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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Urteil verkündet am 07.11.2007
Aktenzeichen: 2 U 2/07
Rechtsgebiete: BGB, HOAI


Vorschriften:

BGB § 631
BGB § 398
HOAI § 4 Abs. 1
HOAI § 8 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Rostock

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

2 U 2/07

Verkündet am: 07.11.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17. Oktober 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts N... vom 17.11.2006 - Az.: 3 O 316/05 - geändert und wie folgt gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 10.751,73 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus € 3.585,18 seit dem 22.06.2005 sowie Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus € 7.166,55 seit dem 22.06.2005 zu zahlen.

Die weitergehende Berufung des Klägers und die Berufung des Beklagten werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

A.

Der Kläger verlangt vom Beklagten die Zahlung restlichen Architektenhonorars aus abgetretenem Recht.

Der Beklagte schloss mit der Zedentin, der Fa. Architekturbild und Planungsbüro U... Dipl.-Ing. N. H... GmbH, am 05.03.2001 einen schriftlichen Architektenvertrag über den Erweiterungsbau und die Modernisierung des Deutsch-Polnischen Gymnasiums in L.... Dabei handelte es sich um die Gebäude A und E.

Die Parteien schlossen einen Staffelvertrag, in dem es in Ziffer 3.1 heißt:

"...

Der Auftraggeber überträgt dem Auftragnehmer die Leistungen nach 3.2.

Er beabsichtigt, dem Auftragnehmer bei Fortsetzung der Planung und Durchführung der Baumaßnahmen weitere Leistungen nach 3.3 bis 3.5 - einzeln oder im ganzen - zu übertragen. Die Übertragung erfolgt durch schriftliche Mitteilung.

Der Auftragnehmer ist verpflichtet, diese weiteren Leistungen zu erbringen, wenn ihm vom Auftraggeber innerhalb von 36 Monaten nach Fertigstellung der Leistungen nach 3.2 zumindest die Leistungen nach 3.4 übertragen werden. ...

Ein Rechtsanspruch auf Übertragung der Leistungen nach 3.3 bis 3.5 besteht nicht. ..."

Die erste Auftragsstufe nach Ziffer 3.2 des Vertrages umfasste im Wesentlichen die Grundleistungen der Leistungsphasen 2 und 3 nach § 15 HOAI sowie Teile der Phasen 4 und 5. Ziel dieser Leistungen war die Erarbeitung einer Haushaltsunterlage (HU-Bau) nach Abschnitt F 2.1 RBBau.

Nach Ziffer 3.3 bis 3.5 des Vertrages waren Grundleistungen der Leistungsphasen 5 bis 8 - mit näher bestimmten Ausnahmen - vorgesehen.

In § 6 vereinbarten die Vertragsparteien Honorarzonen für beide Bauwerke, die Bewertung der einzelnen Leistungen von Ziffer 3.2 bis Ziffer 3.5, Nebenkosten von 5% sowie einen Umbau-/Modernisierungszuschlag von 25%. In dem vorformulierten Vertragstext ist darüber hinaus unter Ziffer 6.1. folgende Klausel enthalten:

"Der Honorarermittlung werden zugrundegelegt:

...

1.2 Für die Leistungen 3.3 bis 3.5 die nach § 10 HOAI anrechenbaren Kosten, die durch Abrechnung ermittelt sind (Kostenfeststellung), ohne Umsatzsteuer."

Mit dem Prüfvermerk der Oberfinanzdirektion Rostock vom 13.05.2002 wurde die Förderfähigkeit des Projekts auf der Grundlage der HU-Bau festgestellt. Die Oberfinanzdirektion hielt allerdings lediglich Umbauzuschläge das Gebäude A von 20 % und für das Gebäude E von 11 % für angemessen.

Am 02.12.2002 unterzeichneten die Zedentin und eine Mitarbeiterin des Beklagten eine Vereinbarung, nach der der Umbauzuschlag in Ziffer 6.8 des Vertrages angesichts der Förderfähigkeit auf 15 % reduziert werde.

Die Zedentin erbrachte sämtliche im Vertrag vom 05.03.2001 genannten Leistungen bis einschließlich Phase 8 des § 15 HOAI (Ziffer 3.2 bis 3.5 des Vertrages). Unter Berücksichtigung von entrichteten Abschlagszahlungen legte die Zedentin am 26.04.2005 zwei Schlussrechnungen, aus denen sich noch Honorarforderungen für das Gebäude E in Höhe von € 7.786,46 und für das Gebäude A in Höhe von € 2.965,27 ergaben.

Der Kläger ist der Ansicht gewesen, er könne nach Abtretung der Honorarforderung restliche Zahlung von insgesamt € 10.751,73 verlangen. Die Zedentin habe für die Leistungen der 1. Auftragstufe zu Recht einen Umbauzuschlag in Höhe der ursprünglich vereinbarten 25 % zu Grunde gelegt. Für das Honorar der 2. Auftragstufe seien nach dem Vertrag anrechenbare Kosten nach der Kostenfeststellung zu berücksichtigen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat den Beklagten zur Zahlung von € 7.166,55 nebst Zinsen verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Honorarberechnung für die Leistungsphasen 5 - 7 auf der Grundlage der Kostenfeststellung sei angesichts der vertraglichen Regelung nicht zu beanstanden. Ein Überschreiten der Höchstsätze der HOAI mit der Folge der Unwirksamkeit der schriftlichen Regelung habe der Beklagte nicht substanziiert dargelegt. Allerdings könne der Kläger auch für die erbrachten Leistungen der Haushaltsunterlage lediglich einen Umbauzuschlag von 15% verlangen. Die Vertragsparteien hätten sich am 02.12.2002 vor Erbringung und Abrechnung der 1. Auftragsstufe wirksam auf eine Reduzierung des Zuschlages geeinigt.

Dagegen wenden sich beide Parteien mit ihren jeweils selbstständigen Berufungen.

Der Kläger ist der Ansicht, ihm stehe zumindest für die in Ziffer 3.2 genannten Leistungen (erste Stufe) der Umbauzuschlag von 25 % zuzüglich Nebenkosten in Höhe von weiteren € 3.585,18 zu. Die von der Zedentin in der 1. Auftragsstufe geschuldete Leistung der HU-Bau sei zum Zeitpunkt der Änderungsvereinbarung vom 02.12.2002 bereits erbracht gewesen, weil sie Grundlage der Prüfung durch die Oberfinanzdirektion gewesen sei. Eine Veranlassung zur Reduzierung des Umbauzuschlages für bereits verbindlich beauftragte und ausgeführte Leistungen habe für die Zedentin am 02.12.2002 nicht bestanden. Darüber hinaus sei im Vertrag vom 05.03.2001 eine wirksame Honorarvereinbarung bei Auftragserteilung getroffen worden, die vor Beendigung der Architektentätigkeit bei unverändertem Leistungsziel nicht abgeändert werden könne. Die Abrede vom 02.12.2002 sei deshalb insgesamt unwirksam. Deren Unwirksamkeit ergebe sich ferner daraus, dass bei der vorgesehenen Reduzierung der Mindestzuschlag von 20 % (§ 24 Abs. 1 S. 4 HOAI) unterschritten werde.

Im Übrigen verteidigt der Kläger das angefochtene Urteil.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, über den von dem Landgericht zugesprochenen Betrag von € 7.166,55 hinaus an den Kläger € 3.585,18 nebst jährlichen Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.06.2005 zu zahlen,

sowie die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Der Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen,

sowie die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Der Beklagte ist der Ansicht, dem Kläger stehe weiteres Honorar nicht zu, denn der Honorarberechnung der zweiten Stufe könne für die Leistungsphasen 5 bis 7 nicht die Kostenfeststellung zu Grunde gelegt werden. Vielmehr sei gemäß § 10 Abs. 2 Nr. 2 HOAI der Kostenanschlag heranzuziehen. Eine schriftliche Honorarvereinbarung für die in Ziffer 3.3 bis 3.5 genannten Leistungen der Phasen 5 bis 8 liege nicht vor. Der Vertrag vom 05.03.2001 stelle insoweit lediglich eine Absichtserklärung und einen Vorvertrag dar. Die Schriftform der Honorarvereinbarung fehle, weil die vorgesehene schriftliche Mitteilung hinsichtlich der Beauftragung mit den weiteren Leistungen nicht erfolgt sei.

Eine Erhöhung der anrechenbaren Kosten in den Phasen 5 bis 7 weiche von der HOAI ab und sei nach § 4a HOAI ausgeschlossen. Eine Vereinbarung über die Ermittlung der anrechenbaren Kosten könne auch nicht nach § 4 HOAI getroffen werden, denn danach sei nur eine Abrede über die Höhe des Honorars, nicht aber über dessen Grundlagen möglich. Eine Vereinbarung überhöhter anrechenbarer Kosten beinhalte immer eine Überschreitung der Höchstsätze bei ordnungsgemäßer Ermittlung der anrechenbaren Kosten.

Im Übrigen ist der Beklagte der Ansicht, der Umbauzuschlag sei auch für die erste Auftragsstufe wirksam auf 15% reduziert worden.

B.

Beide Berufungen sind zulässig. In der Sache hat jedoch nur das Rechtsmittel des Klägers Erfolg.

Der Kläger hat einen Anspruch auf restliches Architektenhonorar in Höhe von € 10.751,73 aus §§ 631, 398 BGB, 8 Abs. 1 HOAI i.V.m. mit der Honorarvereinbarung vom 05.03.2001.

Der Beklagte und die Zedentin haben mit dem Staffelvertrag vom 03.05.2001 eine wirksame Honorarvereinbarung sowohl für die Leistungen der zweiten Auftragsstufe als auch hinsichtlich des Umbauzuschlages für die erste Auftragsstufe geschlossen. Die Änderungsvereinbarung vom 02.12.2002 führte nicht zur wirksamen Reduzierung des Umbauzuschlages für die erste Stufe.

I.

Die Vertragsparteien haben sich bereits am 03.05.2001 auch auf das Honorar für die noch nicht fest beauftragten Leistungen der Zedentin geeinigt. Das ergibt sich aus § 6 des Vertrages, der nicht nur Regelungen für die Vergütung der HU-Bau nach Ziffer 3.2 enthält, sondern ausdrücklich auch solche für die Leistungen nach Ziffer 3.3 bis 3.5 des Vertrages. Das gilt insbesondere für die Bewertung der Leistungen und die Bestimmung der anrechenbaren Kosten für die Leistungsphasen 5 bis 8 nach der Kostenfeststellung.

Diese Vereinbarung ist wirksam. Der Kläger hat deshalb einen Anspruch auf weitere Vergütung für die Leistungen nach Ziffer 3.3 bis 3.5 in Höhe von € 7.166,55.

1. Allerdings liegen hier eine schriftliche Auftragserteilung über die Leistungen der zweiten Stufe (Ziffer 3.3 bis 3.5) und eine gleichzeitige Honorarvereinbarung nicht vor.

a) Die Leistungen nach Ziffer 3.3 bis 3.5 hat der Beklagte mündlich in Auftrag gegeben. Es fehlt an einer schriftlichen Mitteilung gemäß Ziffer 3.1 des Vertrages.

Ein verbindlicher Auftrag für die zweite Stufe der Leistungen war der Zedentin mit dem Vertrag vom 03.05.2001 nicht erteilt, weil der Beklagte deren Übertragung von einer schriftlichen Mitteilung seinerseits abhängig gemacht hat. Allerdings hatte sich die Zedentin in Ziffer 3.1 verpflichtet, die Leistungen der zweiten Stufe zu erbringen, wenn sie ihr binnen 36 Monaten nach Fertigstellung der ersten Stufe angetragen werden. Erst nach Ablauf von 24 Monaten nach Fertigstellung stand ihr ein Recht zur Kündigung dieser Verpflichtung zu; ein Rechtsanspruch auf weitere Beauftragung sollte ihr nicht erwachsen.

Damit hat die Zedentin ein Angebot auf Abschluss eines Vertrages hinsichtlich der übrigen Leistungsphasen abgegeben, an das sie 36 Monate nach Fertigstellung der ersten Stufe gebunden sein sollte (vgl. OLG Düsseldorf BauR 1997, 340/341; Werner, Die "stufenweise Beauftragung" des Architekten, BauR 1992, 695/698). Der Beklagte hat die ihm eingeräumte Option zwar tatsächlich ausgeübt, aber nicht - wie vorgesehen - durch eine schriftliche Mitteilung.

b) Auch die schriftliche Vereinbarung vom 02.12.2002 stellt keine Beauftragung mit der Leistungen der zweiten Stufe dar. Denn nach dem Vorbringen des Klägers befanden sich die Parteien zu diesem Zeitpunkt - nach Freigabe der Mittel für das weitere Bauvorhaben - bereits in den Leistungsphasen 4 und 5 des Vertrages. Dieses Vorbringen kann nur so verstanden werden, dass die Zedentin bereits mit den Leistungen der zweiten Stufe begonnen hatte. Im Übrigen verhält sich die Abrede ausschließlich zur Höhe des Umbauzuschlages. Die Beauftragung mit den Leistungen nach Ziffer 3.3 bis 3.5 des Vertrages und das dafür zu entrichtende Honorar werden darin nicht erwähnt.

c) Der spätere Schriftwechsel der Vertragsparteien hinsichtlich der Durchführung der Objektüberwachung oder der Höhe der geltend gemachten Abschlagsrechnungen ist jedenfalls erst nach Auftragserteilung erfolgt.

2. Eine wirksame Honorarvereinbarung muss jedoch nicht zwingend gleichzeitig mit der Auftragserteilung erfolgen. Vielmehr reicht eine schriftliche Honorarvereinbarung vor Auftragserteilung aus, d.h. eine Honorarabrede muss bis spätestens bei Erteilung des Auftrags getroffen sein.

a) Der Bundesgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, eine wirksame Honorarvereinbarung müsse bei Auftragserteilung, d.h. bei Vertragsschluss, getroffen werden (BGH BauR 2005, 735; BauR 1990, 97; BauR 1988, 364; BauR 1987, 112; BauR 1987, 706; BauR 1985, 582). In diesen Entscheidungen ging es jeweils um die Wirksamkeit einer Honorarabrede oder eines Vergleichs, die nach Vertragsschluss vereinbart worden waren.

Zu der Frage, ob eine Honorarvereinbarung auch vor Vertragsschluss zulässig ist, hat sich der Bundesgerichtshof - soweit ersichtlich - noch nicht geäußert.

b) Das Oberlandesgericht Braunschweig (BauR 2007, 903) hat - unter Hinweis auf die vorbezeichnete Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - die Ansicht vertreten, die herrschende Meinung verstehe § 4 Abs. 1 HOAI dahin, dass eine Honorarvereinbarung nur gleichzeitig mit der Auftragserteilung getroffen werden könne. Bei einer stufenweisen Beauftragung des Architekten in Form eines Vorvertrages, der erst dann zu weitergehenden Honoraransprüchen führe, wenn eine gesonderte Beauftragung erfolge, sei § 4 HOAI deshalb auf jeden Abschnitt stufenweiser Beauftragung anzuwenden und für jeden stufenweisen Abruf einer Leistungsphase auch die Schriftform zu verlangen. Auch das Oberlandesgericht Bamberg (OLGR 2005, 530) ist der Auffassung, § 4 HOAI und das Schriftformerfordernis seien gesondert auf jeden Abschnitt der stufenweisen Beauftragung anwenden.

Diese Auffassung findet sich auch zum Teil in der Literatur (Werner, a.a.O.; Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI, 6. Aufl., § 4, Rn. 34; Jochem, HOAI, 4. Aufl., § 4, Rn. 7).

c) Den Standpunkt, nur eine gleichzeitig mit Auftragserteilung getroffene Honorarabrede sei wirksam, teilt der Senat nicht. Vielmehr ist auch eine schriftliche Honorarvereinbarung vor verbindlicher Beauftragung ausreichend und daher wirksam.

Zwar spricht der Wortlaut des § 4 Abs. 1 HOAI für eine äußerst enge Auslegung im Sinne von Gleichzeitigkeit von Honorarvereinbarung und Auftragserteilung. Der Zweck der Regelung ist aber auch erfüllt, wenn sich die Parteien über das Honorar schon vor verbindlicher Auftragserteilung einig sind (vgl. Locher/Koeble/Frik, HOAI, 9. Aufl., § 4, Rn. 37, 45; wohl auch Pott/Dahlhoff/Kniffka, HOAI, 7. Aufl., § 4, Rn. 7).

Die Vertragsparteien sollen ihre Vereinbarungen gerade deshalb bei Auftragserteilung treffen, damit spätere Unklarheiten und Streitigkeiten vermieden werden und ein Streit über die Honorarhöhe die Ausführung des Auftrags nicht gefährden kann (BGH BauR 1988, 364). Sinn und Zweck des § 4 Abs. 1 HOAI ist daher die Unterbindung von Honorarabreden in der Zeit zwischen verbindlicher Begründung der Leistungspflichten und vor Beendigung der Architektentätigkeit. Ist daher die vergleichsweise Einigung über die Höhe des Architektenhonorars nach Beendigung der Tätigkeit zulässig, muss eine schriftliche Honorarabrede auch vor verbindlicher Auftragserteilung geschlossen werden können.

Eine solche Honorarvereinbarung widerspricht insbesondere nicht den Grundsätzen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Denn die Höhe des Honorars ist bei späterer Auftragserteilung gerade schon ausgehandelt. Unabhängig vom Zeitpunkt ist eine Honorarabrede ohnehin nur wirksam, wenn sie hinreichend bestimmt ist und der Höhe nach den durch § 4 HOAI gezogenen Rahmen einhält.

Das Erfordernis der Gleichzeitigkeit von Auftragserteilung und schriftlicher Honorarvereinbarung lässt sich nicht aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ableiten, denn jenen Entscheidungen lagen jeweils Honorarabreden nach Auftragserteilung zu Grunde. Das gilt auch für die Entscheidungen des Oberlandesgerichts Stuttgart (BauR 1995, 414) sowie des Oberlandesgerichts Düsseldorf (NJW-RR 1995, 1361).

Vielmehr hat das Oberlandesgericht Düsseldorf in einem anderen Fall (BauR 1997, 340/342) das in einem Staffelvertrag vereinbarte Honorar grundsätzlich auch für die weitere Auftragsstufe als maßgeblich angesehen, für die dem Auftraggeber eine Option eingeräumt war. Wie hier hatten die Vertragsparteien das Vertragsmuster der RBBau verwendet. Der tatsächliche Abruf der weiteren Leistungen war ohne schriftliche Mitteilung an den Architekten erfolgt. Das Oberlandesgericht Düsseldorf ging von einer konkludenten Annahme des Vertragsangebots des Architekten aus; die fehlende Schriftform führe wegen ihrer alleinigen Klarstellungsfunktion über den Umfang des Auftrags nicht zur Unwirksamkeit des Architektenvertrages. Damit sei zwischen den Parteien ein Vertrag zu Stande gekommen, der den Architekten verpflichtet habe, die weiteren Leistungen für das vertraglich vereinbarte Honorar zu erbringen.

So liegt der Fall auch hier. Die Vertragsparteien haben in dem Staffelvertrag neben den verbindlich ausgelösten Leistungen der ersten Stufe detaillierte Regelungen zum Leistungsumfang und zur Vergütung für weitere Leistungen getroffen. Hat sich der Architekt - wie hier - durch eine befristete Option zu Gunsten des Auftraggebers bereits zur Erbringung der weiteren Leistungen zu den vereinbarten Konditionen verpflichtet, bezieht sich der Abruf der weiteren Leistungen ohne Weiteres auf die gegenseitigen Pflichten aus dem Staffelvertrag mit der schriftlichen Honorarvereinbarung. Dass der Beklagte die Option nicht schriftlich, sondern mündlich ausgeübt hat, steht dem nicht entgegen. Denn bei Erteilung des Auftrags über die Leistungen der Ziffern 3.3 bis 3.5 lag eine schriftliche Honorarabrede bereits vor.

3. Die Vereinbarung, der Honorarberechnung für die Leistungsphasen 5 bis 7 des § 15 HOAI die Kostenfeststellung zu Grunde zu legen, verstößt nicht gegen §§ 4, 4a HOAI.

a) Die Regelung des § 4a HOAI findet hier keine Anwendung, schließt indes eine Wirksamkeit der getroffenen Abrede nach § 4 Abs. 1 HOAI auch nicht aus.

§ 4a S. 1 HOAI erlaubt mit der Anknüpfung der anrechenbaren Kosten an die Kostenberechnung oder den Kostenanschlag für alle Leistungsphasen eine Unterschreitung des Mindestsatzes oder - je nach Kostenentwicklung - eine Überschreitung des Höchstsatzes, wie sie durch die Anwendung von § 10 Abs. 2 HOAI vorgeben wären. Damit wird der Rahmen einer nach § 4 Abs. 1 HOAI zulässigen Honorarvereinbarung erweitert. Im vorliegenden Fall haben sich die Vertragsparteien für die Leistungsphasen 5 bis 7 in Abweichung von § 10 Abs. 2 Nr. 2 HOAI hingegen auf die Berechnung nach der Kostenfeststellung geeinigt.

Gemäß § 4 Abs. 1 HOAI ist darüber hinaus jede schriftliche Vereinbarung über das Honorar bei bzw. vor Auftragserteilung wirksam, sofern sie sich in dem Rahmen zwischen den Mindest- und Höchstsätzen bewegt. Es ist danach nicht nur zulässig, ein Pauschalhonorar festzulegen. Vielmehr können auch Honorarvereinbarungen geschlossen werden, die von den Abrechnungsgrundsätzen der HOAI abweichen. Insbesondere ist die Regelung der anrechenbaren Kosten unter Abweichung von § 10 Abs. 2 HOAI möglich (Locher/Koeble/Frik, HOAI, 9.Aufl., § 4, Rn. 11, m.w.N.).

b) Im vorliegenden Fall ist der Höchstpreischarakter der HOAI nicht verletzt. Maßgeblich ist insoweit die Ermittlung des Höchsthonorars durch eine fiktive, nach den Grundsätzen der HOAI aufgestellte Vergleichsberechnung (BGH BauR 2005, 285). Das vom Kläger geltend gemachte Honorar überschreitet die danach zulässige Höchstvergütung nicht.

Das ergibt sich aus folgender Vergleichsrechnung:

(1) Für das Gebäude E ist das fiktive Höchsthonorar für die Leistungsphasen 5 bis 7 unter Berücksichtigung des Kostenanschlages (§ 10 Abs. 2 Nr. 2 HOAI) in Höhe von € 547.690,96, der Honorarzone IV und des Höchstsatzes nach der Honorartafel zu § 16 HOAI zu ermitteln. Daraus ergibt sich ein 100%-Honorar nach Höchstsätzen von € 68.372,34 netto. Der Kläger hat seiner Schlussrechnung insoweit lediglich ein 100%-Honorar von € 67.891,38 netto zu Grunde gelegt.

Für das Gebäude A errechnet sich das fiktive Höchsthonorar aus den anrechenbaren Kosten des Kostenanschlages von € 477.125,16, der Honorarzone III und des Höchstsatzes nach der Honorartafel. Das 100%-Honorar beträgt danach € 54.029,71 netto. Der Kläger ist insoweit nur von einem 100%-Honorar in Höhe von € 51.919,12 ausgegangen.

Auch bei einer Bewertung der Leistungen der Leistungsphasen 5 bis 7 mit den vertraglich vereinbarten 38% ist eine Überschreitung des nach der HOAI zulässigen Höchstpreises nicht ersichtlich.

(2) Hinsichtlich der Leistungsphase 8 scheidet eine Überschreitung des Höchstsatzes bereits deshalb aus, weil sich auch nach dem in der Vergleichsrechnung anzuwendenden § 10 Abs. 2 Nr. 3 HOAI die anrechenbaren Kosten wie vertraglich vorgesehen aus der Kostenfeststellung ergeben.

II.

Die nachträgliche Reduzierung des Umbauzuschlages in der Vereinbarung vom 02.12.2002 auf 15% ist nicht wirksam.

Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung des vom Landgericht aus der Schlussrechnung gekürzten Betrages in Höhe von € 3.585,18 einschließlich 5% Nebenkosten und 16% Mehrwertsteuer.

1. Eine spätestens bei Auftragserteilung wirksam getroffene Honorarvereinbarung kann vor Beendigung der Architektentätigkeit bei unverändertem Leistungsziel nicht abgeändert werden (BGH BauR 1988, 364). Die Vertragsparteien sollen - wie oben ausgeführt - nach dem Sinn und Zweck der HOAI als bindendem Preisrecht ihre Vergütungsvereinbarungen gerade bei Auftragserteilung treffen, um spätere Unklarheiten und Streitigkeiten zu vermeiden. Eine nachträgliche Honoraränderung scheidet unter diesen Voraussetzungen aus. Dabei kommt es nicht darauf an, ob gemäß § 4 Abs. 4 HOAI die Mindestsätze gelten oder ob die Parteien ein zulässiges Honorar wirksam verabredet haben.

Offen bleiben kann in diesem Zusammenhang, ob die schriftliche Vereinbarung eines Umbauzuschlages gemäß § 24 HOAI - anders als die übrigen Honorarabreden (§ 4 Abs. 1 HOAI) - auch noch nachträglich erfolgen kann (vgl. Locher/Koeble/Frik, HOAI, 9. Aufl., § 24, Rn. 16). Denn jedenfalls dann, wenn bereits eine wirksame Vereinbarung über die Höhe des Umbauzuschlages getroffen ist, unterliegt sie bis zur Beendigung der Architektentätigkeit keiner Änderungsbefugnis (BGH BauR 1987, 706).

2. So liegt der Fall hier. Die Architektenleistungen der Zedentin aus dem Vertrag vom 05.03.2001 waren bei Abschluss der Änderungsvereinbarung am 02.12.2002 noch nicht beendet.

Zwar hatte die Zedentin ersichtlich die Leistungen der ersten Auftragsstufe (Ziffer 3.2) mit dem Ziel der Erstellung der Haushaltsunterlage erbracht. Denn diese Planungsunterlagen waren Gegenstand des positiven Prüfbescheids der Oberfinanzdirektion Rostock vom 13.05.2002. Die Zedentin hatte sich jedoch einseitig in dem Staffelvertrag verpflichtet, auf Anforderung des Beklagten auch die weiteren Leistungsteile zu erbringen. Damit war die Leistungspflicht der Zedentin aus dem Architektenvertrag nach Erfüllung der ersten Auftragsstufe noch nicht endgültig abgeschlossen.

Vielmehr setzten die Vertragsparteien - wie oben ausgeführt - den hinsichtlich der Honorarabrede einheitlichen Vertrag durch die Ausübung der Option mit unverändertem Leistungsziel fort. Gerade in einem solchen Fall tritt die nach dem Sinn und Zweck des § 4 Abs. 1 HOAI zu verhindernde Gefahr zu Tage, dass eine der Vertragsparteien hinsichtlich der Höhe der Vergütung Druck auf die andere Partei ausübt, obwohl für eine bestehende Leistungspflicht bereits eine konkrete Vergütungsregelung gilt. Die Einheitlichkeit der Honorarabrede ergibt sich auch aus der Änderungsvereinbarung vom 02.12.2002 selbst. Denn ihrem pauschalen Inhalt nach bezieht sie sich auf den Umbauzuschlag für alle Leistungsstufen. Ob die Änderungsvereinbarung für spätere Leistungsstufen gilt, die bei ihrem Abschluss etwa noch nicht verbindlich beauftragt gewesen sein sollten, kann hier dahinstehen. Denn der Kläger verlangt den Umbauzuschlag in der ursprünglich verabredeten Höhe lediglich für die von Anfang an ausgelösten Leistungen nach Ziffer 3.2 des Vertrages.

III.

Der Kläger hat Anspruch auf Verzugszinsen aus §§ 284 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB a.F. bzw. aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 2 BGB n.F..

1. Der Zinsanspruch hinsichtlich der weiteren Vergütung von € 3.585,18 für Leistungen nach Ziffer 3.2 des Vertrages ergibt sich aus §§ 284 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung.

Verzugszinsen stehen dem Kläger insoweit lediglich in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu. Denn mit der ersten Stufe der Architektenleistungen ist der Kläger bereits verbindlich am 05.03.2001 beauftragt worden. Auf Schuldverhältnisse, die vor dem 01.01.2002 entstanden sind, findet das Bürgerliche Recht in der bis dahin geltenden Fassung Anwendung, Art. 229 § 5 S. 1 EGBGB. Den erhöhten Verzugszinssatz aus § 288 Abs. 2 BGB n.F. kann der Kläger im Hinblick auf diese Forderung nicht verlangen.

Verzug ist nach Fälligkeit der Schlussrechnung durch die Mahnung vom 08.06.2005 mit Fristsetzung zum 22.06.2005 eingetreten.

2. Für das weitere Honorar hinsichtlich der Leistungen nach Ziffer 3.3 bis 3.5 des Vertrages in Höhe von € 7.166,55 ergibt sich der Zinsanspruch aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 2 BGB n.F.. Der Zinssatz beträgt daher 8 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

Der Vertragsschluss über die Ausführung der weiteren Stufen erfolgte erkennbar erst nach dem 01.01.2002. Voraussetzung war die Bereitstellung der Fördermittel, die aus der positiven Prüfung der Oberfinanzdirektion vom 13.05.2002 resultierte. Die öffentliche Hand ist kein Verbraucher gemäß § 13 BGB.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zuzulassen. Die hier entscheidungserhebliche Frage, ob eine vor Auftragserteilung in einem Staffelvertrag getroffene Honorarvereinbarung gemäß § 4 Abs. 1 HOAI wirksam ist, ist vom Revisionsgericht - soweit ersichtlich - bisher nicht entschieden und wird von den Instanzgerichten unterschiedlich beurteilt.

Ende der Entscheidung

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