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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Urteil verkündet am 24.11.2004
Aktenzeichen: 6 U 204/02
Rechtsgebiete: AGBG, BGB, ZPO


Vorschriften:

AGBG § 8
AGBG § 9
AGBG § 9 Abs. 1
AGBG § 9 Abs. 2 Nr. 2
AGBG § 10
AGBG § 11 a.F.
BGB § 853
ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Rostock IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 U 204/02

Laut Protokoll verkündet am: 24.11.2004

In dem Rechtsstreit

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock durch

den Richter am Oberlandesgericht Dr. ter Veen, den Richter am Oberlandesgericht Hanenkamp den Richter am Amtsgericht Moschner

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10.11.2004

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Das am 01.10.2002 verkündete Urteil des Landgerichts Stralsund, Az.: 7 O 142/01, wird teilweise abgeändert und die Klage in Höhe von 7.950,74 € nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25.04.2001 abgewiesen.

II. Von den Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger 3/4 und die Beklagte 1/4 zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Streitwert des Berufungsverfahrens: 10.481,48 €

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt aus einer bei der Beklagten abgeschlossenen Krankenhaustagegeldversicherung Krankenhaustagegeld zur Höhe von 100,00 DM pro Tag für insgesamt 33 Tage Krankenhausaufenthalt (= 3.300,00 DM) sowie Genesungsgeld zur Höhe von je 50,00 DM pro Tag für insgesamt 344 Tage (= 17.200,00 DM). Während der Zeit seines Aufenthalts im Krankenhaus wurde der Kläger wegen eines bei Gelegenheit eines Zufallfundes diagnostizierten Nierenkarzinoms behandelt. Das begehrte Genesungsgeld bezieht sich auf den Zeitraum der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit des Klägers (09.08.2000-18.07.2001), in dem ein Reha-Aufenthalt (27.06.2001-28.07.2001) eingeschlossen war.

Die Besonderen Bedingungen der Beklagten zur Krankenhaustagegeldversicherung lauten auszugsweise wie folgt:

§ 1 Gegenstand, Umfang des Versicherungsschutzes

1.1 Als Gegenleistung für die gezahlte Prämie und gemäß den Angaben in dem Antrag zahlt die Vereinigte dem Versicherungsnehmer gemäß den Bedingungen dieses Vertrages bei Vorliegen einer Krankheit, die mindestens 30 Tage nach dem Ausstellungsdatum der Versicherungspolice erworben wurde und ausgebrochen ist wie folgt:

- Allgemeine Krankenhaustagegeldversicherung

Wird die versicherte Person aufgrund einer vom Versicherungsvertrag gedeckten Krankheit während der Laufzeit des Vertrages stationär in einem Krankenhaus behandelt, leistet die Vereinigte für die Dauer einer derartigen Erkrankung für jede Übernachtung im Krankenhaus (hier "Krankenhaustag" genannt) eine Geldleistung gemäß § 2 der vorliegenden Besonderen Versicherungsbedingungen.

- Zusätzliche Krankenhaustagegeldversicherung - schwere Krankheiten

Hat die versicherte Person einen Anspruch auf Zahlung von allgemeinem Krankenhaustagegeld, und erfolgt die Krankenhausbehandlung infolge einer oder mehrerer der folgenden Erkrankungen: Herzanfall, Schlaganfall,Nierenversagen, Herz-Bypass Operation, Krebs, so zahlt die Vereinigte zusätzlich zu dem allgemeinen Krankenhaustagegeld für jeden Tag, an dem die versicherte Person stationär behandelt wird, eine Geldleistung gemäß § 2 der Besonderen Versicherungsbedingungen.

- Allgemeines Genesungsgeld

Hat die versicherte Person aufgrund des Versicherungsvertrages Anspruch auf Zahlungen von Krankenhaustagegeld, so leistet die Vereinigte für jeden Tag nach der Entlassung (mit Ausnahme der Tage weiterer Krankenhausaufenthalte) eine Geldleistung gemäß § 2 der vorliegenden Besonderen Versicherungsbedingungen.

- Zusätzliches Genesungsgeld

Hat die versicherte Person aufgrund des Versicherungsvertrages Anspruch auf Zahlung eines zusätzlichen Krankenhaustagegeldes für schwere Erkrankungen, so leistet die Vereinigte für jeden Tag nach der Entlassung (mit Ausnahme der Tage weiterer Krankenhausaufenthalte) eine Geldleistung gemäß § 2 der vorliegenden Besonderen Versicherungsbedingungen.

1.2 Während der Laufzeit des Vertrages aufeinanderfolgende Krankenhausaufenthalte wegen derselben oder in ursächlichem Zusammenhang stehender Erkrankungen begründen keinen neuen Versicherungsfall, es sei denn, zwischen jedem dieser Aufenthalte liegen mindestens zwölf Monate, während derer die versicherte Person keine Symptome einer entsprechenden Krankheit aufwies.

1.3 Von dem Versicherungsvertrag gedeckte Krankheit ist jede körperliche Erkrankung der versicherten Person mit Ausnahme von unfallbedingten Beeinträchtigungen der Gesundheit und von vor Vertragsabschluß bereits bestehenden Krankheiten.

1.4 Bei Vertragsabschluß bereits bestehende Krankheiten sind körperliche Krankheiten, Erkrankungen oder Funktionsunfähigkeiten, wegen derer die versicherte Person in den letzten zwölf Monaten vor Abschluß des Versicherungsvertrages behandelt wurde oder deutliche Symptome zeigte, aufgrund derer eine ausreichend vorsichtige Person medizinischen Rat eingeholt oder sich in medizinische Behandlung begeben hätte.

§ 2 Umfang und Fälligkeit der Leistungspflicht

Die Vereinigte zahlt im Versicherungsfall gemäß § 9.2 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen pro Tag:

2.1 Allgemeines Krankenhaustagegeld: DM 50,--

Die Zahlung erfolgt ab dem ersten Tag des Krankenhausaufenthaltes und wird bis zu einer Dauer des Krankenhausaufenthaltes von zwei Jahren erbracht.

2.2 Zusätzliches Krankenhaustagegeld - schwere Krankheiten gem. § 1.6: DM 50,--

Die Zahlung erfolgt ab dem ersten Tag des Krankenhausaufenthaltes und wird bis zu einer Dauer des Krankenhausaufenthaltes von zwei Jahren erbracht.

2.3 Allgemeines Genesungsgeld: DM 25,--

Die Dauer der Zahlung ist begrenzt auf die gleiche Anzahl der im Krankenhaus verbrachten Tage, längstens ebenfalls auf zwei Jahre seit Entlassung aus dem Krankenhaus.

2.4 Zusätzliches Genesungsgeld - schwere Krankheiten gem. § 1.6: DM 25,--

Die Dauer der Zahlung ist begrenzt auf die gleiche Anzahl der im Krankenhaus verbrachten Tage, längstens ebenfalls auf zwei Jahre seit Entlassung aus dem Krankenhaus.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage vollen Umfangs stattgegeben. Begründend hat es ausgeführt, gem. § 1 Abs. 1 des Versicherungsvertrages (Anlage K 1, GA 9ff.) stehe dem Kläger ein Anspruch auf ein erhöhtes Krankenhaustagegeld in Höhe von 1.687,26 € sowie ein Anspruch auf ein erhöhtes Genesungsgeld in Höhe von 8.794,22 € zu.

Hierbei hat das Landgericht - zum Begehren auf Gewährung von Krankenhaustagegeld - die Regelungen von § 1 Ziff. 1.1. und § 1 Ziff. 1.3. und 1.4. dahingehend ausgelegt, dass der in Ziff. 1.1. bestimmte Ausschluss des Versicherungsschutzes für erworbene oder ausgebrochene Krankheiten während einer Karenzzeit von 30 Tagen nach dem Ausstellungsdatum der Versicherungspolice - ob einer Unklarheit (§ 5 AGBG a.F.) - der (für den Versicherungsnehmer günstigeren, kundenfreundlicheren) Regelung von Ziff. 1.4. weichen müsse, wonach die Versicherung Leistungen auch für solche Erkrankungen zu erbringen habe, die zwar innerhalb der Karenzzeit zum Ausbruch gekommen seien, wegen derer der Versicherungsnehmer aber - wie es Ziff. 1.4. normiere - in den letzten 12 Monaten vor Vertragsschluss nicht behandelt worden sei oder zu denen sich keine deutlichen Symptome gezeigt hätten. So verhalte es sich in der Person des Klägers angesichts der zufällig - bei Gelegenheit einer Behandlung wegen Herzrhythmusstörungen und Bluthochdruck - festgestellten Krebserkrankung. Den Umfang des Leistungspflicht zum Krankenhaustagegeld hat das Landgericht aus §§ 2 Ziff. 2.1. und 2.2. der besonderen Vertragsbedingungen (Anlage K 1) abgeleitet.

Anspruch auf ein erhöhtes Gesundheitsgeld könne der Kläger aus § 1 Ziff. 1.1. i.V.m. §§ 2 Ziff. 2.3. und 2.4. der Versicherungsbedingungen herleiten. Die in Ziff. 2.3. getroffene Regelung über die Dauer der Zahlung von Gesundheitsgeld - "... begrenzt auf die gleiche Anzahl der im Krankenhaus verbrachten Tage..." - hat das Landgericht hierbei einer Inhaltskontrolle nach dem AGBG unterzogen und ist zu dem Ergebnis gelangt, die Bestimmung benachteilige den Versicherungsnehmer gem. § 9 Abs. 1 AGBG a.F. unangemessen. Denn - so das Landgericht - § 1 Ziff. 1.1. erwecke bei dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer den Eindruck, dass er für die Zeit nach der Krankenhausentlassung weiterhin Leistungen aus dem Versicherungsvertrag erhalte, während § 2 Ziff. 2.3. und 2.4. die Bewilligung des Genesungsgeldes zeitlich auf die Dauer des Krankenhausaufenthalts beschränke. Schließe sich aber - wie im vorliegenden Fall - an den Zeitraum des Aufenthalts im Krankenhaus eine weit längere Genesungsphase an, so werde der Versicherungsnehmer in den bei ihm geweckten Erwartungen enttäuscht, mit der Krankenhaustagegeldversicherung sein Kostenrisiko für den Fall des eingeschränkten Erwerbs und der ihm entstehenden zusätzlichen Unkosten abdecken zu können. Infolge der Unwirksamkeit der Regelungen von § 2 Ziff. 2.3. und 2.4. sei dem Kläger das erhöhte Genesungsgeld - für volle 344 Tage - bis zu seiner vollständigen Genesung und Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit zuzuerkennen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und rechtzeitig begründete Berufung der Beklagten (Ss. vom 10.02.2003, GA 151ff.).

Die Beklagte rügt, es würden sich erhebliche Zweifel an der Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen im erstinstanzlichen Urteil begründen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Das Landgericht habe unberücksichtigt gelassen, dass der Kläger bei Abschluss des Versicherungsantrages gegenüber dem Vermittler unrichtige Angaben zu gefahrerheblichen Umständen gemacht habe. Die Beklagte behauptet - in Erweiterung ihres bisherigen erstinstanzlichen Vorbringens -, zwar habe der Kläger bei Vertragsaufnahme kundgetan, an Herzrhythmusstörungen und Bluthochdruck zu leiden, verschwiegen habe er indes, dass er sich deshalb bereits in der Vergangenheit in ärztlicher Behandlung befunden und entsprechende Medikamente gegen diese Erkrankung verordnet erhalten zu haben (Ss. vom 10.02.2003, Bl. 2f. = GA 152f.).

Die Beklagte erhebt gegen den geltend gemachten Anspruch die Arglisteinrede nach § 853 BGB (Ss. vom 10.02.2003, Bl. 3 = GA 153). Sie ist der Ansicht, da der Beklagte wissentlich seine ärztliche Behandlung wegen Herzrhythmusstörungen verschwiegen habe, sei sie berechtigt, den geschlossenen Vertrag wegen arglistiger Täuschung anzufechten.

Für den Fall, dass die Arglisteinrede nicht durchgreife, macht die Beklagte hilfsweise eine Teilanfechtung des landgerichtlichen Urteils geltend (Ss. vom 10.02.2003, Bl. 4 = GA 154). Insoweit wendet sie sich gegen die Höhe des dem Kläger zuerkannten Genesungsgeldes und erachtet die von ihr in diesem Zusammenhang aufgeworfene Rechtsfrage, ob die pauschalisierte Begrenzung des "Genesungsgeldes" - wie in § 2 Ziff. 2.3. und 2.4. der Vertragsbedingungen vorgesehen - auf die Dauer des Krankenhausaufenthaltes den Versicherungsnehmer unangemessen benachteilige (oder nicht), als von grundsätzlicher Bedeutung (Ss. vom 10.02.2003, Bl. 1 = GA 151).

Die Beklagte vertritt die Ansicht, neben dem Krankenhaustagegeld (über 1.687,26 €) vermöge der Kläger nur Anspruch auf ein erhöhtes Genesungsgeld (50,00 DM = 25,56 €) für die - unstreitige - Dauer seines Krankenhausaufenthalts von 33 Tage (33 x 25,56 €), mithin zur Höhe des Betrages von 843,48 € , zu haben (Ss. 10.02.2003, Bl. 6 = GA 156). Insgesamt ergebe sich danach ein Zahlungsanspruch des Klägers (1.687,26 € + 843,48 €) i.H. von 2.530,74 €, so dass sich der geltend gemachte Klageanspruch (10.481,48 €) zur Höhe von 7.950,74 € als unbegründet erweise (siehe Hilfsantrag GA 151).

Die Beklagte vertritt die Rechtsmeinung, die Wertung des Landgerichts, §§ 2 Ziff. 2.3. und 2.4. würden den Versicherungsnehmer unangemessen benachteiligen, sei fehlerhaft (Ss. vom 10.02.2003, Bl. 6 = GA 156). Die genannten Regelungen würden einer Inhaltskontrolle nach den §§ 9-11 AGBG a.F. nicht unterliegen. Denn aus § 8 AGBG folge, dass der Unternehmer und sein Vertragspartner zur Frage der Festlegung ihrer jeweiligen Leisungen von gerichtlicher Kontrolle frei seien. Das Landgericht habe auch in keiner Weise dargelegt, inwieweit die Begrenzung des Genesungsgeldes auf die Dauer des Krankenhausaufenthaltes gegen den Grundgedanken einer gesetzlichen Regelung verstoße oder den Vertragszweck der Krankenhaustagegeldversicherung gefährde. Überdies habe das Gericht erster Instanz Natur und Funktion des Genesungsgeldes verkannt (Ss. vom 10.02.2003, Bl. 5 = GA 155). Entgegen der vom Landgericht vertretenen Ansicht liege der Zweck nicht darin, eine eingeschränkte Erwerbsfähigkeit oder eine Arbeitsunfähigkeit zu kompensieren. Das Genesungsgeld habe seine Herkunft aus dem Recht der Unfallversicherung. Es habe dort - wie im Bereich der Krankenhaustagegeldversicherung - die Funktion, dem Versicherten zusätzlich zum Krankenhaustagegeld Mittel für seine Genesung zur Verfügung zu stellen, die sich etwa aus einem erhöhten therapeutischen oder medizinischen Bedarf ergeben können. Hierbei sei der Umfang der Leistungspflicht - mit der Anknüpfung an die Dauer des Krankenhausaufenthalts - klar und eindeutig umschrieben. An dieser erkennbaren Beschränkung der Versicherungsleistungen habe der Versicherer auch ein gerechtfertigtes Interesse, da sich mit der nachweisbaren Zeit der Verweildauer im Krankenhaus auch die Höhe des Genesungsgeld zweifelsfrei bemessen lasse. Wäre dem nicht so, stünde dauerhaft Streit darüber zu erwarten, ob im Einzelfall eine Genesung bereits eingetreten sei oder nicht (Ss. vom 10.02.2003, Bl. 5 = GA 155).

Schließlich vertritt die Beklagte die Auffassung, für die Dauer des Aufenthalts in der Reha-Klinik könne der Kläger schon deshalb keine Versicherungsleistungen - hier das erstinstanzlich zuerkannte erhöhte Genesungsgeld (vgl. UA Bl. 9) - beanspruchen, weil der Aufenthalt in einer Reha-Einrichtung nicht dem Gegenstand des Vertrages unterfalle (Ss. vom 10.02.2003, Bl. 4f. = GA 154f.).

Die Beklagte beantragt,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage insgesamt zurückzuweisen.

hilfsweise,

unter teilweiser Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage in Höhe von 7.950,74 € zzgl. Zinsen zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt mit seiner Berufungserwiderung (Ss. vom 23.01.2004, GA 176ff.) im wesentlichen das angefochtene Urteil. Er meint, dem Versuch der Beklagten, einen völlig neuen und dazu frei erfundenen Sachverhalt ins Verfahren einzuführen, könne kein Erfolg beschieden sein. Der Kläger bestreitet, Fragen nach Herzerkrankungen und darüber stattgefundene ärztliche Behandlungsmaßnahmen dem Versicherungsvermittler verschwiegen zu haben (Ss. vom 23.01.2004, Bl. 2-4 = GA 177-179). Die Einrede der Arglist greife daher nicht durch (Ss. vom 23.01.2004, Bl. 4f. = GA 179f.). Im übrigen habe das Landgericht zutreffend einen Verstoß der Versicherungsbedingungen §§ 2 Ziff. 2.3. und 2.4. gegen § 9 AGBG a.F. angenommen (Ss. vom 23.01.2004, Bl. 6 = GA 181).

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Parteischriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Akteninhalt im übrigen ausdrücklich Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat im Umfang des gestellten Hilfsantrages in der Sache Erfolg. Zwar vermag der Einwand der Beklagten, der Kläger habe bei Vertragsschluss gefahrerhebliche Umstände verschwiegen, und die darauf gestützte Arglisteinrede (§ 853 BGB), nicht zu tragen (1.), jedoch erscheint das Urteil des Landgerichts rechtsfehlerhaft soweit es unter Annahme eines Verstoßes der §§ 2 Ziff. 2.3. und 2.4. der Besonderen Versicherungsbedingungen gegen § 9 AGBG a.F. dem Kläger ein erhöhten Genesungsgeld im Umfang von 344 Tage zuerkannt hat, da diese Leistung - wie in den Versicherungsbedingungen bestimmt - auf den Zeitraum des Krankenhausaufenthaltes des Klägers für die Dauer von 33 Tagen zu beschränken ist (2.).

1.

Mit dem Vorbringen arglistiger Täuschung seitens des Klägers bei Aufnahme des Versicherungsantrages über gefahrerhebliche Umstände vermag die Beklagte schon deshalb keinen Erfolg zu haben, weil sie ihren diesbezüglichen Vortrag auf neue Angriffs- und Verteidigungsmittel stützt, mit denen sie gem. § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO ausgeschlossen ist, weil die Beklagte nicht darlegt, an diesem Sachvortrag in erster Instanz gehindert gewesen zu sein, so dass die Schlussfolgerung zu ziehen ist, dieser Umstand beruht auf Nachlässigkeit der Beklagten selbst.

Die von ihr zur Begründung aufgestellten - und in das Zeugnis des Vermittlers H. Schlaugat gestellten - Tatsachenbehauptungen, der Kläger habe bei Aufsetzung des Versicherungsantrages verschwiegen, wegen der von ihm angegebenen Herzrhythmusstörungen in ärztlicher Behandlung gewesen zu sein und deshalb Medikamente verordnet erhalten zu haben, stellen sich als neues Verteidigungsmittel dar. Denn vor dem Landgericht ist die Beklagte - wie sich aus ihren Ss. vom 21.05.2001 (GA 22f.), vom 17.09.2001 (GA 34f.), vom 15.03.2002 (GA 48ff.), vom 08.05.2002 (GA 74ff.), vom 17.06.2002 (GA 81f.) sowie vom 19.07.2002 ergibt - mit einem entsprechender Verteidigung, aus der sie ihr Freiwerden von der Gewährung von Versicherungsleistungen herzuleiten sucht, niemals hervorgetreten.

2.

Hingegen greift die auf den Hilfsantrag gestützte Berufung der Beklagten durch.

a)

Das Landgericht hat die Auffassung vertreten, dem Kläger stehe für den Zeitraum 09.08.2000 bis 18.07.2001 ein Anspruch auf ein erhöhtes Genesungsgeld gem. §§ 2 Ziff. 2.3. und 2.4. der Besonderen Versicherungsbedingungen zu, da die pauschalisierte Begrenzung des Genesungsgeldes auf die Dauer des Krankenhausaufenthaltes einer Inhaltskontrolle (§ 8 AGBG a.F.) nach §§ 9-11 AGBG a.F. nicht standhalte, weil sie den Versicherungsnehmer unangemessen i.S. vom § 9 Abs. 1 AGBG i.V.m. § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG benachteilige. Diese Ansicht ist nicht frei von Rechtsfehlern.

b)

Es mag dahinstehen und bedarf vorliegend keiner Entscheidung, ob die streitgegenständlichen Versicherungsbedingungen - wie die Beklagte bestreitet - überhaupt einer Inhaltskontrolle nach dem AGBG a.F. zugänglich sind. Denn selbst soweit dieser Ansicht des Landgerichts gefolgt wird, vermag die Kontrolle kein Auslegungsergebnis zu Lasten der beklagten Versicherung zu erbringen.

c)

Nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung, die auch das Landgericht zugrunde gelegt hat, sind allgemeine (wie auch besondere) Versicherungsbedingungen so auszulegen, wie sie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer bei aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss; dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an (vgl. BGHZ 123, 83, 85; BGH, VersR 1999, 745-748).

aa)

Nach § 1 Ziff. 1.1. der Besonderen Bedingungen für die Krankenhaustagegeldversicherung stellt die Beklagte in Aussicht, für den Fall, dass die versicherte Person Anspruch auf Zahlung von Krankenhaustagegeld hat, leiste sie, die Beklagte, "für jeden Tag nach der Entlassung eine Geldleistung gem. § 2 der vorliegenden Besonderen Versicherungsbedingungen" (Hervorhebung hier) - und zwar entweder als allgemeines oder als zusätzliches Genesungsgeld (für schwere Erkrankungen).

§§ 2 Ziff. 2.3. und Ziff. 2.4. bestimmen zum allgemeinen bzw. zum zusätzlichen Genesungsgeld, dass "die Dauer der Zahlung begrenzt ist auf die gleiche Anzahl der im Krankenhaus verbrachten Tage" (Hervorhebung hier). Damit hat die Beklagte das Leistungsversprechen in Bezug auf die Gewährung von Genesungsgeld in einer Weise - klar und eindeutig - beschrieben, dass der wesentliche Vertragsinhalt bestimmt werden kann. Auch der durchschnittliche Versicherungsnehmer kann aus dem Wortlaut, von dem er regelmäßig auszugehen hat (vgl. BGHZ 123, 83, 85), sowie aus dem Zusammenhang der Regelungswerke (vgl. dazu BGH, VersR 1999, 745-748) entnehmen, unter welchen Voraussetzungen (= Anspruch auf Krankenhaustagegeld) und in welchem Umfang (für die Zahl der Dauer des Krankenhausaufenthalts) ihm ein Anspruch - neben dem Krankenhaustagegeld - auf allgemeines bzw. zusätzliches Genesungsgeld entstehen kann. Davon ist offensichtlich auch das Landgericht ausgegangen (vgl. UA Bl. 7: "Der Versicherungsnehmer kann der Klausel eine Leistungshöchstgrenze entnehmen".)

bb)

Die demgegenüber vom Landgericht vertretene Rechtsmeinung, der Abschluss der Krankenhaustagegeldversicherung diene dem Versicherungsnehmer zur Abdeckung seiner Kostenrisiken im Zusammenhang mit der Erkrankung und damit auch des Kostenausfalls im Falle der eingeschränkten Erwerbsfähigkeit oder der Arbeitsunfähigkeit, weshalb die pauschalisierte Begrenzung des Genesungsgeldes (auf die Zeit der Dauer des Krankenhausaufenthaltes) den Zweck des Vertrages gefährde (§ 9 Abs. 2 Ziff. 2 AGBG a.F.), verkennt Sinn und Zweck des Genesungsgeldes.

Das Genesungsgeld - das seine Herkunft im Recht der Unfallversicherung hat (vgl. dazu Prölls/Martin/Knappmann, Versicherungsvertragsgesetz, 27. Aufl., AUB 94, § 7 Rn. 38) - ist seiner Funktion nach - wie schon die Beklagte erstinstanzlich vorgetragen hatte (vgl. Ss. vom 19.07.2002, Bl. 3 = GA 98) - dazu bestimmt, dem Versicherten nach einer stationären Krankenhausbehandlung für eine Übergangszeit finanzielle Mittel für Mehraufwendungen im Zusammenhang mit der Genesung zu gewähren. Die Auffassung des Landgerichts, das Genesungsgeld diene dem Ausgleich eines allgemeinen Verdienstausfalls findet demgegenüber nirgendwo eine Grundlage.

cc)

Weiter lassen sich gegen die pauschalisierte Begrenzung des Genesungsgeldes auf die Zahl der Tage des Krankenhausaufenthalts keine durchgreifende Einwände erheben. Auch in der Unfallversicherung wird Genesungsgeld nur für die gleiche Zahl von Kalendartagen gezahlt, für die auch Krankenhaustagegeld gewährt wurde (vgl. AUB 94 § 7 Abs. 5 Ziff. 1, abgedruckt in Prölls/Martin, a.a.O., S. 2530).

Darin kann eine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers und eine Gefährdung des Vertragszweckes nicht gesehen werden. Vielmehr liegt es im Interesse der Versichertengemeinschaft, solche Kosten aus der Leistungspflicht herauszunehmen bzw. für sie eine Limitierung zu begründen, die anderenfalls zu einer nicht übersehbaren Kostenlast zu führen vermögen. Solches ist auch im Fall der Gewährung von Genesungsgeld anzunehmen. Wollte man, wie das Landgericht, annehmen, diese Leistung müsse je nach dem individuell unterschiedlichen Verlauf der Genesung von einer (ggf. schweren) Erkrankung bewilligt werden, so würden sich nicht nur erhebliche Kostenrisiken für die Versichertengemeinschaft auftun, es wäre auch - wie die Beklagte zu Recht hervorhebt - mit dauerhaftem Streit darüber zu rechnen, in welchem Stadium von einer Genesung, oder aber von einem noch nicht endgültigen Heilungsverlauf auszugehen ist. Dem Versicherer ist deshalb ein berechtigtes Interesse zuzubilligen, seine Leistungspflicht einzuschränken, dieselbe kalkulierbar zu halten und so auch in der Krankenhaustagegeldversicherung einen Beitrag zur Kostendämpfung zu leisten (vgl. zu dieser Interessenbewertung auch BGHZ 123, 83, 85).

d)

Nach allem steht dem Kläger neben dem - bei Verfolgung des Hilfsantrages unstreitigen - erhöhten Krankenhaustagegeldes in Höhe von 1.687,26 € sowie (insoweit auch unstreitig) erhöhtes Genesungsgeld für 33 Tage (a 25,56 € = insgesamt 843,48 €) zu, so dass die Klage nur im Umfang von 2.530,74 € Erfolg haben kann und im übrigen - unter Teilaufhebung des angefochtenen Urteils - abzuweisen ist.

e)

Da dem Kläger ohnehin nur Genesungsgeld für die Dauer von 33 Tagen Krankenhausaufenthalt zuzubilligen ist, bedarf keiner Entscheidung, ob Genesungsgeld überdies jedenfalls für die Zeit des Aufenthalts in einer Reha-Klinik (27.06.2001-28.07.2001) zu versagen wäre.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 92, 97 ZPO, die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Dabei sieht der Senat von der Festsetzung einer Abwendungsbefugnis ab, da der Wert der Beschwer den Betrag von 20.000,00 € nicht erreicht.

Die Revision ist nicht zuzulassen. Weder kommt der Sache grundsätzliche Bedeutung zu noch fordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Vielmehr steht das vom Senat begründete Auslegungsergebnis - wie dargelegt - in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung.

Ende der Entscheidung

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