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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 08.03.2001
Aktenzeichen: 11 WF 129/00
Rechtsgebiete: ZPO, BRAGO, GKG


Vorschriften:

ZPO § 127 Abs. 2 S. 2
ZPO § 114
ZPO § 115
ZPO § 115 Abs. 1
ZPO § 115 Abs. 2
BRAGO § 16
BRAGO § 17
GKG § 49
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BESCHLUSS

In der Familiensache

hat der 2. Familiensenat des Oberlandesgerichts Rostock

durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Eckert, die Richterin am Obelandesgericht Levin und die Richterin am Oberlandesgericht Bartmann

am 8. März 2001 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels der Beschluss des Amtsgerichts Greifswald vom 08.08.2000 (62 F 271/99) abgeändert. Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe - unter Beiordnung von Rechtsanwalt K - für den Antrag bewilligt, den Beklagten zu verurteilen, an ihn ab 01.10.1999 zu Händen seiner gesetzlichen Vertreterin einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von 250,00 DM abzüglich des auf das Land Mecklenburg-Vorpommern übergegangenen Anspruchs in Höhe von monatlich 189,00 DM zu zahlen.

Gründe:

I. Der Antragsteller begehrte mit der am 23.10.1999 eingereichten Klage die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von Kindesunterhalt für die Zeit ab dem 01.10.1999. Er beantragte mit Schriftsatz vom 14.04.2000 Prozesskostenhilfe.

Mit Schriftsatz vom 18.07.2000 kündigte er neugefasste Klageanträge an. Im der mündlichen Verhandlung am 25.07.2000 schlossen die Parteien einen Vergleich. Das Amtsgericht Greifswald wies mit Beschluss vom 08.08.2000 den Prozesskostenhilfeantrag des Antragstellers mit der Begründung zurück, er sei nicht hinreichend bedürftig, weil er einen Vorschussanspruch gegen beide Elternteile habe. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, der das Amtsgericht Greifswald nicht abgeholfen hat.

II. Die gemäß § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO zulässige Beschwerde ist begründet, soweit der Antragsteller sich gegen den Vorrang des Kostenvorschussanspruch gegen seine Eltern wendet.

1. Gemäß § 114 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe richten sich nach § 115 ZPO. Maßgeblich sind dabei die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der um Prozesskostenhilfe nachsuchenden Partei im Zeitpunkt der Beschlussfassung (Zöller/Philippi, ZPO, 22. Aufl., § 114 Rdnr. 16). Bei der Unterhaltsklage eines minderjährigen Kindes kommt es auf seine wirtschaftlichen Verhältnisse an.

2. Der Antragsteller erhält vom Jugendamt monatlich 189,00 DM als Unterhaltsvorschuss; dies ist jedoch kein Einkommen i.S.v. § 115 Abs. 1 ZPO.

3. Darüber hinaus hat der Antragsteller gemäß § 115 Abs. 2 ZPO sein Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar ist.

a) Zum Vermögen gehört insbesondere ein Anspruch auf Prozesskostenvorschuss (Zöller/Philippi, ZPO, 22. Aufl., § 115 Rn. 67). Ein solcher Anspruch, den der Unterhaltsberechtigte im Grundsatz durch einstweilige Anordnung geltend machen kann (§ 127a ZPO), besteht zugunsten eines Kindes gegenüber seinen Eltern, auch gegenüber dem betreuenden Elternteil, wenn es sich bei dem Rechtsstreit um eine persönliche lebenswichtige Angelegenheit des Kindes handelt. Dazu zählen Unterhaltsprozesse. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist demgemäß ausgeschlossen, soweit ein Anspruch auf Prozesskostenvorschuss besteht.

b) Ob vorliegend der Antragsteller einen solchen Anspruch hat oder hatte, kann dahinstehen. Jedenfalls wäre ein solcher Anspruch bei Prüfung der wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe nur zu berücksichtigen, wenn er zum Zeitpunkt der Beschlussfassung noch besteht und realisierbar ist. Hierbei ist zu beachten, dass der Prozesskostenvorschuss, nicht für die Vergangenheit begehrt werden kann (Palandt/Diederichsen, BGB, 60. Aufl., § 1360a Rn. 16). In Anlehnung an §§ 16 und 17 BRAGO besteht ein Anspruch auf Vorschuss nur, solange die Partei ihrem Rechtsanwalt gegenüber vorschusspflichtig ist. Die Vorschusspflicht gegenüber einem Rechtsanwalt endet mit Fälligkeit der Vergütung des Rechtsanwaltes. Gemäß § 16 BRAGO wird die Vergütung für ein gerichtliches Verfahren fällig, wenn der Rechtszug beendet ist. Die Gerichtskosten werden nach Abschluss des Rechtsstreits ebenfalls nicht mehr von dem Kläger als Kostenschuldner i. S. d. § 49 GKG in voller Höhe eingefordert (§ 61 GKG), sondern in der abschließenden Kostenrechnung (§ 27 KostenVfg) nach Maßgabe der gerichtlichen Kostenentscheidung bzw. der Regelung im Vergleich angesetzt. Ein Anspruch auf Prozesskostenvorschuss besteht daher nur bis zum Abschluss des Rechtszuges, hingegen nicht mehr nach Endentscheidung, Rücknahme der Klage oder Vergleich (Zöller/Philippi, ZPO, 22. Aufl., § 621f Rn. 9).

Bei Beschlussfassung im Prozesskostenhilfeverfahren am 08.08.2000 war der erste Rechtszug in dem von dem Antragsteller betriebenen Unterhaltsprozess durch den Abschluss eines Vergleichs am 25.07.2000 beendet. Daher durfte das Familiengericht den Antragsteller nicht auf einen Prozesskostenvorschuss verweisen.

3. Der Bewilligung von Prozesskostenhilfe steht nicht entgegen, dass es der Antragsteller vor Abschluss des Rechtsstreits versäumte, eine einstweilige Anordnung auf Zahlung eines Prozesskostenvorschusses zu erwirken, sondern sich ohne Bescheidung seines Prozesskostenhilfeantrags im Termin am 08.08.2000 auf eine Erörterung einließ und schließlich einen Vergleich schloss. Der Antragsteller durfte nämlich eine baldige Entscheidung über seinen Antrag erwarten. Die Verweigerung oder Teilverweigerung von Prozesskostenhilfe muss, auch ohne Erinnerung durch den Antragsteller, grundsätzlich so rechtzeitig erfolgen, dass ihm ausreichend Überlegungszeit verbleibt, zu entscheiden, ob er in Kenntnis des erkennbaren Kostenrisikos das Verfahren ganz oder teilweise weiterbetreiben will oder nicht (OLG Naumburg, FamRZ 2000, 105). Einer bedürftigen Partei ist es nicht zuzumuten, den Rechtsstreit mit allen kostenrechtlichen Konsequenzen zu führen. Wenn das Familiengericht gleichwohl erörterte und den die Instanz abschließenden Vergleich protokollierte, so darf dies dem bedürftigen Antragsteller nicht in der Weise zum Nachteil gereichen, dass er weder Prozesskostenhilfe noch einen Prozesskostenvorschuss erlangen kann.

III. Im Grundsatz bot die am 23.11.1999 erhobene Klage unter Berücksichtigung der teilweisen Überleitung von Unterhaltsansprüchen hinreichend Aussicht auf Erfolg. Allerdings war es nicht erforderlich, zusätzlich zu dem Antrag auf Verurteilung zur laufenden Unterhaltszahlung ab 01.10.1999 den Unterhalt für die Monate Oktober und November 1999 als rückständig gesondert titulieren zu lassen.

Ende der Entscheidung

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