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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 20.03.2001
Aktenzeichen: 1 W 137/97
Rechtsgebiete: ZPO, BeurkG, FGG


Vorschriften:

ZPO § 733
ZPO § 797 Abs. 3
BeurkG § 51
BeurkG § 54
FGG § 27
Zu den Voraussetzungen, unter denen ein Notar zur Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung einer Urkunde an den Gläubiger verpflichtet ist, wenn nur dem Schuldner eine vollstreckbare Ausfertigung erteilt worden ist.
BESCHLUSS

In der Notarsache

betreffend den Antrag auf Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung der Urkunde in S,

hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht den Richter am Landgericht und den Richter am Amtsgericht

am 20. März 2001 beschlossen:

Tenor:

Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1. wird der Beschluß der Zivilkammer 5 des Landgerichts Schwerin vom 23.04.1997 - 5 T 21/96 - geändert:

Der Notar K in S wird angewiesen, der Beteiligten zu 1. eine weitere vollstreckbare Ausfertigung seiner Urkunde Nr. zu erteilen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Beteiligten zu 2. nach einem Gegenstandswert von DM 160.133,13 auferlegt.

Gründe:

I.

Die gemäß § 54 Abs. 2 BeurkG, § 27 FGG statthafte weitere Beschwerde ist zulässig und begründet, weil der Beschluß auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§ 27 Abs. 1 FGG).

1. Der Notar ist, schon aufgrund des gemäß § 797 Abs. 3 ZPO ergangenen Beschlusses des Amtsgerichts vom 28.12.1995 - zur Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung seiner Urkunde Nr. verpflichtet. Der Beschluß enthält eine entsprechende Anweisung, die der Notar - frei von jeder Regreßgefahr (vgl. Keidel/Winkler, Beurkundungsgesetz, 14. Aufl., § 54 Rn. 12) zu befolgen hat, sofern - wie hier - keine übrige Ausfertigungsvoraussetzung fehlt (Stöber, in: Zöller, ZPO, 22. Aufl., § 797 Rn. 7; Wolfsteiner, in: Münchener Kommentar, ZPO, 2. Aufl., § 797 Rn. 8). Die Entscheidung des Amtsgerichts ist zwar verfahrensfehlerhaft ergangen. Zum einen war der Rechtspfleger des Vormundschaftsgerichts hierfür nicht zuständig. Zum anderen war die Gläubigerin nicht antragsberechtigt (BayObLG, DNotZ 00, 370). Vielmehr hätte der Notar von Amts wegen die Entscheidung des Amtsgerichts einholen müssen (vgl. Stöber, a.a.O., § 797 Rn. 7). Die Verfahrensfehler machten den Beschluß vom 28.12.1995 jedoch nicht unwirksam, sondern lediglich anfechtbar. Gegen die Entscheidung wurde kein zulässiger Rechtsbehelf eingelegt. Die Beteiligte zu 2. hat nicht im Verfahren nach 732 ZPO Einwendungen vorgebracht. Die "Gegenvorstellung" des Notars vom 02.01.1996 ist prozessual unbeachtlich. Der Notar ist als zuständiges Rechtspflegeorgan am Verfahren nach § 797 Abs. 3 ZPO nicht beteiligt; ihm steht deshalb kein Beschwerderecht zu (Stöber, a.a.O., § 797 Rn. 9a).

2. Unabhängig von der wirksam erteilten Anweisung des Amtsgerichts liegen die Voraussetzungen für die Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung an die Beteiligte zu 1. vor. Entgegen der Ansicht des Notars setzt die Erteilung einer zweiten vollstreckbaren Ausfertigung nicht notwendig die Rückgabe der ersten vollstreckbaren Ausfertigung voraus. § 733 ZPO regelt gerade den Fall, daß die zuerst erteilte Ausfertigung nicht zurückgegeben wird; anderenfalls wird die Ausfertigung nach § 724 ZPO erteilt (Stöber, a.a.O., § 733 Rn. 3). Dem Gläubiger ist eine weitere vollstreckbare Ausfertigung zu erteilen, wenn er ein Recht auf Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigung (a.) und zusätzlich ein Interesse an einer nochmaligen vollstreckbaren Ausfertigung hat (b.) (Stöber, a.a.O., § 733 Rn. 4). Beide Voraussetzungen sind erfüllt.

a. Das Recht der Beteiligten zu 1. auf Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung ergibt sich aus § 51 Abs. 2 BeurkG. Danach können Dritte vom Notar die Erteilung einer Ausfertigung verlangen, wenn die Beteiligten der Beurkundung dies in der Niederschrift (Alt. 1) oder durch besondere Erklärung gegenüber der zuständigen Stelle (Alt. 2) bestimmt haben.

Die Beteiligte zu 2. hat der Beteiligten zu 1. einen eigenen Anspruch auf Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung eingeräumt. Dabei kann dahinstehen, ob die Beteiligte zu 2. ihre am 01.08.1995 notariell beurkundete Anweisung, der Gläubigerin sofort vollstreckbare Ausfertigung zu erteilen (§ 51 Abs. 2 Alt. 1 BeurkG), dadurch wirksam widerrufen hat, daß sie vor Übergabe an die Beteiligte zu 1. die Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigung an sich selbst verlangt hat. Jedenfalls hat die Beteiligte zu 2. mit dem Schreiben ihres Geschäftsführers vom 07.11.1995 dem Notar eine erneute Anweisung erteilt, mithin durch besondere Erklärung gegenüber der zuständigen Stelle etwas anderes, nämlich die Empfangsberechtigung der Beteiligten zu 1., bestimmt (§ 51 Abs. 2 Alt. 2 BeurkG). Diese Anweisung hat sie danach nicht widerrufen. Sie ist deshalb für den Notar bindend.

b. Die Beteiligte zu 1. hat ein Rechtsschutzbedürfnis für eine weitere vollstreckbare Ausfertigung. Ein solches Interesse des Gläubigers ist u.a. dann zu bejahen, wenn der Gläubiger, der Gerichtsvollzieher oder - wie hier - der Notar die erste Ausfertigung dem Schuldner ausgehändigt haben, obwohl der Gläubiger noch nicht vollständig befriedigt worden war (vgl. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 59. Aufl., § 733 Rn. 3). In diesem Fall droht dem Schuldner kein die weitere Ausfertigung hindernder Nachteil. Da er die erste vollstreckbare Ausfertigung in Händen hält, besteht nicht die Gefahr einer Doppelvollstreckung. Seinem Interesse, die vollstreckbare Ausfertigung dem Gläubiger nur unter bestimmten Voraussetzungen zukommen zu lassen, kann der Schuldner selbst durch eine entsprechend eingeschränkte Anweisung an den Notar Rechnung tragen.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG. Dem Notar waren keine Kosten aufzuerlegen. Er ist am Beschwerdeverfahren nach § 54 BeurkG nicht beteiligt (OLG Düsseldorf, DNotZ 1996, 539; BayObLG DNotZ 1972, 371; Wolfsteiner, a.a.O.; Stöber, a.a.O., § 797 Rn. 9a).

Den Beschwerdewert hat der Senat gemäß §§ 131 Abs. 2, 30 KostO in Höhe des Betrages der nach Erteilung der Ausfertigung vollstreckbaren Forderung festgesetzt (vgl. KG, DNotZ 1972, 369 [370]).

Ende der Entscheidung

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