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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 25.06.2008
Aktenzeichen: 1 WsRH 15/08
Rechtsgebiete: StrRehaG, GVG, StPO


Vorschriften:

StrRehaG § 1 Abs. 1
StrRehaG § 1 Abs. 1 Nr. 1, 1. Halbsatz
StrRehaG § 1 Abs. 5
StrRehaG § 7 Abs. 1 Nr. 2
StrRehaG § 13 Abs. 1
StrRehaG § 13 Abs. 4
StrRehaG § 14 Abs. 1
StrRehaG § 14 Abs. 4
GVG § 121 Abs. 2
StPO § 473 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Rostock -Senat für Rehabilitierungssachen- BESCHLUSS

1 WsRH 15/08

In dem Rehabilitierungsverfahren

hat der Rehabilitierungssenat des Oberlandesgerichts Rostock auf die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der Rehabilitierungskammer des Landgerichts Neubrandenburg vom 05.03.2007 - 9 Rh 77/05 - auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft sowie nach Anhörung des Antragstellers am 25. Juni 2008 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde wird als unbegründet verworfen.

Kosten werden nicht erhoben. Seine im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen trägt der Antragsteller selbst.

Gründe:

I.

Der Antragsteller ist der Enkel des am 00.00.1900 in B. verstorbenen Landwirtes H. J. F. v. M. (Betroffener) und als solcher nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 StrRehaG antragsberechtigt.

Der Betroffene war bis zur Durchführung der sog. "Demokratischen Bodenreform" im Jahre 1945/1946 u.a. Eigentümer des landwirtschaftlichen Gutes V. mit L., das im Kreis D. mit einer Größe von über 800 ha belegen war.

Mit Inkrafttreten der "Verordnung Nr. 19" der damaligen Landesverwaltung Mecklenburg-Vorpommern "über die Bodenreform im Lande Mecklenburg-Vorpommern" vom 05. September 1945 wurde der Betroffene enteignet. Die genannte Verordnung lautet in ihrer Präambel und in ihren Artikeln I und II u.a. wie folgt:

"Um den Forderungen der werktätigen Bauern auf gerechte Verteilung des Bodens und zur Liquidierung des Großgrundbesitzes der Junker, Feudalherren, Fürsten und Grundbesitzer in Deutschland nachzukommen und zwecks Zuteilung des Bodens an die landlosen und landarmen Bauern sowie auch an die deutschen Bauern, die aus anderen Gebieten umsiedeln, erläßt die Landesverwaltung Mecklenburg-Vorpommern folgende Verordnung:

Artikel I

1. Die demokratische Bodenreform ist eine unaufschiebbare, nationale, wirtschaftliche und soziale Notwendigkeit. Sie soll die Liquidierung des feudalen, junkerlichen und Großgrund-besitzes gewährleisten und der Herrschaft der Junker und Großgrundbesitzer ein Ende bereiten, da diese Herrschaft immer ein Hauptpfeiler der Reaktion und des Faschismus in unserem Lande und eine Hauptquelle der Aggression und der Eroberungskriege war, die sich gegen andere Völker richtete. Die Bodenreform soll den jahrhunderte alten Traum der landlosen und landarmen Bauern auf Übergabe des Gutlandes in ihr Eigentum verwirklichen. Die Bodenreform ist daher einer der wichtigsten Bestandteile der demo-kratischen Umbildung unseres Landes und seiner wirtschaftlichen Wiedergeburt.

Der Grundbesitz soll sich in unserer deutschen Heimat auf feste, gesunde und produktive Bauernwirtschaften stützen, die das Privateigentum ihrer Besitzer sind.

2. Ziel der Bodenreform ist:

a) Vergrößerung der Ackerfläche der bereits bestehenden Bauernhöfe, die weniger als 5 ha besitzen;

b) Schaffung neuer selbständiger Bauernhöfe;

c) Zuteilung von Land an Umsiedler und Flüchtlinge, die als Folge der räuberischen Kriegspolitik Hitlers Haus und Hof verloren haben;

d) Schaffung von Wirtschaften, die in der öffentlichen Hand liegen müssen, zwecks Versorgung der Arbeiter, Angestellten, Handwerker und sonstigen Werktätigen mit Fleisch- und Milchprodukten und Gemüse sowie Überlassung von kleinen Landparzellen für Kleingärten;

e) Erhaltung der alten und Einrichtung von neuen Wirtschaften und Ländereien für wissenschaftliche Forschungs- und Versuchszwecke der landwirtschaftlichen Schulen und für andere Landesaufgaben.

Artikel II

1. Zur Verwirklichung dieser Ziele wird ein Bodenfonds aus dem Grundbesitz geschaffen, der in den Punkten 2, 3 und 4 dieses Artikels angeführt ist.

2. Voll und ganz wird, unabhängig von dem Umfang der Wirtschaft, folgender Grundbesitz mit allen darauf befindlichen Bauten, allem lebenden und toten Inventar und sonstigem landwirtschaftlichen Vermögen enteignet:

a) der Boden und sonstiges landwirtschaftliches Vermögen der Kriegsverbrecher und Kriegsschuldigen;

b) der Boden und sonstiges landwirtschaftliches Vermögen der ehemaligen NSDAP und aller ihrer angeschlossenen Gliederungen, der Naziführer und der aktiven Vertreter der Nazipartei und ihrer Gliederungen sowie der führenden Personen des Hitlerstaates, darunter aller Mitglieder der Reichsregierung und des Reichstages unter der Naziherrschaft in Deutschland.

3. Ferner wird der Boden der Junker, Feudalherren und der Großgrundbesitzer mit über 100 ha Land mit allen darauf befindlichen Bauten, allem lebenden und toten Inventar und sonstigem landwirtschaftlichen Vermögen enteignet.

4. .....

5. .....

Artikel IV

1. Die Leitung der Vorbereitung und Durchführung der Bodenreform liegt in den Händen der Kreis- und Gemeindeverwaltungen und erfolgt nach den Weisungen der Landesverwaltung Mecklenburg-Vorpommern. ......"

Mit Erlass dieser Verordnung war die Enteignung erfolgt; einer besonderen Anordnung der nach Artikel IV Ziffer 2 zu bildenden "Kommissionen zur Durchführung der Bodenreform" bedurfte es insoweit nicht (sog. Legalenteignung). Die aufgrund dieser Verordnung durchgeführten Maßnahmen erhielten ihren besatzungshoheitlichen Charakter durch den SMAD-Befehl Nr. 110 vom 22. Oktober 1945, mit welchem "die früheren durch die Provinzialverwaltungen und die Verwaltungen der föderalen Länder auf den Gebieten der gesetzgebenden, richterlichen und vollziehenden Gewalt erlassenen Verordnungen für gesetzeskräftig erklärt" wurden.

Nach dem Vorbringen des Antragstellers wurde gegen den Betroffenen und seine Familienangehörigen der sog. Kreisverweis verhängt, der es ihnen unter Strafandrohung verbot, das Gebiet des Kreises D. zu betreten. Das gesamte betriebliche und persönliche Vermögen wurde von der Kreisbodenkommission eingezogen. Die Familie siedelte daraufhin in die britische Besatzungszone über.

Der Antragsteller begehrt vorliegend die strafrechtliche Rehabilitierung seines Großvaters mit dem Ziel, einen Ausgleich nach dem Vermögensgesetz für die mit der Vertreibung des Betroffenen verbundene Vermögensentziehung zu erhalten. Gleichzeitig begehrt er die Aufhebung des sozial-ethischen Unwerturteils in Bezug auf die gegen den Betroffenen seinerzeit verhängten Maßnahmen.

Im einzelnen beantragt er,

1. den gegen H. J. F. v. M. von der Kreisbodenkommission D. erhobenen Vorwurf eines Verbrechens gegen den Frieden gem. Art. II Nr. 1 lit a) i.V.m. Nr. 2 lit f) des Kontrollratsgesetzes Nr. 10 wegen Verschwörung zum Zweck des Einfalls in andere Länder unter Verletzung des Völkerrechts und internationaler Verträge im Hinblick auf die innegehabte gehobene Stellung im wirtschaftlichen Leben

2. die von der Kreisbodenkommission Demmin vorgenommene Einstufung des Vorgenannten als Nazi-Aktivisten i.S.d. Art. III lit. A Abs. I Nr. 1 der Kontrollratsdirektive Nr. 38 mit der Begründung, er hätte durch seine wirtschaftliche Machtposition die nationalsozialistische Gewaltherrschaft wesentlich gefördert,

3. die Vertreibung des Betroffenen und seiner Familienangehörigen durch Verhängung des Kreisverweises als Sanktion wegen der zu 1) und 2) erhobenen Vorwürfe

4. die Einziehung des Vermögens des Betroffenen als Sanktion wegen der zu 1) und 2) erhobenen Vorwürfe

hilfsweise

1. die Vertreibung des Betroffenen und seiner Familienangehörigen als Manifestation der politischen Verfolgung als Klassenfeind durch Verhängung des Kreisverweises

2. die Einziehung des Vermögens des Betroffenen als Manifestation der politischen Verfolgung als Klassenfeind jeweils für rechtsstaatswidrig zu erklären und aufzuheben.

Mit Beschluss vom 05.03.2007 - dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers zugestellt am 08.03.2007 - hat die zuständige Rehabilitierungskammer des Landgerichts Neubrandenburg den Rehabilitierungsantrag als unzulässig zurückgewiesen.

Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner am 12.03.2007 beim Landgericht eingegangenen Beschwerde, mit welcher er sein Begehren auf Rehabilitierung des Betroffenen unverändert weiterverfolgt.

II.

Die gemäß § 13 Abs. 1 StrRehaG statthafte und auch im übrigen zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Zu Recht hat das Landgericht das Rehabilitierungsbegehren des Antragstellers als unzulässig zurückgewiesen. Das umfängliche Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung der Sach- und Rechtslage. Für die vom Antragsteller erstrebte strafrechtliche Rehabilitierung des Betroffenen gibt es keine gesetzliche Grundlage.

1.

Die zur rehabilitierungsrechtlichen Überprüfung gestellte Entziehung des Vermögens des Betroffenen (Hauptantrag zu 4)) war keine strafrechtliche Maßnahme im Sinne von § 1 Abs. 5 StrRehaG, ohne dass es darauf ankommt, ob es sich dabei um eine Enteignung oder um eine Konfiskation oder 'lediglich' um eine Vermögenseinziehung gehandelt hat.

a) Die verfahrensgegenständliche Vermögenseinziehung beruhte allein auf der eingangs zitierten "Verordnung Nr. 19" vom 05.09.1945, mit der die sog. Bodenreform umgesetzt werden sollte. Gegenstand des vorliegenden Rehabilitierungsverfahrens sind ausschließlich Maßnahmen der zur Durchführung der Bodenreform zuständigen Kommission der Gemeinde oder des Landkreises nach Art. II Ziffer 3 der Verordnung vom 05.09.1945, bei denen es sich um keine Strafverfolgungsbehörden gehandelt hat.

Anknüpfungspunkt für die hier verfahrensgegenständliche Vermögensentziehung war mithin nicht ein persönliches Verhalten des Betroffenen bzw. seine individuelle Schuld, sondern ausschließlich seine Stellung als "Großgrundbesitzer", die nach den Vorstellungen der damaligen Machthaber in dem in der sowjetischen Besatzungszone aufzubauenden Sozialismus keinen Platz mehr haben sollte. Nach dem Zweck, aber auch nach dem Wortlaut dieser Verordnung stand nicht strafrechtlich zu ahndendes individuelles Unrecht im Vordergrund, sondern die gesellschaftliche Umgestaltung sowie eine als gerecht empfundene Umverteilung von Grund und Boden (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Beschlüsse vom 30.04.08, 21.05.08 und 26.05.08 - I WsRH 19/07; I WsRH 21/07; I WsRH 5/08 bzw. I WsRH 31/07).

Anhaltspunkte dafür, dass mit den Zwangsmaßnahmen eine spezifisch strafrechtliche Vergeltung gegenüber dem Betroffenen bzw. seiner Familie bezweckt war, liegen nicht vor.

b) Zwar findet nach § 1 Abs. 5 StrRehaG das Strafrechtliche Rehabilitierungsgesetz (StrRehaG) auch auf solche Maßnahmen Anwendung, bei denen es sich - wie hier - nicht um eine gerichtliche Entscheidung im Sinne von § 1 Abs. 1 StrRehaG handelt. Voraussetzung dafür ist aber - nicht zuletzt im Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut des Gesetzes - , dass die jeweilige Maßnahme Ausfluss eines Strafverfahrens oder eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gewesen ist und ihr zumindest deshalb (auch) ein strafrechtlicher Charakter zukommen kann. Mit der zu beurteilenden Zwangsmaßnahme muss mithin aus damaliger Sicht eine spezifisch strafrechtliche Vergeltung für das missbilligte Verhalten bezweckt worden sein. Das ist vorliegend nicht der Fall.

c) Für die Auffassung des Beschwerdeführers, den Maßnahmen der sog. Bodenreform komme insgesamt der Charakter einer "Kollektivstrafe" für die Klasse der "Großgrundbesitzer" zu, gibt es keine Grundlage. Selbst wenn mit der Umsetzung der Bodenreform-Verordnung Sanktionswirkungen für die davon betroffenen Personen einhergingen, die von den damaligen Machthabern auch gewünscht waren, so hatten diese doch keinen Strafcharakter im Sinne des StrRehaG (ständige Rechtsprechung des Senats, a.a.O.).

d) Der Senat verkennt nicht, dass im Rahmen der sog. demokratischen Bodenreform an "Junkern" und Großgrundbesitzern Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen worden sind. Dies rechtfertigt indes nicht eine weder vom Gesetzeswortlaut ("strafrechtliche Maßnahmen") noch vom Gesetzeszweck gedeckte erweiternde Auslegung des § 1 Abs. 5 StrRehaG gegen den ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers, wie sie der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers erstrebt.

2.

Auch soweit der Antragsteller eine Rehabilitierung des Betroffenen hinsichtlich

a. des Vorwurfs eines Verbrechens gegen den Frieden wegen Verschwörung zum Zwecke des Einfalls in andere Länder unter Verletzung des Völkerrechts und internationaler Verträge im Hinblick auf die innegehabte gehobene Stellung im wirtschaftlichen Leben ( Hauptantrag zu 1)

b. der Einstufung als Nazi-Aktivist mit der Begründung, der Betroffene hätte durch seine wirtschaftliche Machtposition die nationalsozialistische Gewaltherrschaft wesentlich gefördert ( Hauptantrag zu 2) erstrebt, kann er keinen Erfolg haben. Seinem Vorbringen kann schon nicht entnommen werden, dass dieser Vorwurf gegenüber dem Betroffenen ausdrücklich erhoben wurde. Vielmehr ergibt er sich ausschließlich aus der Präambel in Verbindung mit Art. 1 der eingangs zitierten Verordnung Nr. 19 sowie der Kontrollratsdirektive Nr. 38. Im Übrigen wäre ein solcher Vorwurf ersichtlich ausschließlich politisch-propagandistisch zu werten, nicht aber in einem strafrechtlichen Sinne, zumal er lediglich als Anknüpfungspunkt für ein verwaltungsrechtliches Handeln genommen wurde, ohne dass dem ein entsprechendes Strafverfahren vorausgegangen ist.

3.

Soweit der Antragsteller in dem gegen den Betroffenen und dessen Familie ausgesprochenen Kreisverweis (Hauptantrag zu 3) eine der Rehabilitierung nach dem StrRehaG zugängliche Maßnahme sieht, können sein Antrag und sein Rechtsmittel ebenfalls keinen Erfolg haben. Auch der Kreisverweis ist von einer Verwaltungsbehörde und zudem nicht im Zusammenhang mit strafrechtlichen Maßnahmen ausgesprochen worden. Auch er diente ersichtlich nicht der Ahndung von individuellem, strafbarem Unrecht, sondern der Umsetzung und Durchführung der 'Bodenreform' im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens. Dass ein Verstoß gegen den Kreisverweis möglicherweise strafrechtliche Konsequenzen hatte, ändert an dem verwaltungsrechtlichen Charakter der Maßnahme nichts. Die Verweisung der von der 'Bodenreform' betroffenen Personen von ihrem Grundbesitz und die mit einem Rückkehrverbot verbundene Ausweisung aus dem jeweiligen Landkreis war die unmittelbare Folge der Enteignung und kann deshalb auch keine andere rechtliche Bedeutung haben als die Eigentumsentziehung selbst.

4. Auch die Einschätzung des Antragstellers, Kreisverweis und Vermögenseinziehung seien Ausdruck einer politischen Verfolgung als Klassenfeind ( Hilfsanträge zu 1 und 2) und daher der Rehabilitierung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1, 1. Halbsatz i.V.m. § 1 Abs. 5 StrRehaG zugänglich, geht fehl, weil sich auch dadurch am ausschließlich verwaltungsrechtlichen Charakter der Maßnahme nichts ändert.

Dem Antragsteller ist zuzugeben, dass beide Anordnungen auch Züge einer politischen Verfolgung tragen, die dadurch gekennzeichnet ist, dass staatliche Organe - sei es systemintern legal oder illegal - durch politisch motiviertes hoheitliches Handeln Rechte von Gewaltunterworfenen in verwerflicher, die Menschenwürde und die Grundfreiheiten mißachtender Weise verletzt haben (Schwarze, Rehabilitierung Potsdamer Kommentar, 2. Auflage, § 1 Rn. 27). Politische Verfolgung wird weiterhin dahingehend charakterisiert, dass eine Person individuell oder als Mitglied einer Personengruppe wegen ihrer rassistischen, nationalen, ethnischen oder sonstigen unabänderlichen persönlichen Eigenschaften oder ihrer religiösen oder weltanschaulich-politischen Überzeugungen aus Gründen der Staatsraison, der Systemstruktur oder der Prinzipien der jeweiligen staatlichen Ordnung einer besonderen, diskriminierenden staatlichen Behandlung unterzogen wird, die vor allem mit Gefahren für Leib und Leben oder die persönliche Freiheit verbunden ist (Schröder in: Bruns/Schröder/Tappert, StrRehaG, § 1, Rn. 81). In diesem Sinne wurde der von der Verordnung Nr. 19 erfasste Personenkreis als sog. "Junker, Feudalherren und Großgrundbesitzer" gebrandmarkt und politisch verfolgt. Ihnen wurde allein wegen der vormals herausgehobenen gesellschaftlichen Stellung eine bestimmte weltanschaulich-politische Überzeugung zugeschrieben, die der am Sozialismus ausgerichteten Neuordnung des Staates entgegenstand und die mit den Instrumenten des Kreisverweises und der Vermögenseinziehung bekämpft wurde. Auch wenn Großgrundbesitz mit der Verordnung Nr. 19 quasi pönalisiert wurde, so handelt es sich bei beiden Maßnahmen indes nicht - wie bereits oben festgestellt - um politisch motivierte Strafverfolgung. Sie stellen gerade keinen Mißbrauch staatlicher Strafgewalt dar, weil ihnen kein auf einen individuellen Schuldvorwurf (in Form eines Verstoßes gegen ein bestimmtes Strafgesetz) gegründetes Straf- oder Ermittlungsverfahren vorausging.

Dass diesen auch eine Kriminalisierung der genannten Personengruppe innewohnte, die wohl auch beabsichtigt war, ändert - wie bereits unter 1. festgestellt - nichts an der verwaltungsrechtlichen Natur der Sanktionen.

Der Senat hat keine Veranlassung, die Sache gem. § 13 Abs. 4 StrRehaG i.V.m. § 121 Abs. 2 GVG dem Bundesgerichtshof vorzulegen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt sind. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Senat mit seiner Entscheidung von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofes abweicht.

III.

Die Entscheidung über die Gebühren folgt aus § 14 Abs. 1 StrRehaG; die Entscheidung über die dem Antragsteller entstandenen notwendigen Auslagen aus § 14 Abs. 4 StrRehaG i.V.m. § 473 Abs. 1 StPO.

Ende der Entscheidung

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