Strafsenat Beschluss

Ss 337/08

In dem Strafverfahren

wegen Untreue,

hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg am 14. Oktober 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... und die Richter am Oberlandesgericht ... und ... gemäß § 349 Abs. 1 StPO beschlossen:

Tenor:

Die Revision der Angeklagten gegen das Urteil der 12. Strafkammer des Landgerichts Oldenburg vom 28. März 2008 wird als unzulässig verworfen.

Die Angeklagte hat die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

Das Amtsgericht Jever hatte die damals 60jährige und bis dahin unbestrafte Angeklagte am 10. Dezember 2007 wegen zum Nachteil ihrer Mutter begangener Untreue in 49 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren und 3 Monaten verurteilt. Einen Strafantrag hatte die Mutter der Angeklagten nicht gestellt.

Die Angeklagte hat gegen das amtsgerichtliche Urteil Berufung eingelegt, über die das Landgericht Oldenburg am 28. März 2008 verhandelt hat. An dieser Verhandlung hat die bestellte Verteidigerin teilgenommen. Die ebenfalls ordnungsgemäß geladene Angeklagte war ohne Entschuldigung nicht erschienen.

Daraufhin hat das Landgericht deren Berufung nach § 329 Abs. 1 StPO verworfen. In der Urteilsbegründung ist unter Verweis auf die Kommentarliteratur auch ausgeführt, das Verfahrenshindernis des nicht gestellten Strafantrages stehe der Verwerfung der Berufung nach § 329 StPO nicht entgegen.

....

Die gegen das Berufungsurteil gerichtete Revision des Angeklagten ist als unzulässig nach § 349 Abs. 1 StPO zu verwerfen, weil innerhalb der Revisionsbegründungsfrist, die hier gemäß §§ 342. 345 Abs. 1. 341 Abs. 1 und 2 StPO am 14. Mai 2008 endete, keine § 344 StPO genügende Revisionsbegründung eingegangen ist.

...

Der allein eine fristgerechte Revisionsbegründungsschrift darstellende Schriftsatz vom 10. April 2008 erfüllt nicht die zwingenden Formvorschriften von § 344 StPO.

Allerdings ist es unschädlich, dass dort kein Revisionsantrag formuliert worden ist. Denn das Ziel der Angeklagten, das nach § 329 StPO ergangene Verwerfungsurteil zu Fall zu bringen, wird ausreichend deutlich. Ebenso wenig schadet es, dass die Revisionsführerin entgegen § 344 Abs. 2 Satz 1 StPO ihre Urteilsrüge nicht ausdrücklich als Verfahrens und/oder Sachrüge bezeichnet hat. Da in der Revisionsbegründung ausschließlich Verfahrensmängel beanstandet werden, enthält diese jedenfalls keine Sachrüge, sondern eine Verfahrensrüge.

Diese genügt indes nicht der zwingenden Formvorschrift des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO, weil in der Revisionsrechtfertigung die den Mangel enthaltenden Tatsachen nicht angegeben sind. Dies muss in einer Weise geschehen, dass das Revisionsgericht allein aufgrund der Begründungsschrift prüfen können muss, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn das tatsächliche Vorbringen der Revision zuträfe, vgl. Meyer-Goßner, StPO, 51. Aufl., § 344 Rdn. 2124 m. w. Nachw.. Diesem Erfordernis wird die vorliegend zu beurteilende Revisionsbegründung nicht gerecht. Sie enthält keine ausreichend konkreten Angaben zu Verfahrensfehlern.

Eine zulässige Rüge einer fehlenden Verteidigung der Angeklagten in der Berufungsverhandlung hätte hier insbesondere eine Angabe darüber erfordert, ob die - auch nach dem Revisionsvorbringen früher gerichtlich bestellte und in der Verhandlung anwesende - Rechtsanwältin F... zuvor vom Gericht entpflichtet worden war und ob sie zu der Verhandlung geladen worden war. Dazu verhält sich das Revisionsvorbringen nicht. Auch soweit dort die Rechtsansicht vertreten wird, die Verteidigerbestellung von Rechtsanwältin F... hätte wegen eines fehlenden Vertrauensverhältnisses zurückgenommen und ein neuer Verteidiger bestellt werden müssen, werden außer dem - nicht genügenden - pauschalen Hinweis auf "eine unterschiedliche Auffassung über die Art und Weise der Verteidigung bzw. der Verteidigungsstrategie" keine diese Ansicht stützenden Tatsachen mitgeteilt. Schließlich enthält die Revisionsbegründung auch keine Ausführungen dazu, dass das Landgericht zu Unrecht von einem unentschuldigten Ausbleiben der Angeklagten ausgegangen sei.

Nach alledem musste die Revision mangels formgerechter Revisionsbegründung als unzulässig nach § 349 Abs. 1 StPO verworfen werden.

Der Umstand, dass die Angeklagte wegen Untreue zum Nachteil ihrer Mutter verurteilt worden ist, obwohl der nach §§ 266 Abs. 2. 247 StGB erforderliche Strafantrag nicht gestellt worden war, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Darin liegt allerdings ein Verfahrenshindernis, und zwar ein bereits vor Erlass des letzten tatrichterlichen Urteils eingetretenes. In einem solchen Fall kann ein Verfahrenshindernis vom Revisionsgericht jedenfalls dann nicht berücksichtigt werden, wenn diesem mangels einer ordnungsgemäßen Revisionsbegründung gar kein Zugang zu einer Überprüfung des Urteils eröffnet ist. Der Senat teilt die Ansicht des Bundesgerichtshofs (BGHSt 22, 213 (216)), der für den - auch hier gegebenen - Fall, dass die Nichtbeachtung eines Verfahrenshindernisses (dort: Verjährung) bereits in ein Urteil eingegangen ist, ausgeführt hat: "In diesem Fall ist es die Revision selbst, die in unmittelbarem Zugriff auf dem Wege über die Aufdeckung des Rechtsmangels das Urteil beseitigt. Diesen Zugriff, die Nachprüfung der Entscheidung auf Fehler, macht das Gesetz von dem Vorhandensein bestimmter förmlicher Voraussetzungen abhängig. Sind sie nicht erfüllt, so bleibt das Urteil der Prüfung verschlossen. Der Tatrichter kann es schon wegen der Bindung an seinen einmal gefällten Spruch nicht ändern. Aber auch das Revisionsgericht hat solange keine weitergehenden Befugnisse, als ihm nicht die Einhaltung der Zulässigkeitsvorschriften durch den Beschwerdeführer den Zugang zum Urteil eröffnet. Jene absolute Bedeutung, die zur Folge hätte, daß sie stets durchschlügen, wenn nur das Verfahren noch anhängig ist, vermag der Senat den Verfahrenshindernissen nicht zuzuerkennen. Sie teilen damit das Schicksal anderer Rechtsfehler, die in einem sachlichrechtlichen Verstoß oder in der Verletzung zwingender Verfahrensvorschriften bestehen und die mangels Zulässigkeit der Revision oder, weil der Fehler nicht ordnungsgemäß gerügt ist, ebenfalls nicht berücksichtigt werden können."

Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.

Die Besonderheiten des Falles könnten - auch in Hinblick auf die vergleichsweise sehr hohe Strafe - ein Einschreiten der Gnadenbehörde zu Gunsten der Angeklagten rechtfertigen.

Ende der Entscheidung

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