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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 31.03.2008
Aktenzeichen: 1 U 63/08
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 321a
ZPO § 321a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
ZPO § 543 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2
ZPO § 544 Abs. 7
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Rostock Beschluss

1 U 63/08 (neu) 6 U 46/07 (alt)

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock am 31.03.2008 beschlossen:

Tenor:

Die Rüge des Beklagten vom 04.02.2008 wegen Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 321a ZPO) wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.

Gründe:

I.

Die Gehörsrüge des Beklagten nach § 321a ZPO ist unzulässig, denn diese (Art der) Rüge verhält sich subsidiär zum anderweitigen Rechtsbehelf gem. § 321a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, von dem vorliegend durch den Beklagten allerdings kein Gebrauch gemacht worden ist.

1.

§ 321a Abs. 1 ZPO bestimmt, dass auf Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei das Verfahren fortzuführen ist, wenn

1. ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und

2. das Gericht den Anspruch einer Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.

Im Verhältnis der Rüge zu Rechtsmitteln und anderen Rechtsbehelfen gilt der Grundsatz des Vorrangs des Rechtsmittels, dem der der Subsidiarität der Anhörungsrüge entspricht. Bei einer Verletzung des rechtlichen Gehörs ist also zunächst das zulässige Rechtsmittel einzulegen; davon gibt es auch bei offenkundigen Pannenfällen keine Ausnahme (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., § 321a Rn. 4; Begr. BT-Drs. 15/3706, S. 13). Dadurch wird die unerfreuliche Konkurrenz von Rechtsmittel und Anhörungsrüge (vgl. dazu BGHZ 161, 347 zur a.F.) vermieden.

Ein "anderer Rechtsbehelf" i.S.v. § 321a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO ist auch die Nichtzulassungsbeschwerde (argumentum § 544 Abs. 7 ZPO, angefügt durch Art. 1 Nr. 2 AnhRügG; vgl. BT-Drs. 15/3706, S. 15, 17; Zöller/Vollkommer, a.a.O.). Hat das Berufungsgericht die Revision nicht zugelassen, kann die Gehörsverletzung zwar nicht unmittelbar mit dem "Rechtsmittel" (i.S.v. § 321a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) geltend gemacht werden. Jedoch kann (und muss) der Betroffene mit Hilfe der Nichtzulassungsbeschwerde den Zugang zum Revisionsverfahren und damit zur Gehörsrüge eröffnen.

Denn die Fälle der Verletzung von Verfahrensgrundrechten, namentlich der Grundrechte auf rechtliches Gehör und ein objektiv willkürfreies Verfahren, sind Revisionszulassungsgründe i.S.v. § 543 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ZPO (vgl. Zöller/Vollkommer, a.a.O.). Dieser von den Materialien zum ZPO-Reformgesetz und zum Anhörungsrügengesetz (AnhRügG) gestützten Auslegung (vgl. BT-Drs. 14/4722, S. 67 u. 104; 15/3706, S. 15f.) entspricht die zwischenzeitlich gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung (vgl. BGHZ 154, 289; 159, 135; 161, 346; siehe weiter Zöller/Vollkommer, a.a.O., m.w.N.); sie wird auch vom Bundesverfassungsgericht geteilt (vgl. BVerfG, NJW 2004, 3029). Wegen der kassatorischen Ausgestaltung der Nichtzulassungsbeschwerde in § 544 Abs. 7 ZPO kommt es im Fall eines erheblichen Gehörsverstoßes in der Berufungsinstanz i.d.R. nicht zur Durchführung eines Revisionsverfahrens, sondern zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung (vgl. BGH, NJW 2005, 1950 u. 2710). D.h. die Nichtzulassungsbeschwede fungiert als eigenständiger Grundrechtsbehelf zum judex ad quem ("Anhörungsbeschwerde").

2.

So liegt es auch hier. Mit der unzulässigen Gehörsrüge nach § 321a ZPO kann der Beklagte keinen Erfolg haben. Denn zwar hat der Senat in dem am 27.12.2007 verkündeten Urteil - zu dem der Beklagte die Verletzung von Gehör rügt - die Revision nicht zugelassen. Gleichwohl stand dem Beklagten - wie ausgeführt - ein anderweitiger Rechtsbehelf - nämlich die Nichtzulassungsbeschwerde - zur Verfügung, um die behauptete Verletzung rechtlichen Gehörs überprüfen zu lassen. Von diesem vorrangigen Rechtsbehelf hat der Beklagte indes keinen Gebrauch gemacht, so dass die Gehörsrüge einer sachlichen Überprüfung entzogen bleibt und als unzulässig zu verwerfen war.

II.

Die Kostenentscheidung ergeht gem. § 97 Abs. 1 ZPO (vgl. näher Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., § 321a Rn. 20).

Ende der Entscheidung

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