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Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 30.03.2009
Aktenzeichen: 3 U 165/08
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 117 Abs. 4 | |
ZPO § 233 | |
ZPO § 234 | |
ZPO § 234 Abs. 1 Satz 1 | |
ZPO § 234 Abs. 2 | |
ZPO § 236 Abs. 2 | |
ZPO § 236 Abs. 2 Satz 2 |
Oberlandesgericht Rostock Beschluss
In dem Rechtsstreit
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock am 30.03.2009 beschlossen:
Tenor:
1. Der Antrag der Klägerin vom 15.12.2008, ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung und Begründung der Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Stralsund vom 28.03.2008 zu gewähren, wird zurückgewiesen.
2. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Stralsund vom 28.03.2008 wird verworfen.
3. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
4. Die Parteien werden aufgefordert binnen 3 Wochen zum Streitwert Stellung zu nehmen.
Gründe:
I.
Mit Urteil vom 28.03.2008 hat das Landgericht die Klage der Klägerin abgewiesen. Das Urteil ist den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 01.04.2008 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 30.04.2008 - eingegangen per Telefax am selben Tag - hat die Klägerin durch ihre Prozessbevollmächtigte Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren unter Beifügung einer als Entwurf bezeichneten elfseitigen Berufungs- und Berufungsbegründungschrift beantragt. Dem Telefaxschreiben sind die Prozesskostenhilfeunterlagen nicht beigefügt gewesen. Diese sind erst mit dem Originalschriftsatz nach Ablauf der Berufungsfrist am 05.05.2008 beim Oberlandesgericht eingegangen. Mit Verfügung vom 09.05.2008 hat der Vorsitzende des Senats die Klägerin darauf hingewiesen, dass die Prozesskostenhilfeunterlagen verspätet eingegangen seien. Die Verfügung ist den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 13.05.2008 zugegangen. Diese haben mit Schriftsatz vom 23.05.2008 - eingegangen bei Gericht per Telefax am 28.05.2008 - Wiedereinsetzung in die Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist beantragt und glaubhaft gemacht, dass die unterlassene Beifügung der Prozesskostenhilfeunterlagen auf einem nicht verschuldeten Versehen beruht habe.
Mit Beschluss vom 26.11.2008 hat der Senat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels nachgewiesener Bedürftigkeit der Klägerin abgelehnt. Nach Zustellung des Beschlusses am 04.12.2008 hat die Klägerin mit am 16.12.2008 per Telefax eingegangenem Schriftsatz vom 15.12.2008 wegen der Versäumung der Rechtsmittelfristen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt unter gleichzeitiger Einlegung der Berufung gegen das landgerichtliche Urteil und deren Begründung auf nunmehr 24 Seiten. Die nicht rechtzeitige Übermittlung des Prozesskostenhilfegesuches nebst aller Anlagen habe auf einem Versehen einer zuverlässigen langjährigen Büroangestellten beruht. Die Antragstellerin habe ebenso wie in mehreren anderen Rechtsstreitigkeiten mit der Gewährung von Prozesskostenhilfe rechnen dürfen.
II.
Der gemäß §§ 233, 234 ZPO statthafte und insbesondere binnen der Frist des § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO rechtzeitig gestellte und auch sonst gemäß § 236 Abs. 2 ZPO zulässige Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist unbegründet.
1.
Eine arme Partei, die ein Rechtsmittel einlegen will, hat grundsätzlich Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn sie ihr Prozesskostenhilfegesuch - wie hier - bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist eingereicht hatte. Das setzt allerdings voraus, dass dem Antrag auf Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Rechtsmittelverfahrens innerhalb der Rechtsmittelfrist eine ausgefüllte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst insoweit notwendigen Belegen beigefügt war. Denn für den Regelfall schreibt § 117 Abs. 4 ZPO zwingend vor, dass sich der Antragsteller zur Darlegung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des durch die Verordnung vom 17.10.1994 eingeführten Vordrucks bedienen muss. Ein Antragsteller kann deswegen grundsätzlich nur dann davon ausgehen, die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe dargelegt zu haben, wenn er rechtzeitig vor Ablauf der Rechtsmittelfrist einen ordnungsgemäß ausgefüllten Vordruck nebst den erforderlichen Anlagen zu den Akten reicht (st. Rspr.; vgl. u.a. BGH, Beschl. v. 13.02.2008, XII ZB 151/07, FamRZ 2008, 871).
Einen solchen vollständigen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat die Klägerin hier erst mit dem Originalschriftsatz nach Ablauf der Berufungsfrist am 05.05.2008 eingereicht.
2.
Ist innerhalb der Berufungsfrist - wie hier - kein Rechtsmittel und auch kein vollständiger Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe eingegangen, kommt allerdings gleichwohl eine Wiedereinsetzung in die versäumte Rechtsmittelfrist in Betracht, wenn der verspätete Eingang der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht auf einem dem Rechtsmittelführer zurechenbaren Verschulden beruht (BGH, Beschl. v. 02.04.2008, XII ZB 131/06, FamRZ 2008, 1166, 1167).
Es kann vorliegend unterstellt werden, dass die unterlassene Beifügung der Prozesskostenhilfeunterlagen zum Telefaxschreiben vom 30.04.2008 den Prozessbevollmächtigten der Klägerin nicht als Verschulden anzulasten ist.
3.
Gleichwohl ist der Wiedereinsetzungsantrag der Klägerin unbegründet, weil der Wiedereinsetzungsantrag mit der nachgeholten Berufung nicht innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist der §§ 234 Abs. 1 Satz 1, 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO eingegangen ist.
Die Wiedereinsetzungsfrist beginnt nach § 234 Abs. 2 ZPO mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist. Das ist in Fällen der Prozesskostenarmut spätestens der Zeitpunkt der Zustellung des Prozesskostenhilfebeschlusses. Wenn der Antragsteller aber schon früher nicht mehr mit einer Bewilligung der beantragten Prozesskostenhilfe rechnen kann, beginnt die Wiedereinsetzungsfrist bereits in diesem Zeitpunkt. Die Frist für den Antrag auf Wiedereinsetzung in die Rechtsmittelfrist beginnt also spätestens in dem Zeitpunkt, in dem der Partei ein gerichtlicher Hinweis zugeht, dass die Voraussetzungen für eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht vorliegen. Jedenfalls ab diesem Zeitpunkt muss der Antragsteller mit der Ablehnung des Prozesskostenhilfegesuchs rechnen; er darf deswegen mit seinem Wiedereinsetzungsgesuch und der Nachholung der versäumten Prozesshandlung nicht über die 14-tägige Frist (§§ 234 Abs. 1 Satz 1, 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO) hinaus zuwarten, bis das Gericht über sein Gesuch entscheidet. Gleiches gilt, wenn der Antragsteller Umstände erfährt, die ein weiteres Vertrauen auf die Bewilligung der beantragten Prozesskostenhilfe erschüttern. Das ist etwa der Fall, wenn der Antragsteller - wie hier - erfährt, dass sein Antrag entgegen der ausdrücklichen Anweisung seiner Prozessbevollmächtigten nicht in vollständiger Form rechtzeitig dem Berufungsgericht übersandt worden ist. Im Hinblick auf die insoweit eindeutige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss ihm damit bekannt sein, dass eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe vernünftigerweise nicht mehr in Betracht kommt (BGH, Beschl. v. 19.11.2008, XII ZB 108/08, NJW 2009, 854 Tz 11 f.).
Vorliegend ist den Prozessbevollmächtigten mit Verfügung vom 09.05.2008 mitgeteilt worden, dass kein vollständiger Prozesskostenhilfeantrag bis zum Ablauf der Berufungsfrist bei Gericht eingegangen sei. Sie haben zwar mit Schriftsatz vom 23.05.2008 binnen 2 Wochen Wiedereinsetzung beantragt, nicht aber die versäumte Prozesshandlung nachgeholt. Die versäumte Prozesshandlung ist nicht der vollständige Prozesskostenhilfeantrag gewesen, sondern die Einlegung der Berufung.
4.
Der Senat kann damit die Frage, ob die von der Klägerin geltend gemachte Mittellosigkeit für die Fristversäumung kausal geworden ist, dahinstehen lassen (vgl. BGH, Beschl. v. 06.05.2008, VI ZB 16/07, MDR 2008, 994 m.w.N.).
III.
Ist eine Wiedereinsetzung in die Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist nicht gerechtfertigt, hat die Klägerin diese Fristen versäumt und die Berufung ist zu verwerfen (§ 522 Abs. 1 ZPO).
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs 1 ZPO.
Ende der Entscheidung
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