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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 26.02.2009
Aktenzeichen: 3 U 212/08
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, EGBGB, ZGB


Vorschriften:

ZPO § 522 Abs. 2
BGB § 195 a.F.
BGB § 197 Abs. 1 Nr. 2
BGB § 758
BGB § 2033 Abs. 1 S. 1
BGB § 2042 Abs. 2
EGBGB Art. 231 § 6 Abs. 1
EGBGB Art. 231 § 6 Abs. 1 Satz 2
ZGB § 474 Abs. 1 Nr. 3
ZGB § 474 Abs. 1 Nr. 5
ZGB § 475 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Rostock Beschluss

3 U 212/08

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock am 26.02.2009 beschlossen:

Tenor:

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Schwerin vom 27.06.2008 wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Gegenstandswert des Berufungsverfahrens: bis zu 65.000,00 EUR

Gründe:

1.

Die Berufung ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Sie ist nach § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen. Der Beklagte ist mit Hinweisschreiben vom 06.11.2008 auf das beabsichtigte Vorgehen hingewiesen worden. Seine Stellungnahmen geben keinen Anlass, die Erfolgsaussicht seiner Berufung abweichend vom Hinweisschreiben vom 06.11.2008 zu beurteilen.

a.

Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger durch eine sogenannte Abschichtungsvereinbarung aus der Erbengemeinschaft der am 02.04.1985 verstorbenen E. B., geb. M. ausgeschieden ist.

(1)

Miterben können gegen Abfindung einverständlich aus einer Erbengemeinschaft ausscheiden (sogenannte Abschichtung). Ein entsprechendes Aufgeben der Mitgliedschaftsrechte an der Erbengemeinschaft, insbesondere auf das Auseinandersetzungsguthaben, ist eine Gestaltungsmöglichkeit der vom Gesetz formfrei zugelassenen vertraglichen Erbauseinandersetzung und nicht als Verfügung über den Erbteil i. S. v. § 2033 Abs. 1 S. 1 BGB zu verstehen (vgl. § 738 BGB). Als Folge des Ausscheidens aus der Erbengemeinschaft wächst der Erbteil des ausgeschiedenen den verbleibenden Miterben kraft Gesetzes an (ständ. Rechtsprechung; vgl. u. a. BGH, Urt. v. 21.01.1998, IV ZR 346/96, NJW 1998, 1557; Urt. v. 27.10.2004, IV ZR 174/03, NJW 2005, 284; KG, Urt. v. 05.07.2006, 25 U 52/05, ErbR 2008, 399, 400 ff.).

Das Formerfordernis greift nur, aber auch immer dann ein, wenn die Abfindung darin bestehen soll, dass der Erbe ein Grundstück oder einen GmbH-Anteil im Wege der Abschichtung aus dem Nachlass erhalten soll (vgl. u. a. Graf, Nachlassrecht, 9. Aufl. [2008], Ziff. 4.875).

Die Frage, ob eine Abschichtung eine Abfindung voraussetzt, ist bislang nicht abschließend geklärt. Sie stellt sich im vorliegenden Verfahren schon deshalb nicht, weil der Beklagte die Vereinbarung einer Abschichtungsvereinbarung mit einer Abfindung behauptet hat und weil - unstreitig - mit dem Ausscheiden aus der Erbengemeinschaft der verstorbene Ehemann der Klägerin von etwaigen Verbindlichkeiten und Schulden betreffend den Nachlass befreit worden wäre.

(2)

Der Beklagte hat eine solche Abschichtungsvereinbarung zwar behauptet, den ihm obliegenden Beweis aber nicht geführt. Es verbleiben jedenfalls letzte nicht ausgeräumte Zweifel daran, ob seine Behauptung wahr ist selbst unter Berücksichtigung dessen, dass wegen des langen Zeitablaufs keine überhöhten Anforderungen an eine Beweisführung zu stellen sind. Das Landgericht hat sich nach Vernehmung der von dem Beklagten benannten Zeugin Sindram nicht die nötige Überzeugung davon bilden können, dass der verstorbene Ehemann der Klägerin mit seinen Miterben nach Frau E. B. vereinbart hat, er scheide unmittelbar aus der Erbengemeinschaft aus. Die vom Landgericht vorgenommene Beweiswürdigung ist keinen durchgreifenden Einwänden ausgesetzt. Der Beklagte setzt lediglich seine Beweiswürdigung an die Stelle der des Landgerichts.

Die Aussage der Zeugin S. lässt sich durchaus dahin verstehen, dass man zwar über ein Ausscheiden des Ehemannes der Klägerin aus der Erbengemeinschaft nach Frau E. B. gesprochen, aber eine endgültige und verbindliche Regelung noch nicht getroffen hat und auch nicht hat treffen wollen. Denkbar, wenn nicht sogar lebensnah ist vielmehr, dass die Beteiligten erst noch die Frage der Abfindung haben endgültig klären wollen und insbesondere einen Ausgleich in Gestalt von LPG-Anteilen und im voraus erhaltenen Zuwendungen wie das von der Zeugin erwähnte Sparbuch. Die Erwägung des Landgerichts, ein Rechtsbindungswille der Beteiligten der Unterredung sei nicht hinreichend sicher feststellbar, ist danach überzeugend. Dies gilt umso mehr als es ungewöhnlich wäre, sich ohne konkrete Vorstellung über den Wert eines Nachlasses, zu dem Grundstück und Anteile an landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften mit einem erheblichen Wert gehört haben, "quasi ins Blaue hinein" auf eine Abschichtung im Rechtssinne einzulassen. Gerade der Umstand, dass es zulässig ist, eine Erbengemeinschaft formfrei durch Abschichtung teilauseinanderzusetzen, stellt erhöhte Anforderungen an die Feststellung eines Rechtsbindungswillens, der von der Zeugin gerade nicht durch Tatsachen bestätigt worden ist.

Auf einen Rechtsbindungswillen der Beteiligten kann insbesondere nicht wegen späterer Umstände rückgeschlossen werden. Soweit der Beklagte geltend macht, der verstorbene Ehemann der Klägerin habe neun Jahre lang keinerlei Ansprüche auf den Nachlasss oder aus dem Nachlass gestellt, lässt sich dies auch damit erklären, dass eine Erbauseinandersetzung gerade noch nicht erfolgt ist und auch nicht gewollt gewesen ist. Die Behauptung des Beklagten, es sei 1993 zu einem erheblichen Windbruch gekommen und die Beteiligten seien sich seinerzeit wiederum einig gewesen, dass der verstorbene Ehemann der Klägerin aus der Erbengemeinschaft ausgeschieden sei, hat die Zeugin S. gerade nicht bestätigt. Ihre Aussage,

"Einmal hat H. zu mir gesagt, wie dieser Windbruch war, was für ein Glück, dass wir beide nichts mehr damit zu tun haben. Ich habe selbst gesehen, wie zerstört der Wald gewesen ist, da war viel Arbeit zu machen."

muss nicht zwingend dahin verstanden werden, dass der verstorbene Ehemann der Klägerin auch rechtlich im Sinne einer Mitbelastung seines Erbteils und nicht nur tatsächlich mit den Windbruchschäden nicht mehr befasst gewesen sei.

b.

Der Auskunftsanspruch der Klägerin ist nicht verjährt. Anders könnte es nur dann sein, wenn dieser Anspruch bereits am 02.10.1990 verjährt gewesen wäre. Denn ein Erbauseinandersetzungsanspruch und der zugehörige Auskunftsanspruch ist gemäß Art. 231 § 6 Abs. 1 EGBGB nach den ab dem 03.10.1990 geltenden §§ 2042 Abs. 2, 758 BGB unverjährbar bzw. verjährt gem. §§ 195 BGB a.F., 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB in dreißig Jahren, wenn der in Anspruch genommene Miterbe im Besitz der Erbschaft ist (vgl. u.a. Staudinger/Werner, Kommentar zum BGB, 13. Aufl., § 2042 Rn. 48). Eine Verjährung des Anspruchs vor dem 03.10.1990 ist nicht gegeben, weil der Erbauseinandersetzungsanspruch und der zugehörige Auskunftsanspruch nicht unter § 474 Abs. 1 Nr. 3 ZGB zu subsumieren ist, wonach eine Verjährungsfrist von vier Jahren gilt. Denn richtigerweise fällt der Erbauseinandersetzungsanspruch, weil er auch Herausgabeansprüche beinhaltet, unter § 474 Abs. 1 Nr. 5 ZGB, der eine Verjährungsfrist von zehn Jahren vorschreibt. Im Übrigen ist nicht dargetan, wann die Verjährungsfrist gemäß § 475 Nr. 2 ZGB i.V.m. Art. 231 § 6 Abs. 1 Satz 2 EGBGB begonnen hat.

c.

Ebensowenig kommt eine Verwirkung in Betracht. Der Beklagte hat keinerlei Tatsachen dafür vorgebracht, dass das für den Verwirkungstatbestand erforderliche sogenannte Umstandsmoment erfüllt ist.

2.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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