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Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Urteil verkündet am 22.12.2004
Aktenzeichen: 6 U 124/03
Rechtsgebiete: AKB, ZPO, StVG
Vorschriften:
AKB § 10 | |
AKB § 10 Nr. 1 | |
AKB § 10 Abs. 1 | |
AKB § 12 | |
ZPO § 287 Abs. 1 | |
StVG § 7 |
Oberlandesgericht Rostock IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 22.12.2004
In dem Rechtsstreit
hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Brinkmann, den Richter am Oberlandesgericht Dr. ter Veen und den Richter am Oberlandesgericht Hanenkamp
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 08.12.2004
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 23.05.2003 verkündete Urteil des Landgerichts Neubrandenburg, Az.: 3 O 76/02, abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte 3.790,62 EUR nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 22.08.2002 zu zahlen.
Die Anschlussberufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des gesamten Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert des Berufungsverfahrens: 3.115,11 €.
Gründe:
I.
Die Klägerin nimmt die beklagte Versicherung aus einem Teilkaskoversicherungsvertrag für den Transporter DM-AY 610 auf Ersatz von Brandschäden an dem Transporter sowie auf Ersatz von Dritten durch den Brand entstandener Schäden in Anspruch.
Das Fahrzeug hatte zum Zeitpunkt des Brandes einen Wert von 4.231,38 EUR.
Die Beklagte zahlte am 27.11.2000 einen Betrag von 8.022,00 EUR zur Begleichung des Schadens an dem Kraftfahrzeug.
Die Klägerin verlangt mit der Klage den über den Fahrzeugwert hinausgehenden Ersatz von Drittschäden. Die Beklagte begehrt mit der Widerklage Rückzahlung, soweit sie durch die Zahlung vom 27.11.2000 im Hinblick auf den Fahrzeugwert des Transporters eine Überzahlung vorgenommen hat.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage in Höhe eines Betrages von 836,79 EUR stattgegeben.
Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Klägerin stünde gegen die Beklagte ein Anspruch auf Ersatz von Drittschäden aufgrund der Haftpflichtversicherung für das Fahrzeug VW Transporter gem. §§ 10, 12 AKB zu. Das Fahrzeug sei trotz Abstellens über Nacht in dem Carport im Sinne von § 10 AKB in Gebrauch gewesen. Daneben stehe nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest, dass der Brand im Motorraum des Fahrzeuges entstanden und auf die übrigen Gegenstände sowie den Carport übergegangen sei.
Die Klägerin habe indessen einen ersatzfähigen Drittschaden nur in Höhe von 2.953,83 EUR schlüssig dargelegt. Unter Berücksichtigung des Wertes des VW Transporters von 4.231,38 EUR ergäbe sich damit ein von der Beklagten für das Brandereignis insgesamt zu zahlender Betrag von 7.185,25 EUR. Da die Beklagte bereits 8.022,00 EUR an die Klägerin geleistet habe, ergäbe sich zugunsten der Beklagten ein Differenzbetrag von 836,79 EUR. In dieser Höhe sei die Widerklage begründet, die Klage demgemäß unbegründet.
Im Übrigen wird zum erstinstanzlichen Sachvortrag der Parteien sowie des Inhalts der angefochtenen Entscheidung auf das landgerichtliche Urteil verwiesen.
Gegen das Urteil richtet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Die Klägerin hat Anschlussberufung eingelegt.
Nach Auffassung der Beklagten liegen die Voraussetzungen des § 10 AKB nicht vor, weil der Transporter am Vorabend des Brandereignisses am 12.08.2000 um 11.30 Uhr in dem Carport abgestellt worden sei und sich deshalb nicht mehr im Sinne dieser Vorschrift im Gebrauch befunden habe. Das Fahrzeug habe nämlich zum Zeitpunkt des Brandausbruches mit ausgeschaltetem Motor und abgezogenem Zündschlüssel seit mindestens fünfzehn Stunden in der Garage gestanden. Typische Funktionen des Fahrzeuges seien nicht in Tätigkeit gesetzt gewesen.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei nicht ein Brand in dem Fahrzeug für die geltend gemachten Schäden ursächlich geworden. Denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stünde gerade nicht fest, dass der Brand durch das Fahrzeug verursacht worden sei und sich die Brandquelle im Fahrzeug befunden habe. Nach dem eingeholten Gutachten komme vielmehr ebenso in Betracht, dass Ursache für den Brand im Carport gelagertes Stroh gewesen sei. Nach dem Gutachten bleibe demgemäß auch offen, wodurch der Brand entstanden sei.
Ein Schadensersatzanspruch stehe der Klägerin aber auch deshalb nicht zu, weil sie ihre Schäden nicht substantiiert dargelegt habe. Mangels hinreichend konkreter Darlegungen habe das Gericht den Schaden auch nicht gem. § 287 Abs. 1 ZPO schätzen dürfen.
Auch der mit der Anschlussberufung geltend gemachte zusätzliche Betrag von 161,28 EUR stehe der Klägerin nicht zu. Das Landgericht habe insoweit zu Recht erkannt, dass die Klägerin einen diesbetreffenden Schaden wegen der Zerstörung von Gegenständen der Herrn Eckert und Scharf nicht hinreichend konkret dargelegt habe. Dies sei der Klägerin auch mit der Anschlussberufung nicht gelungen.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des am 23. Mai 2003 verkündeten Urteils des Landgerichts Neubrandenburg - Az.: 3 O 76/02 - wird die Klägerin und Berufungsbeklagte verurteilt, an die Beklagte und Berufungsklägerin weitere 2.953,83 EUR nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 22. August 2002 zu zahlen.
Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen und im Wege der Anschlussberufung wie folgt zu erkennen:
Das Urteil des Landgerichts Neubrandenburg vom 23.05.2003 - Az.: 3 O 76/03 - wird aufgehoben, soweit die Klägerin darin verurteilt worden ist, auf die Widerklage der Beklagten hin mehr als EUR 675,51 nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 22.08.2002 zu zahlen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und beanstandet dieses insoweit, als dass das Landgericht die Schäden der Herren Eckert und Scharf an ihrem Werkzeug in Höhe von 161,28 EUR als nicht schlüssig dargelegt angesehen habe. Der erstinstanzliche Sachvortrag, wie mit Schriftsatz vom 07.03.2003 erfolgt, sei, insbesondere unter Berücksichtigung der ebenfalls von der Klägerin vorgelegten Quittungsbelege für das Werkzeug, schlüssig. Im Übrigen sei Beweis für die behaupteten Tatsachen angetreten worden.
II.
Die Berufung der Beklagten hat Erfolg. Die Anschlussberufung der Klägerin ist nicht begründet.
1.
Der Klägerin steht entgegen der Auffassung des Landgerichts gegen die Beklagte kein Anspruch aus der für den VW Transporter abgeschlossenen Haftpflichtversicherung gem. § 10 Abs. 1 AKB zu.
a)
Der zwischen den Parteien streitige Schaden ist nicht durch den Gebrauch des Fahrzeuges (§ 10 Nr. 1 AKB) entstanden. Gebrauch im Sinne von § 10 AKB ist nicht bereits schon jedes Halten und Besitzen eines Kraftfahrzeuges. Denn in diesem Falle würde jedes Fahrzeug dauernd in Gebrauch sein und ein Zustand des Nichtgebrauchs praktisch unvorstellbar werden. Dies widerspricht der natürlichen Verkehrsauffassung und würde auch die Einschränkung, die in § 10 AKB mit den Worten "durch den Gebrauch des Fahrzeuges" getroffen ist, überflüssig machen (BGH, VersR 1984, 1854; Stiefel/Hofmann, Kraftfahrtversicherung, 17. Aufl., § 10 AKB Rn. 63). Richtigerweise ist deshalb der Begriff des Gebrauches des § 10 Abs. 1 AKB dahin auszulegen, dass ein Fahrzeug zwar nicht nur zum Fahren gebraucht werden kann, sondern auch zu anderen Verrichtungen, wie z. B. zu Absperrungen, zum Be- und Entladen, zum Waschen, zum Reparieren, zur Aufbewahrung von noch nicht entladener Ware, dass aber der Gebrauch dort endet, wo nichts weiter mit dem Fahrzeug sich ereignet, wo es also endgültig in der Weise abgestellt wird, die auch den Betrieb im Sinne des § 7 StVG nach der sogenannten verkehrstechnischen Theorie enden lässt und auch keine weitere Tätigkeit an dem Fahrzeug stattfindet. Bei einem Abstellen bzw. Parken des Fahrzeuges endet damit sowohl der Betrieb im Sinne des § 7 StVG als auch der diesen umfassende Begriff des Gebrauches jedenfalls dann, wenn ein Kraftfahrzeug aus dem öffentlichen Verkehrsbereich völlig entfernt wird und mit ihm auch keine weiteren Gebrauchshandlungen vorgenommen werden (Stiefel/Hofmann a. a. O., § 10 AKB Rn. 64, OLG Köln VRS 96, 353f., Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 37. Aufl., § 7 StVG Rz. 8 a - 9).
b)
So liegt der Fall hier. Die Beklagte stellte ihren VW Transporter mit dem amtlichen Kennzeichen DM-AY 610 am Abend des 11.08.2000 in dem Carport auf dem Betriebsgrundstück ab. Ausweislich des Brandortberichtes brach der Brand am 12.08.2000 um 11.30 Uhr aus. In der Zeit vom Abstellen des Fahrzeuges bis zum Brandbeginn sind an dem Fahrzeug keinerlei Gebrauchsmaßnahmen, wie z. B. Be- oder Entladearbeiten, Reparaturarbeiten oder ein sonstiger Einsatz des Fahrzeuges vorgenommen worden. Das Fahrzeug war durch die Unterstellung in einem Carport auf dem umfriedeten Betriebsgelände der Klägerin auch dem öffentlichen Verkehrsraum völlig entzogen.
2.
Die Voraussetzungen des § 10 Nr. 1 AKB sind auch nicht deshalb erfüllt, weil der Brand durch einen Elektroschaden an dem Fahrzeug herbeigeführt worden sein könnte. Selbst wenn angenommen wird, dass mit der Elektrik eines Fahrzeuges Schadenrisiken verbunden sein können, die im Falle ihrer Verwirklichung als fahrzeugtypisch gewertet werden könnten, begründen diese allein nicht die Voraussetzungen eines Anspruchs nach § 10 Nr. 1 AKB. Solches kommt vielmehr nur dann in Betracht, wenn der Elektroschaden in einer Beziehung zu einem Gebrauch des Fahrzeuges steht. Letztendlich kann dies dahingestellt bleiben, weil ausweislich des Brandberichtes nicht feststeht, dass die Ursache für den Brand in einem Elektrikschaden des Fahrzeugs gelegen hat.
3.
Im Ergebnis kommt es deshalb nicht auf die daneben zwischen den Parteien streitige Frage an, ob das Fahrzeug auch die Entzündungsquelle für den Brand war. Dies erscheint im Hinblick auf das Brandgutachten zumindest zweifelhaft. Einer Beantwortung dieser Beweisfrage bedarf es indessen aufgrund des Nichteingreifens der Regelung des § 10 Abs. 1 AKB nicht.
4.
Nach allem ist das Urteil des Landgerichts aufgrund der Berufung abzuändern, die Klage insgesamt abzuweisen und der Widerklage ist stattzugeben. Damit steht fest, dass die Beklagte aufgrund des Brandereignisses nicht für Drittschäden ersatzpflichtig ist, weshalb die von der Klägerin eingelegte Anschlussberufung, mit welcher sie weiteren Schadensersatz fordert, unbegründet ist.
III.
1.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
2.
Die Revision ist nicht zuzulassen. Weder kommt der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zu, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.
Ende der Entscheidung
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