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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Urteil verkündet am 23.09.2004
Aktenzeichen: 1 U 27/03
Rechtsgebiete: DÜG, BGB


Vorschriften:

DÜG § 1
BGB § 247
BGB § 267 Abs. 1
BGB § 362
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Im Namen des Volkes URTEIL

Az.: 1 U 27/03

Lt. Protokoll verkündet am: 23.09.2004

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock auf die mündliche Verhandlung vom 16.09.2004 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Hillmann, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Garbe und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Jäschke

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Vorsitzenden der Kammer für Handessachen 1 des Landgerichts Schwerin vom 15.01.2003 - 21 O 24/02 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung hinsichtlich der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

A.

Die Parteien streiten um einen bereicherungsrechtlichen Ausgleich im Vier-Personen-Verhältnis. Daran beteiligt sind die Klägerin als Darlehensbank des Wohnungseigentums-Erwerbers B. und die Beklagte als baufinanzierende Bank des Bauträgers (I.). Letzterer ist insolvent. Der Käufer soll nach Behauptung der Klägerin geschäftsunfähig gewesen sein, als er den Kaufvertrag abschloß und demgemäß später der Klägerin die Anweisung erteilte, den Kaufpreis auf ein Konto der I. bei der Beklagten zu überweisen. Unstreitig ist, daß im Kaufvertrag die I. ihren Kaufpreisanspruch an die Beklagte abgetreten und letztere das eingegangene Guthaben berechtigterweise mit dem Debet eines anderen Kontos der I. verrechnet hat.

Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes nimmt der Senat Bezug auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil.

Das Landgericht hat die Frage der Geschäftsfähigkeit des Käufers dahinstehen lassen, jedenfalls eine Bereicherung der Beklagten auf Kosten der Klägerin verneint und dementsprechend die Klage abgewiesen.

Auch wegen der Einzelheiten der Begründung verweist der Senat auf das erstinstanzliche Urteil.

Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin zieht weiterhin den vom BGH entwickelten Grundsatz heran, wonach ausnahmsweise die Rückforderungsklage des Putativschuldners unmittelbar gegen den Zessionar zulässig sei, wenn die Zahlung des Schuldners auf ein dem Zessionar zuzurechnendes Verhalten hin erfolgt sei. Auch im Streitfall habe die Beklagte auf den Schuldner der abgetretenen Kaufpreisansprüche in einer Weise eingewirkt, daß sie die Adressatin der Direktkondiktion sei. Dies begründet die Klägerin mit der Struktur des zwischen der I. und Herrn B. geschlossenen Kaufvertrages. Dieser sei dadurch gekennzeichnet, daß die Beklagte sowohl als Zessionarin der Kaufpreisforderung als auch dinglich gesichert gewesen sei und mit einer Pfandentlassungserklärung gegenüber dem Erwerber eine dingliche Besicherung seiner Darlehensverbindlichkeit und damit die Auszahlung des Kaufpreises ermöglicht habe. Die Beziehungen zwischen dem Erwerber und der Bank des Bauträgers seien somit durch eigene vertragliche Abreden geprägt. Denn letztere habe das Freigabeversprechen nur mit Rücksicht auf die an sie erfolgte Abtretung der Kaufpreisansprüche erteilt. Diese enge Verzahnung mache die globalfinanzierende Bank zu einem wesentlichen "Mitspieler" in der Vertragsbeziehung zwischen dem Bauträger und dem Erwerber. Sie habe durch diese Rolle von Anfang an einen wesentlichen Einfluß auf die Durchführung des Vertrages gehabt und durch die Vertragsgestaltung Einfluß auf den Erwerber genommen, der nur an die Bank habe schuldbefreiend leisten können.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Schwerin vom 15.01.2003 - 21 O 24/02 - aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, Zug um Zug gegen Abtretung der zugunsten der B. Bank im Grundbuch von P., Wohnungsgrundbuch Blatt 1213, Abteilung III, laufende Nummer 2, über einen Betrag von DM 510.000,- in Mithaft mit den Grundstücken Wohnungsgrundbuch von P., Blatt 1256, 1254 und 1222 eingetragenen Grundschulden, an sie - die Klägerin - € 258.151,27 nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkte über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Baundesbank bis zum 31.12.1998 sowie über dem jeweiligen Basiszins nach § 1 DÜG bzw. § 247 BGB seit dem 14.11.1997 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und tritt dem Berufungsvorbringen mit rechtlichen Gründen entgegen.

B.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet.

I. Dies gilt auch dann, wenn der Käufer B. - wie die Klägerin unter Beweisantritt behauptet hat - bei Abschluß des Kaufvertrages und Anweisung der Kaufpreiszahlung geschäftsunfähig gewesen ist.

Die Klägerin könnte in diesem Fall ihren Zahlungsanspruch gegen die Beklagte ausschließlich auf eine Eingriffskondiktion (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB) stützen. Unter bereicherungsrechtlichen Grundsätzen kann die Zahlung der Bank dem Kontoinhaber, für dessen Rechnung sie erfolgen soll, nur dann zugerechnet werden, wenn eine wirksame Anweisungserklärung vorliegt. Fehlt eine solche oder ist sie aus bestimmten Gründen nichtig, so hat der betroffene Kontoinhaber keine Ursache für den Anschein gesetzt, die Zahlung sei seine Leistung. Infolgedessen kann die Zahlung im Valutaverhältnis zwischen Kontoinhaber und Zuwendungsempfänger keine Tilgungswirkung im Sinne des § 362 BGB erzeugen. Da die Bank auch nicht als Dritte im Sinne des § 267 Abs. 1 BGB zahlt, sondern ausdrücklich unter Berufung auf eine Weisung des Schuldners handelt, hat der bereicherungsrechtliche Ausgleich im Wege einer Nichtleistungskondiktion (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB) zwischen der Bank und dem Zahlungsempfänger zu erfolgen. Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof einen Bereicherungsanspruch der Bank gegen den Zuwendungsempfänger im Falle der Geschäftsunfähigkeit des Überweisenden (BGHZ 111, 382), bei Einlösung eines vom Aussteller nicht unterschriebenen Schecks (BGHZ 66, 362) und bei einem gefälschten oder verfälschten Überweisungsauftrag (Urteile vom 20. Juni 1990 - XII ZR 93/89, WM 1990, 1280 und 31. Mai 1994 - VI ZR 12/94, WM 1994, 1420) bejaht.

II. Die hier allein entscheidende Frage ist nur, wer hinsichtlich der von der Klägerin geleisteten Zahlung der Zuwendungsempfänger ist - die Beklagte (Zessionar) oder die I. (Zedent).

1. Die Klägerin meint, die Beklagte in Anspruch nehmen zu können, und verweist hierzu auf ältere Entscheidungen des BGH.

Danach leistet ein Schuldner, der zur Erfüllung einer Verbindlichkeit auf ein ihm vom Gläubiger angegebenes Bankkonto zahlt, an den Gläubiger und nicht an die Bank. Diese werde nur als Zahlstelle des Gläubigers tätig. Hieran ändere sich auch nichts, wenn der Gläubiger seine Ansprüche gegen den Schuldner an die Bank abgetreten habe, solange dem Schuldner die Abtretung nicht bekannt sei (BGHZ 72, 316 = NJW 1979, 371; BGHZ 53, 139). Hieraus zieht die Klägerin den dahingehenden Umkehrschluß, daß der Schuldner nach Offenlegung der Abtretung an die Bank leiste.

2. Dies entspricht nicht der Rechtsprechung des BGH.

Danach kommt es für die Frage, wer im Fall einer abgetretenen, aber tatsächlich nicht bestehenden Forderung als Leistungsempfänger anzusehen ist, auf die mit der Leistung verbundene Zweckbestimmung an. Maßgebend ist der bei objektiver Betrachtung aus der Sicht des Zuwendungsempfängers zu ermittelnde Parteiwille.

a. Leistungsempfänger und damit Bereicherungsschuldner im Falle der Sicherungsabtretung einer (Putativ-) Forderung an eine Bank ist grundsätzlich nicht die Bank, sondern der Zedent, weil sich die Zahlung aus der maßgeblichen Sicht der Bank als eine Leistung des Zedenten zur Rückführung seiner Kreditverbindlichkeiten darstellt, während der Schuldner seine Verpflichtung aus einem Rechtsverhältnis zwischen ihm und dem Zedenten diesem gegenüber erfüllen will (BGH, WM 1997, 13 [17]).

b. Von einer Leistung an den Zessionar ist ausnahmsweise in Fällen auszugehen, in denen

- die Überzahlung einer bestehenden Forderung auf einem Versehen oder Irrtum des Schuldners beruht und deshalb dem Zedenten nicht zuzurechnen ist (BGH, NJW 1989, 161 [162]) oder

- die Überzahlung (BGH, a.a.O.) oder auch eine insgesamt rechtsgrundlose Leistung (BGH, WM 1997, 13 [17]) im wesentlichen auf ein Verhalten des Zessionars zurückzuführen ist.

c. Hier kann es nur um den letztgenannten Fall gehen. Ein solcher liegt jedoch nicht vor.

aa. In den vom BGH entschiedenen Fällen ging die Initiative zur Zahlung des Schuldners jeweils vom Zessionar aus. Auf die Beklagte trifft das nicht zu. Die Anweisung zur Auszahlung erteilte der Käufer Bräucker. Die Beklagte hat nicht mehr getan, als von der Zahlung an sie die Erteilung der Pfandfreigabeerklärung abhängig zu machen. Das ist nicht annähernd mit den Fällen zu vergleichen, in denen der Zessionar unter Fristsetzung und Klageandrohung zu einer Zahlung auf eine erst vorläufige Bauabrechnung drängt (BGH, NJW 1989, 161), mit der Geltendmachung einer Garantieforderung bewußt das Ziel verfolgt, ihre Verluste bei dem drohenden Konkurs ihres Kunden zu minimieren (BGH, WM, 1997, 13), oder auf Auszahlung vor Fälligkeit besteht (OLG Rostock, 1 U 55/00).

bb. Auch durch die vertragliche Gestaltung des Kaufvertrages geriet die Beklagte in keine vergleichbare Rolle. Zum einen handelt es sich hierbei um einen Vertrag zwischen Käufer und Bauträger. Eine irgendwie geartete Beteiligung der Beklagten am Zustandekommen dieses Vertrages ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Zum anderen ist nicht zu erkennen, daß die Beklagte nach dem von der Klägerin skizzierten Bauträgermodell die Zahlung als Vorleistung verlangen können sollte und auch tat. Sie nahm lediglich das Angebot der vom Käufer zur Zahlung angewiesenen Klägerin an, Zug um Zug gegen Erhalt des Kaufpreises die Pfandhaftentlassung zu erklären. Das bringt die Beklagte nicht in die Rolle eines Zessionars, der aus Eigennutz auf Zahlung besteht, die er nicht so oder noch nicht verlangen kann. Deshalb verbleibt es beim Grundsatz, daß sich der Schuldner wegen der beglichenen Putativschuld an den Zedenten zu halten hat.

d. Die Rechtsprechung des BGH zu Grundsatz (a) und Ausnahmen (b) bei der Rückabwicklung einer rechtsgrundlosen Leistung an den Zessionar kann auch dann angewendet werden, wenn - wie hier - das Problem des mangelhaften Deckungsverhältnisses zwischen Schuldner und dem Zedenten mit dem Doppelmangel eines Anweisungsverhältnisses (Deckungsverhältnis zwischen Anweisendem und Angewiesenen und Valutaverhältnis zwischen Angewiesenem und Zuwendungsempfänger) zusammenfällt. Der geschäftsun-fähige Anweisende kann unabhängig von einer Zession des Gläubigers nicht in Anspruch genommen werden. Es kann also von vornherein nur um die Person des Zuwendungsempfängers und Bereicherungsschuldners gehen. Für diese Frage ist es aber unerheblich, daß es sich bei der Zuwendung des geschäftsunfähigen Schuldners um keine Leistung im engeren Sinne handelt. Denn bei der Ermittlung des Zuwendungsempfängers kommt es, wie erwähnt, auf den bei objektiver Betrachtung aus der Sicht des Zuwendungsempfängers zu ermittelnden Parteiwillen an.

e. Der Fall weist auch keine Besonderheiten auf, die ein abweichendes Ergebnis rechtfertigen. Der Doppelmangel im Deckungs- (Anweisung) und Valutaverhältnis (Kaufvertrag) der Anweisung wie auch das fehlhafte Deckungsverhältnis der Zuwendung (Kaufvertrag) haben ihren Grund in der - hier unterstellten - Geschäftsunfähigkeit des Käufers B.. Dieser war Vertragspartner der Klägerin und nicht der Beklagten. Das Risiko der Geschäftsunfähigkeit des Vertragspartners trägt der andere Teil ebenso wie dessen mangelnde Vertrauenswürdigkeit (vgl. BGH, NJW 1989, 900 [901]). Das ist auch im Ergebnis nicht unbillig, weil die Klägerin durch Grundschulden - möglicherweise unzureichend - gesichert ist, die Beklagte - für den Fall ihrer Inanspruchnahme seitens der Klägerin - die Wiedereinräumung der von ihr freigegebenen Globalgrundschuld aber nur als Insolvenzforderung geltend machen könnte.

C.

I. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

II. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat seine Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. III. Die Revision war nicht gemäß § 543 ZPO zuzulassen, weil die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.

Ende der Entscheidung

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