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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Urteil verkündet am 21.04.2004
Aktenzeichen: 6 U 171/02
Rechtsgebiete: GmbHG, ZPO, AktG, GenG, BGB


Vorschriften:

GmbHG § 43
GmbHG § 43 Abs. 1
GmbHG § 43 Abs. 1 Satz 1
GmbHG § 43 Abs. 2
AktG § 93 Abs. 2 S. 2
AktG § 116
ZPO § 66 Abs. 1
ZPO § 139
ZPO § 531
GenG § 34 Abs. 2 S. 2
GenG § 34 Abs. 2 Satz 2
GenG § 41
BGB § 288
BGB § 291 a.F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Rostock IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 U 171/02

Verkündet am: 21.04.2004

In dem Rechtsstreit

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock durch

den Richter am Oberlandesgericht Dr. ter Veen den Richter am Oberlandesgericht Hanenkamp die Richterin am Landgericht Ewert

auf die mündliche Verhandlung vom 31.03.2004

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Neubrandenburg vom 08.08.2002, Az.: 10 O 76/01, abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 153.387,56 (DM 300.000,00) nebst 4 % Zinsen seit dem 07.07.2001 zu zahlen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits, einschließlich der Kosten der Nebenintervenientin.

Das Urteil ist für den Kläger und die Nebenintervenientin (wegen der Kosten) ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, eine Zwangsvollstreckung durch den Kläger und/oder die Nebenintervenientin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, sofern diese nicht jeweils zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: EUR 153.387,56

Gründe:

A.

Der Kläger nimmt in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der P. Trocknungswerk und Handelsgesellschaft mbH (im Folgenden: Gemeinschuldnerin) den Beklagten als ehemaligen Geschäftsführer nach § 43 Abs. 2 GmbHG wegen Verletzung seiner Geschäftsführerpflichten auf Schadensersatz wegen entgangener Beihilfeleistungen der EU für den Trockenfutterwirtschaftszeitraum von Juli 1996 bis März 1997 in Anspruch. Der Kläger hat den eingeforderten Betrag aus Gründen der Prozessökonomie im Wege der Teilklage auf 300.000,00 DM (von ca. 1,8 Mio. DM, vgl. Bl. 12 d. A.) Schaden begrenzt.

Für den unstreitigen Sachverhalt, die Parteivorträge und die erstinstanzlichen Anträge wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Schadensersatzklage mit der Begründung zurückgewiesen, dem Kläger sei trotz zahlreicher und ausführlicher gerichtlicher Hinweise keine substantiierte Darlegung einer dem Beklagten vorwerfbaren, schadensursächlichen, konkreten Verletzung der ihm als Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin obliegenden objektiven Pflichten gelungen. Ein sogenanntes Organisationsverschulden, welches auch zu einer Pflichtverletzung durch Unterlassen führen könne, sei nicht dargetan. Die Darlegungs- und Beweislast für die objektive Pflichtverletzung hat das Landgericht auf Seiten des Klägers (d.h. der klagenden Gesellschaft) gesehen. Es sei eine Vielzahl möglichen Fehlverhaltens von Mitarbeitern der Gemeinschuldnerin denkbar, die der Beklagte auch im Rahmen einer ausreichenden Organisation des Betriebes im Trocknungswerk nicht habe erkennen können und die ursächlich für die vollständige Rückforderung der im Vorschusswege gewährten Beihilfen gewesen sein könnten.

Darüber hinaus hat das Landgericht auch den Schaden für nicht substantiiert dargelegt angesehen. Der Kläger dürfe insoweit lediglich verlangen, was ihm bei korrekter Bearbeitung der Beihilfeanträge für die Trockenfutterherstellung durch die Gemeinschuldnerin zugestanden hätte. Der Kläger müsse deswegen näher ausführen, welche Beihilfeleistungen berechtigt gewesen wären.

Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Gründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit seiner form- und fristgerechten Berufung.

In der Berufungsinstanz ist die R.genossenschaft N. AG, die den Betrieb der Gemeinschuldnerin fortführt und der als Insolvenzgläubigerin eine Forderung von ca. 1,4 Mio. DM gegen die Gemeinschuldnerin zusteht, dem Rechtsstreit auf Klägerseite gem. § 66 Abs. 1 ZPO beigetreten. Auch die Streithelferin hat form- und fristgerecht Rechtsmittel gegen das Urteil des Landgerichts Neubrandenburg eingelegt.

Klägerin und Streithelferin rügen vor allen Dingen, dass die klagabweisende Entscheidung des Landgerichts auf einer rechtsfehlerhaften Verkennung der Darlegungs- und Beweislast zu Lasten der den Geschäftsführer auf Schadensersatz in Anspruch nehmenden GmbH beruhe:

Vorliegend ergebe sich bereits aus dem Schaden, nämlich der vollständigen Rückforderung der im Vorschusswege für die Trockenfutterherstellung aus Grünfutter von geförderten Erzeugerflächen gewährten Beihilfen wegen unklarer Zuordnung und Mengenerfassung des verarbeiteten Grünfutters eine objektive Pflichtverletzung des beklagten ehemaligen Geschäftsführers der Gemeinschuldnerin.

Die Unregelmäßigkeiten würden in den abgereichten Prüfberichten der BLE (Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung) Nr. für das Wirtschaftsjahr 1995 und insbesondere im Prüfbericht Nr. für den Zeitraum Juni 1996 bis 09.07.1997 hinreichend konkret benannt. Beispielhaft greifen Kläger und Streithelferin die folgenden - in der Sache unstreitigen - Beanstandungen aus dem zuletzt erwähnten Prüfbericht Nr. auf:

- Grünfutter wurde nicht wie gegenüber der BLE angegeben, i.H.v. 14.646 t von vertraglich gebundenen Lieferanten mit Trocknungsflächen gekauft; vielmehr konnte nur die Menge von 10.411 t Grünfutter als von den vertraglich gebundenen Lieferanten stammend nachgewiesen werden.

- Konkret festgestellt wurde, dass mindestens 2.750 t Grünfutter von anderen Lieferanten bezogen wurde.

- Die Auslieferung von insgesamt 512.580 kg Trockenfutter an die bezeichneten Empfänger konnte nicht nachgewiesen werden.

- Aus dem Vergleich der Herstellung von beihilfefähigem mit dem ausgelieferten Trockenfutter, für das Beihilfe beantragt wurde, ergab sich eine Differenz von 1.023.480 kg Trockenfutter, für dessen Herstellung der Herkunftsnachweis des Grünfutters nicht erbracht werden konnte. Die Zuordnung zu einzelnen Beihilfeanträgen sei nicht möglich.

- Außer den der BLE vorgelegten und in der Bestandsbuchführung enthaltenen Verkaufsrechnungen für Trockenfutter wurden weitere Verkäufe festgestellt, obwohl der Bestand lt. Bestandsbuchführung aufgebraucht war.

- Die Mengenbuchhaltung der PTH (Gemeinschuldnerin) wird seitens der BLE angezweifelt, da erhebliche Abweichungen sowohl bezüglich des Grünfuttereinganges als auch des Trockenfutterabganges in der Finanzbuchhaltung festgestellt wurden. Für nicht erbrachte Lieferungen und Leistungen wurden Rechnungen/Gutschriften erstellt.

Darüber hinaus gebiete eine in der Literatur schon lange vertretene Meinung eine analoge Anwendung der §§ 93 Abs. 2 S. 2 AktG, 34 Abs. 2 S. 2 GenG auch auf den Geschäftsführer einer GmbH. Danach träfe die für die Gesellschaft handelnden Organe im Streitfall die "Darlegungs- und Beweislast dafür, dass sie die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters angewandt haben". Der Vortrag des Beklagten genüge diesen Anforderungen in keiner Weise. Seine Aufgabe hätte vor allem darin bestanden, als Geschäftsführer darauf zu achten, dass die regelmäßig im Vorschusswege gewährten Beihilfen auch endgültig bei der Gemeinschuldnerin verblieben, zumal der Betrieb - unstreitig - allein aufgrund der Beihilfegewährung existenzfähig gewesen ist.

Letztlich halten der Kläger und die Streithelferin auch den mit der Teilklage geforderten Schadensbetrag von 300.000,00 DM (eines Gesamtschadens von ca. 1,8 Mio. DM, vgl. Klageschrift S. 12 d. A.) der Höhe nach für schlüssig begründet: Hierzu verweisen sie auf die Anlagen 1 bis 3 zum Prüfbericht der BLE Nr. (Bl. 59 ff./378 ff. d.A.) für den klagegegenständlichen Zeitraum von Juli 1996 bis März 1997. Hierin seien alle Vorschussbescheide (Endziffern 213 bis 535 lt. Rückforderungsbescheid vom 18.06.1999, Bl. 31 d.A.) sowie die zwei zur weiteren Konkretisierung der Teilklage hinzugenommenen Restzahlungsbescheide (Endziffer 658 und Endziffer 675 lt. vorgenanntem Rückforderungsbescheid, Bl. 32 d.A.) dezidiert nach Menge, Datum und gewährter Zahlung aufgeführt. Daraus ergäben sich auch die beanstandeten Leistungen. Aus der ebenfalls abgereichten tabellarischen Übersicht der BLE (Bl. 65/384 d.A.), in der alle streitgegenständlichen Vorschuss- und Restzahlungsbescheide nach ausgezahlten Beihilfen, nicht beanstandeten Beihilfen und beanstandeten Beihilfen ausgewiesen und gegenübergestellt werden, lasse sich entnehmen, dass die Gemeinschuldnerin für den klagegegenständlichen Zeitraum Anspruch auf nicht beanstandete Beihilfeleistungen im Wert von 431.663,70 DM gehabt habe. Mithin sei der mit der Teilklage erstrebte Betrag von 300.000,00 DM ersichtlich abgedeckt.

Der Kläger und Berufungskläger beantragt,

den Beklagten unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Neubrandenburg vom 08.08.2002 (Az.: 10 O 76/01) zu verurteilen, an ihn 153.387,56 EUR (300.000,00 DM) nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Streithelferin des Klägers,

schließt sich dem Hauptantrag des Klägers an und beantragt höchst hilfsweise, den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der der PTH (Gemeinschuldnerin) durch den Erlass und die eventuelle Vollstreckung des Bescheides Nr. vom 18.06.1999 entstanden ist oder entstehen wird.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung zur Beweislast hinsichtlich einer zum Schadensatz verpflichtenden objektiven Pflichtverletzung des Geschäftsführers mit Rechtsausführungen.

Ihm sei danach kein Organisationsverschulden anzulasten. Der Betrieb der Beklagten habe in der Saison bis zu 150 t Trockenfutterpellets täglich hergestellt und bis zu 32 Mitarbeiter beschäftigt. Der Beklagte habe sich auf die Zuarbeit seiner Mitarbeiter beim Wiegen und Erfassen sowie der Dokumentation der Herkunft des angelieferten Grünfutters zur Verarbeitung sowie auf die Buchhaltung verlassen dürfen. Er habe die Beihilfeanträge nicht selbst ausgefüllt, sondern lediglich unterzeichnet. Ihm hätten keine weiteren Erkenntnismöglichkeiten zur Verfügung gestanden als den Prüfern der BLE, deren monatliche Prüfungen beanstandungsfrei ausgefallen seien. Das gegen ihn geführte Strafverfahren wegen Subventionsbetruges sei eingestellt worden.

Ferner meint der Beklagte, der Kläger habe den Schaden nicht hinreichend substantiiert dargetan. Der Kläger und die Streithelferin dürften insoweit nicht auf die Ergebnisse der Prüfung der BLE zurückgreifen, sondern müssten weitere Unterlagen (Wiegescheine etc.) vorlegen.

Darüber hinaus hält der Beklagte weiteren, in der Berufungsinstanz vorgebrachten Vortrag des Klägers und der Nebenintervenientin für präkludiert.

Schließlich vertritt der Beklagte die Auffassung, die Aufhebungsvereinbarung vom 31.12.1997 stünde einer Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen entgegen.

Der Senat hat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 27.08.2003 gem. § 139 ZPO auf die aus seiner Sicht zutreffende Auffassung der Streithelferin zur Beweislast des Geschäftsführers im Rahmen seiner Haftung nach § 43 Abs. 2 GmbHG hingewiesen, den Gegenstand der Teilklage klargestellt und den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt.

B.

Die zulässigen Berufungen des Klägers sowie der Streithelferin des Klägers haben in der Sache Erfolg.

I.

1.

Die Zulässigkeit der Nebenintervention der Streithelferin ergibt sich aus § 66 Abs. 1 ZPO. Sie hat als Insolvenzgläubigerin der Gemeinschuldnerin ein eigenes rechtliches Interesse an Massestreitigkeiten des Insolvenzverwalters (OLG Frankfurt, NJW-RR 2000, 348; Zöller/Vollkommer, 24. Aufl., § 66 ZPO Rn. 9).

2.

Die Zulässigkeit der auf 300.000,- DM Schadensersatz beschränkten Teilklage ist gegeben, weil der Kläger angegeben hat, in welcher Reihenfolge und mit welchem Anteil die als Schadensersatz beanspruchten entgangenen Beihilfeleistungen aus dem Rückforderungsbescheid vom 18.06.1999 verlangt werden. Damit ist der Streitgegenstand hinreichend individualisiert (Zöller/Greger, a.a.O., § 253 ZPO Rn. 15).

II.

Dem Kläger steht ein Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten als ehemaligen Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin nach den Regeln der Organhaftung aus § 43 Abs. 2 GmbHG wegen zurechenbarer Verletzung seiner Pflichten als Geschäftsführer in Zusammenhang mit entgangenen Beihilfen für den Trockenfutterwirtschaftszeitraum von März 1996 bis 09. Juli 1997 zu (1.). Die Darlegungs- und Beweislast für eine den Schadensersatz auslösende objektive Verletzung der dem Geschäftsführer nach § 43 Abs. 1 Satz 1 GmbHG obliegenden Sorgfaltspflichten trägt entgegen der Auffassung des Landgerichts der Beklagte aufgrund einer diesbezüglichen Beweislastumkehr zu Lasten des verklagten Geschäftsführers (2.). Der beklagte ehemalige Geschäftsführer konnte nicht darlegen, seinen Sorgfaltspflichten nachgekommen zu sein (3.). Den mit der vorliegenden Teilklage beanspruchten Schaden in Höhe von 300.000,- DM haben Kläger und Nebenintervenientin der Höhe nach schlüssig vorgerechnet und durch die Vorlage geeigneter Belege unter Beweis gestellt (4.). Diesem Schadensersatzanspruch kann der Beklagte keine Ansprüche aus der Aufhebungsvereinbarung vom 31.12.1997 entgegenhalten (5.).

1.

Der Beklagte hat die ihm als Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin obliegenden Pflichten im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 1 GmbHG bei der Organisation und Überwachung des Betriebes im Trocknungswerk P. verletzt, indem er nicht für eine hinreichende Einhaltung der für den endgültigen Verbleib der Subventionen erforderlichen Voraussetzungen Sorge trug.

a.

Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 GmbHG haben die Geschäftsführer in Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden, wobei auf einen objektiven Verschuldensmaßstab abzustellen ist. Eine Rolle spielen dabei die besondere Stellung des Geschäftsführers in leitender Position bei der Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen, jeweils abhängig auch von der Art und Größe des Unternehmens. Er muss sich ständig über alle wesentlichen Angelegenheiten informieren und hierzu auch die Bücher einsehen (BGH, GmbHR 1995, 300; Lutter/Hommelhoff, 15. Aufl., § 43 GmbHG Rn. 4-7).

b.

Die Gewährleistung zur Einhaltung der Berechtigungsvoraussetzungen der regelmäßig im Vorschusswege für die Trockenfutterherstellung aus Grünfutter von geförderten Flächen gezahlten Beihilfen der BLE stellte unstreitig den zentralen Geschäftsgegenstand der Gemeinschuldnerin dar. Diese war ohne Subventionen wirtschaftlich nicht überlebensfähig. Der Beklagte hätte deswegen unbedingt darauf achten müssen, dass die Vorgaben des Gesetzes zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisation und der EG-Verordnungen Nr. 603/95 und Nr. 785/95 eingehalten werden und dabei besondere Aufmerksamkeit darauf richten müssen, dass ausschließlich Grünfutter von geförderten Trocknungsflächen verarbeitet wird.

2.

Entgegen der vom Landgericht vorgenommenen Verteilung der Beweislast hat im Schadensersatzprozess der Gesellschaft nach § 43 Abs. 2 GmbHG der Geschäftsführer darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen, dass er seinen Sorgfaltspflichten aus § 43 Abs. 1 GmbHG nachgekommen ist oder ihn kein Verschulden trifft, oder dass der Schaden auch bei pflichtgemäßem Alternativverhalten eingetreten wäre.

a.

Diese von der Literatur bereits seit längerer Zeit befürwortete Beweislastumkehr (vgl. Rohwedder/Schmidt-Leithoff, 4. Aufl., § 43 GmbHG, Rn. 36; Scholz/Schneider, 9. Aufl., § 43 GmbHG Rn. 167 ff.; Baumbach/Hueck/Zöllner, 17. Aufl., § 43 GmbHG Rn. 30 f.) beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 93 Abs. 2 Satz 2, 116 AktG und der §§ 34 Abs. 2 Satz 2, 41 GenG. Diesen Vorschriften wohnt der auch auf eine GmbH übertragbare Rechtsgedanke inne, dass die betreffenden Organmitglieder im Streitfall die Darlegungs- und Beweislast dafür tragen, dass "sie die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters angewandt haben". Auch der BGH hat sich dieser Meinung durch Entscheidung vom 04. November 2002 inzwischen uneingeschränkt angeschlossen und führt aus, "für den Geschäftsführer einer GmbH kann jedenfalls dann, wenn er nach eigenem Gutdünken und nicht auf konkrete Weisung der Gesellschafter (§ 46 Nr. 6 GmbHG) gehandelt hat, im Ergebnis nichts anderes gelten, mag auch das GmbHG für ihn in § 43 GmbHG keine ausdrückliche entsprechende Regelung enthalten" (BGH NJW 2003, 358 = BGHZ 152, 280-290).

b.

Dem schließt sich der Senat an. Diese Parallelwertung zur Beweislastumkehr bei der Organhaftung im Aktien- und Genossenschaftsrecht rechtfertigt sich insbesondere aus der Erwägung, dass der Geschäftsführer besseren Zugang zu den maßgeblichen Tatsachen hat und damit alle Umstände überblicken kann, die für die Beurteilung der Pflichtgemäßheit seines Verhaltens sprechen, während die von ihm geleitete Gesellschaft diesbezüglich immer in Beweisnot wäre (BGH, a.a.O.).

c.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist darüberhinaus ein Fall gegeben, in dem bereits die Art des behaupteten Schadens stark für den Zusammenhang mit einem pflichtwidrigen Verhalten oder Unterlassen des verklagten Geschäftsführers spricht - vergleichbar den älteren Entscheidungen des BGH zur Beweislasterleichterung der Gesellschaft in Fällen von Waren- oder Kassenfehlbeständen (BGH ZIP 1991, 159; BGH WM 1980, 1190 f.; BGH NJW 1986, 54 ff.). Die vollständige Rückforderung der in dem klagegegenständlichen Zeitraum gewährten Beihilfen der BLE aufgrund der Missbrauchsregelung des Art. 16 Abs. 3 der EG-Verordnung Nr. 78595 (Amtsblatt EG Nr. L 79 vom 07.04.1995) erlaubt den Schluss auf Versäumnisse des Beklagten bei der Kontrolle der Herkunft und Deklaration des verarbeiteten Grünfutters. Die im Ergebnis des Prüfberichts Nr. 011/89/0 (Bl. 48 ff. d.A.) festgehaltenen Beanstandungen der BLE, namentlich die nicht nachvollziehbare Herkunft und Zuordnungsfähigkeit eines nicht unerheblichen Teils des verarbeiteten Grünfutters sowie die gerügten Mängel in der Finanz- und Mengenbuchhaltung sind Fehler, die einem Geschäftsführer im Rahmen der ihm obliegenden Kontrolle und Überwachung des Betriebsablaufes auffallen müssen bzw. die er durch entsprechende Betriebsorganisation zu vermeiden hat.

3.

Dem Beklagten ist es trotz des unmissverständlichen Hinweises des Senates auf die vorgeschilderte Beweislastverteilung im Termin zur mündlichen Verhandlung am 27.08.2003 nicht gelungen, darzulegen und zu beweisen, dass er seinen Sorgfaltspflichten als Geschäftsführer nachgekommen wäre oder ihn kein Verschulden träfe oder dass der Schaden auch bei pflichtgemäßem Alternativverhalten eingetreten wäre:

a.

Liegt der Sorgfaltspflichtverstoß wie vorliegend in einem Unterlassen, besteht die Pflichtverletzung des Geschäftsführers in der Nichtverhinderung der Schadensentstehung, die positiv auf anderen Ursachen beruht, etwa dem Handeln Dritter oder von Mitarbeitern des Unternehmens. Voraussetzung der Haftung des Geschäftsführers ist dann, dass dessen rechtzeitiges pflichtgemäßes Eingreifen den Schaden verhindert hätte und dem Geschäftsführer auch möglich gewesen wäre (Baumbach/Hueck/Zöllner, a.a.O. § 43 GmbHG Rn. 32). Der Beklagte hat zu diesen Voraussetzungen nichts vorgetragen. Insbesondere hat er keinen Versuch unternommen, den durch den Rückforderungsschaden gesetzten Anschein der Pflichtwidrigkeit zu entkräften.

b.

Der Beklagte hat sich zur Begründung seiner Auffassung, ihm sei kein Organisationsverschulden anzulasten, lediglich auf die Größe des Betriebes (32 Mitarbeiter) und den Umfang der Geschäftstätigkeit (in der Saison bis zu 150 t Trockenfutter täglich produziert zu haben) berufen. Dieses Argument verfängt nicht, weil der Geschäftsbetrieb durch die Geschäftsführung so einzurichten gewesen wäre, dass der Überblick über die Arbeitsabläufe und Ergebnisse stets erhalten bleibt. Den Beklagten ist es deswegen auch nicht gestattet, sich darauf zurückzuziehen, er habe sich auf die Zuarbeit der Mitarbeiter beim Einwiegen und Erfassen sowie der Dokumentation der Herkunft des verarbeiteten Grünfutters sowie auf die Buchhaltung verlassen dürfen. Er durfte die nach seinen Angaben von anderen Mitarbeitern der Gemeinschuldnerin ausgefüllten und vorbereiteten Beihilfeanträge keineswegs ungeprüft unterschreiben. Sein Einwand, ihm hätten keine weitergehenden Erkenntnismöglichkeiten zur Verfügung gestanden als den Prüfern der BLE, deren monatliche Prüfungen beanstandungsfrei ausgefallen seien, greift nicht durch. Die monatlichen Prüfungen der BLE waren nur stichprobenartig und lassen die Pflicht zur betriebsinternen Kontrolle und Organisation der beihilfegerechten Produktion unberührt. Diese obliegt allein dem Betrieb und dort vorrangig der Geschäftsführung. Nachdem die ersten Unstimmigkeiten in Hinsicht auf die Herkunft des verarbeiteten Grünfutters und die Transparenz der Buchführung bereits bei den monatlichen Prüfungen aufgetreten waren, hätte spätestens Anlass zur Kontrolle bestanden.

Letztlich hilft dem Beklagten auch sein Hinweis auf einen schleppenden Verlauf und die schlussendliche Einstellung des gegen ihn u.a. wegen der streitgegenständlichen Vorgänge geführten Strafverfahrens wegen Subventionsbetruges nichts. Schon der Umstand, dass gegen ihn ermittelt und Anklage erhoben wurde, legt den Schluss auf Versäumnisse während seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin nahe.

Der Beklagte hat in keiner Weise dargelegt, ob und wie er die Betriebsorganisation im Hinblick auf eine Gewährleistung der Einhaltung der Subventionsvoraussetzungen gestaltet und kontrolliert haben will.

4.

Der Kläger konnte des weiteren - unter Verwendung des diesbezüglichen detaillierten und ergänzenden Vortrages der Nebenintervenientin - den mit der Teilklage beanspruchten Schaden in Höhe von 300.000,- DM der Höhe nach schlüssig darlegen und durch die Vorlage aussagekräftiger Belege unter Beweis stellen.

a.

Nachdem der Kläger und die Nebenintervenientin die Anlagen 1 bis 3 zum Prüfbericht der BLE Nr. für die klagegegenständlichen Vorschussbescheide aus dem Rückforderungsbescheid vom 18.06.1999 mit den Endziffern 213 bis 535 nebst der zur Konkretisierung der Teilklage hinzugenommenen Restzahlungsbescheide mit den Endziffern 658 und 675 (Rückforderungsbescheid Bl. 32 d.A.) erläutert haben, ergibt sich auch für den Senat nachvollziehbar, dass diese Anlagen spezifizierte Angaben über die Mengen des verarbeiteten Rohstoffes, die Daten und gewährte Zahlungen enthalten. Ferner enthalten sie genaue Angaben über die als nicht beihilfefähig beanstandeten Mengen und Zahlungen. Aus der sodann hieraus seitens der Streithelferin erstellten tabellarischen Übersicht, in der alle streitgegenständlichen Vorschuss- und Restzahlungsbescheide nach ausgezahlten Beihilfen, nicht beanstandeten Beihilfen und beanstandeten Beihilfen aufgeführt und gegenübergestellt werden, lässt sich aufgrund der ergänzenden Erläuterungen der Klägerseite ein Mindestschaden von 300.000,- DM ersehen. Dieser ergibt sich durch Addition der auf die konkreten klagegegenständlichen Vorschuss- und Restzahlungsbescheide entfallenden tatsächlich ausgezahlten Beihilfebeträge, von denen die auf diese Bescheide entfallenden beanstandeten Beihilfeleistungen abzuziehen sind. Die nicht beanstandeten Beihilfen belaufen sich nach der schlüssigen und nicht angegriffenen Rechnung der Klägerseite auf einen Betrag in Höhe von 431.663,70 DM.

b.

Das der klägerischen Schadensberechnung pauschal entgegengehaltene Bestreiten des Beklagten ist unerheblich, weil er der dezidierten Darstellung keinen eigenen Vortrag entgegensetzt, sondern die Feststellungen der BLE in der Sache nicht angreift.

c.

Der Kläger ist mit seinem Vortrag zur Schadenskonkretisierung auch nicht nach § 531 ZPO präkludiert, da er die maßgeblichen Unterlagen bereits mit der Klage zur Akte gereicht hatte und es nach der erstinstanzlich vertretenen Auffassung zum Schadensgrund keiner näheren gerichtlichen Hinweise über die Anforderungen an die Darlegung der Schadenshöhe bedurfte. Diese hat der Senat erst im Termin zur mündlichen Verhandlung am 27.08.2003 erteilt, woraufhin die nachvollziehbare Erläuterung der Ergebnisse der BLE durch die Vertreter der Nebenintervention erfolgte, die sich der Kläger zu Eigen gemacht hat.

5.

Der Beklagte kann dem Schadensersatzanspruch aus Organhaftung keine Ansprüche aus der Aufhebungsvereinbarung vom 31.12.1997 entgegenhalten.

Diese Aufhebungsvereinbarung betrifft ersichtlich lediglich Ansprüche aus seinem Anstellungsverhältnis zur Gemeinschuldnerin als deren ehemaliger Geschäftsführer und gerade nicht Ansprüche aus der Organhaftung (vgl. Lutter/Hommelhoff, a.a.O., Anhang zu § 6 GmbHG Rn. 1 ff. m.w.N.).

6.

Zinsen waren dem Kläger nach §§ 288, 291 BGB a.F. in beantragter Höhe seit Rechtshängigkeit zuzusprechen. Die Klagzustellung an den beklagten Geschäftsführer erfolgte am 06.07.2001.

III.

1.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO.

2.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlagen in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

3.

Anlass, die Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, besteht nicht. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordern die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Ende der Entscheidung

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