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Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Urteil verkündet am 10.12.2007
Aktenzeichen: 3 U 7/07
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 407 Abs. 1 |
Oberlandesgericht Rostock IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Laut Protokoll verkündet am: 10.12.2007
In dem Rechtsstreit
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19.11.2007
für Recht erkannt:
Tenor:
I. Die Berufung des beklagten Amtes gegen das Urteil des Landgerichts Schwerin vom 14.12.2006 - Az.: 3 O 520/06 - wird zurückgewiesen.
II. Das beklagte Amt trägt die Kosten der Berufung.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Das beklagte Amt kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Gründe:
I.
Die Klägerin fordert aus abgetretenem Recht Miete und Schadensersatz.
In den Jahren 2000 und 2001 schloss die Firma B & S B. und S. mbH (im weiteren B & S) mit dem beklagten Amt vier mit "Mietvertrag" überschriebene Verträge über Kopiergeräte jeweils für die Dauer von fünf Jahren fest ab. B & S hatte die Geräte von der Klägerin geleast. Jeweils kurz nach Vertragsabschluss trat B & S die Zahlungs- und Herausgabeansprüche aus dem Vertrag an die Klägerin ab, was dem beklagten Amt jeweils mitgeteilt wurde.
Über das Vermögen der B & S wurde im September 2004 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter bevollmächtigte die Klägerin zur weiteren Durchführung der Mietvertragsverhältnisse.
Bis einschließlich November 2004 zahlte das beklagte Amt die vertraglich geschuldeten Mieten an die Klägerin. Danach erfolgten keine Zahlungen mehr. Die Klägerin kündigte darauf hin mit Schreiben vom 31.08.2005 die Verträge wegen Zahlungsverzuges fristlos. Mit ihrer Klage begehrt sie die Mietrückstände bis zur fristlosen Kündigung nebst Zinsen, Rücklastschriftgebühren, abgezinsten Raten sowie Wertersatz für die Geräte, die nicht zurückgegeben wurden in Höhe von insgesamt 22.352,48 €.
Die Parteien streiten über die rechtliche Einordnung der Verträge als Leasing- oder Mietverträge. Das beklagte Amt, das die Ansicht vertritt, dass befristete Mietverträge abgeschlossen worden seien, behauptet, diese seien durch Vereinbarung mit B & S aufgehoben worden, so dass die Klägerin keine Zahlung mehr beanspruchen könne. Die Klägerin meint, dass sie als Zessionarin die behaupteten Vertragsaufhebungen nicht gegen sich gelten lassen müsse, weil es sich bei den streitgegenständlichen Verträgen um Leasingverträge handele.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes nimmt der Senat Bezug auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung.
Mit Urteil vom 14.12.2006 gab das Landgericht Schwerin der Klage überwiegend statt; es verurteilte die Beklagte zur Zahlung in Höhe von 22.352,48 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.07.2006.
Hiergegen richtet sich die Berufung des beklagten Amtes, das Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung und Abweisung der Klage beantragt. Es beanstandet die rechtliche Wertung des Landgerichts, wonach der Zessionar eines befristeten Mietvertrages den gleichen Schutz genießen müsse wie der eines Leasingvertrages.
II.
Die zulässige Berufung des beklagten Amtes hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat es zu Recht antragsgemäß zur Zahlung rückständiger Miete und Schadensersatz verurteilt.
1.
Das Bestreiten der Aktivlegitimation der Klägerin wiederholt das beklagte Amt in der Berufungsinstanz nicht. Die Ausführungen des Landgerichts hierzu sind auch nicht zu beanstanden.
2.
Soweit die Klägerin Zahlungen bis einschließlich September 2005 verlangt, macht sie Erfüllungsansprüche auf rückständige Mieten aus den streitgegenständlichen Verträgen über die Kopiergeräte geltend. Diese Ansprüche werden in ihrer vertraglichen Grundlage und nach ihrer Berechnung vom beklagten Amt nicht bestritten. Ihre Begründetheit hängt daher davon ab, ob die Ansprüche entgegen der vom beklagten Amt behaupteten Aufhebungen der streitgegenständlichen Verträge in der Zeit von Oktober 2002 bis März 2004 bestehen geblieben sind.
Ihre weitergehenden Ansprüche auf Schadensersatz begründet die Klägerin mit der endgültigen Erfüllungsverweigerung des beklagten Amtes und mit der daraufhin ausgesprochenen Kündigung vom 31.08.2005. Auch diese Forderung, deren Höhe ebenfalls unstreitig ist, kann nur berechtigt sein, wenn die Zahlungspflicht des beklagten Amtes nicht durch die behaupteten Vertragsaufhebungen entfallen ist. Darüber hinaus setzt der Anspruch die Wirksamkeit der von der Klägerin als Zessionarin ausgesprochenen Kündigung voraus. Gegen diese bestehen allerdings keine Zweifel, denn unstreitig hat der Insolvenzverwalter die Klägerin zur weiteren Durchführung des Vertragsverhältnisses bevollmächtigt und dies der Beklagten mitgeteilt.
3.
Es bedarf vorliegend keiner Entscheidung, ob die streitgegenständlichen Verträge rechtlich als Leasing- oder als Mietverträge einzuordnen sind. Wegen der vereinbarten Befristung der Vertragslaufzeit ist die behauptete Aufhebung derselben nach Abtretung der Mietforderungen gegenüber der Klägerin als Zessionarin nicht wirksam (§ 407 Abs. 1 BGB).
a) Nach § 407 Abs. 1 BGB muss der neue Gläubiger - hier die Klägerin - ein Rechtsgeschäft, das nach der Abtretung zwischen dem Schuldner und dem bisherigen Gläubiger in Ansehung der Forderung vorgenommen wird, dann nicht gegen sich gelten lassen, wenn der Schuldner die Abtretung bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts kennt.
Die Kenntnis der Beklagten von der Abtretung zum Zeitpunkt der behaupteten Aufhebung der streitgegenständlichen Verträge durch entsprechende Vereinbarungen mit der Gemeinschuldnerin in der Zeit von Oktober 2002 bis März 2004 ist unstreitig.
b) Nach allgemeiner Meinung können auch künftige Forderungen abgetreten werden (Palandt/ Grüneberg, BGB, 66. Aufl., § 398 m. w. N.). Vollendet ist der durch die Abtretung eingetretene Rechtserwerb erst mit der Entstehung der Forderung (BGH, Urt. v. 19.09.1983, II ZR 12/83, BGHZ 88, 206; BGH, Urt. v. 16.03.1995, IX ZR 72/94, NJW 1995, 1668, 1671). Die Abtretung wird folglich gegenstandslos, wenn die Forderung überhaupt nicht (für den Fall der Abtretung einer künftigen Werklohnforderung, die noch von der Erbringung der Unternehmerleistung abhängig war und durch Übertragung dieser Verpflichtung auf einen anderen Unternehmer gegenstandslos wurde - vgl. BGH, Urt. v. 07.03.1973, VIII ZR 204/71, WM 1973, 489) oder nicht in der Person des Zedenten entsteht (für den Fall der Vorausabtretung der Auseinandersetzungsforderung eines GmbH-Gesellschafters, wenn dieser seinen Geschäftsanteil an einen Dritten abtritt, bevor in seiner Person ein Auseinandersetzungsanspruch entstanden ist - vgl. BGH, Urt. v. 19.09.1983, II ZR 12/83, BGHZ 88, 206).
c) Für einen auf bestimmte Zeit abgeschlossenen Leasingvertrag hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass der Zessionar eine nach der Abtretung zwischen Leasinggeber und Leasingnehmer vereinbarte Abkürzung der Vertragslaufzeit oder eine Aufhebung des Leasingvertrages nicht gegen sich gelten lassen muss, wenn der Leasingnehmer bei Abschluss der Vereinbarung die Abtretung kennt, weil ihm mit dem Anspruch aus einem Leasingvertrag keine befristete, sondern eine betagte Forderung abgetreten worden sei (Urt. v. 28.03.1990, VIII ZR 17/89, NJW 1990, 1785, 1787).
d) Der Senat ist der Ansicht, dass auch bei einem befristet abgeschlossenen Mietverhältnis eine nach Abtretung der Miete getroffene Vereinbarung der Vertragspartner über eine vorzeitige Beendigung des Vertragsverhältnisses gegenüber dem Zessionar keine Wirkung entfaltet, wenn der Schuldner über die Abtretung unterrichtet ist (§ 407 Abs. 1 BGB).
Zwar handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung des BGH bei dem Anspruch auf künftige Miete um eine befristete Forderung, die erst zur Entstehung gelangt, wenn sie abschnittsweise für den jeweiligen Gebrauchsüberlassungszeitraum fällig wird. Jeweils bei Fälligkeit erwächst aus dem zwar einheitlichen Mietverhältnis eine neue Verpflichtung (BGH, Urt. v. 05.04.1965, WM 1965, 628 unter II.1.c). Die Partner eines auf bestimmte Zeit abgeschlossenen Mietvertrages haben jedoch ihr gesetzliches Gestaltungsrecht, den Vertrag jederzeit zu kündigen, für einen bestimmten Zeitraum vertraglich abbedungen. An diese in dem Schuldverhältnis angelegte Bindung an den Vertrag auf eine bestimmte Zeit müssen sie sich bei Kenntnis des Schuldners von der Abtretung gegenüber dem Zessionar festhalten lassen.
aa) Bei einem unbefristet geschlossenen Mietverhältnis sind die Vertragspartner berechtigt, jederzeit einseitig den bestehenden Vertrag - unter Beachtung der gesetzlich vor-geschriebenen Fristen - zu kündigen. Dieses Kündigungsrecht besteht auch nach Abtretung und Kenntnis des Schuldners hierüber fort (BGH, Urt. v. 23.03.2004, XI ZR 14/03, NJW-RR 2004, 1347; Palandt/Grüneberg, BGB, 66. Aufl., § 404 Rn 4). Das folgt aus § 404 BGB, der den Zessionaren nur vor solchen Einwendungen schützt, die erst nach der Abtretung der Forderung an ihn eingetreten sind. § 404 BGB dient dem Zweck, eine Verschlechterung der Verteidigungsmöglichkeiten des Schuldners infolge der Forderungsabtretung zu verhindern (Palandt/Grüneberg, a. a. O. § 404 Rn 1). Daher erfasst die Vorschrift alle Einwendungen des Schuldners, die, ohne in ausschließlicher Beziehung zum Gläubiger zu stehen, in dem Schuldverhältnis, so wie es zur Zeit der Forderungsabtretung bestand, ihre Grundlage finden, selbst wenn die Tatsachen, auf die sich die Einwendungen gründen, erst nach Abtretung entstanden sind (BGH, Urt. v. 23.03.2004, a. a. O.). Das gilt auch dann, wenn die Einwendung dadurch entstanden ist, dass der Schuldner erst nach der Abtretung ein in dem Schuldverhältnis angelegtes Gestaltungsrecht, wie das Recht zur Kündigung oder zu einer sonstigen einseitigen Durchsetzung der Vertragsbeendigung (für den Fall eines vertraglich vereinbarten Rücktrittsvorbehalt vgl. BGH, Urt. v. 16.10.1985, VIII ZR 287/84, NJW 1986, 919) ausgeübt hat (BGH, Urt.v. 23.03.2004, a. a. O.).
Bei einem unbefristet geschlossenen Mietvertrag ist die Kündigungsmöglichkeit des Mieters ihrem Rechtsgrund nach bereits im Zeitpunkt der Abtretung der Miete im Schuldverhältnis zwischen Vermieter und Mieter angelegt. Ist er danach trotz Abtretung der Miete und Kenntnis des Schuldners hierüber zur jederzeitigen Kündigung des unbefristet geschlossenen Mietvertrages berechtigt, können Vermieter und Mieter folglich nicht gehindert sein, auch nach Abtretung der künftig fällig werdenden Mieten und Kenntnis des Mieters hierüber das Vertragsverhältnis durch entsprechende Vereinbarung jederzeit zu beenden.
bb) Demgegenüber begründet ein befristeter Mietvertrag auf Seiten des Vermieters in erster Linie dessen Anspruch auf die Miete für den vertraglich vereinbarten Zeitraum, ohne dass der Mieter berechtigt ist, sich innerhalb der vereinbarten Vertragslaufzeit einseitig vom Vertrag zu lösen. Wird der Vertrag durch Vereinbarung zwischen Vermieter und Mieter aufgehoben oder abgekürzt, dann entfällt nicht nur der Schuldgrund, sondern auch der Bestand der Mietforderung. Insoweit ist die vorzeitige Aufhebung eines befristeten Mietvertrages ohne weiteres mit dem Erlass einer Forderung vergleichbar (BGH, Urt. v. 28.03.1990, a. a. O.), den auch die Literatur einhellig als Anwendungsfall für ein vom Zessionar nicht hinzunehmendes Rechtsgeschäft ansieht (vgl. RGRK, BGB, 12. Aufl., § 407 Rn. 4; Roth in MüKo, BGB, 4. Aufl., § 407 Rn. 6; Soergel-Zeiss, BGB, 12. Aufl., § 407 Rn 1; Busche in Staudinger, BGB, § 407 Rn. 14; Palandt/Grüneberg, a. a. O. § 407 Rn. 4). Dass zugleich mit der Aufhebung des Mietforderungen auch der gesamte Vertragsinhalt für die Zukunft beendet wurde, kann keinen Unterschied machen, weil es allein auf die Wirkung der Vereinbarung hinsichtlich der abgetretenen Forderung ankommt (BGH, Urt.v. 28.03.1990, a. a. O.).
e) Im Ergebnis zu Recht hat es das Landgericht folglich dahinstehen lassen, ob man die von den Parteien als "Mietvertrag" bezeichneten Verträge dem Inhalt nach als Leasingverträge qualifizieren muss. Wegen der vereinbarten Befristung ist beiden Vertragsgestaltungen gemein, dass eine längere, zeitlich bestimmte Vertragsbindung gewollt ist, die nach Abtretung der Forderung und Kenntnis des Schuldners hierüber nicht durch eine Aufhebung des betreffenden Vertrages oder Abkürzung seiner Laufzeit vorzeitig beendet werden kann.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gem. §§ 708 Nr. 10, 710 ZPO.
Der Senat lässt die Revision zu der Frage zu, ob der Zessionar eine Vereinbarung der Vertragspartner über die vorzeitige Beendigung eines befristet geschlossenen Mietvertrages gegen sich gelten lassen muss, wenn dem Schuldner die Abtretung bekannt ist.
Ende der Entscheidung
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