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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 12.04.2007
Aktenzeichen: 7 W 103/06
Rechtsgebiete: FGG, ZPO


Vorschriften:

FGG § 20a Abs. 2
ZPO § 321
1. Die entsprechende Anwendung des § 20a Abs. 2 FGG bei der Anfechtung einer gem. § 321 ZPO analog nachgeholten Kostenentscheidung darf nicht dazu führen, dass einem Beschwerdeführer ein Rechtsmittelzug eröffnet wird, der ihm bei gleichzeitigem Erlaß von Haupt- und Nebenentscheidung verschlossen gewesen wäre.

2. Hat das Landgericht ausdrücklich ausgeführt, eine Kostenentscheidung sei "nicht veranlasst", ist hieraus zu schließen, dass es sich mit der Frage der Erforderlichkeit einer Kostenentscheidung auseinandergesetzt hat. Zur Korrektur einer solchen Entscheidung dient § 321 ZPO nicht.


Oberlandesgericht Rostock Beschluss

7 W 103/06

In dem Nachlassverfahren

betreffend den Nachlass nach

hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock am 12.04.2007 beschlossen:

Tenor:

1. Die Beschwerde des Beteiligten zu 3. gegen den Beschluss des Landgerichts Schwerin vom 30.08.2006 wird verworfen.

2. Der Beteiligte zu 3. trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Beschwerdewert von bis zu 900,00 EUR.

Gründe:

I.

Mit Beschluss vom 11.09.2002 hat das Amtsgericht Wismar einen Antrag der Beteiligten zu 1. auf Erteilung eines Hoffolgezeugnisses zugunsten ihres Vaters zurückgewiesen.

Die gegen diesen Beschluss gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 1. hat das Landgericht Schwerin mit Beschluss vom 20.04.2004 zurückgewiesen. Eine Kostenentscheidung hat das Landgericht nicht getroffen, vielmehr am Ende jenes Beschlusses ausgeführt, eine Kostenentscheidung sei "nicht veranlasst". Der Beschluss ist u. a. den Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 3. ausweislich des bei der Akte befindlichen Empfangsbekenntnisses am 22.04.2004 zugestellt worden.

Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1. vom 24.05.2004 gegen den Beschluss des Landgerichts hat das Oberlandesgericht Rostock mit Beschluss vom 28.02.2005 zurückgewiesen. Die dagegen beim Bundesgerichtshof eingelegte Rechtsbeschwerde hat die Beteiligte zu 1. am 20.06.2005 zurückgenommen.

Mit Schriftsatz vom 09.02.2006 haben die Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 3. den Erlass einer Kostengrundentscheidung für die zweite Instanz beantragt.

Das Landgericht Schwerin hat mit Beschluss vom 30.08.2006 den Antrag zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, dass der Antrag dahingehend auszulegen sei, dass eine Ergänzung des Beschlusses vom 20.04.2004 begehrt werde, weil dieser keine Kostenentscheidung enthalte. Dies käme zwar grundsätzlich gem. § 321 ZPO analog in Betracht, allerdings gelte gleichermaßen die Antragsfrist des § 321 Abs. 2 ZPO analog. Jene Frist sei nicht eingehalten worden.

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Beteiligte zu 3. mit seiner Beschwerde vom 04.09.2006. Er ist der Auffassung, § 321 Abs. 2 ZPO sei nicht (analog) anwendbar, da es sich vorliegend um einen Fall der freiwilligen Gerichtsbarkeit handele und § 13 a FGG lex specialis sei. Das FGG enthalte hinsichtlich des gestellten Antrages keine Fristregelung, obwohl jenem Gesetz ansonsten für andere Rechtshandlungen Fristen nicht unbekannt seien. Der Beschluss vom 20.04.2004 sei auch zunächst nicht rechtskräftig geworden, da das Verfahren danach noch beim Oberlandesgericht und sodann beim Bundesgerichtshof anhängig gewesen sei.

II.

Die - weitere - Beschwerde ist unzulässig (vgl. 1.). Im Übrigen wäre sie aber auch unbegründet, weil das Landgericht den Antrag des Beteiligten zu 3. zu Recht abgelehnt hat (vgl. 2.).

1.

Dem FGG wie auch der ZPO ist im Grundsatz die isolierte Anfechtung einer Kostenentscheidung fremd. Nach §§ 29 Abs. 4 , 20 a Abs. 1 Satz 1 FGG ist die Anfechtung der Entscheidung über den Kostenpunkt unzulässig, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird. Die Regelung ist der des § 99 Abs. 1 ZPO nachgeformt. Es sollen Ungereimtheiten zwischen der Hauptsacheentscheidung und der Kostenentscheidung in der höheren Instanz vermieden werden und es soll verhindert werden, dass die Rechtsmittelinstanz die Hauptsacheentscheidung nachprüfen muss, nur um über die Kosten befinden zu können (vgl. u.a. BGH, Beschl. v. 23.11.1995, V ZB 28/95, NJW 1996, 466; Keidel/Zimmermann, FGG, 15. Aufl., § 20 a Rdn. 3 a m.w.N.). Eine isolierte Anfechtbarkeit bedarf deshalb stets einer ausdrücklichen gesetzlichen Zulassung oder einer besonderen Rechtfertigung.

Für die Anfechtung einer in analoger Anwendung des § 321 ZPO nachgeholten Kostenentscheidung hat die Rechtsprechung und Literatur anerkannt, dass die Beschwerde analog § 20 a Abs. 2 FGG grundsätzlich statthaft sein kann, wenn die ergänzende Kostenentscheidung erst nach Eintritt der formellen Rechtskraft in der Hauptsache erlassen worden ist und der Beschwerdewert erreicht ist (vgl. u.a. BayObLGZ Beschl. v. 28.03.1973, 3 Z 128/72, Rpfleger 1973, 250; Keidel/Zimmermann, a.a.O., § 20 a Rdn. 14; Bassenge/Herbst, FGG/RPflG, 8. Aufl. § 20 a FGG Rdn. 8). Nicht anders verhielte es sich im Fall einer Erstentscheidung nach § 18 FGG (vgl. OLG Zweibrücken, Beschl. v. 06.02.2001, 3 W 16/01, OLGR 2001, 351; vgl. auch BayObLG, Beschl. v. 04.12.1962, 1 Z 88/60, Rpfleger 1963, 120, 121 f. mit Anm. Tschischgale; Keidel/Schmidt, a.a.O., § 18 Rdn. 66; Bumiller/Winkler aaO § 20 a Rdn. 15). Andernfalls würde der von der nachgeholten Kostenentscheidung betroffene Beteiligte durch den Verfahrensfehler des Gerichts, der darin liegt, dass es nicht gleichzeitig mit der Sachentscheidung eine Kostenentscheidung nach § 13 a Abs. 1 FGG getroffen hat, benachteiligt (OLG Zweibrücken, Beschl. v. 06.02.2001, 3 W 16/01, OLGR 2001, 351).

Allerdings darf die analoge Anwendung des § 20 a Abs. 2 FGG nicht dazu führen, dass einem Beschwerdeführer ein Rechtsmittelzug eröffnet wird, der ihm bei gleichzeitigem Erlaß von Haupt- und Nebenentscheidung verschlossen gewesen wäre. Sowenig wie derjenige, dessen Recht durch die in der Hauptsache ergangene Entscheidung nicht beeinträchtigt ist, Beschwerde gegen die ihn allein belastende Kostenentscheidung einlegen darf ( § 20 Abs. 1 FGG ), sowenig kann seine Beschwerde gegen eine nachträgliche isolierte Kostenentscheidung statthaft sein (vgl. u.a. OLG Frankfurt, Beschl. v. 28.06.2004, 20 W 243/04, 20 W 250/04); gilt die nachträgliche Kostenentscheidung doch nur als Teil der Hauptsacheentscheidung (vgl. u.a. BayObLG, Beschl. v. 04.12.1962, a.a.O.). Die für die analoge Anwendung des § 20 a Abs. 2 FGG erforderliche Vergleichbarkeit der Sachverhalte ist in einem solchen Fall auch nicht gegeben. Die Kostenentscheidung steht in einem engen Zusammenhang mit der Hauptsacheentscheidung (vgl. § 13 a Abs. 1 FGG). Sie kann deshalb in aller Regel nicht nachgeprüft werden, ohne auf die Hauptsache einzugehen. Fehlt es an einer Entscheidung über die Hauptsache, besteht keine Gefahr, sich in einen Widerpruch zu dieser zu setzen. Deshalb ist es unproblematisch, dass der Gesetzgeber für diesen Fall ausnahmsweise die Anfechtung einer isolierten Kostenentscheidung gemäß § 20 a FGG zugelassen hat. Anders ist es aber dann, wenn eine Entscheidung in der Hauptsache ergangen ist. Ist diese formell bestandskräftig geworden und ließe man die isolierte Anfechtung einer nachträglichen Kostenentscheidung zu, könnte es im Rahmen der Überprüfung der Kostenentscheidung dazu kommen, dass das Beschwerdegericht die Hauptsache anders bewertet, ohne diese ändern zu können. Ein solches Auseinanderfallen von Kosten- und Hauptsacheentscheidung würde dem anzustrebenden Grundsatz der Einheitlichkeit von Rechtsordnung und Rechtsprechung zuwiderlaufen. Mit dieser Wertung steht im Einklang, dass auch eine isolierte Kostenentscheidung in einem Ergänzungsurteil gemäß § 321 ZPO nur anfechtbar ist, wenn auch das vorangegangene Teilurteil in der Hauptsache angefochten ist (vgl. u.a. Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 27. Aufl., § 321 Rdn. 4).

Dieses Auslegungsergebnis ist auch interessengerecht. Dem Verfahrensbeteiligten, der in der Hauptsache obsiegt hat, wäre auch bei sofortiger Verbindung der Kostenentscheidung mit der Entscheidung in der Hauptsache die selbständige Anfechtung der Kostenentscheidung verwehrt gewesen. Es besteht kein Anlass, allein aufgrund des zufälligen Auseinanderfallens von Entscheidung in der Hauptsache und Entscheidung über die Kosten ihm einen an sich nicht gegebenen Rechtsmittelzug zu eröffnen (so ausdrücklich BayObLG, Beschl. v. 05.03.1987, 3 Z 24/87, Rpfleger 1987, 360; Bassenge/Herbst, a.a.O., § 20 a FGG Rdn. 8). Aus der in Rechtsprechung und Literatur zitierten Entscheidung des BayObLG vom 28.03.1973 (a.a.O.) ergibt sich nichts Gegenteiliges. In dem dortigen Fall ist es so gewesen ist wie in dem vom OLG Zweibrücken entschiedenen (Beschl. v. 06.02.2001, a.aO.), dass der Beschwerdeführer auch in der Hauptsache beschwerdebefugt gewesen wäre.

2.

Im Übrigen ist - ohne dass dies entscheidungserheblich ist - darauf hinzuweisen, dass das Landgericht zu Recht die begehrte nachträgliche Kostenentscheidung abgelehnt hat. Eine Rechtsverletzung gemäß § 27 Abs. 1 FGG ist nicht erkennbar.

a.

Allerdings ist das Gericht grundsätzlich gem. § 18 Abs. 1 FGG berechtigt, eine Entscheidung abzuändern, soweit es sie nachträglich für ungerechtfertigt erachtet. § 18 Abs. 1 FGG erlaubt daher die Ergänzung einer Entscheidung und damit die Nachholung einer Kostenentscheidung, ohne dass es auf die Einhaltung einer Frist ankäme (vgl. u.a. BayObLG, Beschl. v. 04.12.1962, a.a.O.). Die Abänderungsbefugnis des Gerichts nach § 18 Abs. 1 FGG ist jedoch nicht ausnahmslos gegeben. Sie scheidet - insbesondere - aus bei Entscheidungen, die der sofortigen Beschwerde unterliegen (§ 18 Abs. 2 FGG), bei formell rechtskräftigen Entscheidungen, bei Entscheidungen des Beschwerdegerichts und nach Einlegung der weiteren Beschwerde (vgl. BayObLG, Beschl. v. 04.12.1962, a.a.O.; Beschl. v. 26.08.1988, BReg 2 Z 83/88, JurBüro 1989, 212; Keidel/Schmidt, a.a.O., § 18 Rdn. 8). Handelt es sich um eine solche Entscheidung - wie hier um die Entscheidung des Beschwerdegerichts - ist in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, dass eine unterlassene Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten - nur - in analoger Anwendung des § 321 ZPO nachgeholt werden kann (vgl.: BayObLG jeweils a.a.O.; Bassenge/Roth, Kommentar zum FGG und zum RpflG, 11. Aufl., § 18 FGG Rn. 24; § 13 a FGG Rdn. 8; Keidel/Zimmermann, a.a.O., § 13 a Rdn. 51; Keidel/Schmidt, a. a. O., § 18 Rdn. 67).

b.

Zu Recht hat das Landgericht die Voraussetzungen analog § 321 ZPO verneint.

Zum einen scheitert eine Nachholung der Kostenentscheidung analog § 321 ZPO schon daran, dass der Kostenpunkt vom Landgericht nicht - wie erforderlich - versehentlich, sondern bewusst übergangen worden ist (vgl. dazu u.a. Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., § 321 Rdn. 2, 4 m.w.N.). Das Landgericht hat ausdrücklich ausgeführt, eine Kostenentscheidung sei "nicht veranlasst". Hieraus ist zu schließen, dass sich das Landgericht mit der Frage der Erforderlichkeit einer Kostenentscheidung auseinandergesetzt und diese Frage lediglich - in Verkennung von § 13 a Abs. 1 S. 2 FGG - falsch beantwortet hat. Zur Korrektur einer falschen Entscheidung dient § 321 ZPO jedoch nicht.

Zum anderen unterliegt die Nachholung der Kostenentscheidung analog § 321 ZPO auch den in jener Vorschrift genannten formellen Einschränkungen. Sie ist nur zulässig auf Antrag und bei Wahrung der Frist gem. § 321 Abs. 2 ZPO (vgl. BayObLG, Beschl. v. 04.12.1962, a.a.O.; OLG Zweibrücken, a.a.O.). Gründe, die es rechtfertigen, von der entsprechenden Anwendung des § 321 ZPO ausgerechnet das Fristerfordernis gem. § 321 Abs. 2 ZPO auszunehmen, sieht der Senat nicht. Auf den Umstand, dass die Hauptsachebeschwerdeentscheidung des Landgerichts nachfolgend noch mit der weiteren Beschwerde zum Oberlandesgericht und zudem mit einer Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof angegriffen worden ist, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 2, 131 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 KostO, 13 a Abs. 1 S. 2 FGG.

Der Beschwerdewert ergibt sich aus §§ 131 Abs. 2, 30 KostO und richtet sich nach den im Hauptsachebeschwerdeverfahren vor dem Landgericht vom Beteiligten zu 3. geltend gemachten außergerichtlichen Kosten.

Ende der Entscheidung

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