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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 04.09.2008
Aktenzeichen: 1 U 115/08
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 421
ZPO § 522 Abs. 2
ZPO § 522 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 529
BGB § 249 Abs. 2
BGB § 250
BGB § 250 Abs. 2
BGB § 251
BGB § 781
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Rostock Beschluss

1 U 115/08

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock am 04.09.2008 einstimmig beschlossen: Tenor:

I.

Die Berufung des Beklagten gegen das am 20.03.2008 verkündete Urteil des Landgerichts Rostock (Az.: 10 O 460/06) wird zurückgewiesen.

II.

Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Gründe:

I.

1.

Die Berufung des Beklagten war gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Sie hat keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Der Senat entscheidet hierbei über das Rechtsmittel durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO, während zur selbständig eingelegten Berufung der Klägerin Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt worden ist (da jenem Rechtsmittel die Erfolgsaussichten nicht abzusprechen sind). Er sieht sich hieran durch entgegenstehende gesetzliche Regelungen nicht gehindert, denn eine Teilzurückweisung von zwei selbständigen Berufungsrechtsmitteln ist insbesondere dann in Betracht zu ziehen, wenn anderenfalls auch durch Teilurteil entschieden werden könnte (vgl. Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 26. Aufl., § 522 Rn. 41; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 28. Aufl., § 522 Rn. 22; OLG Rostock, NJW 2003, 2754 [bei mehreren selbständigen Ansprüchen]; OLG Karlsruhe, MDR 2003, 711 [bei mehreren Berufungen]; OLG Dresden, NJ 2004, 37). So liegt es auch hier.

2.

Mit Beschluss vom 29.07.2008 hat der Senat nach § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO die nachstehenden Hinweise erteilt:

"Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf einer Rechtsverletzung beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Da beides nicht ersichtlich ist, wird das Urteil voraussichtlich den Berufungsangriffen des Beklagten standhalten.

a)

Der Rechtsverfolgung des Beklagten ist kein Erfolg zuzusprechen.

aa)

Der Einwand, der im Vorprozess verfolgte Zahlungsanspruch der Fa. I. resultiere nicht aus dem Generalunternehmervertrag, sondern einzig aus einem schriftlichen Anerkenntnis in Form der streitgegenständlichen "Buchungsanzeige", weshalb die Schiedsgerichtsklausel im Vorprozess nicht habe zum tragen kommen können, schlägt nicht durch.

Denn von einem konstitutiven Schuldanerkenntnis i.S.v. § 781 BGB (näher dazu Palandt/Sprau, BGB, 67. Aufl., § 781 Rn. 3) ist bei der Buchungsanzeige gerade nicht auszugehen. Das belegt der selbst vom Beklagten für die Klägerin (dortige Beklagte) im Vorprozess erbrachte Parteivortrag, indem für die Frage, ob von seiten der Klägerin (dortige Beklagte) eine Forderung gegenüber der Fa. I. geschuldet war, auf die Vertragsbeziehungen zwischen diesen Parteien Bezug genommen worden ist. Es fragt sich denn auch, aus welchen Beziehungen heraus der Fa. I. sonst ein Anspruch gegen die Klägerin hätte zustehen sollen, wenn nicht aus dem Generalübernehmervertrag; etwas Anderes ist gar nicht ersichtlich.

bb)

Ebensowenig kann der Beklagte mit der Einwendung Gehör finden, selbst wenn die Zuständigkeit des Schiedsgerichts begründet gewesen sei, habe auch dieses Gericht den Anspruch aus der "Buchungsanzeige" zuerkennen müssen und die Klägerin habe die Kosten des Schiedsverfahren zu tragen gehabt. Mit diesem Vorbringen verwechselt der Beklagte, dass den Streitgegenstand vorliegend nicht die Kosten eines Schiedsgerichtsverfahrens ausmachen, sondern die Kosten, die der Klägerin im Vorprozess entstanden sind, weil der Beklagte - in Verkennung der Rechtslage - nicht den Einwand der Schiedsgerichtsklausel aus dem Generalunternehmervertrag erhoben hat. Denn in diesem Fall wäre der Vorprozess zugunsten der Klägerin (dortige Beklagte) wegen Unzulässigkeit der Klageerhebung im ordentlichen Rechtsweg zu entscheiden gewesen. Auf die Frage, wie im Schiedsgerichtsverfahren entschieden worden wäre, kommt es mithin nicht an. Zu argumentieren vermag er auch nicht damit, dass ob der - späteren - Generalbereinigung aller Rechtsverhältnisse zwischen der Fa. I. und der Klägerin der Letztgenannten kein Schaden entstanden ist. Denn in den insoweit geschlossenen Vergleich konnten die Schadensersatzsprüche zwischen der Klägerin und dem Beklagten (= Kosten des Vorprozesses) keinen Eingang finden.

cc)

Schließlich bleibt anzumerken, dass die Ausführungen des Beklagten zu dem Kostenerstattungsanspruch der Klägerin in bezug auf die Kosten der angefallenen vorgerichtlichen Tätigkeit die überzeugenden Gründe des angefochtenen Urteils nicht zu Fall zu bringen vermögen, weil ihnen die Substanz fehlt."

3.

Die Replik des Beklagten zu den geübten Hinweisen vermag den Senat zu der in Aussicht genommenen Entscheidung nicht umzustimmen.

a)

Soweit der Beklagte meint, es fehle hinsichtlich des gegen ihn ausgeurteilten Betrages i.H.v. 5.617,20 € - den zu ersetzenden Kosten gem. Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Rostock vom 25.08.2005 zum Az.: 5 O 142/04 (dem Vorprozess) - überhaupt an einem erstattungsfähigen Schaden, da die Klägerin nicht (unter Beweisantritt) nachgewiesen habe, dass sie - was er in Abrede genommen habe - auf den Kostentitel (zugunsten der Klägerin im Vorprozess) überhaupt Zahlungen leistete, geht er fehl.

Denn zu Recht hat das Landgericht darauf verwiesen, dass die Klägerin statt des von ihr ursprünglich anhängig gemachten Anspruchs auf Freistellung von den genannten Kosten nach § 250 Abs. 2 BGB die Zahlung des Geldbetrages verlangen kann (wie sie es dann später begehrt hat). Wenn der Schädiger Rechtsanwalts- Sachverständigen - oder auch Gerichtskosten zu ersetzen hat, wird aus dem Freihaltungsanspruch (dazu allgemein Palandt/Heinrichs, BGB, 67. Aufl., Vorb v § 259 Rn. 46 m.w.N.) grundsätzlich erst nach Bezahlung der Kosten ein Geldersatzanspruch (Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 250 Rn. 2; LG Karlsruhe, NJW 2006, 1526). § 250 BGB eröffnet dem Geschädigten jedoch die Möglichkeit, unabhängig von den §§ 249 Abs. 2, 251 BGB zu einem Anspruch auf Geldersatz zu gelangen. Erforderlich sind dafür im Regelfall eine Fristsetzung (zur Herstellung des Zustandes, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre, § 249 Abs. 1 BGB) und eine Ablehnungsandrohung (vgl. Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 250 Rn. 1 u. 2). Diese Vorausssetzungen sind entbehrlich, wenn der Schädiger die Leistung von Schadensersatz oder die Naturalrestitution ernsthaft und endgültig verweigert (BGH, NJW 1992, 2222; 1999, 1542; 2004, 1868; Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 250 Rn. 2). Da solches hier der Fall ist, hat das Gericht I. Instanz der Klägerin zutreffend einen Geldersatzanspruch zuerkannt.

b)

Ebensowenig greift der - wiederholte - Einwand (der sich jedoch als reine Mutmaßung darstellt), es sei zu prüfen gewesen - was das Landgericht und der Senat unterlassen hätten - ob der Kostenerstattungsanspruch nicht Eingang in den im Schiedsgerichtsverfahren geschlossenen Vergleich zwischen der Klägerin und der Beklagten (hiesige Klägerin) des Vorprozesses gefunden hätte, da dieser Vergleich eine Generalbereinigung aller Rechtsverhältnisse der genannten Parteien zum Gegenstand gehabt hätte. Einerseits verkennt der Beklagte, dass er - nach den allgemeinen Darlegungs- und Beweislastgrundsätzen - als Einwendender insoweit einen entsprechend konkreten und substantiierten Sachvortrag hätte unterbreiten müssen und dazu ggf. den Antrag nach § 421 ZPO zur Vorlage der Vergleichsurkunde schon in erster Instanz zu stellen gehabt hätte. Andererseits ist nicht ersichtlich, welche Gründe die Klägerin gehabt haben sollte, in einem Vergleich mit der Gegenpartei (des Vorprozesses) auf die ihr zustehenden Kostenerstattungsansprüche gegen den Beklagten (wegen anwaltlicher Pflichtverletzung) (auch nur teilweise) zu verzichten.

c)

Schließlich vermag der Senat dem Beklagten auch nicht darin zu folgen, dass bezüglich des Anspruchs auf Ersatz der Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung der für erstattungsfähig erachtete Betrag nach der Mittelgebühr (1,5 Gebühr) und nicht - wie von ihm für richtig befunden - nach der 1,3 Gebühr bemessen worden ist. Der Beklagte zeigt nicht konkret auf, aus welchen Gründen die 1,5 Geschäftsgebühr im vorliegenden Fall unangemessen gewesen wäre.

4.

Der vorliegende Rechtsstreit ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung. Zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist ein Urteil des Berufungsgerichts nicht erforderlich (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 u. 3 ZPO).

II.

Die Kostenentscheidung, ebenso wie die Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren, bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Ende der Entscheidung

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