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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Urteil verkündet am 26.10.2006
Aktenzeichen: 7 U 131/05
Rechtsgebiete: VOB/B


Vorschriften:

VOB/B § 8 Nr. 1
1. Die Vertragsparteien sowohl eines VOB/B-Vertrages als auch eines BGB-Werkvertrages sind während der Vertragsdurchführung zur Kooperation verpflichtet. Aus dem Kooperationsverhältnis ergeben sich Obliegenheiten und Pflichten zur Mitwirkung und gegenseitigen Information. Die Kooperationspflichten sollen unter anderem gewährleisten, dass in Fällen, in denen nach der Vorstellung einer oder beider Parteien die vertraglich vorgesehene Vertragsdurchführung oder der Inhalt des Vertrages angepasst werden muss, entstandene Meinungsverschiedenheiten oder Konflikte nach Möglichkeit einvernehmlich beigelegt werden. Entstehen während der Vertragsdurchführung Meinungsverschiedenheiten über die Notwendigkeit oder die Art und Weise der Anpassung, ist jede Partei vor Ausspruch einer Kündigung grundsätzlich gehalten, im Wege der Verhandlung eine Klärung und eine einvernehmliche Lösung zu versuchen.

2. Ein Verstoss gegen die Pflicht zur Kooperation hat zur Folge, dass eine freie Kündigung nach § 8 Nr. 1 VOB/B mit der entsprechenden Vergütungsfolge vorliegt.


Oberlandesgericht Rostock IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

7 U 131/05

Verkündet am: 26.10.2006

In dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Neubrandenburg vom 14.11.2005 unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen wie folgt abgeändert:

Das Versäumnisurteil vom 07.03.2005 wird aufgehoben und der Beklagte verurteilt, an die Klägerin 23.386,34 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 20.160,64 € vom 16.12.2004 bis 18.03.2005 und aus 23.386,34 € seit dem 19.03.2005 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten ihrer erstinstanzlichen Säumnis.

Im Übrigen trägt die Klägerin 9 % und der Beklagte 91 % der erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits.

Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin zu 10 % und der Beklagte zu 90 %.

Von den erstinstanzlichen Kosten der Streithelferin trägt die Klägerin 9 %, von den zweitinstanzlichen Kosten der Streithelferin trägt die Klägerin 10 %.

Im Übrigen trägt sie die Streithelferin selbst.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Gegenstandswert des Berufungsverfahrens: bis zu 22.000,00 €

Gründe:

I.

Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird abgesehen, §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. I ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO; keine der Parteien wird durch das Urteil unter Berücksichtigung der bereits durch das Landgericht mit der angefochtenen Entscheidung erfolgten Verurteilung, die nicht angegriffen worden ist, mit mehr als 20.000 € beschwert.

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig und in der Sache auch überwiegend begründet.

Der Klägerin stehen aus dem vom Beklagten gekündigten Werkvertrag über den bereits vom Landgericht zuerkannten Betrag hinaus weitere 19.574,69 €, insgesamt 23.386,34 €, nebst Zinsen zu.

1.

Der Vergütungsanspruch der Klägerin hinsichtlich der von ihr bis zur Kündigung erbrachten Leistungen in Höhe von 23.386,34 € inklusive Mehrwertsteuer ist entstanden und auch fällig. Die Klägerin hat die in der Schlussrechnung im Einzelnen abgerechneten Leistungen unstreitig erbracht. Ansprüche wegen entgangenen Gewinns stehen ihr nicht zu.

a.

Der Fälligkeit steht nicht eine mangelnde Prüfbarkeit der Schlussrechnung entgegen. Der Senat teilt vielmehr die Einschätzung des Landgerichts im angefochtenen Urteil unter Bezugnahme auf die dortigen Ausführungen, dass die Schlussrechnung prüfbar ist. Gegen die entsprechenden Ausführungen des Landgerichts wendet sich in der Berufungsinstanz auch keine der Parteien.

Einer Abnahme als Fälligkeitsvoraussetzung bedarf es hier trotz der insoweit bezüglich gekündigter Werkverträge geänderten BGH-Rechtsprechung (vgl. BGH, Urteil vom 11.05.2006, VII ZR 146/04, BauR 2006, 1294) nicht, da der Beklagte keine Erfüllung mehr geltend macht, sondern lediglich auf Geld gerichtete Schadensersatzansprüche und Minderungsansprüche, und zudem nach der Kündigung die Nachbesserung selbst hat vornehmen lassen (vgl. auch insoweit BGH, a.a.O.).

b.

Hinsichtlich der von der Klägerin begehrten Zahlung für entgangenen Gewinn in Höhe von pauschal 10 % bezüglich der nicht erbrachten Leistungen ist die Klage unbegründet. Es fehlt an der Darlegung der dafür zu fordernden Voraussetzungen. Es kann offen bleiben, ob der Beklagte berechtigt gemäß § 8 Nr. 3 VOB/B gekündigt hat oder ob von einer sogenannten freien Kündigung gemäß § 8 Nr. 1 VOB/B ausgegangen werden muss, die der Klägerin einen Anspruch auf Vergütung auch für die nicht erbrachten Leistungen eröffnen würde. Es fehlt an einem ausreichenden Vortrag der Klägerin zu ihren ersparten Aufwendungen im Sinne von § 8 Nr. 1 VOB/B. Die Klägerin wäre gehalten gewesen, ihre diesbezügliche Kalkulation jedenfalls insoweit offen zu legen, dass den Beklagten ein Eingehen darauf ermöglicht wird. Dies hat der Beklagte bereits erstinstanzlich ausdrücklich bemängelt und gleichzeitig bestritten, dass die Klägerin 10 % Gewinn hätte erzielen können. Jedenfalls deshalb wäre näheres Vorbringen der Klägerin zur Kalkulation etc. unabdingbar gewesen. Insoweit ist die Klägerin aber sowohl erstinstanzlich als auch zweitinstanzlich jegliches weitere Wort schuldig geblieben und sie hat auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat trotz entsprechenden Hinweises nicht näher vorgetragen.

Diesbezüglich ist die Klage mithin abzuweisen und die Berufung zurückzuweisen.

2.

Dem Beklagten stehen gegenüber dem Vergütungsanspruch der Klägerin keine Gegenansprüche zu, mit denen er im Wege der von ihm erklärten Aufrechnung den Anspruch der Klägerin - teilweise - zu Fall bringen könnte.

a.

Der Beklagte stützt seine Forderungen hinsichtlich der nach der Kündigung aufgewandten Nachbesserungsersatzvornahmekosten und der Mehrkosten bezüglich der von der Klägerin nicht mehr ausgeführten Arbeiten auf § 4 Nr. 7 VOB/B i.V.m. § 8 Nr. 3 VOB/B. Die Voraussetzungen einer Kündigung nach diesen Vorschriften müssten daher erfüllt sein.

Dies ist nach Auffassung des Senats jedoch nicht der Fall. Auszugehen ist zunächst davon, dass die formellen Voraussetzungen für diese Kündigung nur hinsichtlich des vom Beklagten geltend gemachten Mangels, die von der Klägerin verwandten Steine würden nicht den vertraglich vereinbarten Schallschutz gewährleisten, vorliegen. Nur diesbezüglich hat der Beklagte mit Schreiben vom 11.10.2004 die Entziehung des Auftrages gemäß § 4 Nr. 7 VOB/B angedroht, indem er Ersatzvornahme angekündigt hat (vgl. Ingenstau/Korbion/Oppler, 15. Auf!. § 4 Nr. 7 VOB/B Rdnr. 52 m.w.N.).

Hinsichtlich der übrigen mit Schreiben vom 15.09.2004 gerügten Mängel fehlt es jedenfalls an der Androhung der Entziehung des Auftrages gemäß § 4 Nr. 7 VOB/B. Diese ist erforderlich, um dem Auftragnehmer die Entscheidung zu ermöglichen, die Folgen einer nicht ordnungsgemäßen Erfüllung auf sich zu nehmen oder sie durch Tätigwerden innerhalb der gesetzten Frist abzuwenden. Die Erklärung hat bestimmt und inhaltlich unzweifelhaft zu sein (vgI. Ingenstau/Korbion/Oppler, a.a.O.). Grundsätzlich sind hieran strenge Anforderungen zu stellen aufgrund der damit einhergehenden einschneidenden Rechtsfolgen. Der pauschale Hinweis auf § 4 Nr. 7 bzw. § 8 Nr. 3 VOB/B, wie im Schreiben vom 15.09.2004, genügt nach Auffassung des Senats diesen Anforderungen nicht.

Es kann offen bleiben, ob aufgrund der von der Klägerin eingebauten Steine der Schallschutz nicht zu erreichen war und ob und inwieweit dieser vertraglich geschuldet war.

Wenn dies so ist, wie der Beklagte behauptet, dann ist die Werkleistung der Klägerin mangelhaft, da die Ist-Leistung von der Soll-Leistung abweicht. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des BGH, dass der Werkunternehmer den vertraglich vereinbarten Erfolg schuldet, unabhängig davon, ob er im Einzelfall mit der ebenfalls vertraglich vereinbarten Art und Weise der Ausführung zu erreichen ist, ja sogar, wenn es technisch nicht möglich ist, dem Vertragsgegenstand die geschuldete Beschaffenheit zu verleihen (vgI. BGH, Urteil vom 05.10.2005, X ZR 276/02, BGH-Report 2006,211; Urteil vom 11.11.1999, VII ZR 403/98, BauR 2000,411; Urteil vom 16.07.1998, VII ZR 350/96, NJW 1998,3707; Urteil vom 17.05.1984, VII ZR 169/82, BauR 1984, 510). Folge dessen ist, dass der Werkunternehmer zur Nachbesserung verpflichtet ist.

Allerdings ist es grundsätzlich Sache des Werkunternehmers, wie er nachbessert und den vertraglich geschuldeten Erfolg erzielt, es sei denn, der Vertrag gibt bestimmte Vorgaben zur Erreichung der Soll-Beschaffenheit. Auf die vertraglichen Vorgaben hinsichtlich des zu verwendenden Steines kann es hierfür aber nicht ankommen, da dieser Stein nach Auffassung des Beklagten die Schallschutzanforderungen gerade nicht erfüllt. Im Übrigen haben der Beklagte und seine Streithelferin in der mündlichen Verhandlung vom 21.09.2006 ausdrücklich erklärt, dass das maßgebliche Bau-Soll entscheidend von dem erhöhten Schallschutz geprägt gewesen sei. Auf den Stein bzw. die Art des Steines sei es nicht entscheidend angekommen. Die Klägerin hatte also grundsätzlich freie Wahl wie sie nachbessert, soweit nur die anerkannten Regeln der Bautechnik eingehalten wurden und die vertraglich vereinbarte Soll-Beschaffenheit nicht anderweitig beeinträchtigt wird. Die Klägerin hat auf die entsprechende Mängelrüge des Beklagten diesem angeboten, eine 5 cm starke Vorsatzschale aus Kalksandstein einzubauen. Dies hat der Beklagte abgelehnt und stattdessen ausschließlich den Abbruch und die Herstellung mit Steinen nach Art der ursprünglich im Leistungsverzeichnis vorgesehenen verlangt. Speziell auf diese hatte der Beklagte aber aufgrund der vertraglichen Änderungen gerade keinen Anspruch mehr. Dass die vertraglich geänderte Art der Steine nicht in der Rohedichteklasse 2,0 und mit der Steindruckfestigkeitsklasse 20 erhältlich ist, ist unstreitig. Der Beklagte hätte diese Art der von der Klägerin angebotenen Nachbesserung daher akzeptieren müssen, wenn sie den Regeln der Bautechnik entsprochen hätte, zur Mängelbeseitigung geeignet, aufgrund der konkreten Vor-Ort-Situation möglich gewesen wäre und der sonstigen vertraglich vereinbarten Soll-Beschaffenheit nicht widersprochen hätte. Insoweit ist während des gesamten Rechtsstreits das Vorbringen der Klägerin unbestritten geblieben, dass durch jene Maßnahme den erhöhten Schallschutzanforderungen genügt worden wäre und die Raumflächenminderung im hinzunehmenden Toleranzbereich gelegen hätte. Soweit der Beklagte nunmehr nach Schluss der mündlichen Verhandlung mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 22.09.2006 erstmals - noch dazu völlig substanzlos - behauptet, der erforderliche Raumbedarf wäre durch die vorgeschlagene Vorsatzschale beeinträchtigt worden und der erhöhte Schallschutz wäre dadurch nicht erreichbar gewesen, kann dies gemäß § 296 a ZPO nicht berücksichtigt werden. Dass die vorgeschlagene Maßnahme nicht den anerkannten Regeln der Bautechnik entsprochen hätte, behauptet der Beklagte nicht. Allerdings behauptet er, dass diese Art der Nachbesserung aus technischen Gründen nicht möglich gewesen sei, weil "die Anschlüsse der Grundleitungen direkt an den Wänden lägen und es die Räumlichkeiten nicht zuließen". Dem gegenüber hat die Klägerin behauptet, dass die Fertigung einer Vorsatzschale technisch nicht dadurch ausgeschlossen sei, dass in den Wänden Rohrleitungen verlegt seien. Das Vorbringen des Beklagten zur Nichtgeeignetheit der von der Klägerin vorgeschlagenen Nachbesserungsmaßnahme aufgrund der Vor-Ort-Situation hält der Senat jedoch für nicht ausreichend substantiiert und daher für unerheblich.

Insbesondere aufgrund des Umstandes, dass die vom Beklagten selbst im Nachhinein veranlasste Nachbesserung jedenfalls teilweise genau auf die gleiche Art durch Einbau einer Kalksandsteinvorsatzschale und im Übrigen durch Vorsatz von Gipskartonplatten, die die Klägerin ebenfalls angeboten hatte, ausgeführt worden ist, erscheint dem Senat das Vorbringen des Beklagten nicht plausibel. Die Art und Weise der angebotenen Nachbesserung scheint vielmehr durch die Vor-Ort-Situation nicht ausgeschlossen gewesen zu sein. Nicht zuletzt hat auch die Streithelferin des Beklagten mit Schriftsatz vom 03.04.2006 bestätigt, dass die Beplankung zum einen möglich und zum anderen auch geeignet war, den geforderten Schallschutz zu erreichen. Insofern wäre der Beklagte gehalten gewesen, die angebliche Ungeeignetheit näher darzulegen und zu begründen. Dies ist nicht geschehen. Soweit sich der Beklagte erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 21.09.2006 darauf berufen hat, dass der Einbau einer 5 cm dicken Kalksandsteinvorsatzschale aus Gründen des bestehenden Denkmalschutzes nicht möglich gewesen sei, da die Wände aufgrund der dann größeren Dicke teilweise in den Bereich der Fensterleibungen geragt hätten, führt dies zu keiner abweichenden Beurteilung. Dabei kann offen bleiben, ob das Vorbringen gemäß §§ 529, 531 ZPO im Berufungsverfahren noch Berücksichtigung finden kann, zumal es von der Klägerin bestritten worden ist. Jedenfalls kann ausweislich der von der Klägerin mit Schriftsatz vom 21.02.2005 zur Akte gereichten maßstabsgerechten Grundrisszeichnung der Streithelferin des Beklagten, deren Richtigkeit der Beklagte nicht bestritten hat, nicht nachvollzogen werden, dass eine 5 cm dicke Vorsatzschale den Bereich der Fensterleibungen auch nur berühren könnte. Vielmehr ist an keiner Stelle der betroffenen Wände ersichtlich, dass eine solche Vorsatzschale nicht hätte errichtet werden können, ohne den jeweiligen Fensterbereich zu tangieren.

Selbst wenn aber denkmalschutzrechtliche Erfordernisse zu berücksichtigen gewesen wären und Einschränkungen hinsichtlich der zur Verfügung stehenden Arten der Bauausführung zur Folge gehabt hätten, ist nicht ersichtlich, dass dies seitens des Beklagten oder seiner Streithelferin der Klägerin zur Kenntnis gegeben und mit ihm in Hinblick auf die Bauausführung bzw. die konkreten Nachbesserungsmaßnahmen erörtert worden wäre.

Weder aus der zur Akte gereichten vorprozessualen Korrespondenz zwischen der Klägerin und der Streithelferin des Beklagten, insbesondere aus den Mängelbeseitigungsaufforderungen, noch aus den gewechselten Schriftsätzen der Parteien ergibt sich, dass bei der Bauausführung denkmalschutzrechtliche Gesichtspunkte eine Rolle gespielt haben oder die von der Klägerin vorgeschlagenen Nachbesserungsmaßnahmen aus Gründen des Denkmalschutzes abgelehnt worden sind. Wäre eine andere als die von der Klägerin vorgeschlagene Nachbesserungsmaßnahme aus Denkmalschutzgründen - teilweise - notwendig gewesen, wäre es Sache des Beklagten gewesen, dies mit der Klägerin zu erörtern und gemeinsam zu versuchen, einen einvernehmlichen Weg zu finden, den aus der beiderseitigen Vereinbarung einer untauglichen Steinart resultierenden Schallschutzmangel zu beseitigen oder zu verringern. Dies folgt nicht zuletzt aus der auch von den Parteien eines Bauvertrages zu beachtenden Kooperationspflicht.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH sind die Vertragsparteien sowohl eines VOB/B-Vertrages als auch eines BGB-Werkvertrages während der Vertragsdurchführung zur Kooperation verpflichtet. Aus dem Kooperationsverhältnis ergeben sich Obliegenheiten und Pflichten zur Mitwirkung und gegenseitigen Information. Die Kooperationspflichten sollen unter anderem gewährleisten, dass in Fällen, in denen nach der Vorstellung einer oder beider Parteien die vertraglich vorgesehene Vertragsdurchführung oder der Inhalt des Vertrages angepasst werden muss, entstandene Meinungsverschiedenheiten oder Konflikte nach Möglichkeit einvernehmlich beigelegt werden. Entstehen während der Vertragsdurchführung Meinungsverschiedenheiten über die Notwendigkeit oder die Art und Weise der Anpassung, ist jede Partei grundsätzlich gehalten, im Wege der Verhandlung eine Klärung und eine einvernehmliche Lösung zu versuchen. Eine Verpflichtung obliegt einer Partei ausnahmsweise dann nicht, wenn die andere Partei in der konkreten Konfliktlage ihre Bereitschaft, eine einvernehmliche Lösung herbeizuführen, nachhaltig und endgültig verweigert (vgl. BGH, Urteil vom 28.10.1999, VII ZR 393/98, NJW 2000,807 m.w.N.).

Nach diesen Grundsätzen hätte der Beklagte seine Verpflichtung zur Kooperation dadurch verletzt, dass er den Vertrag fristlos gekündigt hat, ohne sich zuvor ausreichend um eine einvernehmliche Beilegung des Konflikts zu bemühen, was vorausgesetzt hätte, die Klägerin von etwaigen denkmalschutzrechlichen Anforderungen zu informieren, die der Nachbesserung durch Einbau einer Vorsatzschale entgegengestanden hätte. Stattdessen hat er ohne Wenn und Aber den Abriss der Wände und den Wiederaufbau mit der ursprünglich vorgesehenen, aber nicht mehr vertraglich vereinbarten Steinart verlangt, ohne dass ersichtlich wäre, dass er seine angeblichen denkmalschutzrechtlichen Beweggründe dafür offengelegt hätte. Die Klägerin ihrerseits hat sich einer einvernehmlichen Beilegung des Konflikts nicht verschlossen. Sie hat sich vielmehr bereit gefunden, nach der Mängelrüge des Beklagten die noch ausstehenden Wände mit der vom Beklagten nunmehr gewünschten - ursprünglich vorgesehenen - Steinart zu errichten und im Übrigen Nachbesserungen auf die mehrfach erwähnte Art angeboten. Sie hat sich auch nicht ihrerseits durch ihr Schreiben vom 14.10.2004 endgültig geweigert, jegliche berechtigten Nachbesserungsforderungen des Beklagten zu akzeptieren. Zwar hat sie damit "die oben genannte Mängelrüge voll inhaltlich zurückgewiesen". Diese Erklärung ist jedoch im Zusammenhang mit dem Bezugsschreiben der Streithelferin des Beklagten vom 11.10.2004 und dem vorangegangenen Schriftwechsel zu verstehen und dahin auszulegen, dass sie lediglich nicht zum von der Streithelferin der Beklagten ausschließlich verlangten Abriss und Neuaufbau bereit gewesen ist.

Soweit der Beklagte nunmehr mit seinem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 22.09.2006 erstmals darauf abstellt, dass eine 5 cm dicke Vorsatzschale deshalb keine geeignete Nachbesserungsmaßnahme gewesen sei, weil damit von einem weiteren Bau-Soll, nämlich der vertraglich vorgeschriebenen Wanddicke von 24 cm, abgewichen worden wäre, misst dem der Senat keine entscheidungserhebliche Bedeutung bei. Zwar weist der Beklagte zutreffend auf den sogenannten subjektiven Mangelbegriff unter Zugrundelegung der von ihm zitierten Rechtsprechung des BGR hin, nachdem bereits jede Abweichung des Werkes von der Beschaffenheit, die es für den vertraglich vorausgesetzten Gebrauch haben muss, einen Mangel darstellen kann. Insoweit bestehen jedoch bereits durchgreifende Zweifel, ob aufgrund der vertraglichen Änderung in § 8 des Vertrages zu Titel 1, Position 1 des Leistungsverzeichnisses nicht auch die dortige Angabe der Wanddicke zur Disposition gestellt worden ist. Darüber hinaus hält der Senat auch in diesem Zusammenhang die Erklärungen des Beklagten und seiner Streithelferin in der mündlichen Verhandlung vom 21.09.2006 für bedeutsam, dass es ihnen eigentlich hauptsächlich auf den Schallschutz angekommen sei und nicht, auf welche Art dieser erzielt werde. Im Übrigen gilt auch hierfür, dass nicht ersichtlich ist, dass die Klägerin anlässlich der Mängelrüge des Beklagten und ihres Mangelbeseitigungsangebotes darauf hingewiesen worden ist, dass es dem Beklagten wesentlich auf die Einhaltung der Wanddicke von 24 cm ankommt und deswegen die von der Klägerin angebotene Art der Mängelbeseitigung nicht akzeptiert werden könne. Ausweislich des gegenseitigen Schriftverkehrs hat der Beklagte bzw. seine Streithelferin auf die einzuhaltende Wanddicke keinen Bezug genommen. Letztlich kommt auch insofern den vorstehenden Ausführungen zur gegenseitigen Kooperationspflicht die nämliche Bedeutung zu, zumal - wie ebenfalls bereits ausgeführt - nicht zu erkennen ist, warum es unabdingbar erforderlich gewesen sein soll, eine Wandstärke von 24 cm nicht zu überschreiten.

Nach alledem ist davon auszugehen, dass der Beklagte die von der Klägerin angebotene Nachbesserung nicht ohne Weiteres hätte verweigern und ausschließlich den Abriss und Neuaufbau hätte verlangen dürfen. Demzufolge war die Weigerung der Klägerin zu weitergehenden Nachbesserungsarbeiten - wie bereits ausgeführt - nicht unberechtigt.

Mithin hat es an einem Kündigungsgrund gemäß § 8 Nr. 3 VOB/B i.V.m. § 4 Nr. 7 VOB/B gefehlt, sodass allenfalls von einer freien Kündigung gemäß § 8 Nr. 1 VOB/B ausgegangen werden kann.

Der Beklagte hat daher weder Anspruch auf Erstattung der ihm entstandenen ersatzweise vorgenommenen Nachbesserungskosten noch auf Ersatz des Schadens in Gestalt der Mehraufwendungen für von der Klägerin nicht mehr ausgeführte Arbeiten gemäß § 8 Nr. 3VOB/B.

Die Aufwendungen für die Nachbesserungsersatzvornahme kann der Beklagte auch nach allgemeinen Regelungen nicht erstattet verlangen, da er das nach der Kündigung gemäß § 8 Nr. 1 VOB/B fortbestehende Mangelbeseitigungsrecht der Klägerin (v gl. dazu Ingenstau/Korbion/Vygen, a.a.O., § 8 Nr. I VOB/B Rdnr. 14) hätte beachten und gewähren müssen und deshalb seine ohne diese Beachtung vorgenommene Ersatzvornahme ohne rechtliche Grundlage war.

Letztlich kann auch nach einer nach Kündigung vorgenommenen Ersatzvornahme vom Werklohn des Unternehmers kein Abzug deshalb vorgenommen werden, weil dieser dadurch, dass er die Mangelbeseitigung nun nicht mehr vornehmen muss (und auch nicht mehr vornehmen kann) Aufwendungen erspart hat. Der Vergütungsanspruch des Unternehmers bleibt vielmehr insoweit ungekürzt (vgl. Kniffka, BauR 2005, 1024, Anm. zu BGH, Urteil vom 23.02.2005, VIII ZR 100/04, BauR 2005,1021; BGH, Urteil vom 25.06.1987, VII ZR 251/86, BauR 1987,689).

b.

Soweit der Beklagte Minderungsansprüche geltend macht, fehlt es dafür an den erforderlichen Voraussetzungen.

aa.

Ein Anspruch auf Minderung wegen Verwendung angeblich minderwertiger Steine steht dem Beklagten nicht zu. Dies folgt schon allein daraus, dass die von der Klägerin zunächst eingebaute Art der Steine gerade der vertraglichen - geänderten - Vereinbarung der Parteien entspricht, ohne dass die preislichen Vereinbarungen diesbezüglich geändert worden wären.

bb.

Hinsichtlich der geltend gemachten Minderung wegen nicht ordnungsgemäßer Ausführung der Maurerarbeiten (Mängelrüge vom 15.09.2004) kommt als Anspruchsgrundlage nur § 13 Nr. 6 VOB/B in Betracht (vgl. Ingenstau/Korbion/Wirth, a.a.O., § 13 VOB/B Rdnr. 235, § 13 Nr. 6 VOB/B Rdnr. 8 ff). Unterstellt, die diesbezüglich vom Beklagten vorgenommenen

Rügen wären als Mängel der Werkleistung zu qualifizieren, müsste jedenfalls eine der -alternativen - Tatbestände des § 13 Nr. 6 VOB/B erfüllt sein. Dies ist jedoch nicht ersichtlich. Der Senat kann zum einen nicht erkennen, dass eine entsprechende Nachbesserung für den Beklagten seinerzeit unzumutbar gewesen sein soll. Die Regelung ist als Ausnahmebestimmung entsprechend dem in der VOB/B geregelten Mängelhaftungssystem eng auszulegen (vgl. Ingenstau/Korbion/Wirth, a.a.O., § 13 Nr. 6 VOB/B Rdnr. 17). Unzumutbarkeit kann daher anzunehmen sein, wenn der Vorgang der Nacherfüllung dem Auftraggeber besondere persönliche und/oder wirtschaftliche Opfer abfordert, die man ihm nicht zumuten kann (vgl. Ingenstau/Korbion/Wirth, a.a.O., § 13 Nr. 6 VOB/B Rdnr. 18,19). Dafür liegen keine Anhaltspunkte vor. Zum anderen ist keine Unmöglichkeit - zu fordern ist objektive Unmöglichkeit (vgl. Ingenstau/Korbion/Wirth, a.a.O., § 13 Nr. 6 Rdnr. 23) - der Nachbesserung gegeben.

Ob die Nachbesserung einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert, ist irrelevant, da § 13 Nr. 6 VOB/B fordert, dass die Nachbesserung deshalb vom Auftragnehmer verweigert wird.

Davon ist hier nicht die Rede.

3.

Der Zinsanspruch der Klägerin auf einen Betrag von 20.160,64 € folgt aus § 16 Nr. 5 Abs. 3 VOB/B i.Y.m. § 288 Abs. 2 BGB. Soweit die Klägerin mit ihrem Berufungsantrag einen früheren Zinsbeginn als vom Landgericht im angefochtenen Urteil zuerkannt, begehrt, hat sie nicht dargelegt, dass insoweit die Yoraussetzungen gemäß § 16 Nr. 5 Abs. 3 VOB/B erfüllt sind. Die Klägerin hat insofern das Urteil des Landgerichts auch nicht im Sinne von § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO angegriffen. Bei der Entscheidung des Landgerichts hat es daher zu verbleiben.

Der Zinsanspruch hinsichtlich eines Betrages von 23.386,34 € seit dem 19.03.2005 ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 2 BGB. Der - erhöhte - Klageantrag ist erst zu diesem Zeitpunkt rechtshängig geworden. Dass insofern bereits vorher die Yoraussetzungen von § 16 Nr. 3 Abs. 3 YOB/B erfüllt gewesen sind, ist nicht ersichtlich.

4.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1,97 Abs. 1, 344 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

5.

Zur Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung, da deren Voraussetzungen (§ 543 Abs. 2 ZPO) nicht erfüllt sind.

Ende der Entscheidung

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