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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Urteil verkündet am 08.03.2004
Aktenzeichen: 3 U 118/03
Rechtsgebiete: BGB, AGBG


Vorschriften:

BGB § 339
BGB § 535
AGBG § 9
1.

Die durch vorformatierte Vertragsklausel dem Mieter eines Ladenlokals auferlegte Betriebspflicht benachteiligt ihn auch dann nicht unangemessen, wenn der Vermieter zugleich den Konkurrenzschutz ausschließt.

2.

Die Vertragsstrafe, die der Mieter bei für jeden Tag des Verstoßes gegen die Betriebspflicht verwirkt, ist nicht nach oben in der Weise beschränkt, dass er sie nur für einen begrenzten Zeitraum schuldet. Auch ist eine Vertragsstrafe in Höhe von etwa 125 % der auf den Tag entfallenden Miete nicht unangemessen hoch.


Oberlandesgericht Rostock IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 118/03

verkündet am: 08.03.04

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Eckert, der Richter am Oberlandesgericht Dr. Jedamzik und die Richterin am Oberlandesgericht Bartmann

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 09.02.2004

für Recht erkannt:

Tenor:

1.

Die Berufungen beider Parteien gegen das Urteil des Landgerichts Schwerin vom 05.02.2003 - 4 O 334/99 - werden zurückgewiesen.

2.

Die Kosten dieses Berufungsverfahrens werden der Klägerin zu 3/5 und dem Beklagten zu 2/5 auferlegt.

3.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beiden Parteien bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, falls nicht der jeweilige Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4.

Soweit die Beklagte zur Zahlung der Vertragsstrafe verurteilt wird, wird ihre Revision zugelassen.

5.

Der Gegenstandswert des Berufungsverfahrens beträgt 63.367,14 €.

Gründe:

I.

Die Klägerin macht gegen den Beklagten rückständige Miete und Vertragsstrafe geltend. Dieser wandte Minderung wegen diverser Sachmängel, insbesondere wegen einer Mäuseplage ein.

Der Beklagte hatte bereits vor Errichtung des Gebäudes, in dem sich das streitgegenständliche Mietobjekt befindet, ein Geschäft in dem später abgerissenen, stark baufälligen Haus betrieben, das zuvor an derselben Stelle stand. Der Text des schriftlichen Vertrages vom 25.06.1996 besteht aus der eigentlichen Vertragsurkunde, als "Gewerbemietvertrag" überschrieben. Dort ist der wesentliche Vertragsinhalt maschinenschriftlich niedergelegt, wobei jeweils Platz für handschriftliche Ergänzungen gelassen wurde. Außerdem verweist § 7 auf allgemeine Vertragsbedingungen als Bestandteil dieses Vertrages. § 2 Abs. 3 und Abs. 4 enthalten Klauseln zum Konkurrenzschutz und zur Betriebspflicht.

Die monatliche Grundmiete beträgt gemäß § 4 des Mietvertrages netto 6.800,00 DM. Hinzu kommen eine Nebenkostenvorauszahlung und Umsatzsteuer (Bruttomiete demnach 8.375,20 DM) sowie 522,00 DM brutto für einen Kellerraum, insgesamt 8.897,20 DM. Nach Abschluss des Mietvertrages zahlte der Beklagte zunächst die volle monatliche Miete.

Im November 1998 eröffnete er ein weiteres Obst- und Gemüsegeschäft in dem gegenüberliegenden S.-Center. In einem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 18.02.2004 behauptet er, lediglich Gesellschafter der dieses Geschäft betreibenden F. am S. GmbH zu sein.

Mit Schreiben seiner damaligen Prozessbevollmächtigten vom 26.06.1999 zeigte der Beklagte der Klägerin an, dass das Gebäude von Mäusen befallen sei, forderte sie zur Beseitigung des Mangels auf und machte Mietminderung um 50 % geltend.

Wegen eines angeblichen Rattenbefalls und einer vorläufigen Schließungsverfügung der Stadt S. vom 23.01.2002 kündigte der Beklagte das Mietverhältnis noch am selben Tage und nochmals am 25.01.2002 fristlos. Das Gesundheitsamt hob die Schließungsverfügung am 25.01.2002 nach Ortsbesichtigung auf, so dass der Beklagte seine Betriebsstätte wieder eröffnen konnte. Er zahlte jedoch ab Februar 2002 keine Miete mehr und räumte das Ladenlokal.

Mit Teilurteil vom 20.09.2000 verurteilte das Landgericht Schwerin den Beklagten zur Zahlung der Vertragsstrafe. Dieses Teilurteil hob der Senat auf die Berufung des Beklagten hin auf und verwies das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurück.

Mit Urteil vom 05.02.2003 verurteilte das Landgericht den Beklagten nach Beweisaufnahme zum Umfang des Mäusebefalls zur Zahlung von 69.176,80 € nebst Zinsen und wies im Übrigen die auf Zahlung von insgesamt 95.375,74 € gerichtete Klage ab. Bezüglich der Einzelheiten nimmt der Senat Bezug auf den Tatbestand und die Gründe des landgerichtlichen Urteils.

Hiergegen richten sich die rechtzeitig eingelegten und begründeten Rechtsmittel beider Parteien. Die Klägerin wendet sich gegen die vom Landgericht anerkannte Minderung der Miete um 30 % für den Zeitraum Juni 1999 bis Mai 2001. Außerdem macht sie den zu Unrecht geminderten weiteren Betrag der Vertragsstrafe geltend.

Zur Zusammensetzung der Klageforderung führt sie aus:

Für Juni 1999 bestehe der ursprüngliche Differenzbetrag i. H. v. 462,62 €.

Für Juli 1999 verbleibe über den vom Landgericht zuerkannten Betrag ein weiterer Betrag von 1.209,92 € zzgl. Differenzmiete für den Keller i. H. v. 116,00 €, mithin 1.269,23 €.

Für den Zeitraum von August bis Dezember 1999 sei die Rechnung des Landgerichts Bl. 13 UG nicht verständlich. Es bleibe für diesen Zeitraum bei dem ursprünglich geltend gemachten Differenzbetrag von 4.276,54 € monatlich, mithin 10.932,80 €.

Für den Zeitraum Januar bis August 2000 habe das Landgericht der Klägerin lediglich einen Teilbetrag von 14.028,32 DM zugestanden. Es verbleibe zur Restforderung mithin ein Betrag von 10.319,75 €.

Für den Zeitraum September 2000 bis Mai 2001 habe das Gericht einen Anspruch der Klägerin i. H. v. 57.365,10 DM zugrundegelegt. Gezahlt habe der Beklagte 37.761,28 DM, sodass zunächst eine vom Beklagten noch zu zahlende Differenz von 19.603,82 DM offen sei. Von der ursprünglichen Forderung der Klägerin i. H. v. 42.314,00 DM verblieben somit noch 11.611,23 €.

Zur Begründung ihrer Berufung vertieft die Klägerin ihren erstinstanzlichen Vortrag und trägt vor, dass es eine Mäuseplage nicht gegeben habe. Ohnehin sei gem. § 539 BGB a. F. die Minderung wegen des Mäusebefalls ausgeschlossen. Einen Teil seines früheren Geschäftes habe der Beklagte über einem offenen und sperrmüllbeladenen Hof betrieben und alte Schuppen auf dem Hof habe er als Lager benutzt, ohne sich um Mäuse oder Ratten zu kümmern. Insofern sei ihm die Umgebung des Mietobjekts mit den teilweise baufälligen und zum Teil ungenutzten Gebäuden, die Schlupfwinkel und Nistplätze für Mäuse bilden könnten, zum Zeitpunkt des Abschluss des Mietvertrages bekannt gewesen. Als Obsthändler habe er wissen müssen, dass gerade Geschäfte mit Lebensmitteln eine besondere Anziehungskraft für Mäuse hätten und es aufgrund der Umgebung des Mietobjektes zu Beeinträchtigungen durch Mäusebefall kommen könne. Ausreichend sei, dass die Umstände, die zu einer Beeinträchtigung führen könnten, bei Vertragsschluss bekannt seien und der Mieter mit dem Eintritt der Störung bei Abschluss des Mietvertrages rechnen müsse.

Im Übrigen rügt die Klägerin die Beweiswürdigung des Landgerichts. Dieses habe fehlerhaft ausschließlich die Feststellungen und Aussagen des Zeugen P. zugrundegelegt, ohne die dagegen bestehenden erheblichen Einwände zu würdigen. Es habe übersehen, dass der Zeuge P. lediglich zwei punktuelle Untersuchungen durchgeführt habe, und zwar einmal im Jahr. Feststellungen zu einem durchgehenden Befall habe er nicht treffen können. Die Aussage des Zeugen sei pauschal und unsubstantiiert. Er stehe im Lager des Beklagten und sei nicht glaubwürdig. Der Sachverständige W. habe eingeräumt, dass Aussagen über einen früheren Befall schwer zu treffen seien. Die Klägerin habe regelmäßig Kontrollen im Objekt durch ihre Mitarbeiterin Frau B. durchgeführt. Dieser hätten die Mieter mitgeteilt, dass kein Befall vorhanden gewesen sei. Der Schädlingsbekämpfer N. habe am 16.10.2000 keinen Mäusebefall festgestellt.

Die vom Gericht vorgenommene Minderung sei zu hoch. Selbst in Wohnungen werde bei erheblichem Mäusebefall allenfalls ein Minderungsquote von 10 % zugestanden.

Da die Miete nicht gemindert sei, sei die zuerkannte Vertragsstrafe jeweils von der vollen Kaltmiete zu berechnen. Tatsächlich hätten 21.420,00 DM (63 x 340,00 DM) gezahlt werden müssen, es bleibe eine Differenz von 6.426,00 DM (3.285,56 €).

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen,

an sie über den erstinstanzlichen zuerkannten Betrag hinaus weitere 37.881,49 € nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 462,62 € (904,80 DM), 1.269,23 € (2.482,40 DM), 10.932,80 € (21.382,70 DM), 10.319,75 € (20.183,68 DM) jeweils ab Rechtshängigkeit des Teilbetrages sowie auf jeweils 1.290,17 € (2.523,35 DM)seit dem 06.09.2000, 06.10.2000, 07.11.2000, 06.12.2000, 05.01.2001, 06.02.2001, 06.03.2001, 05.04.2001 und 07.05.2001 sowie 3.285,56 € (6.426,00 DM) seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

Der Beklagte greift das Urteil nur insoweit an, als das Landgericht der Klägerin die Mieten für die Zeit vom 01.02. bis 30.04.2003 sowie eine Vertragsstrafe i. H. v. 11.838,45 € zuspricht. Er meint, das Landgericht habe vernachlässigt, dass er das Mietverhältnis nicht nur mit Schreiben vom 23.01.2002, sondern darüberhinaus noch einmal mit Schreiben vom 25.01.2002 fristlos gekündigt habe und die Wiedereröffnung des Ladengeschäfts aufgrund des in der S.-er Volkszeitung am 24.01.2002 erschienenen Berichtes über die Schließung wirtschaftlich nicht sinnvoll gewesen sei. Bei Berücksichtigung dieser Umstände habe es zu der Auffassung gelangen müssen, dass eine Fristsetzung nicht erforderlich gewesen sei, da die Mietsache für ihn aufgrund des Rattenbefalls, der hierauf gegründeten Schließungsverfügung und der hierzu erfolgten Presseberichterstattung nicht mehr von Interesse gewesen sei. Da anhand des Artikels jeder Schweriner sein Ladenlokal habe identifizieren können, habe er davon ausgehen müssen, dass der größere Teil seiner Kundschaft sein Geschäft in Zukunft aufgrund des öffentlich gewordenen Rattenbefalls meiden werde. Hiervon ausgehend sei die fristlose Kündigung unter Abwägung der beiderseitigen Interessen auch ohne Fristsetzung zulässig gewesen.

Bei der Verurteilung zur Vertragsstrafe habe das Landgericht übersehen, dass die Vertragsstrafenvereinbarung in § 8 Abs. 2 des Gewerbemietvertrages verschuldensunabhängig vereinbart gewesen sei. Die Klausel sei als allgemeine Geschäftsbedingung anzusehen, da sie von dem Verwender - der Klägerin - vorformuliert und in mindestens drei Verträgen verwandt worden sei. Dies habe die Unwirksamkeit der Vereinbarung gemäß § 9 AGBG zur Folge. Eine Vertragsstrafenvereinbarung, die ohne schuldhafte Pflichtverletzung verwirkt sein solle, widerspreche dem gesetzlichen Leitbild des § 339 BGB. Außerdem sei die Vertragsstrafe i. H. v. 5 % der Grundmiete unverhältnismäßig und unangemessen.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des LG Schwerin vom 05.02.2003 abzuändern und die Klage abzuweisen, soweit er zur Zahlung von mehr als 43.691,15 € nebst Zinsen verurteilt worden ist,

Beide Parteien beantragen,

die gegnerische Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin bringt hierzu vor, der Beklagte habe die vermeintlichen Gründe für die Kündigung selbst herbeigeführt. Ein Sachmangel durch Rattenplage sei nicht bewiesen. Bei der angeblichen Rattenplage handele es sich um einen vom ihm vorgetäuschten Mangel, um einen Grund zu finden, das Mietverhältnis vorzeitig zu beenden und den Laden ohne Rücksicht auf die Klägerin und die bestehenden vertraglichen Verpflichtungen zu schließen.

Die lediglich zwei Tage aufrechterhaltende Schließungsverfügung begründe kein Kündigungsrecht. Auch die Presseberichterstattung stelle keinen die außerordentliche Kündigung rechtfertigenden wichtigen Grund im Sinne des § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB dar. Die Tatsachen, die eine wichtigen Grund darstellten, müssten aus dem Risikobereich des Kündigungsempfängers herrühren, was hier nicht der Fall sei. Die Klägerin habe alle ihre zur Verfügung stehenden Mittel ergriffen, dem Presseartikel der SVZ entgegenzuwirken und eine Gegendarstellung - jedoch erfolglos - verlangt. Nennenswerte Schäden aufgrund der Presseberichte habe der Beklagte ohnehin nicht erlitten.

Bei der Vereinbarung über die Vertragsstrafe handele es sich um eine individuell von den Parteien ausgehandelte Vereinbarung. Selbst wenn es sich bei der Vertragsstrafenklausel um eine allgemeine Geschäftsbedingung handele, sei diese nicht nach § 9 AGBG unwirksam. Die Vertragsstrafe sei auch nicht überhöht. Sie solle den Mieter zur ordentlichen Vertragserfüllung anhalten. Gerade für den Beklagten sei dies bedeutsam, da sein Geschäft im Haupteingangsbereich der Passage liege. Wenn dies nicht geöffnet sei, sei auch der Haupteingang verschlossen mit der Folge, dass die übrigen Läden nur erschwert über den Nebeneingang zugänglich seien. Ein Verstoß gegen die Betriebspflicht verringere die Attraktivität der Passage für potentielle Mietinteressenten.

Zur Verteidigung der vom Landgericht zuerkannten Mietminderung trägt der Beklagte vor, dass sie nicht gemäß § 539 BGB a.F. ausgeschlossen sein, weil ihm zwar das Umfeld des Mietobjekts bekannt gewesen sei, der zugrundeliegende Mäusebefall aber erstmals 1999 aufgetreten sei. Bei Abschluss des Mietvertrages im Jahre 1996 habe der Beklagte nicht davon ausgehen können und müssen, dass mit erhöhtem Mäusebefalls zu rechnen sei.

II. (Berufung der Klägerin)

Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.

1.

Der Klägerin wurden erstinstanzlich 69.176,80 € zugesprochen, aberkannt 26.198,94 €. Mit der Berufung erstrebt sie Verurteilung des Beklagten zur Zahlung weiterer 37.881,49 €; sie erweitert die Klage somit um 11.682,55 € zusätzlich.

a) Das Urteil des Landgerichts lässt sich rechnerisch nachvollziehen, wenn man die offenkundigen Schreibfehler auf Seite 13 des Urteils im zweiten Absatz in der 6. und 7. Zeile berichtigt:

In der 6. Zeile muss es richtig statt 871,00 DM 31.871,00 DM heißen, in der 7. Zeile statt 767,70 DM richtig 8.767,70 DM. b) Nach Berechnung des Senats kann die Klägerin folgende Beträge geltend machen, bis 31.12.2001 DM, danach €:

 Zeitraumgesch. Mietegez. MieteRückstand
5/98-10/98 Keller522,00 x 6 = 3.132,002.435,00697,00
1998 November8.375,20 + 522 = 8.897,207.586,40 + 406 = 7.992,40788,80 + 116 = 904,80
Dezember- " -- " -788,80 + 116 = 904,80
1999 Januar- " -- " -788,80 + 116 = 904,80
Februar- " -- " -788,80 + 116 = 904,80
März- " -- " -788,80 + 116 = 904,80
April- " -- " -788,80 + 116 = 904,80
Mai- " -- " -788,80 + 116 = 904,80 ./. 7.030,60
Juni6.374,20 (6.008,80 + 365,40) 7.586,40 + 4060
Minderung um 30 %xxx
Juli6.374,204.214,66 + 406 = 4.620,661.753,54
August6.374,204.620,661.753,54
September6.374,204.620,661.753,54
Oktober6.374,204.620,661.753,54
November6.374,204.620,661.753,54
Dezember6.374,204.620,661.753,54
2000 Januar6.374,204.620,661.753,54
Februar6.374,204.620,661.753,54
März6.374,204.620,661.753,54
April6.374,204.620,661.753,54
Mai6.374,204.620,661.753,54
Juni6.374,204.620,661.753,54
Juli6.374,204.620,661.753,54
August6.374,204.620,661.753,54
September6.374,204.618,661.755,54
Oktober6.374,204.618,661.755,54
November6.374,204.618,661.755,54
Dezember6.374,204.618,661.755,54
2001 Januar6.374,204.618,661.755,54
Februar6.374,20812,005.562,20
März6.374,204.618,661.755,54
April6.374,204.618,661.755,54
Mai6.374,204.618,661.755,54
Juni8.897,204.618,664.278,54
Juli8.897,204.618,664.278,54
August8.897,204.618,664.278,54
September8.897,204.618,664.278,54
Oktober8.897,204.618,664.278,54
November8.897,204.618,664.278,54
Dezember8.897,204.618,664.278,54
2002 Januar4.549,062.361,452.187,61
Februar4.549,0604.549,06
März4.549,0604.549,06
April4.549,0604.549,06 (15.834,79)

Nach den unangefochtenen Feststellungen des landgerichtlichen Urteils hat der Beklagte die in der 3. Spalte aufgelisteten Zahlungen erbracht, insbesondere die für den Monat Juni 1999. Die Addition der gesamten Mietrückstände von 57.311,13 € mit der Vertragsstrafe von 11.838,45 € ergibt einen Betrag von 69.149,58 €.

2.

Der Klägerin steht für die Monate Juli 1999 bis Mai 2001 nur ein um 30 % geminderter Mietzins i. H. v. 6.374,20 DM zu (6.008,80 DM + 365,40 DM).

a) Die Minderung ist nicht nach § 539 BGB a.F. ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift stehen dem Mieter mietrechtliche Gewährleistungsrechte nicht zu, wenn er den Mangel der Mietsache bei Abschluss des Mietvertrages kennt. Davon ist vorliegend nicht auszugehen. Zwar hatte der Beklagte bereits vor Abschluss des hier streitgegenständlichen Mietvertrages auf dem gleichen Grundstück in einem Altbau ein Ladenlokal angemietet und kannte deswegen die Örtlichkeit, insbesondere die teilweise mit verfallenen Gebäuden bebauten Grundstücke der Nachbarschaft. Dies steht der Kenntnis des Mangels nicht gleich. Nach Auffassung des OLG München (NJW-RR 1994, 654 = WuM 1993, 607) ist der Mietzins nicht herabzusetzen, wenn die Beeinträchtigung zwar erst im Laufe der Mietzeit eintritt, der Mieter jedoch bei Abschluss des Mietvertrages mit dem Eintritt der Störung rechnen musste. In jenem Fall war bei Abschluss des Mietvertrages abzusehen, dass umfangreichere Baumaßnahmen auf einem Nachbargrundstück erfolgen würden. Die durch die Bauarbeiten von dem Nachbargrundstück dann ausgehenden Beeinträchtigungen waren in dem Falle als vertraglich vorausgesetzt zu werten. So liegen die Dinge hier indes nicht nicht. Die Klägerin trägt nicht vor, dass in der Zeit vor Abschluss des streitgegenständlichen Mietvertrages schon eine Mäuseplage in dem Gebiet aufgetreten war und der Kläger davon wusste. Selbst wenn sich in jener Zeit in der Gegend des Marienplatzes Trümmergrundstücke, zum Abriss bestimmte und verfallene Häuser befanden, so folgt daraus nicht, dass dort auch mit Mäusen und Ratten zu rechnen war. Wollte man dies annehmen, so müsste das gleiche für große Bereiche in Altbaugebieten des Beitrittsgebietes kurz nach der Wiedervereinigung gelten.

b) Es ist bewiesen, dass das Gebäude, in dem sich das vermietete Ladenlokal befindet, in der fraglichen Zeitraum von Mäusen befallen war. Die Angriffe der Klägerin gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts greifen nicht durch. Sie setzt im Wesentlichen ihre eigene Würdigung an die Stelle der des Landgerichts. Damit ist ein Rechtsfehler jedoch nicht dargetan. Das Landgericht kam im Ergebnis rechtsfehlerfrei und in der Begründung ohne Denkfehler zu dem Ergebnis, dass der Mäusebefall in dem oben genannten Zeitraum vorhanden war. Der Senat kann die Tatsachenfeststellung in dem Urteil lediglich daraufhin überprüfen, ob konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen gegeben sind (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Dies ist nicht der Fall. Aus dem Gutachten des Biologen Reiner Pröll geht hervor, dass bei dessen Ortsbesichtigung am 14.10.1999 Mäusebefall vorhanden war. Aus seinen Feststellungen und des Ergebnisses seiner Anhörung hat das Landgericht rechtsfehlerfrei den Schluss auf einen Mangel der Mietsache durch Mäusebefall gezogen. In dem Gutachten befindet sich zwar explizit kein Hinweis auf den Beginn des Mäusebefalls. Ein solcher tritt jedoch nicht von heute auf morgen auf, er muss deshalb bereits einige Zeit vor dem Monat Oktober 1999 vorhanden gewesen sein. Auch aus dem Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen lässt sich entnehmen, dass das Gebäude von Mäusen befallen gewesen sein muss.

Aus den Aussagen der Zeugen Grunwald, Kröger, Schubarg und Nels geht hervor, dass der Mäusebefall bereits seit dem Jahre 1998 vorhanden gewesen sein muss. Der Zeuge Nels war 1999 mit der Schädlingsbekämpfung beauftragt. Er fand Spuren von Mäusebefall vor. Die Zeugen Grunwald, Kröger und Schubarg stellten im Rahmen ihrer Tätigkeit bei dem Beklagten von Anfang an, d.h. von Beginn des Mietverhältnisses an Mäusebefall fest. Dies bedeutet, dass der Befall auch schon im Juni 1999 vorhanden war. Bezüglich der Glaubwürdigkeit dieser Zeugen bestehen keine durchgreifenden Bedenken, obgleich sie Angestellte des Beklagten sind, bzw. waren. Insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese Zeugen bewusst zum Nachteil der Klägerin falsch aussagten.

Die Klägerin kann auch nicht mit Erfolg einwenden, das Landgericht habe nur an einzelnen Tagen Mäusebefall festgestellt, nicht aber durchgehend. Steht der Sachmangel zu einem bestimmten Zeitpunkt fest, so obliegt dem gem. § 536 BGB a.F. für die Mangelbehebung verantwortlichen Vermieter der Nachweis, dass ihm in der Folgezeit dessen Beseitigung gelungen ist (BGH NZM 2000, 549).

c) Die Minderung ist nicht wegen fehlender Mängelanzeige gem. § 545 Abs. 2 BGB a. F. ausgeschlosssen. Der Beklagte zeigte den Mäusebefall mit Schreiben vom 26.06.1999 an. Ob die Miete für den gesamten Monat Juni 1999 gemindert ist, kann dahinstehen, denn der Beklagte hat ausweislich der Feststellungen des angefochtenen Urteils die Miete für diesen Monat in voller Höhe entrichtet.

d) Die Höhe der vom Landgericht anerkannten Minderung ist nicht zu beanstanden. Diese beruht auf der Ausübung tatrichterlichen Ermessens, die der Senat nur eingeschränkt darauf überprüfen kann, ob sie auf grundsätzlich falschen oder offenbar unsachlichen Erwägungen beruht, wesentlichen Tatsachenvortrag außer acht lässt oder ob ein erforderlicher Beweis nicht erhoben wurde. Das Landgericht schätzte die Minderungsquote mit knapper, aber vertretbarer Begründung gem. § 287 ZPO auf 30 %. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass Mäusebefall gerade in einem Lebensmittel- bzw. Fruchtgeschäft besonders schwer wiegt. Der Beklagte musste besondere Vorkehrungen gegen den Schutz vor dem Mäusebefall treffen und seine Waren zusätzlich sichern. Außerdem liegt es auf der Hand, dass die Nutzung des Ladenlokals erheblich beeinträchtigt war, da besonders die weiblichen Angestellten des Beklagten durch das jederzeit mögliche Auftreten des ekelerregenden Mäusebefalls - etwa das Auffinden von toten Mäusen - in Angst und Schrecken versetzt wurden.

III. Berufung des Beklagten

Die zulässige Berufung des Beklagten ist ebenfalls unbegründet.

1. Die Addition der gesamten Mietrückstände von 57.311,13 € mit der Vertragsstrafe von 11.838,45 € ergibt, wie oben dargelegt, einen Betrag von 69.149,58 €. Dies ist geringfügig weniger als der titulierte Betrag. Diese Differenz liegt indessen nicht in dem Bereich, den der Beklagte angefochten hat, so dass insoweit das Urteil nicht abzuändern ist.

2. (Miete)

Gemäß § 535 Abs. 2 BGB ist der Beklagte zur Zahlung der Miete für die Monate Februar bis April 2002 verpflichtet. Die fristlosen Kündigungen vom 23.01.2002 und 25.01.2002 beendeten das Mietverhältnis nicht.

a) Die fristlose Kündigung vom 23.01.2002 war nicht wirksam.

aa) Insoweit tritt der Senat der Begründung des Landgerichts bei. Ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung gem. § 543 Abs. 1, 2 S. 1 Nr. 1 BGB lag nicht vor. Ein solcher hätte zwar in einem nachhaltigen Rattenbefall und der dauernden Schließung des Geschäftslokals durch die Ordnungsbehörde gelegen. Hier ist jedoch zu berücksichtigen, dass es sich nur um eine vorläufige Schließung handelte, die die zuständige Behörde bereits nach zwei Tagen wieder aufhob. Da am 25.01.2002 kein Rattenbefall mehr festgestellt werden konnte und ein solcher auch danach nicht mehr auftrat, lag kein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung gem. § 543 Abs. 1, 2 S. 1 Nr. 1 BGB vor.

bb) Außerdem hätte der Beklagte der Klägerin gemäß § 543 Abs. 3 S. 1 BGB eine angemessene Frist zur Abhilfe setzen müssen. Eine erfolgreiche Rattenbekämpfung erfordert erfahrungsgemäß einen längeren Zeitraum. Ein etwaiges Kündigungsrecht konnte der Beklagte erst nach Aufforderung zur Mängelbeseitigung ausüben (OLG Düsseldorf NJW-RR 2003, 1017). Ausnahmen nach § 543 Abs. 3 Satz 2 BGB liegen nicht vor.

b) Das Mietverhältnis wurde auch nicht durch die Kündigung vom 25.01.2002 beendet.

aa) Diese ist in der Sache identisch mit der vom 23.01.2002, sie war nur an den Bevollmächtigten der Klägerin gerichtet. Das Landgericht musste diese Kündigung deshalb nicht besonders rechtlich würdigen, da sie inhaltlich keine neue Begründung im Vergleich zu der vom 23.01.2002 enthielt. Sie war nur rechtlich auf § 569 Abs. 1 Satz 1 BGB analog gestützt. Die Gesichtspunkte, die der Beklagte in der Berufungsbegründung anführt, sind in der Kündigung nicht erwähnt.

bb) Die Kündigung war nicht gem. § 569 Abs. 1 BGB gerechtfertigt. Diese Vorschrift war zwar hier gemäß § 578 Abs. 2 Satz 2 BGB entsprechend anwendbar, da die Geschäftsräume zum Aufenthalt von Menschen bestimmt waren. Da jedoch am 25.01.2002 die Schließungsverfügung bereits aufgehoben war, weil kein Rattenbefall mehr festgestellt wurde, konnte der Gesichtspunkt der Gesundheitsgefährdung nicht mehr zur Begründung der Kündigung herangezogen werden. Abgesehen davon wäre auch bei einer Kündigung nach § 569 Abs. 1 Satz 1 BGB eine Abhilfefrist oder Abmahnung erforderlich gewesen (Palandt/Weidenkaff, BGB, 62. Aufl., Rn. 9 zu § 569).

c) Der Beklagte kann auch keinen Grund zur fristlosen Kündigung gem. § 543 Abs. 1 S. 2 BGB daraus herleiten, dass eine Schweriner Tageszeitung über die Rattenplage berichtete. Diese Veröffentlichung hätte dann die außerordentliche Kündigung rechtfertigen können, wenn die Klägerin sie lanciert hätte. Zwischen den Parteien steht aber außer Streit, dass die Veröffentlichung nicht auf Informationen der Klägerin beruhte; im Gegenteil, sie versuchte den Widerruf der Veröffentlichung, bzw. eine Gegendarstellung zu erwirken.

Der Beklagte legt nicht dar, dass ihm die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden konnte. Die Klägerin weist zurecht darauf hin, dass aus dem Artikel direkt nicht hervorgeht, dass der Laden des Beklagten geschlossen wurde. Er konnte im Übrigen sein Ladengeschäft sofort am 25.01.2002 wiedereröffnen und Kunden, die möglicherweise aufgrund des Zeitungsartikels abgesprungen waren, zurückgewinnen. Den kurzfristig durch den Zeitungsartikel geschaffenen Eindruck konnte er in zumutbarer Weise beseitigen.

3. Vertragsstrafe

a) Der Beklagte greift die Verurteilung zur Zahlung der Vertragsstrafe dem Grunde nach ohne Erfolg an.

aa) Die Betriebspflicht kann durch Formularvertrag begründet werden; der Mieter wird hierdurch nicht benachteiligt, denn er mietet das Ladenlokal an, um dort gewerblich tätig zu sein. Die Attraktivität eines Einkaufszentrum hängt davon ab, dass alle Geschäfte geöffnet sind; jeder Mieter legt Wert darauf, dass auch die anderen Geschäfte betrieben werden (vgl. BGH NJW-RR 1992, 1032; OLG Düsseldorf NZM 1999, 124 = ZMR 1999, 171). Der formularmäßige Ausschluss des Konkurrenzschutzes begegnet ebenfalls keinen Bedenken (OLG Hamburg NJW-RR 1987, 403; OLG Schleswig NZM 2000, 1007; OLG Düsseldorf ZMR 1992, 445).

Die Kombination der Klauseln benachteiligt den Mieter nicht unangemessen (OLG Hamburg ZMR 003, 254). Einer zusätzlichen Sortimentsbindung unterliegt der Beklagte nicht; § 2 Nr. 3 der Allgemeinen Vertragsvereinbarungen besagen lediglich, dass die Vermieterin keinen Konkurrenz- und Sortimentsschutz gewährt. Es kann zwar für den Mieter eine Härte bedeuten, wenn er sein Geschäft weiterbetreiben muss, obwohl ein Konkurrent in unmittelbarer Nähe ein Ladengeschäft mit gleichem oder überschneidendem Sortiment betreibt. Andererseits wird - jedenfalls in einer so kleinen Einheit wie hier - ohnehin kein Vermieter so unvernünftig sein, von fünf Ladeneinheiten zwei an einen Gemüsehändler zu vermieten. Sinn des Ausschlusses des Konkurrenzschutzes ist es insbesondere, etwaigen Einwendungen des Mieters bei leichten Sortimentsüberschneidungen den Boden zu entziehen; dies vermeidet die Diskussion darüber, was zum Haupt- und Nebensortiment zu zählen ist. Vor diesem Hintergrund hat der Vermieter ein für den Mieter nachvollziehbares Interesse, von vornherein jedes Risiko auszuschließen. Die Betriebspflicht hat den Zweck, den Wert des Mietobjekts zu erhalten, denn ein nicht geöffnetes Ladenlokal verliert schnell an Wert. In einem Einkaufszentrum ist zudem das Betreiben aller Einzelhandelsgeschäfte für die Attraktivität unerlässlich.

Diese Betrachtung schließt nicht aus, dass im Einzelfall das Bestehen auf der Betriebspflicht rechtsmissbräuchlich sein kann, wenn der Vermieter eine unmittelbare Konkurrenz zu dem Gewerbebetrieb des Mieters fördert oder zulässt. Eine solche Situation besteht hier nicht. In der Ladenpassage betreibt kein anderer Mieter einen Gemüsehandel. Was den Mieter drückt, ist die Konkurrenz im S.-center; dort betreibt er jedoch selbst oder eine GmbH, an der er beteiligt ist, einen Gemüsehandel.

Die Klägerin handelt nicht rechtsmissbräuchlich, wenn sie den Beklagten an der Betriebspflicht festhält. Da allein der Mieter das geschäftliche Risiko trägt, rechtfertigen unrentable oder gar verlustbringende Geschäfte nicht den Wegfall der Betriebspflicht.

bb) Die Einwendung des Beklagten, die Vereinbarung der Vertragsstrafe widerspreche dem gesetzlichen Leitbild des § 339 BGB und sei gemäß § 9 ABGB unwirksam, da sie ohne schuldhafte Pflichtverletzung verwirkt sein solle, greift nicht durch. Es handelt sich hier nicht um ein verschuldensunabhängiges Vertragsstrafenversprechen. Das Verschuldenserfordernis muss nicht ausdrücklich erwähnt werden. Von einer verschuldensunabhängigen Vertragsstrafe ist grundsätzlich nur dann auszugehen, wenn dies als solches ausdrücklich vorgesehen ist (Wolf/Horn/Lindacher, AGBG, 4. Aufl., § 11 Nr. 6, Rn. 35; OLG Celle NJW-RR 1988, 946). Der Beklagte schuldet die Vertragsstrafe nur, wenn er in Verzug kommt (§ 339 Satz 1 BGB). Verzug setzt gemäß § 286 Abs. 4 BGB n.F./ § 285 BGB a.F. Verschulden voraus.

cc) Aus der Höhe der vereinbarten Vertragsstrafe ergibt sich kein Verstoß gegen § 9 Abs. 1 AGBG.

Von einer unangemessen hoch angesetzten Strafe, die die Unwirksamkeit zur Folge hat, ist auszugehen, wenn die Sanktion außer Verhältnis zum Gewicht des Vertragsverstoßes und zu dessen Folgen für den Vertragspartner steht (vgl. BGH, ZIP 1998, 1049 ff.; ZIP 1997, 1240 ff.; BB 1990, 1323 ff.). Dies ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs u. a. dann der Fall, wenn die Höhe der Vertragsstrafe nicht an das Gewicht des Vertragsverstoßes anknüpft, wegen fortschreitender Dauer des vertragswidrigen Zustandes kontinuierlich steigt und weder eine zeitliche noch eine summenmäßige Beschränkung vorgesehen ist. Bei Bauverträgen gilt eine Vertragsstrafe für Terminsüberschreitungen als unangemessen, wenn sie 0,5 % der Auftragssumme überschreitet oder aber die Vereinbarung einer angemessenen Höchstgrenze (nicht mehr als etwa 10 % oder gar nunmehr 5 % der Auftragssumme, vgl. BGH ZIP 2003, 908) fehlt.

Diese Rechtsprechung zu Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Bauverträgen ist auf Dauerschuldverhältnisse wie gewerbliche Mietverträge nicht zu übertragen (BGHZ 154, 171 = NJW 2003, 2158 = ZfIR 2003,632). Bei Bauverträgen verfällt eine typischerweise zeitabhängige Vertragsstrafe beim Verzug mit einer einmalig zu erbringenden Leistung. Dann liegt die unangemessene Benachteiligung des Vertragsstrafenschuldners vor allem in der Gefahr, dass die ständig wachsende Vertragsstrafe seine eigenen Vertragsansprüche aufzehren, außer Verhältnis zum möglichen Schaden des Vertragsstrafengläubigers geraten und diesem sogar eine von seinem Sachinteresse nicht mehr gedeckte Vermögensquelle eröffnen kann (vgl. BGHZ, 85, 305 [312,314] m.w.N.; BGH WM 1989, 449; BGH ZIP 1997, 1240 ff.). So liegen die Dinge im Falle des fortgesetzten vorsätzlichen Verstoßes gegen die in einem Gewerbemietvertrag vorgeschriebene Betriebspflicht nicht. Sie ist eine Dauerverpflichtung; der Mieter ist zu Beginn eines jeden Werktages verpflichtet, sein Geschäft zu öffnen.

Der Gesetzgeber hat die Vertragsstrafe mit einer doppelten Zielrichtung zugelassen. Zum einen soll sie als Druckmittel den Schuldner zur ordnungsgemäßen Erbringung der versprochenen Leistung anhalten. Zum anderen eröffnet sie dem Gläubiger im Verletzungsfall die Möglichkeit einer erleichterten Schadloshaltung ohne Einzelnachweis. So ist es auch hier, denn der Beklagte soll zur Einhaltung der Betriebspflicht angehalten werden und die Klägerin den durch mangelndes Betreiben des Geschäfts entstehenden Schaden abdecken können. Dass der Klägerin ein solcher Schaden entsteht, liegt auf der Hand (Entwertung des Objekts durch Leerstand, Verwahrlosung, mangelndes Interesse der Kundschaft und potentieller Mieter).

Die Vertragsstrafenklausel, wie sie die Parteien miteinander vereinbart haben, knüpft nicht an verschiedene, ihrem Gewicht nach unterschiedliche Vertragsverstöße an, sondern einzig an den, dass die vertraglich übernommene Betriebspflicht nicht eingehalten wird. Darin jedoch ist eine Hauptpflicht des Mieters eines Ladenlokals zu erkennen, wobei die Höhe der Vertragsstrafe ihr Äquivalent im Gewicht des Vertragsverstoßes findet.

Zwar wächst die Vertragsstrafe mit der Dauer der Vertragsverletzung summenmäßig ohne Begrenzung an. Der Mieter hat es jedoch in der Hand, das Geschäft zu betreiben und so der Strafe zu entgehen. In einem solchen Fall muss die Vertragsstrafe lediglich in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere des mit ihr geahndeten Verstoßes stehen. Der Betrag von 340,00 DM pro Tag des Nichtbetreibens liegt nicht außer Verhältnis zu dem der Klägerin bei Nichtbetrieb des Ladenlokals entstehenden Schadens und knüpft an den Umfang der von dem Beklagten geschuldeten Leistung an. Bei der Prüfung der Angemessenheit der Vertragsstrafe im Rahmen des § 9 AGBG ist nicht auf den theoretisch denkbaren Extremfall abzustellen, sondern darauf, in welchem Verhältnis der täglich anfallende Betrag von 340,00 DM zu dem steht, was ein Leerstand des Gebäudes - verbunden mit einem Wertverlust und erschwerter Vermietbarkeit für den Vermieter bedeutet, der seinem Vertragspartner durch diese Klausel von Anfang an deutlich gemacht hat, dass er allergrößten Wert auf gewissenhafte Vertragserfüllung legt (BGHZ, 85, 305 [312,314]; BGH WM 1989, 449; BGH ZIP 1997, 1240 ff.). Die Vertragsstrafe i. H. v. 340,00 DM pro Tag ist zwar - ausgehend von 25 Werktagen im Monat - höher als die Miete für einen Tag, jedoch nicht unangemessen hoch. Maßgeblich sind wiederum Sinn und Zweck der Vertragsstrafenregelung, die darauf abzielt, die Einkaufspassage mit lebendigen Geschäften zu erhalten. Damit wird letztlich sowohl jedem einzelnen Geschäftsinhaber gedient als auch dem Eigentümer des Objekts. Wenn einzelne Geschäftsinhaber ihr Ladenlokal leerstehen lassen, so macht dies auf potentielle neue Mieter und auf Kunden einen verheerenden Eindruck. dd) Schließlich hat die Klägerin dem Beklagten die Betreiberpflicht nicht erlassen. In ihrem Schreiben vom 12.05.1999 heißt es dazu:

"Neben den Mietforderungen werden auch 5 % Vertragsstrafe geltend gemacht, da ihr Mandant seiner Betreiberpflicht an den Samstagen nicht nachgekommen ist. Die Vereinbarung, dass die Läden bis Mitte März 1999 an den Samstagen geschlossen haben durften, war an die Voraussetzung geknüpft, dass alle rückständigen Mietforderungen beglichen werden."

Diese Bedingung, freiwillige Zahlung der rückständigen Miete, ist nicht eingetreten, denn Gegenstand des Rechtsstreits sind gerade rückständige Mietforderungen auch aus der Zeit vor dem 12.05.1999.

b) Der Höhe nach hat das Landgericht die Vertragsstrafe richtig berechnet.

aa) Gemäß § 8 Abs. 2 des Mietvertrages fällt für jeden Tag, an dem der Beklagte seiner Betreiberpflicht nicht nachkommt, eine Vertragsstrafe von 5 % der Nettokaltmiete an. Dies sind für die Zeit bis Mai 1999 340,00 DM pro Tag und für die Zeit von Juni 1999 bis August 2000 238,00 DM pro Tag. Insgesamt ergibt dies für den ersten Zeitraum 8.160,00 DM und für den zweiten Zeitraum 14.994,00 DM.

bb) Das Landgericht hat § 8 Abs. 2 des Vertrages rechtsfehlerfrei ausgelegt. Die Vertragsregelung ist nicht in dem Sinn auszulegen, dass die Vertragsstrafe pro Tag nur 5 % der Tagesmiete, d.h. 5 % von 266,66 DM (6.800,00 : 30) beträgt. Nach dem Wortlaut der Klausel beträgt die Vertragsstrafe 5 % der Grundmiete - das ist die in § 5 des vertrages festgelegte Monatsmiete - für jeden Tag, an dem der Mieter sein Geschäft nicht betreibt. Fiele nur eine Vertragsstrafe von 5 % aus 266,66 DM = 11,35 DM pro Tag an, so wäre der Sinn der Vertragsstrafenregelung, Druck auf den Mieter auszuüben, verfehlt. Eine Vertragsstrafe von lediglich 11,35 DM pro Tag wäre kein effektives Druckmittel.

IV.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zuzulassen. Im übrigen liegen die Zulassungsvoraussetzungen gem. § 546 ZPO nicht vor.

Ende der Entscheidung

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