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Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 30.08.2007
Aktenzeichen: 3 W 107/07
Rechtsgebiete: SOG M-V, GG
Vorschriften:
SOG M-V § 55 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) | |
SOG M-V § 55 Abs. 1 Nr. 2 lit. c) | |
GG Art. 104 Abs. 2 Satz 2 |
2. Das Gebot der unverzüglichen richterlichen Vorführung aus Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG muss nicht durch Transportverzögerungen von 2 3/4 Stunden von der Ingewahrsamnahme bis zum Eintreffen in der GESA verletzt sein. Solche Verzögerungen können in der besonderen Situation des 05.06.2007, dem Tag vor dem Beginn des G 8-Gipfels, sachlich begründet sein (vgl. OLG Rostock, Beschl. v. 21.08.2007, Az. - 3 W 102/07 - und v. 28.08.2007, Az. - 3 W 109/07 -).
Oberlandesgericht Rostock Beschluss
In dem Freiheitsentziehungsverfahren
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock am 30.08.2007 beschlossen:
Tenor:
Die weitere sofortige Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des Landgerichts Rostock vom 06.06.2007 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Der Antrag des Betroffenen, ihm Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt S. zu bewilligen, wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Der Betroffene erstrebt die Feststellung der Rechtswidrigkeit seiner Freiheitsentziehung.
Am 05.06.2007 um 19.45 Uhr wurde der Betroffene am Flughafen R.-L. in Gewahrsam genommen. Nach dem Aktenvermerk des Polizeibeamten V. über die Angaben der Tatbeobachterin I. C., 1. BPA D., BPZ 142 blockierte der Betroffene mit drei weiteren Personen die Zufahrt zum Kreisverkehr.
Bereits am 08.05.2007, beim Treffen der Arbeitsminister der Europäischen Union in D., hatte der Betroffene versucht, nachts die Absperrung des Hotels B. zu überwinden. Er wurde dort durch Kräfte der 1. BPA D., BPZ 142 gestellt. Gegen die damalige Festnahme hatte sich der Betroffene massiv zur Wehr gesetzt. Damals kündigte er weitere Straftaten an. So äußerte er: "In H. werdet ihr brennen!". Nach dem Kurzbericht der Polizei und dem Vorführbericht soll der Betroffene erklärt haben: "In R. werdet ihr brennen!".
Um 21.00 Uhr wurde der Betroffene zum Transport übergeben. Nach dem GESA-Ablaufplan traf er um 22.30 Uhr in der GESA ein; ab 22.56 Uhr wurden zunächst seine Daten aufgenommen. Anschließend wurde ihm um 23.20 Uhr eine Zelle und um 23.46 Uhr ein Sachbearbeiter zugewiesen. Zum Zeitpunkt 06.06.2007, 00.07 Uhr ist als sonstiges Ereignis unter Bemerkungen "richterliche Vorführung" eingetragen.
Nach dem Vermerk des Amtsrichters wurde der Betroffene um 00.20 Uhr vorgeführt. Sodann wurde ihm ein Rechtsanwaltsgespräch gestattet. Um 00.35 Uhr forderte der Richter den "Bericht V." an, der um 00.40 Uhr vorlag. Um 00.50 Uhr wurde dem Betroffenen ein weiteres Rechtsanwaltsgespräch gewährt. Im Protokoll des Amtsgerichts Rostock über die mündliche Anhörung des Betroffenen am 06.06.2007 ist als Beginn der Anhörung 01.04 Uhr, als ihr Ende 01.18 Uhr vermerkt.
Vor dem Amtsgericht machte der Betroffene keine Angaben zur Sache. Sein Prozessbevollmächtigter beantragte die sofortige Freilassung, da ein wirksamer Haftantrag nicht vorliege. Es sei keine Haftzeit beantragt worden. Die Angaben der Polizeibeamten zum Ort der Festnahme seien widersprüchlich. Der Betroffene, habe nicht "blockiert", er sei am Straßenrand festgenommen worden. Widersprüchlich sei auch die Wiedergabe seiner angeblichen Äußerung: "In H. werdet ihr brennen! / In R. werdet ihr brennen!". In D. werde gegen ihn nur wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte ermittelt. Das deute darauf hin, dass die Äußerung nicht gefallen sei, da ansonsten auch wegen Bedrohung und Beleidigung ermittelt worden wäre. Mit Beschluss vom selben Tag ordnete das Amtsgericht Rostock die Fortdauer des polizeilichen Gewahrsams bis zum 08.06.2007, 22.00 Uhr, sowie die sofortige Wirksamkeit dieser Entscheidung an. Das Amtsgericht hielt die polizeiliche Ingewahrsamnahme für rechtmäßig, da der Betroffene bereits am 08.05.2007 in D. versucht habe, die dortige Absperrung des Tagungsortes der EU-Arbeitsminister zu überwinden. Er habe Widerstand gegen seine Festnahme geleistet und eine Körperverletzung zum Nachteil eines Polizeibeamten begangen. Insoweit werde ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft D. geführt. Der Betroffene habe mit weiteren Personen eine Zufahrt blockiert. Eine Wiederholung des in D. gezeigten Verhaltens sei zu erwarten. Das rechtfertige auch die Fortdauer der Ingewahrsamnahme.
Nach der richterlichen Anhörung wurde der Betroffene in der GESA in die Zelle für "JVA B. Langzeitgewahrsam" verlegt und am Morgen des 06.06.2007 in die JVA B. verbracht; der letzte Eintrag des GESA-Ablaufplanes erfolgte um 07.16 Uhr.
Gegen den amtsrichterlichen Beschluss hatte der Betroffene sofort mündlich sofortige Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdeeinlegung wurde weder im amtsgerichtlichen Protokoll noch in einem gesonderten Vermerk festgestellt. Auf telefonische Nachfrage des Landgerichts vom 06.06.2007 bestätigte der Amtsrichter die Beschwerdeeinlegung. Die Kammervorsitzende ersuchte daraufhin um Vorführung des Betroffenen für 15.30 Uhr des selben Tages. Um 16.20 Uhr beantragte der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen dessen sofortige Freilassung. Die Polizei habe nur ein einziges Fahrzeug zur Vorführung eingesetzt. Er versichere anwaltlich, dass in der Nacht vom 05.06.2007 auf den 06.06.2007 in der GESA U.straße nur für die Betroffenen Richter und P. die polizeilichen Ingewahrsamnahmen richterlich bestätigt worden seien. Es habe keinen sachlichen Grund für die Verlegung des Betroffenen nach B. gegeben, außer dem Bestreben Vorführungen und damit Freiheitsentziehungen in die Länge zu ziehen.
Das Landgericht Rostock hörte den Betroffenen noch am 06.06.2007 an; der genaue Zeitpunkt der Anhörung ist im Protokoll nicht vermerkt.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 06.06.2007, der ausweislich des Zustellungsvermerks dem Verfahrensbevollmächtigten des Betroffenen noch am 06.06.2007 um 22.55 Uhr ausgehändigt wurde, wies das Landgericht die Beschwerde zurück. Die Kammer ist der Ansicht, die polizeiliche Ingewahrsamnahme des Betroffenen sei gem. § 55 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) u. lit. c) SOG M-V rechtmäßig gewesen. Zur Begründung führt sie aus, der Betroffene habe beim Treffen der Arbeitsminister der Europäischen Union nachts versucht die Absperrung des Hotels zu überwinden. Er sei dort durch Polizeikräfte gestellt worden. Gegen die Festnahme habe er sich massiv zur Wehr gesetzt. Er habe weitere Straftaten angekündigt und geäußert: "In H. werdet ihr brennen!" Dieser Sachverhalt stehe auf Grund der in Form eines Aktenvermerks vorliegenden Aussage der Tatbeobachterin C. fest. Der Betroffene habe sich zu diesem Sachverhalt nicht geäußert. Die Fortdauer der Ingewahrsamnahme sei unerlässlich. Nach dem persönlichen Eindruck des Betroffenen sei zu befürchten, dass er auch weiterhin beabsichtige, in gleicher Weise vorzugehen. Diese Annahme sei insbesondere gerechtfertigt, wenn die Begehung einer Tat angekündigt werde. Ferner bestehe eine Wiederholungsgefahr, da der Betroffene bereits aus einem vergleichbaren Anlass Straftaten, d. h. Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, begangen habe. Mildere Mittel kämen nicht in Betracht. Dem Antrag auf sofortige Freilassung sei nicht zu entsprechen gewesen. Der Grund für die Freiheitsentziehung sei nicht weggefallen. Für die Verlegung des Betroffenen in die JVA B. sei ein sachlicher Grund gegeben. Der Langzeitgewahrsam habe lediglich in der JVA B. vollstreckt werden können. Der verfassungsrechtliche Grundsatz der notwendigen richterlichen Anordnung der Freiheitsentziehung und deren Unmittelbarkeit erstrecke sich primär auf die erstinstanzliche gerichtliche Entscheidung.
Mit der am 19.06.2007 beim Oberlandesgericht eingereichten sofortigen weiteren Beschwerde beantragt der Betroffene, unter Aufhebung der Beschlüsse des Amts- und Landgerichts festzustellen, dass die Ingewahrsamnahme des Betroffenen von Anfang an rechtswidrig war, hilfsweise das Verfahren zur erneuten Sachentscheidung an eine andere Kammer des Landgerichts Rostock zurückzuverweisen. Ferner beantragt er, ihm Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt S. zu bewilligen.
Weiter beantragt der Betroffene mit Schreiben vom 05.07.2007 die Akten der Staatsanwaltschaft D. über die strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen ihn wegen des Vorfalles vom 08.05.2007 in D. sowie die Akten der Bundespolizei über den Vollzug seiner Ingewahrsamnahme beizuziehen.
Der Berichterstatter wies den Betroffenen am 10.07.2007 schriftlich darauf hin, dass nicht beabsichtigt sei, die Akten der Staatsanwaltschaft D. und der Bundespolizei beizuziehen. Zudem merkte er an, dass hinsichtlich des Prozesskostenhilfeantrages des Betroffenen noch die Unterlagen über dessen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse fehlten. Mit Schreiben vom 20.07.2007 bat der Betroffene um richterlichen Hinweis, ob die Rechtsauffassung des Berichterstatters auch die des gesamten erkennenden Senats sei. Eine weitere Begründung der sofortigen weiteren Beschwerde erfolgte ebenso wenig wie die Übersendung der PKH-Unterlagen des Betroffenen.
II.
Die sofortige weitere Beschwerde ist trotz der Freilassung des Betroffenen nach Ablauf des angeordneten Gewahrsams zulässig. Wird mit einer gerichtlichen Entscheidung tiefgreifend in ein Grundrecht eingegriffen, so gebietet der aus Art. 19 Abs. 4 GG abgeleitete effektive Rechtsschutz auch nach Beendigung der freiheitsentziehenden Maßnahme vor Erschöpfung des Rechtsmittelweges, dem Betroffenen die Möglichkeit zu geben, den Grundrechtseingriff auf seine Rechtmäßigkeit hin überprüfen zu lassen (BVerfG NJW 2002, 206).
Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
1.
Das Landgericht hat zu Recht die sofortige Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen.
Zwar hat das Landgericht bei seiner Überprüfung nicht ausdrücklich auf den Zeitpunkt der amtsgerichtlichen Entscheidung abgestellt. Es hat seiner Entscheidung jedoch den bei der Ingewahrsamnahme und amtsrichterlichen Anhörung festgestellten Sachverhalt zugrundegelegt.
Gegen die Begründung des Landgerichts, die die erstinstanzliche Entscheidung stützt, ist aus Rechtsgründen nichts zu erinnern. Die amtsrichterliche Entscheidung gemäß § 56 Abs. 5 SOG M-V erfasst zum einen die Überprüfung der Rechtmäßigkeit des vorangegangenen polizeilichen Zugriffs (a.) und hat auch und insbesondere über die Erforderlichkeit der Fortdauer des Gewahrsams zu befinden. Dies erfordert die Prüfung, ob im Zeitpunkt seiner Entscheidung die Fortdauer der Freiheitsentziehung zur Abwehr der fortbestehenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung geboten ist (b.).
a) Hierbei hat sich der Richter zunächst damit auseinanderzusetzen, ob die Polizeibeamten den Betroffenen zu Recht in Gewahrsam genommen haben. War die Ingewahrsamnahme bereits rechtswidrig, so lässt sich ihre Fortdauer allenfalls dann rechtfertigen, wenn neue Erkenntnisse hinzukommen.
Bei der Beurteilung der Rechtmäßig- oder Rechtswidrigkeit der polizeilichen Ingewahrsamnahme ist auf die Situation unmittelbar vor dem Zugriff abzustellen. Für die Annahme einer polizeilichen Gefahr genügt es, dass bei objektiver Sicht zur Zeit des polizeilichen Einschreitens die Tatsachen auf eine drohende Gefahr hindeuten, ohne dass sofort eindeutig Klarheit geschaffen werden kann (BGH, Beschl. vom 27.10.1988 - III ZR 256/87, BGHR Verwaltungsrecht, Allg. Grundsätze, Polizeirecht 1; OLG Hamm, Urt. v. 07.06.1978 - IV A 330/77, NJW 1980, 138). Spätere Erkenntnisse nach eingehender Beweisaufnahme sind nicht zu berücksichtigen, da diese den vollziehenden Polizeibeamten vor Ort nicht zur Verfügung standen.
Die auf eine polizeiliche Gefahr deutenden Tatsachen waren vorliegend gegeben. Die Ingewahrsamnahme des Betroffenen war unerlässlich, um die unmittelbar bevorstehende Begehung einer Straftat zu verhindern (§ 55 Abs. 1 Nr. 2 SOG M-V). Es muss eine akute Bedrohung der öffentlichen Sicherheit vorliegen. Angesichts der Intensität des Eingriffs ist es erforderlich, dass im konkreten Fall nachvollziehbare Tatsachen vorliegen, die zu der Gewissheit führen, dass der Schaden sofort oder in allernächster Zeit eintritt. Der bloße "Eindruck" reicht nicht aus (Rachor in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl., F, Rn. 570; vgl. auch Marschner/Volckart, Freiheitsentziehung und Unterbringung, 4. Aufl., E, Rn. 50). Der Gefahrenmaßstab der Unmittelbarkeit des § 55 Abs. 1 Nr. 2 SOG M-V unterscheidet sich nicht von einer gegenwärtigen Gefahr (vgl. Heyen, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, in: Manssen, Staats- und Verwaltungsrecht für Mecklenburg-Vorpommern, S. 255). Die gegenwärtige Gefahr ist in § 3 Abs. 3 Nr. 3 SOG M-V als eine Sachlage, bei der das die öffentliche Sicherheit oder Ordnung schädigende Ereignis bereits eingetreten ist (Störung) oder unmittelbar oder in allernächster Zeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bevorsteht, legal definiert (vgl. auch BVerfGE 115, 320, 363 zu § 31 PolG NW 1990). Das bedeutet, dass ein Schaden für Rechtsgüter in unmittelbarer Zukunft, in allernächster Zeit zu erwarten ist, wenn nicht in die Entwicklung eingegriffen wird (LVerfG M-V, LKV 2000, 345, 349 "großer Lauschangriff").
Es kann vorliegend dahingestellt bleiben, ob der Betroffene - wie die Polizei und das Amtsgericht, nicht aber die Kammer festgestellt haben - an einer Sitzblockade der Zufahrt zum Kreisverkehr beteiligt gewesen war. Eine solche Aktion erfüllt nämlich nicht ohne weiteres den Straftatbestand einer Nötigung im Sinne von § 240 StGB (vgl. BVerfGE 73, 206; BVerfGE 92,1 aber auch BVerfGE 104, 92 mit abw. Meinung S. 124; Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl., J, Rn. 117). Selbst wenn der Betroffene die Zufahrt blockiert haben sollte, ergäbe sich aus der bloßen Sitzblockade allein nicht die Rechtmäßigkeit seiner Ingewahrsamnahme. Denn auch wenn eine solche Blockade der Straße polizeirechtlich eine Störung der öffentlichen Sicherheit wäre, dürfte ein Platzverweis zur Verhinderung hinreichend, eine Ingewahrsamnahme deshalb nicht unerlässlich i.S. von § 55 Abs. 1 SOG M-V sein. Hierfür müssten vielmehr noch weitere Umstände hinzutreten.
Die Ingewahrsamnahme des Betroffenen ist jedoch - wie das Landgericht zutreffend ausführt - bereits aus § 55 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) und c) SOG M-V begründet.
Das Landgericht hat ohne Rechtsfehler zunächst das Verhalten des Betroffenen am 08.05.2007 in D. für den Senat bindend festgestellt. Die Kammer hat sich dabei auf den Vermerk des Polizeibeamten V. über die Vernehmung der Tatbeobachterin, der Polizeibeamtin C., gestützt. Dass die Kammer der Einlassung des Betroffenen hierzu, die Äußerung sein nur "angeblich" erfolgt, keinen Glauben geschenkt hat, unterliegt keinen Rechtsfehlern sondern ist die Beweiswürdigung des Tatsachengerichts. Aufgrund des so festgestellten Sachverhalts durfte die Polizei zum Zeitpunkt ihrer Gefahrenabwehrmaßnahme den Betroffenen in Gewahrsam nehmen.
Aufgrund des festgestellten, aggressiven und strafrechtlich relevanten Vorverhaltens des Betroffenen nur einen Monat vorher in D., bei dem er durch Polizeibeamte derselben D. Einheit gestellt worden war, die ihn auch am 05.06.2007 in Gewahrsam nahm, durften die Beamten ableiten, dass sich der Betroffene auch im Rahmen von Aktionen gegen den G 8-Gipfel nunmehr vor Ort im Großraum H.-R. entsprechend verhalten werde. Diese Gefahr eines strafrechtlichen Verhaltens stand auch unmittelbar bevor, da - wie offenkundig ist - in den Abendstunden des 05.06.2007 auf dem Flughafen R.-L. die Teilnehmer des G 8- Gipfels eintreffen sollten, also gerade solche internationalen Politiker, gegen die der Betroffene auch in D. vorgegangen war. Aufgrund der Intensität seiner damaligen Handlung, nämlich den Versuch die Absperrung zu überwinden, des heftigen Widerstandes bei seiner Festnahme, die als Vortat aus vergleichbarem Anlass das Beweiszeichen des § 55 Abs. 1 Nr. 2 lit. c) SOG M-V erfüllt, und seiner Erklärung: "In H. werdet ihr brennen!", die eine Ankündigung im Sinne des Beweiszeichens des § 55 Abs. 1 Nr. 2 lit a) SOG M-V darstellt, durften die Polizeibeamten prognostizieren, dass der Betroffene mit allen Mitteln versuchen werde, sein Vorhaben, gegen die eintreffenden Politiker mit Gewalt vorzugehen, umzusetzen.
Entgegen der Auffassung des Betroffenen ist die unterschiedliche Feststellung des Wortlautes seiner Erklärung in der Akte nicht widersprüchlich. Das Landgericht hat mit seiner Feststellung hierzu zunächst die Beweislage so gewürdigt, dass der Betroffene eine solche Erklärung überhaupt abgegeben hat und es sich nicht nur um eine "angebliche" handelt. Diese Würdigung durch die Kammer ist nicht widersprüchlich, vielmehr hat die Kammer rechtsfehlerfrei sich auf den unmittelbarsten Beweis, den Aktenvermerk des Polizeibeamten V. über die Zeugenvernehmung der tatbeobachteden Polizeibeamtin, gestützt. Dass die weiter bearbeitenden Polizeibeamten in ihren Berichten diese Erklärung auf "R." bezogen haben, steht dieser Würdigung nicht entgegen. Zudem kommt es auf den genauen Wortlaut der Erklärung für deren Inhalt nicht an. Es ist eindeutig, dass die vom Betroffenen in D. bei seiner gegen die EU-Arbeitsminister gerichteten Tat erklärte Drohung sich gegen die Teilnehmer des G 8-Gipfel richtete, die in H. in der Nähe von R. tagen. Aus der so festgestellten Erklärung des Betroffenen kann nicht geschlossen werden, dass er nur beabsichtigte in H., nicht aber in R., insbesondere am Flughafen R.-L., Straftaten zu verüben. Eine solche Auslegung der auf H. bezogenen Erklärung wäre vor dem Hintergrund des G 8-Gipfels, von dem der Großraum K.-H.-R. insgesamt massiv betroffen war, lebensfremd.
Aus dem oben Ausgeführten folgt auch, dass die Ingewahrsamnahme zudem gem. § 55 Abs. 1 Nr. 3 SOG M-V zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für die öffentliche Sicherheit rechtmäßig war, jedenfalls gem. § 56 Abs. 5 SOG M-V für drei Tage, mithin bis zum 08.06.2007, 19.45 Uhr.
Aus Rechtsgründen ist auch nicht zu beanstanden, dass die Polizei zum Zeitpunkt der Vornahme der Ingewahrsamnahme aufgrund der oben beschriebenen Gefährlichkeit deren Unerlässlichkeit bejaht hat.
b) Erfolgte die Ingewahrsamnahme rechtmäßig, hat der Richter weiter festzustellen, ob die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Nr. 2 SOG M-V weiterhin gegeben sind, d. h. die Fortdauer der Ingewahrsamnahme zur Beseitigung der Störung bzw. Abwehr einer Straftat erforderlich ist. Denn die Rechtmäßigkeit der vorangegangenen Ingewahrsamnahme durch die Polizeibeamten allein indiziert nicht schon die Rechtmäßigkeit der richterlich angeordneten Fortdauer der Ingewahrsamnahme. Vielmehr hat das Amtsgericht zu prüfen, ob im Falle der Freilassung weiterhin die Gefahr besteht, dass der Betroffene seine Straftat fortsetzen bzw. eine weitere Straftat begehen wird. Feststellungen zum Fortbestehen der Störung oder einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zum Zeitpunkt der richterlichen Entscheidung sind in dem nach den Umständen des Einzelfalles möglichen Umfang erforderlich. Der Senat verkennt nicht, dass in dem Anhörungstermin der Richter nicht aufwändig Beweis erheben kann. Insbesondere kann er nicht die Polizeibeamten vernehmen, die weiterhin auf der Straße benötigt werden; kann er jedoch auf deren schriftlich niedergelegten Zeugenangaben zurück greifen. Er ist im Weiteren vor allem auf den Akteninhalt und auf seine persönliche Überzeugung angewiesen. Es ist aber unerlässlich, dass der Richter zu der Überzeugung gelangt, dass von dem Betroffenen weiterhin eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Eine solche Prognose ist bei der richterlichen Entscheidungsfindung, namentlich bei freiheitsentziehenden Maßnahmen nicht ungewöhnlich. So hat der Richter bei Anordnung der Untersuchungshaft nach § 112 StPO auszuführen, aus welchen tatsächlichen Anhaltspunkten er Flucht- oder Verdunkelungsgefahr ableitet. Bei Anordnung der Abschiebehaft gem. § 62 AufenthG ist zu begründen, welche tatsächlichen Umstände die Gefahr begründen, dass der Betroffene sich der Abschiebung entziehen wird. Vielfach indizieren bestimmte Verhaltensweisen die die Freiheitsentziehung rechtfertigende Prognose.
Bei der richterlichen Entscheidung gem. § 56 Abs. 5 SOG M-V über die Erforderlichkeit der Fortdauer des Gewahrsams reicht es grundsätzlich nicht aus, dass einer der Regelfälle des § 55 Abs. 1 Nr. 2 2. Halbsatz lit. a) - c) SOG M-V erfüllt ist, da diese als Beweiszeichen sich auf die Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen der Ingewahrsamnahme selbst beziehen, also dass der Betroffene eine solche zu verhindernde Straftat begehen wird. Daraus lässt sich nicht ohne weiteres ableiten, dass zu befürchten ist, der Betroffene werde im Falle seiner Freilassung die Straftat nunmehr begehen oder fortsetzen. Vielmehr kann auf diese Regelfälle nur insoweit zurückgegriffen werden, als der Richter im Rahmen seiner Entscheidung über die Erforderlichkeit der Fortdauer darin Anhaltspunkte für die Prognose finden kann. Diese Anhaltspunkte muss er aber mit den besonderen Umständen im konkreten Einzelfall verknüpfen und daraus eine Gefahrenschau entwickeln. Nur ausnahmsweise kann deshalb im Einzelfall schon das bloße Vorliegen des Regelfalls ausreichen, wenn sich bereits daraus die hinreichend sichere Gefahrenprognose ergibt.
Liegen die Voraussetzungen des Freiheitsentzugs anfänglich vor, so ist für die Bestimmung der Dauer des Einsperrens vor allem maßgeblich, ob die Tatbereitschaft fortbesteht (vgl. Rachor in: Lisken/Denninger: Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl., F, Rn. 631). Dies ist zuallererst ein Erkenntnisproblem. Pläne, Absichten, Geistes- oder Seelenzustände sind innere Tatsachen und der Beurteilung durch Dritte im Allgemeinen nur schwer zugänglich. Die Fortdauer ist deshalb nicht am Merkmal der Unerlässlichkeit zu prüfen, die bereits als Tatbestandsmerkmal zur Kennzeichnung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bei der Ingewahrsamnahme vorliegen muss. Vielmehr ist eine Prognose anzustellen, ob zu befürchten ist, dass der Betroffene sich im Falle seiner Freilassung erneut so verhalten wird, dass eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung droht. Auf das Merkmal der Gegenwärtigkeit kann es bei dieser Prognose schon deshalb nicht ankommen, weil die akute Situation, die zur Ingewahrsamnahme des Betroffenen führte, durch die Freiheitsentziehung beendet worden ist. Entscheidend ist, ob der Betroffene sich an entsprechenden zukünftigen - auch zur Zeit noch unbekannten Aktionen - beteiligen würde.
Der Amtsrichter hat zu Recht darauf abgestellt, dass der Betroffene bereits einschlägig, nur einen Monat vor der Tat in Erscheinung getreten war und deshalb eine Wiederholung des in Dresden gezeigten Verhaltens zu erwarten sei. Dieser Einschätzung des Erstrichters liegt zugrunde, dass bei dem Betroffenen für den Fall seiner Freilassung weiterhin eine Tatbereitschaft besteht. Sowohl die Art der Tatbegehung in Dresden als auch die Ankündigung und sein Erscheinen in R.-L. zeigen die Entschlossenheit des Betroffenen.
2.
Zu Recht hat das Landgericht als Tatsacheninstanz festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung des Gewahrsams weiter vorlagen. Soweit die Kammer sich dabei auf den persönlichen Eindruck des Betroffenen in dessen Anhörung stützt und befürchtet, dass er auch weiterhin beabsichtigt in gleicher Weise vorzugehen, ist dagegen nichts einzuwenden. Die Kammer hält die weitere Fortdauer für erforderlich, weil der Betroffene eine Tat angekündigt habe und eine Wiederholungsgefahr bestehe und er bereits aus vergleichbarem Anlass eine Straftat begangen habe. Damit unterlegt sie - wie das Amtsgericht - die Tatbereitschaft des Betroffenen. Diesen persönlichen Eindruck der Kammer vom Betroffenen vermochte dieser in seiner Anhörung offensichtlich nicht auszuräumen.
3.
Mit seinem Einwand, es liege ein Verstoß gegen das Unverzüglichkeitsgebot des Art. 104 Abs. 2 GG vor, dringt der Betroffene nicht durch. Gemäß § 56 Abs. 5 Satz 1 SOG M-V, der Art. 104 Abs. 2 GG einfachrechtlich umsetzt, ist bei einer polizeilichen Ingewahrsamnahme unverzüglich eine richterliche Entscheidung über die Zulässigkeit und Fortdauer des Gewahrsams herbeizuführen. Dies geschah im vorliegenden Fall.
Grundsätzlich sollte für das Einschalten des Richters tagsüber eine Zeit von 2 - 3 Stunden ausreichend sein (vgl. Jarass/Pieroth, GG a.a.O., Rn. 21; Marschner/Volckart, Freiheitsentziehung und Unterbringung, 4. Aufl. E, Rn. 56). Obwohl hier diese Zeitspanne erheblich überschritten wurde - zwischen der Ingewahrsamnahme um 19.45 Uhr und der (Anforderung zum Transport zur) richterlichen Vorführung um 00.07 Uhr verstrichen über 4 1/4 Stunden - entsprach die Sachbehandlung noch dem Gebot der unverzüglichen Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung. "Unverzüglich" i. S. v. Art. 104 Abs. 2 S. 2 GG ist dahin auszulegen, dass die richterliche Entscheidung ohne jede Verzögerung, die sich nicht aus sachlichen Gründen rechtfertigen lässt, herbeigeführt werden muss (BVerfG a. a. O.; BVerfGE 105, 239, 249). Die Verzögerung muss bei Anlegung eines objektiven Maßstabes sachlich zwingend geboten sein (vgl. Jarass/Pieroth, GG, 6. Aufl., Art. 104, Rn. 21). Sachliche Gründe können insoweit etwa sein die Länge des Weges vom Ort der Ingewahrsamnahme bis zur Protokollierungsstelle, das Verhalten der Betroffenen selbst oder aber Verzögerungen, die sich infolge von Massenfestnahmen aus organisatorischen Gründen ergeben (so VG Gera, Beschluss vom 03.07.2004 - 1 K 1071/00).
Derartige sachliche Gründe liegen vor.
Zunächst verzögerte sich der Transport des Betroffenen zur GESA. Dort traf er erst um 22.30 Uhr, also etwa 2 3/4 Stunden nach seiner Ingewahrsamnahme um 19.45 Uhr ein. Eine solche Verzögerung stellt unter alltäglichen Bedingungen ein Verstoß gegen das Unverzüglichkeitsgebot dar. Der Senat hat bereits in anderen anhängigen Beschwerdeverfahren (Senatsbeschlüsse vom 21.08.2007 - 3 W 102/07 - und vom 23.08.2007 - 3 W 109/07 -) festgestellt, dass am 06.06.2007, dem ersten Tag des dreitägigen G 8 Gipfels solche Maßstäbe jedoch ausnahmsweise nicht angelegt werden können und im letztgenannten Verfahren dazu Folgendes ausgeführt:
"Dem Senat ist aus anderen anhängigen weiteren Beschwerdeverfahren wegen Ingewahrsamnahmen im Zuammenhang mit Demonstrationen gegen den G 8-Gipfel gerichtsbekannt (so aus den Verf. 3 W 83/07 u. 3 W 102/07), dass am 06.06.2007 G 8-Gegner eine Vielzahl von spontanen, unangemeldeten Demonstrationen durchgeführt haben, bei denen es u.a. zu Straßenblockaden kam, was die polizeilichen Transporte erschwerte. Letzteres ist auch offenkundig. Der G 8-Gipfel und die dagegen gerichteten Demonstrationen haben in diesem Zeitraum die allgemein zugänglichen Medien beherrscht. Täglich wurde mehrmals über die aktuelle Sachlage berichtet. Darüber hat sich auch der Senat informiert. Bestehen jedoch im Großraum R.-H.-K. Straßensperren und wird durch Demonstrationen und auch durch Straftaten die Befahrbarkeit der Straßen massenhaft eingeschränkt, so muss ein Ingewahrsamgenommener grundsätzlich gewisse Verzögerungen hinnehmen. Das gilt umso mehr, als die Polizei mit Rücksicht auf wichtige Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit der Demonstranten und Polizeibeamten eine offiziell bekanntgegebene Deeskalationsstrategie bei den Demonstrationen verfolgte. Ihr kann deshalb grundsätzlich eine fehlende Unverzüglichkeit der richterlichen Vorführung eines Betroffenen wegen Transportverzögerungen nicht vorgeworfen werden, denn um eine solche zu vermeiden, hätte sie jeweils die sofortige Räumung von Straßensperren bewerkstelligen müssen."
Für den Abend des Vortages, dem 05.06.2007, gilt nichts anderes. Zu diesem Zeitpunkt trafen die ersten Gipfelteilnehmer auf dem Flughafen R.-L. ein. Gegen diese Ankunft richteten sich viele angemeldete und unangemeldete Demonstrationen wie auch das Verhalten des Betroffenen. Auch das ist offenkundig und gerichtsbekannt. Das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern (Beschl. v. 04.06.2007 - 3 M 59/07 -) hatte bereits zuvor für den 05.06.2007 und 06.06.2007 angemeldete Demonstrationen am Flughafen R.-L. nur vereinzelt, eingeschränkt und mit Auflagen zugelassen. Das Bundesverfassungsgericht hat die dagegen im Eilverfahren eingelegten Verfassungsbeschwerden zurückgewiesen (Beschl. v. 05.06.2007 - 1 BvR 1429/07).
Die weitere Verzögerung von 1 1/2 Stunden während des Aufenthaltes des Betroffenen in der GESA bis zum Beginn des Transportes zur richterlichen Vorführung am 06.06.2007 um 00.07 Uhr ist als Zeit für die Sachbearbeitung durch die Polizei nicht zu beanstanden. Dem Senat ist bekannt, dass Polizei und Justiz im Vorfeld des G 8-Gipfels umfangreiche Vorbereitungen getroffen haben. So wurde bei der Polizeidirektion R., die K., als Sonderabteilung eingerichtet, Polizeikräfte aus anderen Bundesländern angefordert und mehrere Sammelstellen vorbereitet. Seitens der Justiz wurden alle Amtsrichter des Landgerichtsbezirks Rostock im Vorfeld des G 8-Gipfels für den Bereitschaftsdienst in dieser Zeit an das Amtsgericht Rostock abgeordnet und durch Abänderung der gerichtlichen Konzentrationsverordnung die alleinige Zuständigkeit dieses Amtsgericht für den Zeitraum 25.05. - 10.06.2007 im Bezirk des Landgerichts Rostock in erster Instanz für gerichtliche Entscheidungen nach § 55 Abs.1 Nr. 2 bis 5 SOG M-V begründet (Verordnung über die zeitweilige Zuständigkeit für bestimmte Entscheidungen in Straf- und Freiheitsentziehungssachen vom 08. Mai 2007; GVOBl. M-V 2007, 205). Polizeibeamte und Richter waren im Schichtdienst Tag und Nacht im Einsatz. Zusätzlich befanden sich weitere Richter aus anderen Landgerichtsbezirken in Bereitschaft. Wenn es trotz dieses erheblichen organisatorischen Aufwandes zu zeitlichen Verzögerungen kommt, sind solche dann hinzunehmen, wenn festgestellt werden kann, dass entweder mit einem solchen Ausmaß von gleichzeitigen Ingewahrsamnahmen nicht gerechnet werden konnte und brauchte oder bei einem zu erwartenden Ausmaß, die als hinreichend eingeplanten Kräfte tatsächlich dennoch nicht ausreichten, die Ingewahrsamnahmen bei der Polizei und dem Amtsgericht abzuarbeiten.
Dem Senat ist zwar nicht im Einzelnen bekannt, wieviele Polizeibeamte in dieser Nacht in der GESA zur Abarbeitung und zum Transport tatsächlich vor Ort waren (vgl. zum Umfang der Aufklärung des konkreten Sachverhalts BVerfG NVwZ 2006, 579, 581 "Castor-Transport"). Es kann jedoch vorliegend dahingestellt bleiben, ob sich die Polizei auf die Bewältigung dieser konkret zu erwartenden Situation personell hinreichend eingestellt hat, weil unter Berücksichtigung aller Umstände insbesondere der Masseningewahrsamnahmen an diesem Tag - die dem Senat aus anderen anhängigen Freiheitsentziehungsverfahren im Zusammenhang mit Demonstrationen gegen den G 8-Gipfel (z. B. Verf. - 3 W 85/07 - und - 3 W 88/07 -) gerichtsbekannt sind - die Bearbeitungszeit in der GESA von 1 1/2 Stunden noch im verfassungsmäßigen Rahmen hält.
Die Verzögerung nach dem Eintreffen des Betroffenen beim Richter um 00.20 Uhr bis zum tatsächlichen Beginn der richterlichen Anhörung um 01.04 Uhr ist als richterliche Vorbereitungszeit ebenfalls gerechtfertigt. In der Akte ist vermerkt, dass der Amtsrichter noch den Bericht "V." angefordert hatte, der um 00.40 Uhr eintraf. Zudem hatte der Betroffene Gelegenheit zu einem zweimaligen Gespräch mit seinem Rechtsanwalt.
Der Senat verkennt nicht, dass sich im Ergebnis die Verzögerungen aus Transport, polizeilicher Bearbeitung in der GESA und justizieller Tätigkeit beim Amtsgericht aufsummieren. Eine Gesamtbearbeitungszeit bis zum Beginn der richterlichen Anhörung von 3 1/2 Stunden (22.30 Uhr bis 01.04 Uhr) - ohne Transportzeit - ist in der Gesamtsicht auch nicht unverhältnismäßig.
Nach der ersten richterlichen Anordnung der Fortdauer der Gewahrsamnahme gilt dieses strikte Unverzüglichkeitsgebot nach Auffassung des Senats nicht für das weitere Verfahren fort (vgl. Senatsbeschl. vom 07.06.2007 - 3 W 83/07 -). Zwar sind Beschwerden gegen Freiheitsentziehungsmaßnahmen im Rahmen des gerichtlichen Geschäftsganges vorrangig und eilig zu behandeln. Dies bedeutet aber nicht, dass eine Entscheidung des Beschwerdegerichtes unverzüglich im Sinne von Art. 104 GG herbeizuführen ist. Vielmehr ist auch hierbei auf den Geschäftsgang des betreffenden Gerichts Rücksicht zu nehmen. Das Landgericht hat den Betroffenen noch am selben Tag angehört und seinem Verfahrensbevollmächtigten um 22.55 Uhr einen mit Gründen versehenden Beschluss ausgehändigt. Eine verzögerliche Behandlung des Verfahrens kann dem Landgericht deshalb nicht vorgeworfen werden.
III.
Die Zurückweisung des Antrages des Betroffenen auf sofortige Freilassung durch die Kammer ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Aus der Akte, insbesondere dem Protokoll des Landgerichts, lässt sich der Zeitpunkt der tatsächlichen Anhörung des Betroffenen durch die Kammer zwar nicht entnehmen, offensichtlich ist der Betroffene auch nicht zu dem Zeitpunkt der vom Landgericht angesetzten Anhörung um 15.30 Uhr durch die Polizei vorgeführt worden, wie sich bereits aus dem Antrag auf sofortige Freilassung des Betroffenen um 16.20 Uhr schlussfolgern lässt. In der Akte ist lediglich die Uhrzeit 22.55 Uhr als der Zeitpunkt ausgewiesen, zu dem der Betroffenen den mit Gründen versehenen Beschluss des Landgerichts ausgehändigt erhielt. Auch wenn der tatsächliche Zeitablauf der Vorführung und Anhörung somit im Einzelnen nicht feststeht, ist die Zurückweisung des Antrages nicht rechtsfehlerhaft.
Zunächst liegt, wie oben bereits ausgeführt, kein Verstoß gegen das Gebot der Unverzüglichkeit vor. Soweit die Kammer verpflichtet ist, die Sache vordringlich zu bearbeiten, ist dem Genüge getan worden. Das Landgericht hat noch am selben Tag entschieden. Auf eine schnellere Entscheidung hat der Betroffene keinen Anspruch. Es kann deshalb dahin stehen, ob die Polizei für den Transport zwischen R. und B. nur ein Fahrzeug eingesetzt hat, wie der Betroffene behauptet.
Weiterhin bestehen keine rechtlichen Bedenken dagegen, dass die Polizei den Betroffenen in die JVA B. verlegt hat. Zwar liegt auf der Hand, dass sich schon auf Grund des Hin- und Rücktransportes die Vorführung vor das Landgericht verzögern würde. Darauf kommt es jedoch nicht an. Die Polizei durfte vielmehr den Betroffenen - nachdem die polizeiliche Ingewahrsamnahme erstinstanzlich richterlich bestätigt worden war - in den Langzeitvollzug verlegen. Für einen solchen Langzeitvollzug ist die GESA als vorläufige Sammelstelle weder geeignet noch bestimmt. Die Polizei ist deshalb schon aufgrund der Gewahrsamsbedingungen gehalten den Betroffenen zu verlegen. Hinzukommt, dass offensichtlich mit dem offiziellen Beginn des G 8-Gipfels am Folgetag, dem 06.06.2007, damit zu rechnen war, dass es erneut zu Masseningewahrsamnahmen kommen würde, für die in der GESA ausreichend Platz benötigt werden würde.
Eine solche Verlegung wäre möglicherweise nur dann nicht gerechtfertigt, wenn die Polizei Kenntnis davon gehabt hätte, dass der Betroffene bereits Beschwerde eingelegt hat, zu erwarten war, dass er demnächst beim Landgericht vorgeführt werden soll und weiter sein Aufenthalt in der GESA statt in der JVA auch unter Berücksichtigung dieser Umstände nicht unzumutbar lange andauern würde. Vorliegend hat der Betroffene zwar bereits mündlich im Anschluss an die Beschlussverkündung vor dem Amtsrichter Beschwerde eingelegt. Diese wurde jedoch versehentlich im amtsrichterlichen Protokoll trotz Anwesenheit des Verfahrensbevollmächtigten des Betroffenen nicht dokumentiert. Die Beschwerdeeinlegung ist somit erst am Folgetag aufgefallen, wie aus dem Vermerk über die Auskunft des Amtsrichters zu entnehmen ist. Zu diesem Zeitpunkt war der Betroffene bereits in die JVA B. verlegt worden, wie sich aus der letzten Eintragung im GESA-Ablaufplan (07.16 Uhr) erschließt. Dass die Polizei vor der Verlegung des Betroffenen Kenntnis von der Beschwerde hatte, hat der Betroffene vor dem Landgericht als Tatsacheninstanz nicht vorgetragen.
Im Übrigen hätte der Betroffene, selbst bei einer verspäteten und rechtswidrigen Vorführung seine sofortige Freilassung nicht erreichen können, weil die Gründe für die Fortdauer der Gewahrsamnahme auch zum Zeitpunkt der Entscheidung des Landgerichts noch vorlagen. Der Senat hat zwar Zweifel geäußert, ob eine verspätete Vorführung vor dem Amtsgericht als Verstoß gegen das Unverzüglichkeitsgebot heilbar ist (vgl. Senatsbeschl. vom 21.08.2007 - 3 W 102/07 -). Hinsichtlich der Vorführung vor die Kammer kommt eine solche Wirkung nach der Bestätigung der Ingewahrsamnahme durch den amtsrichterlichen erstinstanzlichen Beschluss schon wegen der fehlenden Geltung des Unverzüglichkeitsgebots in zweiter Instanz nicht in Betracht. In einem solchen Fall stünde dem Betroffenen allenfalls ein Schadensersatz- oder Entschädigungsanspruch zu.
IV.
Ebenfalls waren die Anträge des Betroffenen auf Aktenbeiziehung zurückzuweisen. Für die Beiziehung der Akten der Staatsanwaltschaft D. bestand schon deshalb kein Anlass, weil - worauf der Berichterstatter mit Schreiben vom 10.07.2007 bereits hingewiesen hatte - die angegriffene Entscheidung nur auf eine Rechtsverletzung zu überprüfen ist.
Auch die Beziehung der Akten der Bundespolizei über den Vollzug der Ingewahrsamnahme war nicht erforderlich. Dem Betroffenen kann zwar zugestanden werden, dass es hinsichtlich der Behandlung im Gewahrsam selbstverständlich nicht auf den Zeitpunkt der polizeilichen Ingewahrsamnahme (vor Beginn des Gewahrsams) ankommen kann sondern auf den der amtsgerichtlichen bzw. landgerichtlichen Entscheidung. Der Senat prüft jedoch auch insoweit nur den Sachverhalt, wie er zum Zeitpunkt dieser Entscheidungen bestanden hat. Hinsichtlich der Behandlung im Gewahrsam hat der Betroffene mit seinem Antrag auf sofortige Freilassung jedoch nur den Transport des Betroffenen in die JVA B. gerügt. In der Tatsacheninstanz vor dem Landgericht hat der Betroffene die Beiziehung dieser Akte nicht beantragt. Insofern steht das Aktenmaterial auch für die rechtliche Überprüfung der Entscheidung des Landgerichts nicht zur Verfügung.
Im Übrigen kommt es weder für die Entscheidung über die Fortdauer der Ingewahrsamnahme noch für den Antrag auf sofortige Freilassung auf den Inhalt der beigezogenen Akten an, da die Beschwerde gegen diese Anträge bereits aus den oben ausgeführten Gründen zurückzuweisen war.
V.
Der Prozesskostenhilfeantrag des Betroffenen war schon wegen fehlender Aussicht auf Erfolg, wie sich aus den oben ausgeführten Gründen ergibt, zurückzuweisen. Zudem hat der Betroffene trotz des Hinweises des Berichterstatters seine Unterlagen über seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht abgereicht.
VI.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 14 FEVG.
Ende der Entscheidung
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