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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Urteil verkündet am 19.12.2007
Aktenzeichen: 6 U 132/07
Rechtsgebiete: HGB, RBerG, BGB, InsO


Vorschriften:

HGB § 159 Abs. 1
HGB § 171 Abs. 1
HGB § 171 Abs. 2
HGB § 172 Abs. 4
HGB § 172 Abs. 5
RBerG § 1
BGB § 242
BGB § 257
BGB § 286 Abs. 1 Satz 2
BGB § 288 Abs. 1
BGB §§ 305 ff.
BGB § 305 Abs. 2 Nr. 2
BGB § 305c
BGB § 305c Abs. 1
BGB § 306 Abs. 1
BGB § 310 Abs. 4
BGB § 670
BGB § 675
BGB § 683
InsO § 134
InsO § 134 Abs. 1
InsO § 143
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Rostock IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 U 132/07

Laut Protokoll verkündet am: 19.12.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 05.12.2007

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Neubrandenburg vom 26.06.2007 - Az.: 4 O 2/07 - abgeändert:

Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger 14.955,30 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus ab dem 14.11.2006 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagten als Gesamtschuldner zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert des Verfahrens in I. Instanz und des Berufungsverfahrens: jeweils 14.955,30 €.

Gründe:

I.

Der Kläger macht (als Insolvenzverwalter über das Vermögen der F. Beteiligungsgesellschaft GmbH & Co. KG = Insolvenzschuldnerin) gegen die Beklagten einen Anspruch auf Rückzahlung von erhaltenen Ausschüttungen in dem Zeitraum 31.07.2000 bis 31.07.2004 in Höhe der Klageforderung geltend.

Wegen der näheren Einzelheiten des Sachverhalts in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Begründend hat es ausgeführt, eine Haftung der Beklagten auf der Grundlage der §§ 172 Abs. 4, 171 Abs. 1, Abs. 2 HGB scheide aus, da sowohl die Beitrittserklärung der Beklagten als auch der abgeschlossene Treuhandvertrag wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 RBerG nichtig seien. Diese Nichtigkeit führe dazu, dass die Beklagten nicht Gesellschafter bzw. Kommanditisten der Insolvenzschuldnerin geworden seien.

Eine Rückzahlungsverpflichtung der Beklagten vermöge der Kläger weiter nicht auf einen Anspruch aus abgetretenem Recht der P. (Treuhänderin) zu stützen, da der Treuhandvertrag, ob der darin enthaltenen Freistellungsklausel, die sich als überraschende Klausel im Sinne von § 305c BGB darstelle und die im Übrigen gegen das Transparenzgebot verstoße, nichtig sei.

Schließlich sei der verfolgte Zahlungsanspruch auch nicht auf eine Insolvenzanfechtung nach §§ 134 Abs. 1, 143 InsO zu stützen, da es sich bei den Ausschüttungen nicht um unentgeltliche Leistungen im Sinne des § 134 InsO gehandelt habe; vielmehr seien die Ausschüttungen als Gegenleistung für die Einlage der Beklagten anzusehen. Überdies wäre selbst - bei anderer Beurteilung - ein nach §§ 134 Abs. 1, 143 InsO dem Grunde nach gegebener Anspruch in der Höhe nur teilweise (im Umfang von 4.985,10 €) begründet.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und rechtzeitig begründete Berufung des Klägers.

Er rügt, die angefochtene Entscheidung verletze - unter allen zur Begründung genommenen Gesichtspunkten - das materielle Recht.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des am 26.06.2007 verkündeten Urteils des Landgerichts Neubrandenburg (Az.: 4 O 2/07) die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an den Kläger 14.955,30 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus ab dem 14.11.2006 zu zahlen.

Der Beklagte zu 1) beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte zu 2) beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten zu 1) und zu 2) verteidigen das angefochtene Urteil in allen angegriffenen Punkten, im Wesentlichen mit der vom Landgericht gegebenen Begründung; darüber hinaus vertiefen sie ihre bereits erstinstanzlich vertretenen Rechtsansichten.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die Parteischriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Akteninhalt im Übrigen ausdrücklich Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig und begründet. Der Kläger kann von den Beklagten als Gesamtschuldnern die erhaltenen Ausschüttungen in Höhe der Klageforderung zurückerstattet verlangen.

1.

Insoweit ist das Landgericht zu Recht und mit zutreffenden Gründen davon ausgegangen, dass der gesamtschuldnerischen Haftung und Inanspruchnahme nicht - wie erstinstanzlich eingewandt - entgegensteht, dass die Beklagte zu 2) von den auf das Konto ihres früheren Ehemannes, des Beklagten zu 1), überwiesenen Ausschüttungen nicht partizipiert habe. Denn gleichwohl handelte es sich insoweit - wie vom Gericht erster Instanz ausgeführt - um während der Ehe erworbenes Vermögen (§ 1416 BGB).

2.

Zur Sache bedarf keiner Entscheidung, ob dem Kläger ein direkter Anspruch gegen die Beklagten auf Rückzahlung der Ausschüttungen gem. §§ 172 Abs. 4, 171 Abs. 1, Abs. 2 HGB zusteht. Denn jedenfalls stand ihm ein entsprechender Anspruch gegen die P. GmbH als im Handelsregister eingetragener Kommanditistin zu (a). Diese wiederum hatte gem. § 5 des Treuhandvertrages bzw. § 12 Abs. 4 Satz 2 des Gesellschaftsvertrages einen Freistellungsanspruch gegen die Beklagten, den die P. mit dem Vertrag vom 06.04.2006 wirksam an den Kläger abgetreten hat (b). Aus dieser Abtretungsvereinbarung vermag der Kläger die Beklagten gesamtschuldnerisch auf Rückzahlung der erhaltenen Ausschüttungen in Anspruch zu nehmen, ohne dass dem durchgreifende Einwendungen oder Einreden der Beklagten entgegenstehen (c).

a)

Der Kläger hatte gegen die P. GmbH als im Handelsregister eingetragener Kommanditistin (und Treuhänderin der Kommanditbeteiligung der Beklagten) gem. §§ 171 Abs. 1, Abs. 2 HGB einen Anspruch auf Rückzahlung der Ausschüttungen bzw. Wiederauffüllung der Haftungseinlage, da die entsprechenden Ausschüttungen - wie von ihm in erster Instanz dargelegt - zu einem Zeitpunkt erfolgt sind, als der Kapitalanteil der P. GmbH - bzw. im Innenverhältnis der auf die Beklagten entfallende Anteil - unter den Betrag der Haftungseinlage herabgemindert war. Bereits aufgrund des Jahresergebnisses 1999 war der Kapitalanteil durch Zuweisung des anteiligen Verlustes auf weniger als 90 % des eingezahlten Betrages gesunken. Da in den Folgejahren den weiteren Verlusten in den Jahren 2000 und 2002 nur geringere Gewinne in den Jahren 2001 und 2003 gegenüberstanden, erreichte das jeweilige Kapitalkonto nie mehr den Betrag der geleisteten Einlage und die Ausschüttungen erfolgten sämtlichst im Zustand der Unterdeckung gem. § 172 Abs. 4 HGB (ebenso LG Potsdam, UA Bl. 9, Anlage K 14 = GA 83 [91], Bd. III). Soweit die Beklagten die Richtigkeit der Jahresergebnisse bestritten haben, kann ihnen dies aus den vom Kläger angeführten Gründen nicht zum Erfolg verhelfen.

b)

Die P. GmbH ihrerseits hatte gegen die Beklagten aus § 5 des Treuhandvertrages bzw. aus § 12 Abs. 4 Satz 2 des Gesellschaftsvertrages einen Freistellungsanspruch zu Haftungsansprüchen nach § 172 Abs. 4 HGB. Diesen vertraglichen Freistellungsanspruch, der sich - wie noch auszuführen sein wird - mit der Abtretung in einen Zahlungsanspruch wandelt, wie auch sonstige gesetzliche Freiststellungs- oder Aufwendungsersatzansprüche hat die P. GmbH mit der Abtretungsvereinbarung vom 06.04.2006 an den Kläger abgetreten.

aa)

Entgegen der vom Landgericht vertretenen Ansicht verstoßen weder der zwischen den Beklagten und der P. abgeschlossene Treuhandvertrag noch die von den Beklagten unterzeichnete Beitrittserklärung gegen die Regelung des Art. 1 § 1 RBerG und können deshalb nicht für nichtig erkannt werden, da sich die Tätigkeit der P. vorliegend nicht als Rechtsbesorgung im Sinne der genannten Vorschrift darstellt.

aaa)

Zwar kann ein im Rahmen eines Kapitalanlagemodells abgeschlossener Treuhandvertrag von dem Erlaubniserfordernis des Rechtsberatungsgesetzes erfasst werden, wenn der Treuhänder nach dem Vertrag nicht nur die wirtschaftlichen Belange des Anlegers wahrzunehmen, sondern dessen Rechte zu verwirklichen oder dessen Rechtsverhältnisse zu gestalten, insbesondere in dessen Namen die erforderlichen Verträge abzuschließen hat (vgl. BGH, NJW-RR 2006, 1182ff.). Für die Frage, ob eine Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten im Sinne von Art. 1 § 1 RBerG vorliegt, ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht allein auf die rechtliche Form einer Tätigkeit, sondern auf ihren Kern und Schwerpunkt abzustellen, d.h. darauf, ob die Tätigkeit überwiegend auf wirtschaftlichem Gebiet liegt und die Wahrnehmung wirtschaftlicher Belange bezweckt oder ob die rechtliche Seite der Angelegenheit im Vordergrund steht und es wesentlich um die Klärung rechtlicher Verhältnisse geht (vgl. BGB, NJW 2006, 1952ff.).

bbb)

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Ausweislich des vorgetragenen Inhalts des Treuhandvertrages hatte die P. lediglich die Aufgabe, im eigenen Namen für die Beklagten einen betragsmäßig bestimmten Kommanditanteil an der späteren Insolvenzschuldnerin zu erwerben und zu halten (§ 1 Abs. 1 des Treuhandvertrages). Verträge, durch welche die Beklagten selbst verpflichtet worden wären, insbesondere Finanzierungsverträge, sollte sie nicht schließen dürfen; auch das Stimmrecht sollte sie nur ausüben dürfen, wenn die Anleger von einer ihr dafür eingeräumten Vollmacht keinen Gebrauch machen (§ 1 Abs. 5 Treuhandvertrag). Die Beauftragung der Treuhänderin durch die Treugeber, verschiedenen zwischen der Fondsgesellschaft und den Objektgesellschaften abzuschließenden Verträgen zuzustimmen (§ 1 Abs. 2 Satz 1 des Treuhandvertrages), stand unter dem Vorbehalt (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Treuhandvertrag), dass die vereinbarten Vergütungen den Investitions- und Finanzierungsplänen der Objektgesellschaften entsprechen und auch die sonstigen Bedingungen mit dem Beteiligungsprojekt übereinstimmen. Im Übrigen (vgl. § 1 Abs. 3 Treuhandvertrag) hatte der Treuhänder anderen (bezeichneten) Verträgen bereits zugestimmt und diese Zustimmung wurde mit dem Abschluss des Treuhandvertrages durch die Treugeber genehmigt.

Ihrem Kern und wirtschaftlichen Schwerpunkt nach beschränkte sich die Treuhänderstellung damit auf eine wirtschaftliche Tätigkeit - und stellt keine rechtliche Tätigkeit dar -, da sie im Wesentlichen den bloßen Erwerb und das Halten der Kommanditanteile zum Gegenstand hatte (so auch LG Potsdam, UA Bl. 10, Anlage K 14 = GA 92, Bd. III; OLG München, Anlage K 15 = GA 95ff., Bd. III), und nicht ein darüber hinausgehendes Bündel von Verträgen, deren Inhalt noch nicht feststand, sondern vielmehr eine der Zahl nach begrenzte Anzahl von Verträgen, die überdies mit dem Emissionsprospekt in Übereinstimmung stehen mussten.

ccc)

Ob der fehlenden Nichtigkeit des Treuhandvertrages kann - anders als wie vom Landgericht angenommen - auch die Beitrittserklärung der Beklagten zur Insolvenzschuldnerin nicht für unwirksam erachtet werden.

bb)

Die Unwirksamkeit der vereinbarten Freistellungsklausel kann entgegen der Auffassung des Gerichts erster Instanz auch nicht aus § 305c BGB (überraschende Klausel) bzw. aus einer Inhaltskontrolle nach § 242 BGB hergeleitet werden.

aaa)

Überraschend ist eine Klausel i.S. von § 305c Abs. 1 BGB nur dann, wenn es sich um eine objektiv ungewöhnliche Klausel handelt. Ob das der Fall ist, ist nach den Gesamtumständen des Falles zu beurteilen. Die Ungewöhnlichkeit kann sich aus der Unvereinbarkeit mit dem Gesamtbild des Vertrages, der Höhe des Entgelts, einem Widerspruch zum Ablauf der Vertragsverhandlungen, einer erheblichen Abweichung vom dispositiven Recht oder von den üblichen Vertragsbedingungen, aber auch aus der Unvereinbarkeit mit dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrages ergeben (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 66. Aufl., § 305c Rn. 3 m.w.N.). Zu dem empirischen Tatbestandsmerkmal "ungewöhnlich" muss als zweite normative Voraussetzung hinzukommen, dass der andere Teil mit der Klausel "nicht zu rechnen braucht". Zwischen den Erwartungen des Verwendungsgegners und des Klauselinhabers muss mithin eine Diskrepanz bestehen; der Klausel muss ein Überrumpelungs- und Übertölpelungseffekt innewohnen (Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 305c Rn. 4 m.w.N. a.d.Rspr.). Ob die Klausel dabei überraschend ist, beurteilt sich in der Regel nach den Erkenntnismöglichkeiten des typischerweise zu erwartenden Durchschnittskunden (BGHZ 101, 33ff.).

bbb)

Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Das Landgericht beruft sich für seine gegenteilige Auffassung vor allem auf (vorgebliche) Widersprüche zwischen der in § 5 des Treuhandvertrages enthaltenen Klausel, wonach der Treugeber die Treuhänderin von deren Haftung nach handelsrechtlichen Vorschriften freizustellen hat, und angeblich andersgearteten Aussagen im Emissionsprospekt. Demgegenüber weist der Kläger zutreffend darauf hin, dass kein Widerspruch darin liegt, wenn im Emissionsprospekt (S. 3) zum Ausdruck gebracht wird, dass die Haftung auf die geleistete Anlage beschränkt ist und keine Nachschusspflicht besteht. Denn im hier streitgegenständlichen Falle werden keine Nachschüsse geltend gemacht, sondern Ansprüche wegen der aufgrund an die Beklagten geleisteten Ausschüttungen wieder aufgelebten Kommanditistenhaftung. Diese haben nicht zur Folge, dass sich die von den Gesellschaftern zu erbringenden Zahlungen erhöhen, vielmehr sollen (lediglich) die finanziellen Vorteile, die dem Anleger zugeflossen sind, wieder zurückerstattet werden. Entgegen der Meinung des Landgerichts, konnten die Beklagten auch keineswegs davon ausgehen, dass ihre Haftung für die erhaltenen Ausschüttungen in jedem Fall ausgeschlossen ist. Auf die Verpflichtung der Anleger, erhaltene Ausschüttungen wieder zurückzahlen zu müssen, ist sowohl im Prospekt als auch in den korrespondierend mit dem Beitritt abgetretenen Verträgen mehrfach hingewiesen worden. Hierdurch sind die Voraussetzungen für eine Haftung sowie deren Umfang hinreichend verdeutlicht worden. Damit wurde die Haftung entsprechend den gesetzlichen handelsrechtlichen Regelungen für den Fall der Ausschüttung (§ 172 Abs. 4 HGB) zutreffend erläutert.

ccc)

Da schon ein Verstoß gegen § 305 c BGB nicht zu erkennen ist, bedarf keiner Entscheidung, ob die Klausel daneben einer Inhaltskontrolle nach § 242 BGB standhält, denn die dafür verlangten Voraussetzungen sind noch erheblich höher anzusetzen. Ebenso ist angesichts des vorstehenden Ergebnisses die Entscheidung der - vom Kläger gestellten - Frage obsolet, ob § 305c BGB wegen der Regelung von § 310 Abs. 4 BGB überhaupt Anwendung finden kann.

cc)

Nicht frei von Rechtsfehlern ist außerdem die vom Landgericht begründete Meinung, die Freistellungsklausel im Treuhandvertrag verstoße gegen das Transparenzgebot.

aaa)

Nach § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB muss der Kunde in zumutbarer Weise vom Inhalt der AGB Kenntnis nehmen können. Dazu gehört, dass die AGB für einen Durchschnittskunden mühelos lesbar sind, ferner ein Mindestmaß an Übersichtlichkeit und ein im Verhältnis zur Bedeutung des Geschäfts vertretbaren Umfang haben. Außerdem müssen die AGB für den Kunden verständlich sein. Nur Regelungen, die diesen Ausformungen des sogen. Transparenzgebots entsprechen, werden Vertragsinhalt (vgl. Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 305 Rn. 39 und 41 m.w.N.).

bbb)

Aus der Freistellungsklausel im Treuhandvertrag ergibt sich hinreichend deutlich, dass die Treugeber verpflichtet sind, den Treuhänder stets freizustellen, wenn sich nach den handelsrechtlichen Vorschriften für diesen eine persönliche Haftung ergibt. Einer genaueren Erläuterung bedurfte es aufgrund des Verweises auf das Gesetz, welches für den Anleger zugänglich ist, als auch aufgrund der erläuternden Regelungen im Prospekt nicht.

dd)

Hinzutritt, dass selbst bei unterstellter Nichtigkeit des Treuhandvertrages bzw. einer Unwirksamkeit der Freistellungsregelung ein gesetzlicher Freistellungsanspruch der P. als Treuhänderin aus § 683 BGB bzw. §§ 675 BGB bestehen würde (so auch OLG München, Anlage K 15, GA 95ff., Bd. III), wie er hilfsweise vom Kläger geltend gemacht wird.

aaa)

Nach der ständigen Rspr. des BGH sind bei Nichtigkeit eines Vertrages, unabhängig davon, ob diese auf einem Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot oder auf einen Verstoß gegen die guten Sitten beruht, die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag anwendbar, wenn das Geschäft aufgrund eines sich später als nichtig erweisenden Auftrages geführt worden ist (vgl. BGH, NJW-RR 1993, 200ff; WM 2004, 2441). Wäre dem Landgericht darin zu folgen - was nicht der Fall ist -, dass der Treuhandvertrag nichtig ist, hätte dies zur Folge, dass die Anleger nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag gem. § 683 BGB verpflichtet wären, der P. die von ihr getätigten Aufwendungen gem. § 683 BGB zu ersetzen bzw. diese gem. § 257 BGB von einer Haftung freizustellen (vgl. Palandt/Sprau, a.a.O., § 683 Rn. 8 m.w.N.).

bbb)

Das Gleiche würde gelten, wenn lediglich die Freistellungsklausel in § 5 des Treuhandvertrages unwirksam wäre.

Ein Verstoß gegen die Regelungen in § 305ff. BGB hat grundsätzlich nicht die Unwirksamkeit des ganzen Vertrages, sondern nur die Unwirksamkeit der gegen die Regelungen der §§ 305ff. BGB verstoßenden konkreten Klausel zur Folge. Das ergibt sich aus § 306 Abs. 1 BGB. Der Inhalt des Vertrages richtet sich in diesem Fall nach den gesetzlichen Vorschriften (vgl. § 306 Abs. 2 BGB). Sollte die Freistellungsklausel in § 5 also unwirksam sein, hätte dies zur Folge, dass die Beklagten aufgrund des ansonsten wirksamen Treuhandvertrages, bei dem es sich i.d.R. um einen Geschäftsbesorgungsvertrag handelt (vgl. Palandt/Sprau, a.a.O., § 675 Rn. 21 m.w.N.), zu einer Freistellung gem. §§ 675, 670 BGB verpflichtet wären.

ccc)

Da mit der Abtretungsvereinbarung sämtliche Freistellungs- und Aufwendungsersatzansprüche, egal ob von vertraglicher- oder gesetzlicher Natur, von Seiten der P. an den Kläger abgetreten wurden, vermag dieser den Freistellungsanspruch, der sich in einen Zahlungsanspruch wandelt, auch auf die gesetzlichen Regelungen von § 683 bzw. §§ 675, 670 BGB zu stützen.

ee)

Auch die sonstigen Voraussetzungen für einen abgetretenen Freistellungsanspruch liegen vor.

aaa)

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass Ansprüche auf Schuldbefreiung grundsätzlich ohne weiteres an den Gläubiger der zu tilgenden Schuld abgetreten werden können mit der Folge, dass sie sich in einen Zahlungsanspruch umwandeln, den der Gläubiger (hier der Kläger) gegenüber dem Schuldner (hier den Beklagten) geltend machen kann (gefestigte Rspr., vgl. BGH, ZIP 2004, 452, 454; Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 399 Rn. 4 m.w.N.). Eine Schlechterstellung gegenüber der Freistellungsverpflichtung ergibt sich durch die Abtretung nicht.

bbb)

Vorliegend hat die P. die ihr gegenüber den Anlegern vertraglich bzw. gesetzlich zustehenden Freistellungsansprüche an den Kläger abgetreten. Zwar ist der Kläger im engen Wortsinne nicht "Gläubiger der zu tilgenden Schuld". Er ist einem solchen jedoch mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin gleichzusetzen. Denn nach der Regelung in § 171 Abs. 2 HGB kann während der Dauer des Insolvenzverfahrens die persönliche Haftung von Kommanditisten nur noch vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden mit der Folge, dass zugleich den Gesellschaftsgläubigern im Insolvenzverfahren die Möglichkeit genommen ist, sich persönlich an die Kommanditisten zu halten.

ff)

Gegenansprüche oder sonstige Einwendungen und Einreden vermögen die Beklagten dem Kläger nicht mit Erfolg entgegenzuhalten.

aaa)

Den Einwand, sie hätten die Ausschüttungen analog § 172 Abs. 5 HGB in dem guten Glauben bezogen, es habe sich um Gewinnausschüttungen gehandelt, vermögen die Beklagten nicht zu führen. Eine direkte Anwendung von § 172 Abs. 5 HGB scheidet schon deshalb aus, weil die Beklagten die Ausschüttungen nicht aufgrund von Bilanzen erhielten, welche ausreichende Gewinne aufwiesen. Auch im Übrigen greift § 172 Abs. 5 HGB nicht ein. Denn bereits aus dem Gesellschaftsvertrag ergibt sich, dass die Ausschüttungen nicht allein aus Gewinnen stammen würden und auch nicht lediglich in Abhängigkeit von der Gewinnerzielung erfolgen würden. Ausweislich § 12 Abs. 2 waren vielmehr Verluste für die Jahre 1999 und 2000 eingeplant, gleichwohl sollte auch für diese Jahre nach § 12 Abs. 3 eine "Vorabausschüttung" gezahlt werden (vgl. zu allem zutreffend LG Potsdam, UA Bl. 10, Anlage K 14, GA 92, Bd. III).

bbb)

Eine Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen gegen die Treuhandkommanditistin kommt - unabhängig von der Abtretung - nicht in Betracht. Gegen die Gesellschaft kann nicht mit Schadensersatzansprüchen wegen Prospekthaftung oder Beratungsfehlern, die nur gegen Initiatoren und Vertriebsgesellschaften in Betracht kommen, aufgerechnet werden (vgl. BGHZ 93, 159; OLG München, Anlage K 15, GA 96, Bd. III).

ccc)

Der Klageanspruch ist auch nicht verjährt. Der abgetretene Freistellungsanspruch verjährt analog § 159 Abs. 1 HGB in 5 Jahren, wobei die Verjährung mit Auflösung der Gesellschaft, vorliegend frühestens mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 08.05.2006 beginnt. Sowohl die Grundsätze der Kapitalaufbringung in der Kommanditgesellschaft und des Gläubigerschutzes als auch der sich aus dem Treuhandverhältnis ergebende Zweck und Hintergrund des Freistellungsanspruchs der P. gegenüber ihren Treugebern gebieten es, Beginn und Lauf der Verjährungsfrist des Freistellungsanspruchs an den des jeweiligen Anspruchs, von dem die Freistellung erfolgt, zu binden (zutreffend LG Potsdam, UA Bl. 11f. = Anlage K 14, GA 13f., Bd. III).

3.

Angesichts der vorstehenden Ausführungen zum Erfolg der Klage, bedarf keiner Untersuchung und Entscheidung, ob der Kläger sein Anspruchsbegehren außerdem auf §§ 134 Abs. 1, 143 InsO zu stützen vermochte.

4.

Der Zinsanspruch des Klägers ergibt sich aus §§ 286 Abs. 1 Satz 2, 288 Abs. 1 BGB.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 100 Abs. 4 ZPO; die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Von der Festsetzung einer Abwendungsbefugnis sieht der Senat ab, da der Wert der Beschwer den Betrag von 20.000,00 € nicht übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO).

Die Revision war nicht zuzulassen. Weder kommt der Sache grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 47, 48 GKG, §§ 3, 6 ZPO. Auf die Anregung des Klägers ist der erstinstanzlich festgesetzte Betrag, der auf den dreifachen Betrag lautet, insoweit gem. § 63 Abs. 3 GKG von Amts wegen zu ändern. Denn der Kläger führt zu Recht aus, dass entgegen der vom Landgericht vertretenen Ansicht nicht drei verschiedene Ansprüche - mit unterschiedlichen Streitgegenständen - anhängig gemacht worden sind, sondern nur ein Anspruch mit alternierender Anspruchsbegründung.

Ende der Entscheidung

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