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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 01.03.2007
Aktenzeichen: 3 W 144/05
Rechtsgebiete: FGG, BGB, VBVG, HGB, ZPO, ZwVerwVO, RVG


Vorschriften:

FGG § 27
FGG § 29
FGG § 56g Abs. 5 Satz 2
BGB § 271
BGB § 291
BGB § 452
BGB § 1836
BGB § 1836 Abs. 1 Satz 2
VBVG § 1
VBVG § 9
HGB § 353
ZPO § 104 Abs. 1 Satz 2
ZwVerwVO § 22
RVG § 55
Der Vergütungsanspruch des Betreuers ist nicht ab Antragstellung zu verzinsen.
Oberlandesgericht Rostock Beschluss

3 W 144/05

In dem Betreuungsverfahren

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock am 01.03.2007 beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1. (Betreuerin) gegen den Beschluss des Landgerichts Neubrandenburg (Az.: 4 T 275/05) vom 01.12.2005 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Gegenstandswert der Beschwerde: 1,00 €

Gründe:

I.

Mit der weiteren Beschwerde erstrebt die Beteiligte zu 1) die Klärung der Rechtsfrage, ob sie Verzinsung ihrer Vergütung ab Eingang ihres Antrages bei Gericht verlangen kann.

Die Beteiligte zu 1) ist berufsmäßige Betreuerin. Mit Schreiben vom 01.10.2005, beim Amtsgericht Ueckermünde am 04.10.2005 eingegangen, beantragte sie die Festsetzung ihrer Vergütung für das 3. Quartal 2005 in Höhe von 351,75 € sowie die Verzinsung dieses Betrages ab Antragstellung. Am 05.10.2005 setzte die Rechtspflegerin des Amtsgerichts die Vergütung auf 351,75 € fest und lehnte die Verzinsung ab. Die Erinnerung der Beteiligten zu 1) und ihre sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 08.11.2005 blieben erfolglos. Gegen den Beschluss des Landgerichts Neubrandenburg vom 01.12.2005 wendet sich die Betreuerin mit ihrer vom Landgericht zugelassenen weiteren Beschwerde.

II.

Die nach Zulassung durch das Landgericht statthafte und gem. §§ 56g Abs. 5 Satz 2, 27, 29 FGG zulässige, form- und fristgerecht eingelegte weitere Beschwerde ist unbegründet. Mit zutreffender Begründung hat das Landgericht die Feststellung der Verzinsungspflicht abgelehnt.

1.

Der zivilrechtliche Anspruch des berufsmäßigen Betreuers auf eine angemessene Vergütung folgt aus § 1836 Abs. 1 Satz 2 BGB, wobei die nähere Ausgestaltung in dem Gesetz über die Vergütung von Vormündern und Betreuern (VBVG) vom 21.04.2005 geregelt ist. Weder § 1836 BGB noch eine der Bestimmungen des VBVG sprechen die Verpflichtung aus, die dem Betreuer zustehende Vergütung bereits ab Antragstellung zu verzinsen. Vor Neufassung des Gesetzes über die Vergütung von Vormündern und Betreuern wurde eine Verzinsungspflicht in der Rechtsprechung mit der Begründung abgelehnt, die Verzinsung sei gesetzlich nicht vorgesehen (BayObLG FamRZ 2002, 767; OLG Celle FamRZ 2002, 1431; LG Karlsruhe FamRZ 2004, 1816; OLG Frankfurt OLG Report 2006, 437 [noch zum früheren Recht]). Aus denselben Erwägungen kann der Nachlasspfleger nicht Verzinsung seines Entgelts beanspruchen (BayObLG FamRZ 2004, 1995 = RPfleger 2004, 422). 2.

Die Novellierung des Vormünder- und Betreuervergütungsgesetzes hat hieran nichts geändert.

a) Die Betreuerin wendet demgegenüber ein, dass nach neuem Recht die Vergütung des Betreuers nicht mehr durch das Gericht abschließend festgesetzt werde, was aus § 9 VBVG folge. Diese Auffassung vermag der Senat nicht zu folgen. Zwar vereinfacht das nunmehrige Verfahren die Festsetzung der Vergütung gegenüber dem Verfahren nach dem früherem § 1 des Gesetzes über die Vergütung von Berufsvormündern. Indessen bestimmt § 9 VBVG nur, dass der Betreuer seine Vergütung nach Ablauf von jeweils drei Monaten geltend machen kann. Auch wenn, wie die Beschwerdeführerin wiederholt vorträgt, damit jeweils die Vergütung fällig wird, so folgt allein aus der Fälligkeit des Anspruchs noch nicht dessen Verzinslichkeit. Fälligkeitszinsen sieht das Gesetz nur ausnahmsweise vor, so z. B. in § 353 HGB und in dem früheren, zum 31.12.2001 aufgehobenen § 452 BGB.

b) Fälligkeit ist nicht mit dem die Verzinsungspflicht auslösenden Verzug gleichzusetzen. Aus § 271 BGB folgt nichts anderes. Auch wenn das VBVG die Vergütung der Berufsbetreuer mit Einführung der pauschalen Abgeltung stark vereinfacht hat, bedarf der Vergütungsanspruch der gerichtlichen Festsetzung. Das Gericht ist keinesfalls an die Vorgaben des Betreuers gebunden. Zwar bestimmt er seine Vergütung weitgehend selbst, er hat jedoch nicht Anspruch auf eine unbillige Vergütung, und diese Billigkeitsprüfung obliegt weiterhin dem Gericht. So kann der Rechtspfleger insbesondere den Zeitaufwand hinterfragen, falls ihm dieser unangemessen hoch erscheinen sollte. Somit bleibt es nach neuem Recht dabei, dass der Anspruch des Betreuers auf die Vergütung erst mit der gerichtlichen Festsetzung gem. § 1 VBVG fällig wird.

c) Die Verzinsungspflicht lässt sich nicht aus entsprechender Anwendung des § 291 BGB ableiten. Ohnehin besteht ein erheblicher Unterschied zwischen einem streitigen Verfahren zwischen den Parteien eines Zivilprozesses und dem Anspruch des Betreuers gegen die Staatskasse. Im Übrigen wird der Vergütungsanspruch des Betreuers weiterhin erst durch eine gestaltende gerichtliche Entscheidung begründet, so dass die Verzinsung nicht vor Rechtskraft dieser Entscheidung einsetzen kann (vgl. Staudinger/Löwisch, BGB, 13. Bearbeitung, § 291, Rn. 9; MünchKomm-Thode, BGB, 4. Aufl., § 291, Rn. 9; ebenso Palandt/Heinrichs, BGB, 66. Aufl., § 291, Rn. 5 zur Klage gem. § 315 Abs. 3 BGB).

d) Der Anspruch auf Verzinsung der Vergütung ab Antragstellung lässt sich schließlich nicht mit analoger Anwendung des § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO begründen. Diese Vorschrift ist auf dem zivilprozessualen Kostenerstattungsanspruch einer Partei gegen die andere Partei zugeschnitten. Es besteht kein Bedürfnis, sie auf die Vergütung des Betreuers ausdehnend anzuwenden. Die Frage der Verzinsung der Vergütung stellt sich vielfach bei Ansprüchen gegen die Staatskasse. Weder § 8 der Verordnung über die Vergütung des Insolvenzverwalters noch § 22 der Zwangsverwalterverordnung sehen die Verzinsung vor. Auch § 55 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) enthält keine Bestimmung, dass die aus der Staatskasse dem Pflichtverteidiger oder dem im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt zu zahlende Vergütung zu verzinsen ist. Bei den genannten Verordnungen und dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz handelt es sich um neue Vorschriften, vor deren Verabschiedung die Problematik der Verzinsung bekannt war. Gleichwohl sah der Gesetzgeber keinen Anlass, in Anlehnung an § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO die Verzinsung ausdrücklich zu regeln. Letztlich geschieht weder dem Betreuer noch dem Rechtsanwalt oder dem Zwangs- oder dem Insolvenzverwalter hierdurch Unrecht, denn wenn ein Antrag auf Festsetzung der Vergütung unangemessen verspätet bearbeitet wird, stehen ihm Schadensersatzansprüche wegen Amtspflichtverletzung zu. Damit ist dem Interesse an einer zügigen Bearbeitung des Festsetzungsantrages hinreichend Genüge getan. Dass vorliegend der Vergütungsantrag der Antragstellerin nicht verzögert bearbeitet wurde, liegt auf der Hand. Der Antrag ging am 04.10.2005 bei Gericht ein und wurde schon am Folgetag beschieden.

e) Schließlich bezweckt die Novellierung des VBVG die Vereinfachung der Abrechnung durch eine pauschale Abgeltung. Damit steht die zusätzliche Berechnung von Zinsen nicht in Einklang. Die Pauschale lässt sich durchaus in dem Sinn begreifen, dass sie einen Zinsanteils für die Zeit ab Antragstellung bis zur Auszahlung innerhalb angemessener Frist einschließt.

III.

Die Kostenentscheidung ergeht gem. § 13a Abs. 1 FGG.

Ende der Entscheidung

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