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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 04.08.2006
Aktenzeichen: 3 U 62/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 42 Abs. 1
ZPO § 42 Abs. 2
ZPO § 44 Abs. 3
ZPO § 522
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Rostock Beschluss

3 U 62/06

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock durch

die Richterin am Oberlandesgericht B., den Richter am Oberlandesgericht B. den Richter am Amtsgericht Dr. W.

am 04.08.2006 beschlossen:

Tenor:

Das Ablehnungsgesuch gegen den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht E. und den Richter am Oberlandesgericht Dr. J. vom 28.07.2006 wird zurückgewiesen. Soweit sich das Gesuch darüber hinaus gegen die mit der Angelegenheit betrauten Richter des Senats richtet, wird dieses als unzulässig verworfen.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt von den Beklagten rückständige Miete. Die Beklagten wollen hiergegen eine Minderung sowie Schadensersatzansprüche geltend machen.

In einem vorangegangenen Verfahren hatte die Klägerin die Beklagten bereits auf rückständige Miete für die Zeit von Januar 2000 bis November 2004 in Anspruch genommen. An der Entscheidung in dieser Sache im Berufungsverfahren wirkten die namentlich abgelehnten Richter mit. Eine Berufung der Beklagten in diesem Verfahren hatte keinen Erfolg. Dabei hatte der Senat ausgeführt, dass eine Minderung durch die mietvertraglichen Vereinbarungen ausgeschlossen sei, so dass die Beklagten diese nicht den klägerischen Ansprüchen mit Erfolg entgegensetzen könnten. Um die wirksame Vereinbarung dieses Ausschlusses und den seinerzeit vom Senat beurteilten Vertragsinhalt ging es auch in dem jetzigen Berufungsverfahren zum Aktenzeichen 3 U 62/06, denn die Parteien streiten nunmehr über die Mieten Dezember 2004 bis Juli 2005. Da es in dem Folgeprozess um die äquivalenten Streitpunkte zum Verfahren 3 U 38/05 gehe und die abgelehnten Richter an der Entscheidung im Vorprozess mitgewirkt haben, stehe zu befürchten, dass diese die Angelegenheit nicht mit der gebotenen Objektivität betrachten, um das seinerzeit ergangene Urteil zu schützen. In diesem Urteil habe der Senat einen Großteil der von Amts wegen zu beachtenden Probleme nicht gesehen. Würde der Senat diese nunmehr beachten und zugunsten der Beklagten entscheiden, müssten die abgelehnten Richter eingestehen, dass ihr seinerzeitiges Urteil falsch war. Als Indiz, dass der Senat statt dessen sein Urteil im Verfahren 3 U 38/05 schützen wolle, sei der Umstand zu erblicken, dass der Vorsitzende Richter am Oberlandesgericht E. der Beklagten zu 1. noch keine Prozesskostenhilfe bewilligt hat, obgleich die Berufungseinlegung hiervon abhängig gemacht worden sei. Statt dessen habe er mit Hinweis vom 15.06.2006 zu erkennen gegeben, dass eine Zurückweisung der Berufung nach § 522 ZPO beabsichtigt sei.

II.

1. Soweit mit dem Ablehnungsgesuch über die namentlich benannten Richter hinaus die mit der Sache betrauten Richter als befangen abgelehnt werden, ist das Gesuch bereits unzulässig.

Gem. § 42 Abs. 1 ZPO kann ein Richter abgelehnt werden wenn er Kraft Gesetzes von der Ausübung des Richteramtes ausgeschlossen ist (§ 41 ZPO) oder die Besorgnis der Befangenheit besteht. Wegen der Besorgnis der Befangenheit findet gem. § 42 Abs. 2 ZPO die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Hierzu ist ein Verhalten des Richters erforderlich, welches aus Sicht einer vernünftig denkenden Partei objektiv geeignet ist, den Anschein einer Befangenheit zu begründen (Senatsbeschluss vom 12.04.2002 - 3 W 73/01; OLG Schleswig OLGR 2002, 16). Auf den subjektiven Eindruck der Partei kommt es dabei nicht an.

Da die Befürchtung der Befangenheit des Richters ihre Ursuche im Verhalten des Richters hat, kommt auch nur die Ablehnung des konkret bezeichneten Richters als befangen in Betracht. Die Ablehnung muss sich also auf einen einzelnen oder mehrere einzelne mit dem Verfahren befasste Richter beziehen, die bestimmt zu bezeichnen sind. Nicht ablehnbar ist das Gericht als solches, ein ganzer Spruchkörper (Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 42 Rn. 3 m.w.N.). Daher können auch nicht die sämtlich mit der Entscheidung betrauten Richter ohne näher bestimmte Angaben abgelehnt werden. Der Partei muss vielmehr, will sie objektive Gründe im Verhalten des Richters für die Annahme seiner Befangenheit geltend machen, zugemutet werden, in die Geschäftsverteilungspläne des Gerichtes Einsicht zu nehmen, um dann ihren Befangenheitsverdacht zu prüfen und zu konkretisieren. Anderenfalls ist das Gesuch bereits unzulässig.

2. Gegen die namentlich bezeichneten Richter des Senates ist das Ablehnungsgesuch zwar zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Nach herrschender Meinung genügt die Mitwirkung des Richters an einem früheren Verfahren über den gleichen Sachverhalt, das zu einer der gesuchstellenden Partei ungünstigen Entscheidung geführt hat, grundsätzlich nicht als Ablehnungsgrund (Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 42 Rn. 15 m.w.N.). Dem schließt sich der Senat an.

Zweck des Ablehnungsverfahrens ist es, den Parteien eine unvoreingenommene und faire Verhandlung und eine gerechte Entscheidung zu sichern. Es soll den Prozessparteien jedoch nicht den Weg eröffnen, durch Ausnutzung ihres Ablehnungsrechts die Besetzung des Gerichtes solange zu tangieren, bis ein Spruchkörper geschaffen ist, der die Rechtsauffassung der gesuchstellenden Partei teilt. Es bietet also nicht die Möglichkeit, sich eines Richters mit abweichender Rechtsauffassung zu entledigen (so auch Senatsbeschluss vom 12.04.2002, a.a.O.).

3. Soweit die Beklagte zu 1) Zweifel an der Unparteilichkeit des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht E. daraus herleiten will, dass dieser einen Hinweis nach § 522 ZPO erteilte, er statt dessen aber zunächst hätte über das Prozesskostenhilfegesuch der Beklagten zu 1) befinden müssen, geht dies gänzlich ins Leere. Hierfür fehlt es schlicht an dem entsprechenden Gesuch der Beklagten zu 1). Weder sie noch ihr Prozessbevollmächtigter hat ein solches in dem Berufungsverfahren eingereicht. Der Berufung ist ebenso wie der Berufungsbegründungsschrift ein solcher Antrag gleichfalls nicht zu entnehmen.

4. Von der Einholung einer dienstlichen Äußerung der abgelehnten Richter konnte der Senat vorliegend Abstand nehmen. Von der Regelvorschrift des § 44 Abs. 3 ZPO kann abgewichen werden, wenn es sich um ein globales Gesuch oder ein solches ohne individuellen Ablehnungsgrund handelt (Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 44 Rn. 4). Einen solchen Fall sieht der Senat hier.

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