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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 07.04.2009
Aktenzeichen: 3 W 31/08
Rechtsgebiete: WEG, FGG, BGB, EGBGB, ZPO


Vorschriften:

WEG § 21 Abs. 2
WEG § 45 Abs. 1 a. F.
WEG § 47 a.F.
WEG § 48 a.F.
WEG § 62 Abs. 1 n. F.
FGG § 27
FGG § 29
BGB § 195
BGB § 199 Abs. 1 Nr. 1
BGB § 199 Abs. 1 Nr. 2
BGB § 670
BGB § 683
BGB § 683 Satz 1
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1
ZPO § 256 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Rostock Beschluss

3 W 31/08

In der Wohnungseigentumssache

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock am 07.04.2009 beschlossen:

Tenor:

1. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts Stralsund vom 18.12.2007 wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde trägt die Antragstellerin.

3. Der Gegenstandswert beträgt bis 16.000,00€.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin ist - u.a. - Eigentümerin von Wohneinheiten im Altbau (Villa R.) der Wohnungseigentumsanlage S. in B.; der Altbau macht 38 % der Miteigentumsanteile aus. Auf die alleinige Eigentümerin des Sondereigentums an einem noch nicht errichteten Neubau entfallen 62% der Miteigentumsanteile. Sie hat ihre Rechte im Jahr 2005 durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung erworben.

Die Antragstellerin fordert die Erstattung von 62% anteiliger Versicherungsbeiträge (Gebäude-, Haftpflicht- und Glasversicherung) für die Jahre 1999 bis 2004 sowie mit Belegdatum vom 13.02.2005 für die Glasversicherung 2005 in Höhe von insgesamt 7.392,30 € sowie ferner die Erstattung anteiliger Wasserkosten für die Zeit vom 25.08.1998 bis 27.05.2002 gemäß Bescheid des ZWAR vom 19.07.2002, die dadurch angefallen sind, dass in Folge einer zunächst unbemerkt gebliebenen Havarie der Hauptwasserleitung Frischwasser im Erdreich versickert ist. Hinsichtlich des darüberhinaus geltend gemachten Feststellungsbegehrens wird ebenso wie bezüglich des Parteivorbringens auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Das Amtsgericht Bergen auf Rügen hat mit Beschluss vom 07.06.2007 den Antrag zurückgewiesen. Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Antragstellerin nach mündlicher Verhandlung zurückgewiesen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

II.

Die gem. § 62 Abs. 1 WEG n. F. i.V.m. § 45 Abs. 1 WEG a. F., §§ 27, 29 FGG statthafte und auch sonst zulässige sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet.

Die angefochtene Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts, auf die hin sie durch den Senat als Rechtsbeschwerdegericht lediglich zu überprüfen ist. Die Überprüfung hat sich darauf zu beschränken, ob von ungenügenden oder verfahrenswidrig zustandegekommenen Feststellungen ausgegangen worden ist, wesentliche Umstände außer Betracht gelassen wurden oder gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen worden ist, sowie darauf, ob der Tatrichter von seinem Ermessen einen dem Sinn und Zweck des Gesetzes zuwiderlaufenden oder die Grenzen des eingeräumten Ermessens überschreitenden und damit rechtlich fehlerhaften Gebrauch gemacht hat. Rechtsfehler in diesem Sinne zeigt die Antragstellerin nicht auf und solche sind auch sonst nicht ersichtlich.

1.

Allerdings kann ein Wohnungseigentümer, soweit ihm im Zusammenhang mit der Begleichung von Rechnungen an die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Kosten entstanden sind, einen Anspruch auf Aufwendungsersatz nach den §§ 683 Satz 1, 670 BGB geltend machen, der sich gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer richtet, weil es sich um Kosten handelt, welche die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums betreffen.

a.

Hinsichtlich der Wasserkosten steht entsprechenden Ansprüchen der Antragstellerin bereits entgegen, dass der Gebührenbescheid des ZWAR vom 19.07.2002 ausdrücklich an die Antragstellerin und eben nicht an die Wohnungseigentümergemeinschaft gerichtet ist. Die Forderung gem. Gebührenbescheid wurde ersichtlich gegenüber der Antragstellerin als Wohnungseigentümerin der Villa R. und Nutzerin der auf dem Grundstück S. bislang vorhandenen einzigen Verbrauchsstelle erhoben, nicht hingegen gegenüber der Antragsgegnerin.

b.

Es kann dahingestellt bleiben, ob es sich dennoch um eine Verbindlichkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft gehandelt haben kann. Denn die Antragstellerin hat insoweit keinen durchsetzbaren Anspruch, weil dieser gem. § 195 BGB n.F. zum Zeitpunkt der im November 2006 erhobenen Zahlungsklage bereits verjährt war. Die Antragsgegnerin hat die Einrede der Verjährung mit Schriftsatz vom 14.02.2007 erhoben.

c.

Auch die von der Antragstellerin weiter geltend gemachten Zahlungsansprüche (Versicherungsbeiträge) unterliegen der regelmäßigen Verjährungsfrist. Diese betrug ursprünglich 30 Jahre, ist jedoch durch § 195 BGB in der Fassung des SchuldRModG auf 3 Jahre verkürzt worden. Die Frist beginnt gem. § 199 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder sich der Gläubiger dieser Kenntnis grob fahrlässig verschlossen hat. Aus der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB ergibt sich, dass die kürzere Verjährungsfrist des § 195 BGB n.F. am 01.01.2002 für alle Ansprüche in Lauf gesetzt worden ist, für die die subjektiven Voraussetzungen des Verjährungsbeginns nach neuem Recht zu diesem Zeitpunkt bereits vorgelegen haben (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 67. Aufl., Art. 229 EGBGB § 6, Rn. 1). Dies ist jedenfalls für die in der Anlage I gelisteten Versicherungsbeiträge auf Grund der Belegdaten zwischen dem 14.10.1997 und März 2001 der Fall. Die Antragstellerin kannte im Jahr 2001 auch die Schuldnerin, für die sie meint in Vorlage getreten zu sein.

Allerdings war im Jahr 2001 nicht bekannt, dass sich im Jahr 2005 die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Frage der Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft ändern würde. Entscheidend ist aber, dass im Rahmen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB maßgeblich darauf abzustellen ist, ab wann der Gläubiger eine derart konkrete Kenntnis von der Person des Schuldners hat, dass ein gerichtliches Verfahren mit hinreichender Aussicht auf Erfolg anhängig gemacht werden könnte. Diese Voraussetzung war jedenfalls zweifellos im Jahr 2001 gegeben. Denn zu diesem Zeitpunkt hätte die Antragstellerin ihre Erstattungsansprüche gegen die Eigentümer der weiteren Wohnungen gerichtlich geltend machen können, ohne dass ihr hätte entgegen gehalten werden können, der Anspruch müsse sich gegen den teilrechtsfähigen Verband der Wohnungseigentümer richten.

Die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Frage der Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft änderte sich auch erst Mitte des Jahres 2005. Zu diesem Zeitpunkt waren aber die im Jahr 2001 entstandenen Ansprüche bereits verjährt, da die am 01.01.2002 begonnene Verjährungsfrist am 31.12.2004 endete (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 08.10.2007,15 W 385/06, MDR 2008, 558 m.w.N.).

d.

Gem. § 195 BGB n.F. waren zum Zeitpunkt der im November 2006 erhobenen Zahlungsklage auch Ansprüche hinsichtlich der im Jahr 2002 angefallenen Versicherungskosten verjährt.

e.

Hinsichtlich der in nicht rechtsverjährter Zeit geleisteten Versicherungsprämien könnte die Antragstellerin eine Erstattung ihrer Auslagen nur verlangen, wenn sie als Notgeschäftsführerin gem. § 21 Abs. 2 WEG gehandelt hätte oder - wie ausgeführt - unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag.

Die Voraussetzungen für die Annahme einer Notgeschäftsführung, die in der Regel nur berechtigt, solche Maßnahmen zu veranlassen, die den Eintritt eines unmittelbar drohenden Schadens verhindern und eine Gefahrenlage beseitigen, liegen ersichtlich nicht vor. Es ist aber auch nicht dargetan, dass die Zahlung der Versicherungsprämien dem mutmaßlichen Willen der Wohnungseigentümergemeinschaft entsprochen hat, §§ 683, 670 BGB. Insoweit ist bereits nicht vorgetragen, dass die Versicherungsbeiträge seitens der Versicherer von der Wohnungseigentümergemeinschaft gefordert worden wären und dass die versicherten Risiken das Gemeinschaftseigentum und nicht lediglich das Sondereigentum der Antragstellerin und ihrer Gesellschafter betroffen haben.

Damit verbleibt es bei der Vermutung, dass eigenmächtige Maßnahmen eines Wohnungseigentümers nicht dem mutmaßlichen Willen der anderen und auch nicht demjenigen der Wohnungseigentümergemeinschaft entsprechen, wenn sie nicht als einzige in Betracht kommen (vgl. KG, Beschl. v. 10.01.2005, 24 W 283/03, ZMR 2005, 402 m.w.N.).

2.

Auch die Feststellungsanträge sind im Ergebnis ohne Rechtsverletzung zurückgewiesen worden.

Zwar ist eine Feststellungsklage auch im Rahmen eines WEG-Verfahrens analog § 256 Abs. 1 ZPO grundsätzlich zulässig. Vorliegend jedoch ist ein Feststellungsinteresse nicht ersichtlich. Soweit die Antragstellerin die Feststellung begehrt, die Wohnungseigentümergemeinschaft müsse Auslagen für den Wasserverbrauch vor der Messeinrichtung tragen, ist nicht dargetan, dass diese Kosten nicht bereits Gegenstand der vielzähligen Abrechnungsversuche sind. Der Feststellungsantrag, eine Reparatur der Hauptwasserleitung in Auftrag zu geben, ist zu unbestimmt. Insoweit ist zudem nicht ersichtlich, dass ein Interesse an einer alsbaldigen Feststellung besteht. Schließlich ist die Antragstellerin gehalten, zunächst eine Meinungsbildung und einen Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft herbeizuführen und im Falle der Ablehnung gegen diese vorzugehen.

3.

Dem Hilfsantrag vom 30.04.2008 auf Aussetzung des Verfahrens bis zum Abschluss eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens war nicht zu entsprechen, weil weder substanziiert dargetan noch ersichtlich ist, inwieweit der Ausgang jenes Verfahrens für die Entscheidung des Senats vorgreiflich sein könnte.

4.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 47 WEG a.F. Da die sofortige weitere Beschwerde von Beginn an unbegründet gewesen ist, erscheint es angemessen, die Antragstellerin mit den gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde zu belasten. Die Entscheidung über die Festsetzung des Beschwerdewertes ergibt sich aus § 48 WEG a.F. und folgt der von den Parteien nicht angegriffenen Festsetzung des Gegenstandswertes durch das Landgericht.

5.

Der neue Sachvortrag der Antragstellerin aus dem Schriftsatz vom 05.08.2008 ist zum Einen unerheblich und kann zum Anderen im Verfahren über die Rechtsbeschwerde keine Berücksichtigung finden.

Ende der Entscheidung

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